Der Aufstieg des Karl Ernst Schober. Hans Ulrich Süss. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans Ulrich Süss
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847624158
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wurde deutlich, es ging darum, wie man rüberkommt und welche Erwartungen die oben haben. Wer schon oben ist, findet sich selbst gut und wenn dann ein Anderer so komplett unterschiedlich ist, dann ist das schon irritierend, oder schlicht weniger gut. Wenn man den befördern würde, dann könnte der zu einem Problem werden! Das Risiko ist hoch, vielleicht zu hoch? Menschen wie Hohlenberger wollen nicht irritiert werden! Schober hatte verstanden! Bemerkungen der Chefs über ihre Bereitschaft Ungewöhnliches zu fördern, oder sogar zu suchen, sind reine Lippenbekenntnisse.

      Zur Frage von Frauen in Führungspositionen hatte Hohlenberger eine ebenso erleuchtende Aussage: "Selbstverständlich wollen wir mehr Frauen in Führungspositionen. Es ist der klare Anspruch unseres Konzerns, mehr Frauen in Führungspositionen zu sehen. Stellen Sie sich doch nur mal vor, wie ein schönes décoleté oder ein derrière eine Veranstaltung schmückt." Zur Erläuterung dieses Standpunktes lachte er breit.

      Beim Abendessen erzählte Hohlenberger von seinem Hobby, der Jagd. Er meinte: "Leider bleibt mir zu wenig Zeit für ein eigenes Revier. Das erfordert viel Pflege und damit Präsenz."

      Schober war sehr interessiert, jagen fand er einen spannenden Zeitvertreib. Leider brauchte man dazu nicht nur, wie Hohlenberger sagte, viel Zeit, sondern auch einiges Geld. Er war bisher nur ab und zu eingeladen worden. Einer seiner Kameraden aus der Zeit bei der Bundeswehr kam aus einer Gegend mit einer Jagdgenossenschaft, da konnte man mit etwas Glück bei einer Treibjagd dabei sein. Als Jäger selbstverständlich. Schober sprach das vorsichtig an: "Ich hatte schon Gelegenheit zur Jagd auf Wildschweine, in Oberfranken. Das war sehr spannend. Eines hab ich erlegen können, ein glatter Blattschuss, auf 50 Meter Entfernung. Aber ich habe ja auch bei der Bundeswehr die goldene Schützenschnur problemlos erhalten!"

      "Nun, das hört sich ja nicht schlecht an, mein Lieber", war Hohlenbergers Reaktion, "Sie sollten mal nach Kärnten in unser Werk kommen. Zum dem gehört nämlich eine Jagd, oben im Gebirge. Dort sitzt man nicht einfach herum und wartet auf Wildschweine, die einem vors Gewehr getrieben werden. Nein, man steigt stundenlang auf und sucht sich die Gams!"

      "Das Werk besitzt eine Jagd?" Schobers Erstaunen war groß und ungeheuchelt.

      "Selbstverständlich ist das ein wenig der Historie geschuldet", erläuterte Hohlenberger. "früher brauchten wir Elektrizität und dazu Wasserkraft. Da war es sinnvoll, auch das Land zu erwerben, das die Bäche versorgt. Heute ist das eine Sache, die wir weiterhin betreiben, zuerst für unsere guten Kunden. Es ist etwas Besonderes für viele Einkäufer, wenn wir sie zur Jagd einladen können und dürfen."

      Hohlenberger lachte und ergänzte: "Natürlich darf deshalb nicht jeder Piefke aus der Zentrale bei uns auf die Hochalm zum Jagen, da sind wir schon besorgt um Qualität."

      Nach dem dîner verabschiedete sich Hohlenberger, er habe noch etwas vor, bei dem er keine Begleiter benötige, war seine knappe Erläuterung. Schober war erfreut, seine letzte Erfahrung mit zusätzlichem entertainment nach dem Abendessen hatte er in nicht sehr guter Erinnerung. Damals hatten ihn seine französischen Kollegen überrumpelt. Sie luden ihn ein, als Begleitung zum Abendessen mitzugehen, der Einkäufer eines amerikanischen Unternehmens sei zur Unterschrift unter den Jahresliefervertrag gekommen. Das hörte sich ganz gut an, jedenfalls besser als im Appartement zu sitzen. Schober fragte, wie viele Personen am Essen teilnehmen würden und hörte 'cinq'. Schober war etwas überrascht, über die junge, stark dekolletierte Begleiterin von John Bishop. Bei der Vorstellung sagte sie nur 'Jeanette'. Er hielt sie zunächst für dessen sehr junge Ehefrau. Erst langsam reifte der Verdacht, dies könne eine Hostess sein. Gleich nach dem desert verabschiedeten sich seine beiden französischen Kollegen mit der Aussage, sie hätten am kommenden Tag eine Reise und müssten deshalb leider früh gehen. Sie wünschten Bishop und Schober noch einen schönen Abend.

