Apostelchips. Gert Podszun. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gert Podszun
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847630203
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Cognac am Vormittag ab. Er trank nie Alkohol im Büro. Er beantwortete stattdessen höflich Essigs Frage nach den Kaffeezutaten. Nur Zucker. Kaffee schwarz, wie meine Seele. Das Lächeln von Essig fiel sparsam aus. Bei dieser Gelegenheit studierte Essig durch ihre Goldrandbrille seine Augen. Jens ließ seinen Blick kurz an ihr herunter gleiten und gewann den Eindruck, dass sie es verstand, sich sorgfältig und geschmackvoll zu kleiden. Er wusste immer noch nicht, wofür das K. ihres Vornamens stand.

      Für eine weitere Viertelstunde nistete sich Paul McCartinson in dem Raum ein. Steig ging etwas von seiner Art, die Dinge direkt zuzupacken, ab und erging sich in einem amerikanisch orientierten Ausflug. Hierbei erkannte Jens seine Sehnsucht, der Erste aus der Branche der Messtechnik zu sein, der eine neue digitale Generation von Messgeräten in die USA verkaufen würde. Steig wollte unbedingt Pionier auf diesem Gebiet sein. Dieses Geschäft sollte auf jeden Fall gelingen. Dann würde er es geschafft haben. Die Konkurrenz aus der Bahn geworfen, gesiegt. Einer der Konkurrenten, er würde ihn von den Anfängen her kennen, habe ihm schon immer den Rang ablaufen wollen. Aber nichts da. Steig war stolz.

      „Ein großer Markt, ein großer Schritt. Das macht mir Freude und ich bitte Sie, dafür zu sorgen, dass die französische Tochtergesellschaft von McCartinson die notwendigen Geräte zum Test erhält. Sorgen Sie dafür, dass die notwendige Geheimhaltung und Sicherheit gewährleistet wird. Sie werden das Projekt persönlich begleiten.“

      „Danke, das werde ich gerne übernehmen.“

      „Und berichten!“

      „Natürlich!“

      „Zuletzt noch einen Punkt: Gestern erhielt ich einen ersten Anruf wegen einer Reklamation. Ausgerechnet wegen der Geräte aus der Null-Serie. Ich habe Doering gebeten, sich darum zu kümmern. Aber Sie sollten bitte ein Auge darauf haben und über den Vorfall berichten. Als Sie in mein Büro kamen, hatte ich den nächsten Reklamationsanruf. Da kann irgendetwas nicht stimmen. Sie kümmern sich bitte darum!“

      Auf den fragenden Blick von Jens fügte er hinzu:

      "Kontrolle ist besser als... Sie wissen schon und ein Führungsinstrument."

      Als Jens das Büro verließ, blätterte Frau Essig gerade in den Lokalnachrichten der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und sprach Jens an:

      „Stellen Sie sich vor, da ist ein Mann in Alfeld tot aufgefunden worden. Man vermutet Mord. Die Polizei ermittelt. Es gibt keinen Täter und kein Motiv. Und so was vor den Toren unserer Stadt! Ich bin richtig aufgeregt.“

      Jens hörte zu.

      „Es gibt eben doch viele Übel auf dieser Welt.“

      10

      Maria Fels las den ersten Bericht der Pathologie. Nachdem der Gesundheitszustand des Toten aus Polen keinen Anlass dazu gab, ein zu frühes natürliches Ableben anzunehmen, war von Fremdeinwirkung auszugehen. Jedoch waren alle gemeinhin bekannten Arten von Fremdeinwirkung auszuschließen. Es gab überhaupt keine Spuren, die auf eine Wirkung von außen schließen lassen würden. Damit kam Fels zu der Schlussfolgerung, dass es sich hier um eine Tötung handeln musste, die entweder durch ein flüchtiges Gift, einen plötzlichen extremen Schock oder eine spezielle Kampfsportart ausgelöst worden war. Details könnten erst nach einer weiteren aufwändigen Untersuchung herausgefunden werden. Auf jeden Fall musste von einer Fremdeinwirkung ausgegangen werden.

      Kokishin. Unter diesem Stichwort fand Fels Hinweise auf Kampfsportarten, die so gefährlich sind, dass sie tödlich sein können und keine Spuren hinterlassen. Auf dem Gelände wurden ja zwei Personen gesehen. Die zweite Person könnte ja diejenige gewesen sein, die dem Mitarbeiter der polnischen Bank das Leben genommen hatte. Was für ein Motiv steckte dahinter? Ich werde das nicht ohne weiteres herausfinden. Also werde ich diesen Herrn Kuczynski ansprechen müssen. Vielleicht bringt das Licht in den Hintergrund.

