Zeit der Könige. Julia Fromme. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julia Fromme
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738038316
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sein.“

      „Ich werde mich darum kümmern, Euer Durchlaucht“, antwortete Matthäus, sichtlich verstimmt darüber, dass Albrecht die Kosten für das Grab dem Kloster auferlegte. Und so konnte er sich den Spott in seinen nächsten Worten nicht ganz verkneifen. „Die Markgräfin war eine sehr fromme Frau. Sie hat es wahrlich verdient, dass man ihr ein Andenken setzt.“ Der Abt verbeugte sich vor dem Markgrafen, der die Ironie in der Antwort des Abtes gar nicht zu bemerken schien und verließ langsam den Raum.

      Albrecht wandte sich zur Tür. Da fiel ihm wieder ein, dass er den Abt eigentlich fragen wollte, was dieser mit seinem Ritter zu besprechen gehabt hatte. Nun gut, musste er eben Henzo selbst fragen.

      Der Morgen war schon weit fortgeschritten, die Sonne stand bereits hoch am Himmel und versprach wieder einen heißen Tag. Die Ritter und Waffenknechte stöhnten unter der Last ihrer Kettenhemden und fürchteten den weiten Ritt in der Mittagsglut. Im Verlaufe des Vormittages verschlechterte sich der Zustand Albrechts. Seine Magenbeschwerden wurden schlimmer und es musste immer wieder eine Rast eingelegt werden. Mehrmals ließ er sich von Hugold einen Trank reichen, der mit dem Pulver des Arztes versetzt war. Doch wollte es ihm keine Linderung verschaffen. Im Gegenteil, irgendwie schien sich das Brennen in seinen Eingeweiden zu verschlimmern. Erst spät am Abend erreichte der Trupp die Burg von Freiberg. Der Markgraf begab sich sofort in die für ihn vorbereiteten Gemächer, ohne noch ein Wort mit einem seiner Ritter gesprochen zu haben. Nur Falk von Schellenberg begleitete ihn, um die Dienste eines Knappen zu verrichten. Falk half ihm aus dem Kettenpanzer und der Kotte, wusch ihm Gesicht und Hände mit dafür bereitgelegten Tüchern und hüllte ihn in ein weiches wollenes Gewand. Ächzend sank der Graf auf sein Lager, das reich mit weichen Kissen bedeckt war.

      „Ich danke dir, Junge. Ich habe wahrlich nicht sehr viele Menschen hier, denen ich vertrauen kann und die sich um mein Wohl scheren“, sagte Albrecht in vertraulichem Ton. Eine fahle Blässe überzog sein Gesicht, Schweißtropfen hatten sich auf seiner Stirn gebildet und ein eigentümlicher Geruch ging von seinem Körper aus.

      Falk war Albrecht bereits in Meißen aufgefallen. Oft sah er, dass dieser sich bei den Übungen unter Tizo sehr geschickt anstellte. Nicht selten beobachtete er von seinem Fenster im Söller wehmütig die jungen Kämpen, wenn sie mit den Waffen übten. Das Schicksal verhinderte, dass er Söhne bekam. Die Ehe mit Sophie hatte nicht zum Besten gestanden und nur selten suchte er in den neun Jahren ihrer Ehe ihr Bett auf.

      Doch nun war es zu spät. Vielleicht würde er sich, nach dem Sieg gegen seinen Bruder, ein neues Eheweib suchen.

      „Es ist gut, du kannst gehen“, sagte er zu Falk. „Aber halte dich in der Nähe, falls ich in der Nacht etwas brauche. Ich traue meinem Diener nicht. Den ganzen Tag schon schlich er um mich herum und hat mich lauernd beobachtet.“

      „Wie Ihr befehlt, Herr“, sagte Falk bescheiden und zog sich mit einer Verbeugung zurück. Er konnte sein Glück kaum fassen, dass der Markgraf ihn seinem Leibdiener vorzog. Vielleicht konnte er für immer in der Umgebung Albrechts bleiben und würde von diesem selbst sogar zum Ritter geschlagen.

      Gegen zwei Uhr morgens verschlechterte sich der Zustand Albrechts derart, dass man sein Stöhnen auch auf dem Gang vor der Kammer hören konnte. Er befahl Falk, ihm noch mal einen Trunk zu bringen. Gegen morgen wies er ihn an, alles für seinen sofortigen Aufbruch nach Meißen vorzubereiten. Eine böse Vorahnung beschlich Albrecht. Hatte man ihm gar Gift verabreicht? Oder litt er in der Tat unter einer Krankheit? Vielleicht hatte er nur etwas Verdorbenes gegessen oder sich eine Erkältung zugezogen? An diese Möglichkeit klammerte sich Albrecht mit aller Inbrunst. Er wollte doch lieber nach Meißen zurück, um seine Geschicke in die richtigen Bahnen lenken zu können. Jetzt durfte er keine Schwäche zeigen. Von Meißen aus wollte er ein Heer sammeln und gegen seinen Bruder und dessen Schwiegervater ziehen. Er würde Weißenfels diesmal einnehmen und dem Erdboden gleichmachen. Und sollten die Feinde ihn zu arg bedrängen, bestand sein Plan darin, auch in Meißen verbrannte Erde zurücklassen. Was bedeuteten schon ein paar Häuser oder Felder. Hier ging es um mehr, galt es, die Macht zu erhalten.

