Verlorene Liebe. Sassika Büthe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sassika Büthe
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738053180
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ungeheuerlich. Julia war siebzehn Jahre alt und hatte keine Lust, mit ihrer nervigen dreizehnjährigen Schwester abzuhängen, die zudem ohnehin keine Ahnung von den Dingen hatte, die Julia beschäftigten, aber da war Claudia natürlich ganz anderer Meinung. Im Allgemeinen gesehen, war dies vermutlich eine ganz normale Entwicklung zwischen Schwestern, deren Alterunterschied fast vier Jahre betrug. Sie wurde eben langsam erwachsen, interessierte sich vorwiegend für Partys und Jungs und würde im nächsten Jahr ihr Abitur machen. Na ja, was das Letzte anging, war das leider noch nicht so sicher. Sie hatte der Schule in letzter Zeit nicht sehr viel Aufmerksamkeit und Interesse gewidmet, was sich auch in ihren Noten widerspiegelte. Nur mit Ach und Krach hatte sie in diesem Sommer überhaupt die Versetzung geschafft, ob sie da ihr Abitur im nächsten Jahr bestehen würde, stand somit in den Sternen. Doch was das Thema Schule und Noten anging, so hatte sich bei ihr eine Gleichgültigkeit eingeschlichen, die ihre Eltern schier um den Verstand brachte. Aber es gab einfach für Julia zurzeit wichtigere Dinge in ihrem Leben als die Schule, nämlich ihre Clique, Partys und eben Jungs.

      Claudia hingegen spielte zum Teil noch mit Barbies und ihren Puppen, wenn auch nur noch heimlich. Doch sie hatte Claudia schon des Öfteren dabei ertappt, hatte jedoch, sobald ihre Schwester ihren grinsenden Gesichtsausdruck gesehen hatte, aus Sicherheitsgründen schnell das Weite suchen müssen, ehe sie mit irgendwelchen Gegenständen bombardiert wurde. Im Grunde, fand Julia, war ja auch gar nichts dabei, dass ihre Schwester von Zeit zu Zeit noch mit ihren Puppen spielte. Sie selbst hatte auch lange mit ihren Sachen gespielt, und sie hatte sich erst im letzten Jahr stark verändert, wie eben leider auch ihre schulischen Leistungen, sehr zum Ärger und Verzweiflung ihrer Eltern, die mit ihrem Latein so langsam aber sicher am Ende waren. Vielleicht war das auch der Grund, warum sie unbedingt an dieser Reise, die in erster Linie für ihre Eltern gedacht war, teilnehmen musste. Ihre Eltern vertrauten ihr nicht mehr genug, um sie alleine zu Hause in dem trüben Norden Deutschlands zu lassen, und wenn Julia ganz ehrlich mit sich selbst war, auch nicht so ganz zu unrecht. Sie hatte die beiden in letzter Zeit zu oft enttäuscht, hatte gelogen, war häufig viel zu spät zu Hause erschienen, und sie hielt sich nur noch selten an Abmachungen. Es hatte in den letzten Monaten viele Streitereien zu Hause gegeben, kurzum sie befand sich in der rebellischen Teenagerphase eines heranwachsenden Mädchens. Zwar recht verspätet, dafür aber umso heftiger, wie ihr Vater immer sagte.

      Am nächsten Tag hatte Julia die ungewöhnliche Begegnung mit dem schönen Puerto Ricaner beinahe vergessen, wenn auch nur beinahe. Sie hatte den ersten Urlaubstag mit ihrer Familie am wunderschönen Strand mit dem türkisfarbenen Meer verbracht. Sie hatte den ganzen Tag in der Sonne gelegen, ein Buch gelesen und war zum Abkühlen in den Ozean gesprungen, wobei man bei den warmen Temperaturen, die das Meer hier hatte, nicht wirklich von abkühlen reden konnte.

      Sie legte ihr Buch beiseite, nahm ihre Sonnenbrille ab und ließ ihren Blick den Strand entlang wandern. Ihre Eltern hatten recht behalten, es war wunderschön in Puerto Rico und sie hätte es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eines Tages bereut, nicht mitgefahren zu sein. Doch das zuzugeben, davon war sie noch meilenweit entfernt. Ihre Stimmung hatte sich zwar ein wenig gebessert, doch sie war in ihrem Inneren noch immer sauer auf ihre Eltern, und das ließ sie ihnen auch immer noch deutlich spüren. Den ganzen Tag schon hatten sie nicht viel miteinander gesprochen, nur Claudia konnte den Mund nie lange halten. Sie hatte auch heute den ganzen Tag gequatscht, und im Augenblick war es endlich mal für einen Augenblick ruhig. Claudia hatte sich auf die Suche nach einem Eis gemacht und war nun schon seit einer Viertelstunde fort. Auch wenn Julia die Ruhe ein wenig genossen hatte, so hielt sie nun doch Ausschau nach ihrer Schwester, bevor ihre Eltern womöglich noch das Augenmerk auf sie lenkten. Sie sah sich nach allen Seiten um, und dann sah sie ihn plötzlich wieder. Er kämpfte sich mit den schweren Strandliegen ab und stapelte diese zusammen, die die Strandgäste nach ihrem Strandtag zurückgelassen hatten. Auch wenn Claudia sie damit aufgezogen hatte, wie er sie angesehen hatte, so war sie sich ziemlich sicher, dass sie ihn genauso angesehen haben musste, was ziemlich peinlich war, und im Nachhinein hatte es sie auch ziemlich erschreckt. In dem Augenblick war es ihr jedoch nicht bewusst gewesen. Aber, wo sie ihn jetzt wiedersah, wusste sie, warum sie ihn so angesehen hatte. Denn auch jetzt konnte sie die Augen nicht von ihm lösen, wie er so nur mit einem ausgewaschenen T-Shirt und kurzer Hose bekleidet seiner Arbeit nachging.

