Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 01: Oma Vettel. M.E. Lee Jonas. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: M.E. Lee Jonas
Издательство: Bookwire
Серия: Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847606017
Скачать книгу
der Abschlussfeier wieder!«

      Sie steht auf und streicht ihr sanft über den Kopf. Im selben Moment zuckt ein Blitz durch J.J.s Körper. Ein gewaltiger Stromschlag, der eine schmerzhafte Erinnerung zurückholt, die sie nicht einfangen kann. Mrs. Rogan zieht ihre Hand erschrocken zurück und sieht J.J. verwirrt an. Diese fährt abrupt hoch und verlässt ohne einen weiteren Kommentar das Büro. Dann rennt sie zum Ausgang und versucht dieses Erlebnis zu verdrängen. Seltsamerweise ist sie nun vollkommen entspannt. Sie ist froh, dass sie der Direktorin die Wahrheit sagen konnte, und flitzt ausgelassen in ihr Zimmer. Dort haben sich schon Zoé und die beiden Jungs versammelt, die sie nun erwartungsvoll anstarren.

      »Hallo Leute! Bastelt ihr an einer Abschiedsrede für mich oder warum seht ihr so betroffen aus?«

      William ist der Erste, der sich fängt.

      »Ach Quatsch! Klar hatten wir Angst, dass Britany wieder dafür gesorgt hat, dass du Ärger bekommst. Aber wie ich sehe, geht es dir ganz gut!«

      J.J. setzt sich und erzählt ihnen, was gerade im Büro der Direktorin passiert ist.

      »Das ist ja abgefahren. Hätte mich auch schwer enttäuscht, wenn sie dich von der Schule geworfen hätte. Wir wollen jetzt alle zur Bibliothek gehen. Vier Köpfe können besser denken als zwei! Also schnapp dir eine Limonade und los geht’s!«

      J.J. verdreht die Augen und nimmt widerwillig ihre Unterlagen. Den weiteren Nachmittag verbringen die vier Freunde inmitten unzähliger Bücher. Erst spät am Abend setzt sich J.J. an ihren Computer und beginnt mit ihrem Referat, während sich Zoé erschöpft ins Bett legt.

      »Gute Nacht! Wenn irgendetwas ist, weck mich bitte!«

      J.J. haucht ihrer Freundin ein Küsschen zu und beginnt zu schreiben. Das fällt ihr leicht, da sie sehr geschickt im Formulieren ist. Gegen ein Uhr nachts tippt sie endlich die letzten Worte. Mitsamt ihrer Kleidung schmeißt sie sich aufs Bett und schläft sofort ein.

      Am nächsten Morgen wacht sie ungewöhnlich erfrischt auf. Sie hatte keinen dieser Albträume und deutet dies als Omen für einen sehr guten Tag.

      Heute ist Mittwoch, was bedeutet, dass sie nur vier Unterrichtsstunden hat, aber auch, dass es nur noch zwei Tage bis zu den Sommerferien sind. J.J. freut sich also auf einen letzten, gemütlichen Nachmittag mit all ihren Freunden. Die Zeit vergeht dabei heute ungewöhnlich schnell. Nach dem Unterricht rennt sie aufgeregt in das Wohngebäude und zieht sich eilig um. Dann schnappt sie ihre Inlineskates und rennt wie der Teufel die Treppen hinab. Sie will, so schnell es geht, hinaus in die Freiheit. Irgendwie fühlt sie sich heute »besonders«. Anders als in den letzten Tagen und das versetzt sie in ausgelassene Euphorie.

      Ihre Freunde warten schon im angrenzenden Park. Als J.J. endlich zu ihnen stößt, tun sie das, was ihnen am meisten Spaß macht. Sie fahren Inlineskates, spielen Basketball oder liegen einfach nur faul in der Sonne. Am Abend bringt Pippa noch ein üppiges Picknick vorbei, bei dem die ganze Schule den gemeinsamen letzten Mittwoch vor den langen Ferien genießt.

      »Ach, macht euch doch nicht immer solche Sorgen um J.J.! Ihr wird es wie immer hervorragend gehen! Wir werden viel unternehmen und die Schule putzen. Sie hat gar keine Zeit, euch zu vermissen.«

      J.J. verdreht die Augen, als sie das mit dem Schule putzen erwähnt und zieht einen Schmollmund, während sich die anderen über Pippas lockere Art amüsieren.

      Seit ungefähr acht Jahren ist sie als Hausdame an dieser Schule angestellt. Aber so sieht sie niemand. Pippa ist die gute Seele der Schule. Sie hat eine sehr mütterliche Ausstrahlung, weshalb sie von den Meisten nur »Mama Pippa« genannt wird. Sie ist vierzig Jahre alt, mittelgroß und hat eine Statur, die Rubens hochgelobt hätte. Sie sagt, dass dies von Gott so gewollt sei, damit die Probleme aller Schüler auf ihren breiten Schultern Platz fänden. Ihr dunkler, kakaofarbener Teint und ihre schulterlangen, schwarzen Haare glänzen immer wie teure Seide. J.J. näht ihr oft wunderschöne, bunte Tücher, die ihr dichtes Haar zusammenhalten. Sie findet, dass Pippa damit wie eine wunderschöne Frau aus dem Alten Orient aussieht. Die Hausdame kümmert sich um die Mahlzeiten und hält die Schule in Ordnung. Außerdem ist sie als Ansprechpartnerin für die unlösbaren Probleme der Kinder nicht mehr wegzudenken.

