Aloronice. Judith Weber. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Judith Weber
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844232790
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Claude verließ nun auch den Tisch, „Dann fangen wir gleich an, wir kommen mit dir!"

      „Nicht so hastig, erst mal muss ich mit Markus sprechen. Ich melde mich und teile euch die Zeiten mit. Solltet ihr nicht hier sein, schreibe ich sie unkommentiert auf einen Zettel, den ich an den Kühlschrank pinne. Aber vor morgen rechnet nicht mit mir."

      Er betrat den Garten um zur Pforte zu gelangen.

      „Macht euch heute noch einen schönen Tag und genießt den Abend! Und macht euch nicht zu viele Gedanken! Ich melde mich!"

      Dann verschwand er im Gartenhäuschen und ließ zwei beunruhigte Geister zurück.

      Richard fasste sich als erster wieder.

      „Gut", sagte er, „dann werde ich mich mal im Fitnessstudio quälen und ein bisschen an den Armmuskeln arbeiten." Dabei ließ er seinen Bizeps spielen.

      „Kommst du mit?"

      „Ich denke nicht, ich werde lieber ein paar Kilometer laufen." Seit seiner ersten Wandlung hatte Claude ein zunehmendes Bedürfnis zu laufen.

      Inzwischen konnte er mehrere Kilometer rennen, ohne auch nur einmal aus der Puste zu kommen.

      „Alles klar", Richard ging nach oben um seine Tasche zu packen, „ treffen wir uns spätestens um achtzehn Uhr wieder hier? Dann können wir entscheiden, was wir heute Abend machen wollen."

      „Meinetwegen, obwohl ich vermutlich eher wieder da bin. Was hast du denn den ganzen Tag vor?" Claude musste lauter werden, denn Richard war schon im Zimmer verschwunden.

      „Oho!", kam es geheimnisvoll von oben, „ eine der Damen hat mich heute zum Mittagessen eingeladen und wer weiß wie lange wir essen?!"

      „Darfst du mich wirklich solange allein, ohne Aufsicht lassen?"

      „Meinst du", Richard streckte seinen Kopf aus dem Zimmer und klang besorgt, „ du brauchst mich heute? Wenn du willst, bleibe ich natürlich bei dir. Aber eins ist klar", er klang schon wieder munterer, „laufen tu ich auf keinen Fall!"

      „Ist schon gut, war nur ein Witz! Was soll mir beim Laufen im Park schon passieren, der ist voller Menschen und es ist helllichter Tag. Geh du nur zu deinem Mittagsdate."

      „Super!", Richard kam mit seiner Tasche die Treppe herunter, ich schieß dann mal los. Wir sehen uns spätestens um sechs und ich versuche mal eine Freundin der Freundin meiner Freundin für dich zu organisieren." „Auch super! Ich freu mich schon unbändig!"

      „Klingst gar nicht so", Richard grinste, „wird schon, bis später!" Dann war er zur Haustür hinaus und Claude hatte Zeit und Muße, noch einen weiteren Kaffee in der Küche zu trinken. Danach zog er sich seine Trainingshose und die Laufschuhe an und machte sich auf den Weg in den Park.

      Begegnung im Park

      Sie hatte eine Stunde geschlafen, dann war es im Zimmer so unerträglich heiß geworden, dass an weiteren Schlaf nicht mehr zu denken war. Ein paar Minuten wälzte sie sich noch in ihrem Bett hin und her, dann beschloss sie, doch aufzustehen.

      Was sollte sie nun mit diesem unverhofft freien Vormittag anfangen? Doch noch in den Unterricht zu gehen, schloss sie aus. Thea hatte sie abgemeldet und richtige Lust hatte sie sowieso nicht dazu. Hier im Zimmer zu bleiben, erschien ihr auch nicht wirklich erstrebenswert, und so gänzlich faul wollte sie dann auch nicht sein. Also packte sie ihre Tasche, stopfte eine Wasserflasche und die ungeliebten Vokabelzettel hinein und verließ das Haus. Irgendwo würde sich schon ein schattiges Plätzchen zum Lernen finden.

      Sie schlenderte die Straße ins Zentrum entlang und wurde langsam munterer. Die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel, überall um sie herum herrschte geschäftiges Treiben in den Straßen und alle Menschen schienen gute Laune zu haben. Sie ließ sich davon anstecken und genoss ihre gestohlene Zeit.