      Er hatte dunkles Haar, was ihm leicht über die Augen fiel und ein markantes Gesicht. Seine Haut war braungebrannt und seine Arme waren muskulös. Wenn er lächelte, bildeten sich kleine Grübchen in den Wangen. Er war der schönste Junge, den sie je gesehen hatte. Vor allem aber waren es seine Augen, die es ihr angetan hatten, auch wenn sie diese wegen der Entfernung nicht genau ausmachen konnte. Sie waren ihr jedoch vom Vortag noch genauestens im Gedächtnis. Die Augenfarbe hatte sie bisher nicht erkennen können, doch sie vermutete, dass sie braun waren.

      Julia war völlig in Gedanken versunken, doch dann sah er plötzlich, als hätte er ihren Blick gespürt, zu ihr hinüber, und ihre Blicke trafen sich. Sein Gesicht verzog sich augenblicklich zu einem Lächeln. Sie zuckte unwillkürlich zusammen und sah schnell in eine andere Richtung. Sie fühlte sich beschämt und ertappt, und sie war sich außerdem ziemlich sicher, dass sie rot geworden war. Ruckartig stand sie von ihrer Liege auf, murmelte ein paar zusammenhanglose Worte zu ihren Eltern, so ziemlich die ersten an diesem Tag, und flüchtete zum Hotel und hinauf in ihr Zimmer, welches sie sich mit ihrer Schwester teilte.

      Am nächsten Tag sah sie ihn bereits früh am Morgen als sie auf den Weg zum Essenssaal an dem Hotelpool vorbeilief. Sie hatte ihn leider zu spät gesehen, um noch einen anderen Weg einzuschlagen. Nun gab es kein Entkommen mehr, und deshalb versuchte sie möglichst unbemerkt an ihm vorbeizuschleichen. Sie wusste, dass sie sich dämlich aufführte, aber sie konnte schwer aus ihrer Haut. Sie war eben von Natur aus eher feige und zurückhaltend. Sie senkte den Kopf und beschleunigte ein wenig ihren Schritt, um schnell an ihm vorbei zu huschen, doch es war zu spät. Er hatte sie bereits gesehen und als sie ihren Blick kurz hob, sah sie, wie er sie anlächelte. Sie lächelte schüchtern zurück, setzte ihren Weg dennoch fort. Als sie fast neben ihm stand, vernahm sie mit einem Mal plötzlich seine Stimme.

      „Hallo.“ Julia blieb kurz stehen und sah ihn an und blickte direkt in seine, wie sie richtig vermutet hatte, wunderschönen braunen Augen.

      „Oh, äh… hallo“, bekam sie gerade noch mit Mühe und Not heraus, ehe ihre Stimme versagte. Er lächelte sie noch immer an und sie stand ebenfalls ziemlich dämlich grinsend vor ihm. Doch dann machte er ein Zeichen mit Hand und gab ihr zu verstehen, dass er arbeiten musste. Er ging an ihr vorbei und Julia war sich ziemlich sicher, dass sie knallrot angelaufen war. Sie musste erst einmal tief durchatmen, bevor sie im Speisesaal ihrer Familie gegenübertrat. Gott, war das peinlich. Er hatte nur höflich hallo gesagt, und sie hatte bloß dagestanden und ihn dämlich angegrinst.

      Am Abend sah sie ihn noch einmal aber nur von Weiten. Dennoch hatte auch er sie erblickt und ihr zugewinkt. Sie hatte zaghaft die Hand zu Gruß gehoben, und war sich nicht einmal sicher, ob sie überhaupt gemeint war. Am Tag darauf hatte sie ihn überhaupt nicht gesehen, und sie musste zugeben, dass sie ein wenig enttäuscht war. Auch wenn die bisherigen kurzen Begegnungen eher von der peinlichen Sorte gewesen waren, und Julia zudem auch noch Stichelleichen von ihrer Schwester einbrachten. Dennoch ertappte sie sich dabei, wie sie heimlich und möglichst unauffällig nach ihm Ausschau hielt.

      Kapitel 3

      Erst am vierten Tag nach ihrer Ankunft kamen sie zum ersten Mal miteinander richtig ins Gespräch. Gegen Mittag hatte sie ihn einmal kurz gesehen, doch sie wollte nicht noch einmal so eine peinliche Begegnung wie beim letzten Mal erleben und machte deshalb einen großen Bogen um ihn herum. Sie wusste nicht, ob er sie überhaupt gesehen hatte.

      Am Abend nach dem Abendessen hatte sie sich dann zurückgezogen. Ihre Eltern waren in der Hotelbar und ließen es sich gut gehen, während sie sich mit ihrer Schwester im Hotelzimmer aufhielt. Julia hatte versucht, ein Buch zu lesen, doch ihre Schwester ließ sie einfach nicht in Ruhe lesen. Stattdessen redete sie ununterbrochen oder stellte die Musik so laut, dass sie sich nicht konzentrieren konnte. Mürrisch hatte Julia ihr Buch unter den Arm geklemmt und war an den Strand gegangen. Doch zum Lesen war es hier viel zu dunkel. Also setzte sie sich auf einen Felsen am Strand und sah