      Für J.J. ist sie so etwas wie eine Mutter. Also, sie sagt immer, wenn sie sich eine Mutter aussuchen könnte, müsste sie wie Pippa sein. Alle Ferien verbringt J.J. mit der Familie der Hausdame und hatte noch nie das Gefühl, eine Fremde zu sein. Auch diese Ferien soll sich daran nichts ändern.

      Als der Abend sich langsam sein Revier erkämpft, packen sie alles zusammen und gehen gemeinsam zurück zum Campus. Es war ein sehr schöner Tag für J.J., da es heute keine Zwischenfälle gab und sie hofft, dass dieses Pech sie endlich verlassen hat. Als sie ihr Zimmer betritt, klingelt das Telefon im Flur. Zoé rennt sofort zum Apparat und kommt nach wenigen Sekunden zurück. Betroffen sieht sie J.J. an.

      »Ist für dich. Mrs. Rogan«, sagt sie knapp und seufzt, da sie Angst hat, dass J.J. nach diesem schönen Tag nun doch noch irgendwelchen Ärger bekommt. Diese lässt den Kopf hängen und schlurft zum Telefon. Als sie den Hörer in die Hand nimmt, verdreht sie genervt die Augen.

      »Ja, Hallo. J.J. Smith am Apparat. Mal wieder!«

      Kapitel 3

      Der Gedankenstein kehrt zurück

      Sie hat große Mühe zu sprechen. Ihr Kiefer verkrampft sich derart vor Wut, dass sie die Zähne nicht auseinanderbekommt. Am anderen Ende des Apparats seufzt die Direktorin, ohne auf J.J.s Zynismus einzugehen.

      »Hallo J.J. Entschuldige bitte, dass ich an deinem freien Abend anrufe. Aber hier ist soeben ein Paket für dich abgegeben worden. Ich dachte mir, dass du es vielleicht gleich abholen möchtest«, beginnt sie aufgeregt zu sprechen.

      J.J. überlegt einen Moment und schüttelt fragend den Kopf.

      »Ein Paket für mich? Von wem denn?«, fragt sie verwirrt.

      Plötzlich ist sie ganz sicher, dass nun etwas sehr Ungewöhnliches passieren wird. Die Sekunden, bis die Direktorin antwortet, sind deshalb unerträglich. Vor Aufregung knabbert sie an ihren Fingernägeln, was sie seit Jahren nicht mehr getan hat. Als sie gerade den Mittelfinger zum Mund führt, erlöst Mrs. Rogan sie endlich.

      »Das kann ich dir nicht sagen, Liebes. Es ist keine Absenderadresse angegeben. Am besten kommst du gleich hierher und holst es ab. Dann weißt du, von wem es ist.«

      J.J. legt auf, ohne sich zu verabschieden, und geht verstört ins Zimmer zurück.

      In der Tür bleibt sie stehen und überlegt.

      »Zoé, da ist ein Paket für mich abgegeben worden. Ich soll es gleich bei Mrs. Rogan abholen. Würdest du mitkommen?«, fragt sie mit zittriger Stimme.

      Zoé springt von ihrem Stuhl und jauchzt.

      »Ein Paket? Jetzt? Wie aufregend! Na komm, wir holen es sofort ab.«

      Ohne auf ihre Freundin zu warten, rennt Zoé in Richtung des Schulgebäudes. J.J. braucht einen Moment, um sich zu berappen, und hastet hinter Zoé her. Völlig aus der Puste erreichen sie schließlich das Büro der Direktorin. Zoé grinst verschmitzt und klopft zaghaft, an die nur angelehnte Tür, an.

      Als sie den Vorraum von Mrs. Rogans Büro betreten, bleiben sie erstaunt stehen. In der Mitte des Raums steht ein großer Karton, der in braunes, grobes und teilweise eingerissenes Packpapier eingeschlagen ist. Zusätzlich wurde er noch mit einem Strick verschnürt, was ihn sehr altertümlich wirken lässt. J.J. geht langsam auf das seltsame Paket zu und versucht den Absender zu finden. Aber es steht tatsächlich nichts darauf.

      »Es sieht aus, als wäre es schon vor Jahren von einer Postkutsche gefallen.«

      »Wer hat das für mich abgegeben?«, fragt sie misstrauisch, da sie befürchtet, dass es sich um eine Verwechslung handele. Die Direktorin holt einen Brief von ihrem Schreibtisch und überreicht ihn ihr.

      »Als ich vom Abendessen zurückkam, stand das vor meiner Tür und dieser Brief lag oben drauf.«