Die Bruderschaft des Baums. Stefan Kraus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefan Kraus
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847633525
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kennt sie sehr viele und ausgefallene Webmuster. Meine Mutter ist der Meinung ich soll das alles lernen. Das Dorf kann zudem keine zweite Schneiderin ernähren. Ich müsste sowieso über kurz oder lang entweder in ein anderes Dorf gehen oder in die Stadt ziehen.“, erklärte Miria.

      „Wann gehst du in die Stadt?“, fragte Hanrek.

      „Angekündigt bin ich meiner Tante schon. Wir haben bisher nur auf eine günstige Gelegenheit gewartet. Vielleicht kann ich sogar mit dir in die Stadt gehen.“, überlegte Miria. „Das wäre eine dieser günstigen Gelegenheiten, auf die wir gewartet haben.“

      Plötzlich sah die Welt für Hanrek ganz anders aus. Jetzt auf einmal fand er Gefallen an dem Gedanken, nach Haffkef zu gehen.

      Die Bruderschaft des Baums

      Es war eine größere Gruppe Menschen, die da am Dorfplatz stand und Miria und Hanrek verabschiedeten, als es schließlich Zeit war nach Haffkef aufzubrechen. Der Weg in die Stadt war nicht weit und sowohl Miria als auch Hanrek waren schon mehrfach dort gewesen. Diesmal hatte die Reise in die Stadt etwas Neues und Endgültiges.

      Drei Tage vorher war Lucek mit seinen beiden Gehilfen wieder nach Hallkel gekommen. Er hatte die letzten beiden Tage die Geschäfte eines Steuereintreibers abgewickelt und für den heutigen Morgen hatte er zum Aufbruch gemahnt.

      Er war sofort einverstanden gewesen, als Klaudia gefragt hatte, ob Lucek ihre Tochter Miria in die Stadt mitnehmen könnte.

      Hanrek hatte sein Bündel geschnürt und seinen Stab in der Hand. Er hatte in sein Bündel einen kleinen Vorrat an Holzmehl vom Heronussbaum eingepackt, quasi als Geldersatz, da ihm seine Eltern nicht viel an Münzen mitgeben konnten. Den Rest des Mehls hatte er, wie es auch seine Eltern getan hatten, im Vorratskeller sicher vergraben.

      Er lehnte ab, als Lucek ihm anbot, dass einer der beiden Gehilfen sein Bündel aufs Pferd nehmen könnte. Lieber hatte er sein Bündel selbst zur Hand und all zu schwer war es auch nicht. Außerdem war er das Wandern gewöhnt. Es war auch nur ungefähr ein Tagesmarsch bis Haffkef. Wenn sie sich also anstrengen würden, würden sie es bis heute Abend schaffen und die kommende Nacht schon in Haffkef verbringen. Miria hatte ihr Bündel dankbar abgegeben. Es war jetzt hinter dem Sattel von Rannold festgeschnallt.

      Nicht ohne Tränen der beiden Mütter verabschiedeten sich Miria und Hanrek von ihren Familien und Freunden, ehe sie sich in der kleinen Gruppe auf den Weg machten.

      Das Wetter war angenehm für eine Wanderung. Die Luft war, obwohl der Winter vor der Tür stand, ungewöhnlich mild, sodass Hanrek schon bald sein Wams auszog und auf sein Bündel band und den Kragen seines Hemds aufschnürte. Miria ging neben ihm und plapperte auf ihn ein. Man merkte ihr die Aufregung deutlich an.

      Ihre drei Reisebegleiter waren, da sie ihre Pferde in einem starken Schritt gehen ließen, ein gutes Stück voraus. Das war Hanrek nur recht so. Er mochte die beiden Gehilfen Rannold und Tonnir nicht. Sein Gefühl riet ihm, mit den beiden vorsichtig zu sein. Im Dorf hatte er sie die letzten beiden Tage fast nicht gesehen, aber jedes Mal, wenn er ihnen begegnet war, hatten sie gleich begonnen, ihn hämisch aufzuziehen.

      „Ach, da kommt ja Hanrek, der Drachentöter unser neuer Lehrlingsdiener ...“, „Wo ist denn deine Drachenlanze, Drachentöter“, „Hast du heute schon genug vom Drachentöten-Spielen“, „Erde, Feuer, Wasser, Stein ...“, und einige Sprüche mehr bekam er zu hören.

      Hanrek war solcherlei Sprüche ja gewohnt. Was ihn bei den Sprüchen der beiden Gehilfen störte, war die Häme, die man darin hörte. Es wurde Hanrek klar, dass er mit diesen beiden noch seine Freude haben würde.

      Was Hanrek auch nicht gefallen hatte, waren die Blicke gewesen, die sie Miria zugeworfen hatten. Rannold hatte als Miria vorbeigegangen war, Tonnir angestoßen, eine anzügliche Geste hinter ihrem Rücken gemacht und schamlos gegrinst. Bei ihr hatten sie keine Bemerkungen gemacht aber das lag wahrscheinlich eher daran, dass Lucek in Hörweite war.