      Die Suche nach Herrn Kuczynski war deswegen nicht besonders schwierig, weil die polnische Bank die dazu notwendigen Informationen ohne Verzug bereitstellte. Fels rief Kuczynski an. Er war sehr freundlich und erklärte sich ohne Umschweife bereit, zu helfen. Er bat nur darum, das notwendige Treffen zunächst nicht in die Firma Steig zu legen.

      Man verabredete sich zu einer Zusammenkunft in einem Lokal in der Nähe des Hauptbahnhofs Hannover. Kuczynski war pünktlich. Fels sollte ihn an der mitgebrachten Broschüre der Steig AG erkennen. Er stand auf und begrüßte sie. Fels empfand seinen Händedruck als ehrlich. Sie warf einen Blick auf die auf dem Tisch liegende Broschüre und nahm am Tisch gegenüber Kuczynski Platz.

      „Herr Kuczynski, ich will gleich zu dem Grund unserer Verabredung kommen. Ihren Namen und den der Firma haben wir erhalten, weil wir einen Bankvertreter einer polnischen Bank gefunden haben, der einen Hinweis auf Ihre Person bei sich trug.“

      „Darf ich Sie auf ein Getränk einladen?“

      „Danke, ja das ist sehr freundlich. Können Sie zu dieser Sache etwas sagen?“

      „Wenn es sich um die Beteiligung an der Steig AG handelt, kann ich das. Es ist ein paar Wochen her, dass ich mit der polnischen Bank Verbindung aufgenommen habe. Unsere Firma, also die Steig AG, hat eine erfolgreiche Entwicklung vor sich. Das hat mit aktuellen bis jetzt weltweit einmaligen Innovationen zu tun. Darüber darf ich aber nichts sagen.“

      „Das müssen Sie auch gar nicht. Wir müssen nur einer Spur nachgehen. Die Belange des Konzerns sind für uns in diesem Fall zunächst nicht wichtig.“

      „Das ist gut. Ich kann Ihnen den Kontakt zur Bank erklären. Der erwartete Erfolg der AG erfordert Investitionen. Daran wollte ich mich beteiligen, um Aktionär der eigenen Firma zu werden. Ich glaube an die positive Entwicklung und die Fachleute bei der polnischen Bank haben diese Einschätzung anhand der von mir zu Verfügung gestellten Unterlagen geprüft und positiv beurteilt. Ich arbeite gerne in der Firma und wollte so einen Beitrag zu der weiteren Entwicklung leisten. Der Vertreter der Bank wollte in diesen Tagen eigentlich hierher kommen. Ich habe bis jetzt täglich auf seinen Anruf gewartet.“

      Während der Erklärung von Kuczynski wurde Kaffee serviert.

      „Kennen Sie den Vertreter der Bank?“

      „Ja, selbstverständlich. Er hat schließlich meine Unterlagen für die Bank aufbereitet. Sein Name ist Rybinski.“

      „Rybinski. Er wird nicht kommen.“

      „Wie, er wird nicht kommen? Was bedeutet es, wenn Sie sagen, dass Sie ihn gefunden haben? Ist er krank oder verletzt? Und wieso die Polizei? Was ist passiert?“

      „Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass er ermordet worden ist.“

      Kuczynski schwieg. Sein Blick sank. Die Schultern schienen plötzlich schmaler zu sein, als wenn eine Hoffnung aus seinem Körper gewichen wäre. Er atmete tief durch und gab sich einen inneren Ruck, um seinen Körper wieder aufzurichten. Die Augen suchten den Blick seines Gegenübers.

      „Es war alles klar. Ich wäre… Aber es sollte wohl nicht sein.“

      „Es liegt überhaupt nicht an Ihnen. Wir suchen nur einen Mörder. Die Bank steht immer noch zu der Finanzierungszusage. Jemand will das augenscheinlich verhindern. Können Sie sich erklären, warum man möglicherweise einen Kapitalzufluss zur AG verhindern will?“

      Kuczynski erwachte wie aus einem bösen Traum.

      „Wir haben natürlich starke Konkurrenz, aber die kann es in diesem Falle nicht sein, da ich meine geplante Finanzierung zunächst ganz privat vorbereitet habe.“

      „Wer könnte von Ihrem privaten Plan gewusst haben? Denken Sie etwa, dass hier jemand gegen die Entwicklung der Firma operiert?“

      „Von meinem Plan konnte niemand etwas wissen. Ich musste ja erst prüfen lassen, ob die Bank überhaupt mitmacht. Diese Prüfung hat ja Herr Rybinski vorbereitet und begleitet. Die weitere Entwicklung der AG steht unter einem guten Stern. Es gibt enorm gute Innovationen. Deren Vermarktung erfordert Investitionen. Das wurde im Führungsteam besprochen. Leitende Mitarbeiter wurden eingeladen, sich zu beteiligen,