Einer der Freunde packte es an. Ein Projekt entstand. Land wurde gekauft, jede Familie bekam ein Stück davon, dazu eine Hütte und eine Kuh zum Melken. Brunnen wurden gebohrt, weiteres Land für Felder angeschafft. Ein Kinderheim mit Schule konnte gebaut werden, später kam ein dorfeigener Steinbruch hinzu, der bis heute zusätzliche Arbeitsplätze schafft. Serapaka Colony entwickelte sich. Heute geht es diesen Leuten richtig gut. Warum? Weil meine Freunde damals etwas gemacht haben.
mit Machen – eine Provokation
Nur mit Machen, Handeln und Tun kann so etwas geschehen. Allein Reden und Worte, und mögen sie noch so zahlreich, groß, schön, logisch und weise sein, reichen nicht. Dies ist uns allen klar. Mir auch.
Weil mir klar ist, dass aus den Gedanken und Worten Taten und Verhalten folgen wollen, sollen und müssen, ist so eine Anfrage wie oben zitiert für mich eine Herausforderung. Da werde ich aus meinem Gedankengebäude herausgerufen und soll neues Land betreten. Das Land des Handelns. Vielleicht ist »Herausforderung« noch zu schwach und »Provokation« drückt besser aus, worum es geht. Ich werde zur Reaktion gereizt, man pikst mich oder stichelt. Ich kann nicht einfach so weitermachen wie bisher. Es muss sich etwas ändern.
Mag sein, dass dies für Sie nicht gilt – oder nicht in gleichem Maße. Sie machen schon viel. Sie engagieren sich in Ihrer Kirchengemeinde. Sie helfen bei der Tafel oder im Flüchtlingsheim. Sie treiben mit Spenden, Ideen und Mitwirken Projekte voran, die für Verlierer in unserer Gesellschaft oder eben auch in armen Ländern die Not wenden helfen. Sie setzten sich für die Schöpfung ein, das Klima oder den Tierschutz. Sie laden Nachbarn und Freunde zu Veranstaltungen ein, sprechen mit ihnen über den Glauben, besuchen sie im Krankenhaus ... Gratuliere! Sie haben etwas nicht nur im Kopf, sondern auch im wahrsten Sinn des Wortes be-griffen. »Mit Machen« ist angesagt.
Die folgenden Überlegungen sind möglicherweise für Sie eine Bestätigung. Genauso sehen Sie es nicht nur, sondern genauso machen Sie es. Vielleicht in großer Selbstverständlichkeit und ohne viele Worte. Gratuliere!
Machen Sie weiter so!
Und ich, der ich ein Buch schreibe, mache nichts? Ich rede nur, diskutiere, lamentiere ...? Sicher nicht. Natürlich mache auch ich manches. Und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr fällt mir ein ... ganz abgesehen davon, dass Schreiben und Reden auch erst einmal gemacht und getan sein wollen! Aber dennoch: »Was tust du eigentlich außer Reden?« So eine Bemerkung fordert mich heraus. Sie stellt meine Glaubwürdigkeit in Frage – vielleicht ist sie deshalb so unangenehm. Nicht glaubwürdig zu sein, ist schlimm für mich. Was sollte es für einen Christen, der sich als Teil der Mission Gottes versteht, Schlimmeres geben?
Ich will »Täter des Wortes« sein (Jak. 1,22), will leben, was ich glaube und erkannt habe. Andere Menschen sollen durch mich einem wirksamen Gott begegnen, einem, der wirklich etwas tut. Folglich reagiere ich auf die Provokation und lasse mich herausfordern.
Das Buchcover
Wieder habe ich ein Coverbild aus dem »Schöpfungsweg« ausgewählt. Ich finde die Bilder des Künstlers Werner Steinbrecher (1944–2008) einfach schön und wollte das Design von »mit Denken« fortführen. Es passt auch inhaltlich, finde ich.
Der Zusammenhang von Denken, Reden und Handeln wird vom ersten Kapitel der Bibel an sofort deutlich. In der Schöpfungsgeschichte (1. Mo. 1-2) heißt es: »Gott sprach und es geschieht.« So lief es und so läuft es. Gottes Worte kommen nicht leer zurück. Sie schaffen etwas Konkretes, sie gestalten und verändern die Geschichte.
Im oberen Teil des Covers sehen wir Kieselalgen, die kleinsten Bausteine des Lebens. Der Künstler wollte deutlich machen, dass Evolution und Schöpfung kein Gegensatz sind. Auch wenn sich die Fische vor vielen Millionen Jahren aus solchen Algen entwickelt haben, sind sie doch von Gott gewollt und gemacht. Gott denkt sich etwas, spricht und setzt es um. Ohne die Umsetzung wäre alles Denken und Reden sinnlos und überflüssig. »Du redest nur, aber machst es nicht!« Das ist auch Gott gegenüber eine Kritik, die provoziert – und die Gott immer wieder handfest widerlegt. Mit der Schöpfung fing es an, hier und heute geht es weiter.
