1847-49 sang Marini in den Sommerspielzeiten an der Covent Garden Opera in London. Seine Rollen an diesem Haus inkludierten den Silva (Ernani), den Marcel (Les Huguenots), den Bertram (Robert le diable), den Figaro (Le nozze di Figaro) und den Leporello (Don Giovanni). 1850 wurde er in New York und St. Petersburg gefeiert. In der Spielzeit 1850-51 trat er in Havanna auf, 1852 in London in der englischen Erstaufführung von Donizettis Poliuto. Zu den Uraufführungen, in denen er mitwirkte, zählen neben Verdis Oberto und Attila (1846) Lillos Rosmunda (1839), Donizettis Adelia (1841) und Pacinis Ebrea (1844). In der Uraufführung von La forza del destino (1862) übernahm er die Rolle des Alkalden. 1870 wurde er am Opernhaus von Kairo zum direttore di scena (eine Art Spielleiter) ernannt, mußte diesen Posten aber aus gesundheitlichen Gründen bald aufgeben und kehrte nach Italien zurück.
D
er Tenor Lorenzo Salvi (Ancona 1810 – Bologna 1879) war der Interpret des Riccardo. Er debutierte 1830 in Neapel als Comprimario und sang bereits 1831-32 in Rom, u.a. an der Seite von Maria Malibran in Rossinis Otello. Donizetti schätzte ihn sehr; er besetzte ihn in der Uraufführung von Il furioso all’isola di San Domingo und in drei weiteren Uraufführungen: Betly (1836), Gianni di Parigi (1839) und Adelia (1841). Er trat an den großen italienischen Bühnen auf, sang 1840 in Turin den Arnoldo in Rossinis Guglielmo Tell und war zwischen 1839 und 1842 an der Mailänder Scala engagiert, wo er nach dem Oberto noch in der Uraufführung von Un giorno di regno zum Einsatz kommen sollte. An diesem Haus sang er noch andere Ur- und Erstaufführungen, darunter den Tonio in Donizettis La figlia del reggimento. 1839 sang er in Wien, 1843 debutierte er in Paris mit Lucia di Lammermoor und trat in Maria di Rohan auf. Zwischen 1845 und 1848 gastierte er in St. Petersburg, 1847 und 1850 in London, auch hier konzentrierte er sich auf Opern von Bellini (Il pirata, La straniera) und Donizetti. 1850 war er in New York und Havanna zu hören. Nach einer Konzerttournée durch Nordamerika an der Seite von Jenny Lind (1851) trat er von der Bühne ab und war als Gesangslehrer in Bologna tätig.
Abb. 3 – Der Tenor Lorenzo Salvi (1810-1879)
Salvis Repertoire zeigt nicht nur, daß er den Anforderungen von Spezialistenrollen wie Arnoldo und Tonio mit ihrer hohen Tessitura und extremen Höhen gewachsen war, sondern daß seine vokalen Stärken in Partien wie dem Edgardo (Lucia di Lammermoor), der allgemein als seine Paraderolle bezeichnet wurde, am besten zur Geltung kamen. An Verdi-Partien hatte er nur den Riccardo im Oberto und den Edoardo in Un giorno di regno im Repertoire. Der Umstand, daß er bis zu seinem (frühen) Karriereende keine anderen Rollen von Verdi übernahm, scheint darauf hinzuweisen, daß er sich im Rossini- und Donizetti-Fach stimmlich wohler fühlte.
D
ie Interpretin der Cuniza war die Altistin Mary Shaw (Lea i.d. Grafschaft Kent 1814 – Hadleigh Hall, Suffolk 1876). Die Sängerin war weder, wie in der Kritik behauptet wird, eine Anfängerin, noch trat sie zum ersten Mal auf einer Bühne auf. Sie hatte 1834 in London als Konzert- und Oratoriensängerin debutiert und war in den darauffolgenden Jahren in verschiedenen englischen Städten, bei Festivals usw. aufgetreten. 1838 sang sie bei Leipziger Gewandhauskonzerten als Solistin unter der Leitung von Felix Mendelssohn Bartholdy. In Italien hatte sie vor ihrem Scala-Debut bereits mit großem Erfolg zwei große Rossini-Rollen verkörpert: den Arsace in Semiramide und den Malcolm in La donna del lago. Sie war nach den Maßstäben der heute gebräuchlichen Stimmkategorien eine echte Altistin (contralto), die sich in ihrer wegen familiärer Umstände nur bis 1847 dauernden Karriere auf Opern von Rossini und Cimarosa spezialisierte.
