Die Geisterbande Dekalogie. Dennis Weis. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dennis Weis
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750213913
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dass man das Alte Schloss abreißen wollte, haben sie es sich gekauft und modernisiert.

      So einfach ist das!

      Ich hatte keinen Bock auf so ein Dekadent- Alternativ- Leben, aber ich hatte keine Wahl. Ich sah wie ein Mann, gekleidet wie ein Butler und eine Frau, die wie ein Dienstmädchen aussah, auf uns warteten.

      „Wer sind die denn?“ fragte ich mit leicht genervtem Ton, den ich wollte keine Sklaven, die für mich arbeiteten.

      „Das sind Heinrich und Isabell“, verriet Mama, „er ist unser Diener und sie Hauswirtschafterin.“

      „Wieso das?“ wollte ich wissen und regte mich schon mehr auf.

      „Der Oberbürgermeister, Herr Taunus, hatte darum gebeten, der sie hatten schon für die Familie gedient, welche hier früher einmal gelebt hat“, antwortete meine Mutter.

      Erst jetzt sah ich, wie alt die beiden waren- das war mir aus der Ferne gar nicht aufgefallen. Merkwürdig. Ich beschloss, die beiden wie Menschen zu behandeln und sie als erstes zu begrüßen.

      „Hallo“, sagte ich und mir fiel ehrlich gesagt auch nicht mehr ein.

      „Moin“, entgegnete mir Heinrich.

      „Es ist Nacht, nicht Morgen“, korrigierte ich und wollte aber nicht unhöflich sein und senkte meinen Kopf nach unten, da ich mich etwas schämte, denn ich wollte den Mann wie einen Menschen behandeln und dann verbessere ich ihn als zweite Handlung.

      „Dat heest och net Morgn, sonnern Moin“, lachte Heinrich, „dat is Plattdütsch.“

      „Heinrich, verwirr‘ den Jungen nicht“, maßregelte Isabell Heinrich, „entschuldigen Sie bitte“, sagte sie dann zu mir und machte einen Knicks, „er vergisst manchmal seine Manieren. Ich bin Isabella. Zu Ihren Diensten.“

      Ich wusste gar nicht, was ich damit anfangen sollte, war ich doch keiner, der blaues Blut in sich trug. Daher gab ich ihr die Hand. Dies wiederum irritierte sie, aber die gab mir die Hand. Heinrich nahm indes unsere Koffer und die anderen Dinge, die wir mitgebracht hatten.

      „Ist das Schloss etwa bezugsfertig?“ fragte mein Vater und man vernahm ein Erstaunen in seiner Stimme.

      „Gewiss doch, mein Herr“, bestätigte Heinrich und verneigte sich.

      „Lassen Sie diese vornehmen Gepflogenheiten“, verlangte Papa und machte mit seiner Hand eine Bewegung als wolle er das Benehmen entfernen.

      „Wie Sie wünschen“, sagte Heinrich, „aber wir sind zum Dienen verspflichtet und müssen uns den Vorschriften der Dienerschaft unterwerfen, bitte habt Verständnis.“

      „Gut“, sprach mein Vater, „geht in Ordnung. Können wir jetzt in unser Heim?“

      Heinrich nickte und führte die beiden und mich natürlich auch zum Eingang. Isabell öffnete die großen, mit Blumen und Drachen verzierten Türen und wir gingen hinein.

      „Es ist unglaublich“, zeigte sich Mama begeistert und stürmte in den Saal, der mit Kronenleuchtern, alten Bildern von Landschaften, etlichen Verzierungen, einen roten Teppich und anderem Schnickschnack bestückt war.

      Mein Vater war sprachlos, was gleichzusetzen war mit Erstaunen. Er konnte seine Freude allerdings nicht mit der Außenwelt teilen.

      „Gut, junger Mann“, sagte meine Mutter plötzlich, „du machst dich jetzt bettfertig und dann wird geschlafen.“

      Auf einmal fiel mir wieder Cavegame ein und ich hatte einen Plan. Ich würde mich waschen, Zähne putzen und den Spintendo heimlich in einer Steckdose zum Aufladen anschließen, sodass ich heute Nacht weiterzocken kann.

      Ich wusch mich besonders gründlich und meine Zähne würden bei meiner Mühe selbst im Dunkeln funkeln, sodass Mama keine Beanstandung hatte, mich nochmals zum Bettfertigmachen zu schicken.

      „Das war aber sorgfältig“, lobte meine Mutter mich, ehe sie mir einen Kuss auf die Wange gab.

      „Nacht“, sagte mein Vater kurz und knapp, aber das war in Ordnung- Männer machen das untereinander so.