In der Mitte des Covers schiebt sich ein dicker Fisch ins Blickfeld. Besonders jenen, die Kindergottesdienst, Jungschar oder Religionsunterricht erlebt haben, fällt vermutlich sofort die wundersame Geschichte von Jona ein. Gott schickt diesen Mann nach Ninive. Dort soll etwas geschehen. Die Einwohner der Stadt sollen ihr Leben ändern. Damit dies geschieht, soll Jona die Stadt besuchen und die Menschen dort zur Umkehr rufen. Solche Umkehr beginnt tatsächlich im Kopf und mit dem Hören, ereignet sich dann jedoch stets handfest, sichtbar und in konkretem Handeln und Lebensvollzügen.
Jona aber verdrückt sich. Er will nichts machen, so wichtig es für Ninive auch sein mag und so sehr sein Gott es auch will. Doch er kommt damit nicht durch. Er gerät in einen Sturm und wird ins Meer geworfen. Ein großer Fisch verschlingt ihn. (Wir bleiben präzise: Im Jona-Buch ist nicht von einem Wal oder gar Walfisch die Rede, nur von einem großen Fisch.) Irgendwo am Strand vor Ninive spuckt der Fisch den Fliehenden aus. Dem bleibt nichts übrig, als endlich zum Propheten Gottes zu werden und zu machen, was er machen soll.
Ich finde, die Geschichte passt gut zu unserem Thema. Warum flieht Jona? Weil Gott streng, böse und ungerecht ist? Weil Jona seinem Gott theologisch nicht mehr zustimmt oder das alles nicht mehr glauben oder denken kann? Irrtum. Jona flieht aus nur einem Grund: Er will nicht tun, was Gott ihm sagt. Er hat Angst vor der Umsetzung dessen, was Gott von ihm fordert. Er verweigert sich der Herausforderung Gottes. Er will nicht nach Ninive gehen, sich dort vor Stadtrat und Einwohner stellen und die Stadt zur Umkehr rufen. Also drückt er sich, versucht es jedenfalls.
Dieser dicke Fisch in Eierschalenweiß (für den Künstler die Farbe der Gegenwart Gottes) steht für die klare Zusage unseres Schöpfers: Ich habe mit dir etwas vor. Ich setze alles daran, durch dich etwas Rettendes zu bewirken. Ich will weder, dass du vor mir auf der Flucht bist, noch, dass du vor deinem Auftrag ständig davonläufst. Jona, Hermann oder wie immer dein Name ist – ich lasse nicht locker, bis du machst und tust, wozu ich dich beauftragt und gesandt habe.
Achtung, Falle!
Dieses Buch ist kein theologisches Fachbuch. Es ist für geistlich interessierte Normalchristen geschrieben und für jene, die ihr Denken und Leben möglichst reflektiert angehen möchten. Was beim Thema »Nachfolge« und »Tun des Glaubens« für uns alle eine Herausforderung ist, egal wie belesen, erfahren und theologisch vorgebildet wir sind, ist ein übles Missverständnis. Es lautet: Machbarkeit.
»Yes, we can!«
Schnell wird dieser Slogan von Barack Obama für eine falsch verstandene Motivationstheologie missbraucht. So unter dem Motto: Wenn wir es nur anpacken, natürlich richtig und engagiert, dann packen wir es! Es liegt an dir! Wir schaffen das! Selbst ist der Mann! Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!
Damit wir in dieser Falle nicht festsitzen, gefangen und geknebelt werden, sind saubere Differenzierungen erforderlich. Was sind die Indikative (Aussagen, Feststellungen) und was die Imperative (Aufforderungen, Befehle)? Was kann nur Gott allein tun, was überlässt er ganz und gar uns und wo fordert er uns zu partnerschaftlicher Kooperation heraus? Was sind die Voraussetzungen für unser Handeln, was die konkreten Handlungsformen und was die Ergebnisse? Was kann und muss ich als Einzelner tun, was geht nur gemeinsam mit anderen?
Diese und weitere Unterscheidungen sind unverzichtbar, wollen wir nicht Nachfolge Jesu mit Aktionismus verwechseln und vertrauensvollen Gehorsam des Glaubens mit regelkonformem Moralismus. Wir werden im Folgenden noch sehr oft darauf zu achten haben, dass die Falle