      Um die Mittagszeit, Hanreks Magen hatte schon vernehmlich geknurrt, sah er, wie Lucek, sein Pferd in einen leichten Trab versetzte und schnell um die nächste Biegung des Weges verschwand. Die beiden anderen hielten ihre Pferde an. Hanrek und Miria hatten die beiden schnell eingeholt.

      Hanrek spürte die Spannung in der Luft. Seine Gabe benötigte er nicht, um festzustellen, dass die beiden Unruhestifter etwas ausgeheckt hatten. Und wie erwartet fing Rannold sofort an, als sie in Reichweite waren.

      Er schnappte sich Mirias Bündel, das hinter seinem Sattel befestigt gewesen war.

      „Wollen mal sehen, was so ein Bauernmädchen so mit nimmt, wenn sie einen Ausflug in die große Stadt macht.“, und begann es zu durchwühlen.

      Miria stürzte auf ihn los.

      „Du Bastard. Nimm deine dreckigen Hände von meinen Sachen.“

      Darauf hatte Tonnir nur gewartet. Er trieb sein Pferd an und lenkte es hinter Miria, sodass diese zwischen den beiden Pferden eingeklemmt war. Er umklammerte sie von hinten und zog die um sich tretende Miria hoch, sodass sie vor ihm auf dem Pferd zum Sitzen kam. Während er sie weiter fest umklammerte, Miria hatte keine Chance sich aus dem Griff zu befreien, versuchte er ihr mit den Händen unter die Bluse zu fahren, was Miria verzweifelt versuchte zu verhindern. Das Ganze war so schnell gegangen, dass Hanrek keine Möglichkeit gehabt hatte, Miria zu helfen.

      Hanrek preschte vor, um dem Ganzen ein Ende zu bereiten und ging damit Rannold in die gestellte Falle.

      Rannold hatte sein Pferd in der Zwischenzeit um Tonnirs Pferd herumgelenkt und als Hanrek, der ganz auf Tonnir konzentriert war, an Rannold vorbei wollte, ließ der seinen Kampfstab, den er hinter seinem Pferd verborgen gehalten hatte, nach oben schnellen. Er erwischte Hanrek voll am Kinn. Als Hanrek einige Augenblicke später wieder zu sich kam, fand er sich auf dem Rücken liegend im Gras wieder.

      Rannold war in der Zwischenzeit abgestiegen und grinste ihn hämisch an.

      „Bist du müde, weil du es dir im Gras gemütlich gemacht hast? Dabei ist Lucek doch extra vorausgeritten, um für uns ein schönes Plätzchen zum Ausruhen zu suchen.“

      Dann lachte er über seinen Witz.

      Hanrek tastete, ob er seinen Stab noch hatte und als er ihn neben sich bemerkte, packte er ihn so fest, dass ihm die Hand weh tat. Er ließ seine Gabe fließen und Kämpfer und Stab waren eine Einheit. Er begann noch im Liegen seine erste Attacke auf Rannold. Mit dieser schnellen Attacke hatte Rannold zwar nicht gerechnet, aber seine Reflexe waren gut genug, um Hanreks Attacke mühelos abzuwehren. Für seine unbeherrschte Attacke bekam Hanrek prompt die Quittung in Form eines Schlags quer über den Rücken. Ein Schlag, wie ihn Hanrek schon häufig beim Üben abbekommen hatte. Der Schlag schmerzte zwar aber er tat vor allem seiner Ehre weh.

      „Ho, ho. Jetzt sehen wir heute sogar noch einen richtigen Drachentöter kämpfen.“, machte er sich weiter über Hanrek lustig.

      Auch jetzt verzichtete Hanrek auf ein vorsichtiges Abtasten des Gegners, wie er es bei Spartak gelernt hatte. Die ersten rasend schnell und wild vorgetragenen Schläge von Hanrek wehrte Rannold noch ab, aber dann hatte er keine Chance mehr. Einen klassischen Angriff von oben brach Hanrek ab, ließ den Stab durch seine Finger nach unten durchgleiten und griff stattdessen von unten an. Rannold wehrte im letzten Moment ab, war aber nicht schnell genug, um die sich daraus entwickelnde Schlagfolge zu meistern. Erst brach Hanrek ihm den Zeigefinger der rechten Hand. Rannold ließ seinen Stab fallen. Damit war die Abwehr von Rannold gebrochen. Augenblicke später verpasste ihm Hanrek in spielerisch aussehenden fließenden Bewegungen satte Schläge auf das linke Auge, das rechte Ohr und die beiden Kniescheiben, ehe er ihm schließlich die Beine weg zog. Dort blieb Rannold wahrscheinlich ohnmächtig liegen.

      Hanrek nahm sich nicht die Zeit, das zu prüfen, keiner der Schläge war wirklich gefährlich gewesen. Stattdessen spurtete er zu Tonnir, der immer noch mit der um sich schlagenden und tretenden Miria beschäftigt war, und hatte deshalb nicht auf den Kampf zwischen Rannold und Hanrek achten können.

      Beim wild um sich Treten traf