A
ntonietta Rainieri-Marini (1815-?) debutierte 1835 in Parma als Giulietta in I Capuleti e i Montecchi, trat 1839 in Rom in derselben Partie auf und war schon im selben Jahr mit Hauptrollen in Turin am Teatro Regio und am Teatro alla Scala in Mailand zu hören. Sie sang die Matilde in Rossinis Guglielmo Tell, die Isabella in L’italiana in Algeri, die Lucia di Lammermoor, die Emilia in Mercadantes La vestale sowie etliche Uraufführungen: 1839 Donizettis Gianni di Parigi und Giacomo Panizzas I ciarlatani, 1840 Otto Nicolais Il Templario und Odoardo e Gildippe sowie Alessandro Ninis Cristina di Svezia. 1840 nahm sie in Mailand als Marchesa del Poggio an der Uraufführung von Verdis Un giorno di regno teil. Sie gastierte in ganz Italien sowie am Kärntnertortheater in Wien (in Mercadantes La vestale und als Pacinis Saffo) und in Barcelona. 1841 sang sie in Neapel in der Uraufführung von Mercadantes Il proscritto. Sie hatte darüber hinaus Opern von Pacini und Bellini ebenso wie von heute wenig bekannten Komponisten im Repertoire und scheint bald ins Mezzosopranfach gewechselt sein. Sie dürfte ihre Karriere bereits 1847 beendet haben. Sie war verheiratet mit dem Bassisten Ignazio Marini, mit dem sie oft auftrat.
Betrachtet man die an ihre stimmlichen Mittel angepaßte Tessitura ihrer Rolle im Oberto, so war sie anscheinend ein „kurzer“ (das heißt: in der Höhe eingeschränkter) Sopran oder ein lyrischer Mezzosopran. Der höchste Ton der Leonora ist ein a², weshalb Verdi sie in seinen Erinnerungen auch als Mezzosopran bezeichnet, obwohl die Leonora als Sopran ausgewiesen ist.
Man bemerkt, daß der oben zitierte Oberto-Rezensent offenbar über die Intonationssicherheit dieser Sängerin mit sich selbst nicht im reinen war: Während er zuerst befand, daß die Sängerin „vortrefflich sang“ und nur die Kollegen „mit Ausnahme der Marini im Falschsingen zu wetteifern“ schienen, urteilte er nur wenige Zeilen später, daß sie „Blindekuh zu spielen“ und „glücklich zu sein“ schien, „wenn sie die Töne traf“. Man sieht, daß Kritiken schon damals Anlaß zu Ärger geben konnten, wie Presseberichte im allgemeinen: Eine andere Zeitung behauptete Jahre später, Oberto sei nur gegen Bezahlung aufgeführt worden. Dazu der Komponist lapidar: „Was mich betrifft, so ist nichts Wahres an dem, was Il Monitore schreibt. Ich habe nie und niemand hat je einen Groschen ausgegeben, um meine Opern aufzuführen.“[99]
I
n der Karnevalssaison 1840 wird Oberto in Turin aufgeführt, wahrscheinlich auf Betreiben der Rainieri-Marini, der die Leonora besonders gut liegt. Die Cuniza wird hier von Luigia Abbadia (Genua 1821 – Rom 1896) gesungen, einer Mezzosopranistin, die eine Kavatine für sich beansprucht, die, wie das Libretto zeigt, tatsächlich hinzugefügt wird. Allerdings stammt die Musik dazu nicht von Verdi, sondern von Saverio Mercadante. Er wiederum hat sie für eine andere Sängerin anstelle einer Romanze in seiner Oper Elena da Feltre komponiert. Der der Situation angepaßte neue Text wird der Musik (Andante und Cabaletta) einfach untergelegt. Die Sängerin debutierte 1836, wurde von Merelli unter Vertrag genommen und unternahm hierauf ausgedehnte Auslandstournéen. Donizetti schrieb für sie die Mezzo-Partie in Maria Padilla (1841). Sie trat hauptsächlich in Opern von Mercadante, Pacini, Rossini, Donizetti und Verdi, hier vereinzelt auch als Sopran (Nabucco, Attila, Ernani) auf. Ab 1870 war sie als gesuchte Gesangslehrerin in Mailand tätig.
Der Oberto wird auch in Genua, Neapel, Barcelona und Malta nachgespielt, hält sich aber nicht im Repertoire.
Un giorno di regno
A
n seinen nächsten Karriereschritt erinnert sich Verdi in seinem