      Bishops gute Laune steigerte sich als Folge des Weingenusses und der Nähe seiner Begleitung, Jeanette. Er forderte Schober auf, mit in eine Bar zu gehen, 'to have more fun'. Zu Jeanette äußerte er die Bitte: "Couldn't you organize a friend of yours for our lonely companion? He really looks left out." Sie konnte. Die dunkelhäutige junge Dame, Charléne, erschien in der Bar und setzte sich ohne Umschweife zu Schober. Man sprach Englisch, trank champagne und hatte Spaß. Bishop verschwand mit seiner Begleitung in einem Séparée und winkte Schober, das Gleiche zu tun.

      Schober war eher verschreckt, er ließ sich mitziehen und wurde noch verschreckter, als Charléne begann sich zu entkleiden. Sie war rasch fertig und stand, sich präsentierend, im String-Tanga vor ihm. Schober wusste nicht, wo er hinsehen sollte, er begann zu stottern. Das störte Charléne nicht, sie ergriff die Initiative, zog ihm Schlips und Jackett aus, lockerte den Gürtel und öffnete den Knopf. Die Hose fiel zu Boden, Schober kam sich sehr blöde vor, mit heruntergelassener Hose im Raum zu stehen, war weder elegant noch erotisch. Für Charléne war das kein Problem. Sie schob Schober in Richtung des Bettes und fragte: "Do you like a blow job?" Schobers Gefühl der Peinlichkeit schwand, als Charléne zugriff und ihm ein Kompliment machte: "Oh, that's a real big one", erklärte sie und begann ihn zu massieren. Schober kam ziemlich schnell, seine Erregung war zu stark. Charléne blieb professionell, sie lobte ihn für seine 'performance'.

      Es gab mehr champagne, auch John tauchte wieder auf. Die Rechnung war beachtlich, Schober wurde erst mal blass. Na gut, erst mal die Firmenkreditkarte nutzen, dann mit cash den Rest erledigen. Man schickte die Damen nach Hause, im Taxi bedankte sich John: "It's always a pleasure doing business with you guys. I am very pleased with the service. We should try to organize meetings like this more frequently, not just once a year!" Schober stimmte zu, nicht ohne ein dummes Gefühl im Magen.

      Am folgenden Tag ging er mit seiner Abrechnung zur Sekretärin, Madame d'Aubigné. Die sagte: "Oh la, la." Und dann "Sie 'atten Spaß Charles, oui? Wenn der Umsatz hoch genug ist, bestellen wir für unsere guten Kunden gerne hostesses bilingual!"

      Schober war die Geschichte immer noch peinlich. Erst als er erkannte, bei ihr gab es keine Kritik an seinem Verhalten, solche Rechnungen waren offenbar nicht ungewöhnlich, begann er sich zu beruhigen. Trotzdem suchte er im Wörterbuch nach passenden Übersetzungen und ging zur Beichte. Das wollte er hinter sich haben, denn zuhause ging das überhaupt nicht! Dieses Erlebnis konnte er seinem Beichtvater im Dorf nicht erzählen. Der wäre sowas von geschockt, nein, unmöglich war das. Tabula rasa musste schon in Paris geschaffen werden. Es beruhigte ihn dann doch, der Priester sah kein wirkliches Problem. Ehebruch war es nicht, so ein blow job!

      Im Frühsommer traf Schober bei einem Besuch in der Zentral zufällig vor dem Paternoster auf Seeberger. Der Paternoster war ein enges Gefährt, das rasche Reaktionen beim Ein- und Aussteigen verlangte, deshalb blieben beide erst mal zum small talk stehen. Er erfuhr, Seeberger würde auf dem Weg zu einem Kunden durch Paris kommen. Man kam überein, sich dort am Abend zu treffen, das gab Gelegenheit zum Gespräch, oder wie man heute sagt, zum networking.

      Es wurde ein lockeres Abendessen. Seeberger hatte ein paar Abenteuer erlebt in Chile, Bolivien und Peru. Er war mit dem Auto in der Atacama liegen geblieben, aber das war weniger interessant, als sein Bericht von einer Taxifahrt in Argentinien. Seebergers Taxi hatte in einer Kleinstadt, weit weg von Buenos Aires, an einer Ampel vorschriftsmäßig gestoppt. Der nachfolgende Autofahrer hatte damit nicht gerechnet und war aufgefahren. Auf der Polizeiwache stellte sich heraus, der Taxifahrer hatte keinen Führerschein. Weiterfahren war erst mal unmöglich. Seeberger musste zur Toilette. Die war direkt neben den Zellen für irgendwelche Gefangenen. Da gerade Besuchstag war, standen alle Zellentüren weit offen und Besucher und Insassen ununterscheidbar durcheinander. Seeberger meinte: "Ich hab mich geeilt, da wieder raus zu kommen. Ich dachte, am Ende muss ich noch beweisen, ich bin keiner der Insassen! Mit hundert US$ haben wir unseren Taxifahrer wieder frei bekommen und konnten weiter zum Kunden fahren."

      Schober erzählte von den Problemen bei den Synthesen in Krauths Truppe und von Krauths Desinteresse an fast allem, ausgenommen natürlich seiner Scheinkarriere an der Würzburger Uni. "Stellen Sie sich mal vor", sagte er, "da gibt