      „Hilf mir auf, ich schaffe es nicht allein.“ Falk versuchte, Albrecht auf das Pferd zu hieven, aber der Markgraf war einfach zu schwach und konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten.

      „Vielleicht wäre es für Euer Durchlaucht bequemer, in einer Kutsche zu reisen?“, fragte er vorsichtig. „Bestimmt geht es Euch morgen besser und ihr könnt wieder reiten.“

      Albrecht nickte nur, zu benommen, um den Knappen zu rügen, dass dieser es wagte, ihm Ratschläge zu erteilen. Falk trug ihn zu einer bereitgestellten Kutsche und setzte seinen Herrn hinein. Doch das Rütteln und Rumpeln der Räder auf dem unebenen Weg waren unerträglich. Furchtbare Schmerzen durchfuhren Albrechts Leib. Die Diener setzten ihn in einen Lehnstuhl und trugen ihn eine Strecke. In Krumhermersdorf mussten sie die Reise unterbrechen. Die Männer brachten den Markgrafen in die Hütte eines Bauern. Die verschreckten Leute standen hinten an der Wand und waren sprachlos darüber, dass ihr Landesherr hier in seinem Elend lag. Erging es den Reichen und Mächtigen also auch nicht besser als den Armen. Fast frohlockten sie heimlich, denn Albrecht hatte ihnen allen mit seinem Bruderkrieg viel Leid, Hunger und Elend gebracht. Immer wieder waren Truppen durch ihr Land gezogen, verwüsteten die Felder, vergewaltigten die Frauen und nahmen ihnen oft das letzte Stück Vieh aus dem Stall und das kleinste Stück Brot von ihrem Mund.

      Gegen Mittag des 24. Juni war Albrecht nicht mehr ansprechbar. Falk und Hugold standen bei seinem Lager und versuchten, mit feuchten Tüchern Linderung zu verschaffen. Noch einmal riss Albrecht seine Augen weit auf als würde er seine eigene Verdammnis sehen. Und vielleicht ist es ja auch so, dachte Falk bei sich.

      „Sophie“, hauchte Albrecht fast unhörbar. Dann tat er einen letzten tiefen Atemzug und sank still in sich zusammen. Hugold trat näher, um zu sehen, ob sein Herr eingeschlafen sei. Doch Albrecht war tot, gestorben am Gift eines Unbekannten.

      Noch am selben Tag wurde der Markgraf zurück nach Altzella gebracht, wo man ihn an der Seite seiner Gemahlin Sophie von Böhmen in aller Stille beisetzte. Nur der Abt und Falk waren anwesend, als man den steinernen Deckel seines Sarkophags herabließ.

      Teil 2

       Im Heiligen Land

      Kapitel 9

       Sizilien

       Ostern 1195

      „Hör zu, Nicolas. Ich schleuse dich unter die Diener des Kaisers“, eröffnete Dietrich seinem Schützling. Nicolas fuhr der Schrecken durch die Glieder. Er sollte ganz allein an der Tafel dieses Tyrannen, der sich Kaiser nannte, bedienen? Das durfte doch nicht wahr sein.

      „Ich würde lieber mit Euch gehen, Euer Gnaden“, wagte er zu widersprechen und sah seinen Herrn flehend an.

      Kaiser Heinrich war in Italien damit beschäftigt, seine Herrschaft in Sizilien zu festigen. Nachdem Dietrich im Frühjahr 1195 Meißen unter dem Vorwand einer Palästina-Wallfahrt heimlich verlassen, begab er sich mit seinen Schützlingen zunächst nach Italien, um Heinrich von seinem Erbanspruch zu überzeugen. Doch der Kaiser war nicht bereit, in dieser Sache nachzugeben. Er war sehr verärgert, dass die beiden Kontrahenten zu keiner friedlichen Einigung fanden. Dietrich wollte sich deshalb aus der näheren Umgebung des Kaisers zurückziehen.

      „Ich brauche hier einen zuverlässigen Mann, der mir von den Vorgängen um den Kaiser berichtet“, versuchte Dietrich seinen jungen Vertrauten zu überzeugen. „Ich werde am Gründonnerstag nach Akkon weiterreisen. Heinrich hat sich geweigert, mich zu empfangen. Er ließ mir zu verstehen geben, dass er nicht gewillt sei, dem Streit zwischen Albrecht und mir weiter zuzusehen. Es würde ihn nicht interessieren. Außerdem befahl er mir, mich hier zu seiner Verfügung zu halten.“ Dietrich schnaubte abfällig. „Ich denke ja gar nicht daran. Wenn er mich nicht unterstützt, sehe ich selber zu, wie ich zu meinem Recht komme.“

      „Geht Ihr danach zurück nach Meißen?“, fragte Nicolas voller Bangen. Sein Herr würde ihn