      So einen freien Vormittag nur für sich selbst, hatte sie schon lange nicht mehr gehabt. Bei einem Bäcker kaufte sie sich einen Croissant und ging dann in den Park, der im Herzen der Stadt lag. Unter einem Baum legte sie sich ins Gras und holte, widerwillig zwar, aber trotzdem voller guter Vorsätze ihre Zettel aus der Tasche. Sie lag auf dem Bauch und versuchte wirklich, sich auf die Vokabeln zu konzentrieren. Irgendwie schweifte ihr Blick jedoch immer wieder vom Blatt ab und sie schaute im Park umher. Dort ging ein altes Ehepaar spazieren, Mütter schoben ihre Kinderwagen, da eilte eine Frau mittleren Alters mit Aktentasche, vielleicht auf dem Weg zu einer Geschäftsbesprechung, den Sandweg hinunter. Hinter ihr zwei Jugendliche auf Inlinern, die sich angeregt unterhielten. Und obwohl eine ganze Menge Bewegung um sie herum war, spürte sie doch die Ruhe, die dieser Platz ausstrahlte.

      Sie genoss es allein zu sein und anstatt Vokabeln zu lernen, schweifte sie mit ihren Gedanken von hier nach dort und wieder zurück. Es war herrlich! Sie hatte ihn nicht kommen hören, aber plötzlich ertönte ein leises „Hei!", und überrascht drehte sie ihren Kopf. Claude stand zu ihren Füßen und lachte sie an. Marie setzte sich auf.

      „Hallo!", Marie war völlig verunsichert, wo kam er so plötzlich her. Scheinbar wollte er laufen. Zumindest sah es so aus, denn er trug eine Sporthose und Sportschuhe.

      „Was hat du denn da? Versuchst du zu lernen?" Claude hatte sich fest vorgenommen dieses unverhoffte Wiedersehen ganz unverfänglich zu gestalten. Fliehen konnte er nicht mehr und er wollte es auch gar nicht. „Ja", sagte Marie und reichte ihm die Zettel, „ich versuche deine Sprache zu lernen."

      Merkwürdig, dachte sie, wie einfach es plötzlich ist uns zu verständigen. Scheinbar hatte er seine Englischkenntnisse aus den Tiefen wieder hervorgekramt.

      Claude nahm die Zettel, warf einen Blick darauf und setzte sich dann einfach neben sie und lehnte sich mit dem Rücken an den Baum.

      „Ist doch gar nicht so schwer, soll ich dich abfragen?", sie sprachen beide kein Wort über ihren ersten gemeinsamen Abend, als wäre es ein unausgesprochenes Übereinkommen zwischen ihnen.

      „Nein lass nur, es hat sowieso keinen Zweck, ich habe ja noch nicht einmal richtig angefangen sie zu lernen." Marie trank aus Verlegenheit einen Schluck aus ihrer Wasserflasche, sie bot sie ihm ebenfalls an. Claude trank einen tiefen Schluck, er hatte tatsächlich Durst nach seiner Rennerei, denn er war schon gelaufen, obwohl man es ihm nicht ansah. Er gab ihr die Flasche zurück und machte dann ein strenges Gesicht. „ Ich bin jetzt dein Lehrer und du machst jetzt mit mir deine Hausaufgaben, verstanden?", er lachte sie an.

      „Verstanden!", Marie seufzte. Jetzt saß sie hier mit dem Mann ihrer Träume und lernte Vokabeln. Andererseits hatten sie etwas gefunden, was es ihnen erlaubte zusammenzubleiben und auf der anderen Seite unverfänglich genug war um allzu intensiven Kontakt zu vermeiden.

      So saßen sie also gemeinsam unter dem Baum, lernten Vokabeln und vermieden dabei jeglichen Körperkontakt. Nachdem Marie ihre Zettel unter Claudes strenger Anleitung nun mindestens zehn Mal durchgegangen war, glitt ihre Unterhaltung in andere Themen ab. Sie plauderten über dieses und jenes und nach einer Weile schien es Marie, als ob sie einen völlig anderen Menschen als den Claude von vorletzter Woche kennengelernt hatte.

      Er wirkte nicht mehr so bedrohlich auf sie und die Emotionen waren nicht ganz so gewaltig. Das änderte sich jedoch schlagartig, als sie ihm das erste Mal bewusst in die Augen blickte. Da waren sie wieder, die Schmetterlinge und auch Claude war plötzlich still.

      Er näherte sich ihr nicht weiter und Marie riss ihren Blick von ihm los. Ihr war schon wieder schwindelig, verdammt, warum drehte sich bei ihr immer alles wenn er sie ansah?

      Vor ihren Augen tanzten bunte Punkte und sie legte sich ins Gras. Mit einem sanften Ruck hatte er ihren Kopf auf seinen Schoß gebettet und so lag sie da, die Augen geschlossen und glaubte zu träumen.

      „Mein kleiner Vogel", flüsterte er, „es ist alles gut, gleich geht es dir wieder besser!" Seine Hände streichelten ihr Gesicht und sie genoss diese Berührung unendlich.

      Armer Daniel, dachte sie, was bin ich doch für eine treulose Tomate, kaum kommt der eine vergesse ich all meine guten Vorsätze, ich sollte mich schämen. Aber im Grunde war es ihr egal, solange