      Eigentlich würde ich mich von meiner Mutter nicht mehr abschmatzen lassen, aber Papa sagte mal, dass sie sonst traurig wäre und das wollte ich natürlich nicht. Und solange es keiner meiner Freunde mitbekam, war es okay.

      Ich stürmte nach oben und wollte in mein Zimmer. Auf dem Flur begegnete ich Isabell. Sie lächelte.

      „Guten Nacht, junger Mann“, sprach sie.

      „Gute Nacht“, entgegnete ich, aber war in Gedanken schon bei Cavegame.

      Mein Zimmer sah aus wie aus einem Museum, das Dinge ausstellt aus dem 17. Oder 18. Jahrhundert. Ich hatte es kurz betreten als ich vorhin den Spintendo aufladen wollte, aber nicht weiter beachtet. Mir war nur wichtig, dass eine Steckdose vorhanden war- mehr nicht.

      Ich schmiss mich auf das Bett und griff nach unten, wo ich die Steckdose vermutete, aber da war nichts. Gut, die Steckdose schon, aber kein Spintendo! Ich schaute nach, um mich abzusichern, aber das noch immer nichts. Jetzt guckte sich unter dem Bett nach- Nichts! Wie kann das sein?

      Es öffnete sich die Tür meiner Zimmers und ich erschrak etwas. Ich sah unter dem Bett hindurch und eine Person bewegte sich, mit langsamen Schritten auf knarzenden Boden, auf mich zu. Als ich umdrehte, sah ich sie:

      „Mama?“ mein Gott, war ich erleichtert.

      Im nächsten Moment wurde daraus allerdings ein schwerer Klos im Hals, denn meine Mutter hatte den Spintendo in der Hand!

      „Was hattest du denn damit vor?“ fragte sie mit leicht wütendem Unterton.

      „Äh, nichts“, antwortete ich mit noch zittriger Stimme, die von Erleichterung begleitet wurde, denn es war nur meine Mutter und nicht ein Monster!

      „Ich nehme ihn erstmal an mich“, teilte sie mir mit, kam zu mir und drückte mir widerwillig einen Gute- Nacht- Kuss auf die Stirn.

      Früher wollte sie immer einen auf den Mund, da ist die Stirn schon ein Erfolg.

      „Gute Nacht, Tjalf“, sagte sie, „träume schön. Wusstest du, dass der erste Traum in einem neuen Zuhause wahr wird?“

      „Mama“, quengelte ich, denn ich mochte es nicht, wenn sie immer so tat, als sei ich ein kleiner Junge, „den Weihnachtsmann gibt es auch nicht, geschweige denn den Osterhasen oder eben diese Traumerfüllung.“

      „Ich wollte es nur gesagt haben“, entgegnete sie und schloss die Tür.

      Ich zog mich um und legte mich in mein Bett. Es war ziemlich ruhig geworden und ich konnte, obwohl ich meine Müdigkeit spürte, noch nicht einschlafen. Einen Spintendo XXL wünsche ich mir! Es fiel mir ein, als ich über Mamas Worte nachdachte, die mir lustigerweise einfielen. Wer hätte das gedacht, dass ich über das nachdenke, was meine Mom mir erzählt. Ich glaubte natürlich weiterhin nicht daran. Aber falls es doch zu einer Traumerfüllung durch die erste Nacht kam, dann wollte ich mich absichern! Eine Quasi- Traum- Wunsch- Erfüllung. Spintendo XXL. Er war größer, der Akku hielt bei weitem länger, denn wir hätten mit diesem wahrscheinlich zweimal die Strecke Neumonster fahren können.

      Jetzt dachte ich an Zuhause. Vielleicht sollte ich mir etwas anderes wünschen, etwas, was ich eigentlich viel lieber wollte als den Spintendo XXL. Ich wollte wieder zurück nach Hause! In mein Zimmer und in mein Bett!

      Meine Gedanken wurden von einem trippelnden Geräusch unterbrochen. Ich konnte es zunächst nicht orten und hörte genauer hin. Es musste vom Dachboden kommen oder eine Etage über mir. Eine Stimme in mir rief, dass ich liegen bleiben sollte, da es sich vermutlich um einen Mader handeln würde. Doch es gab eine weitere Stimme, die sagte, dass ich nachschauen sollte. Sie war die Neugier, die am Ende meines inneren Dialoges siegen sollte.

      Ich stand auf und schlüpfte in meine Puschen. Langsam und vorsichtig ging ich in Richtung Zimmertür. Ich wollte kein knarzendes Geräusch erzeugen und den Mader somit verscheuchen. In meinem alten Zuhause gab es keine Mader, nicht