Der Aufstieg des Karl Ernst Schober. Hans Ulrich Süss. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans Ulrich Süss
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847624158
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so unbrauchbar sind sie auch nicht …."

      "Hab ich es doch gewusst, Sie kriegen das hin in Ihrer Truppe", antwortete Schober und freute sich innerlich, das war ganz einfach gewesen, ein dezenter Hinweis und schon fraß ihm der Hofmeister aus der Hand! Schober merkte, er konnte gut mit Menschen!

      "Aber dem Trageser wird diese Versetzung nicht gefallen", wand Hofmeister erneut ein.

      "Das lassen mich mal einsortieren", konterte Schober, "dem werden wir jetzt mal erzählen was Sache ist." Er rief seine Sekretärin und bat sie den Trageser ins Büro zu rufen.

      Trageser war überrascht, zum Chef der Gruppe gerufen zu werden. Als er dort seinen Chef sah, wurde ihm klar, hier war etwas im Busch. Schober kam ohne Umschweife zum Thema.

      "Wie Sie sicher gehört haben, kommen auf uns alle schwierige Zeiten zu. Unser Vorstand unterstützt den Vorschlag des Programms Total Organizational Progress zur Verminderung der Belegschaft um 20%. Das wurde als essentiell für die Zukunft des Unternehmens beschrieben. Erst nach langer, intensiver Diskussion hat der Vorstand dies akzeptiert. An uns, Ihnen, Ihrem Chef Herrn Hofmeister und mir liegt es jetzt, diesen Plan umzusetzen."

      Nach einer bedeutungsschweren Pause fuhr er fort: "Wie Sie sicher schon wissen, genießen ältere Mitarbeiter in unserem Hause selbstverständlich einen Schutz Ihres Arbeitsplatzes. Bei jüngeren Mitarbeitern sieht das etwas anders aus. Da gibt es praktisch keinen Schutz gegen betriebsbedingte Kündigung. Es gibt eine Abfindung, aber die errechnet sich nach der Betriebszugehörigkeit. Da gibt es eine Formel", er schien auf seinem Schreibtisch zu suchen, sprach dann aber weiter: "ein paar Prozent des letzten Gehaltes mal der Monate der Betriebszugehörigkeit. Das ergibt in Ihrem Fall nur eine sehr bescheidene Summe."

      Schober pausierte wieder und ließ die Sätze wirken. Dann fuhr er fort, wie es schien, mit einem Themawechsel: "Dr. Hofmeister sagte mir, er ist mit Ihrer Arbeitsleistung sehr zufrieden. Also wir beide würden Sie ungern verlieren. Aber bevor uns so etwas aufgedrückt wird, werden wir – gerade in Anbetracht Ihrer Leistung – uns sehr für Ihren Verbleib in der Firma engagieren. Das wird sicher nicht einfach, aber Sie können dabei auf unsere Unterstützung setzen! Das ist doch so, Hofmeister?" endete er, die Stimme anhebend.

      "Ja, sicher doch", beeilte sich Hofmeister zu antworten.

      In leicht verschwörerischem Ton fuhr Schober fort: "Ich hab es aus sicherer Quelle, in der Analytik werden noch fähige Mitarbeiter gesucht. Rufen Sie doch mal gleich den Dr. Mühlbacher an, der hat die 3365, und vereinbaren Sie einen Vorstellungstermin, am besten ganz schnell. Je schneller das geht, umso grösser sind Ihre Chancen dort unterzukommen!"

      Trageser war völlig überrumpelt, er sagt nur: "Analytik ist eigentlich nicht das, was ich gerne mache, ich weiß nicht, ob ich dorthin wechseln möchte!?"

      Schober akzeptierte den Einwand nicht: "Ich denke, jetzt gilt es clever zu sein und diese Chance zu nutzen, um weiter einen Job zu haben. Die Frage 'gern' oder 'ungern' stellt sich in dieser schweren Zeit nicht. Später, wenn dieser Sturm sich gelegt hat, dann stehen Ihnen mit Ihrer Qualifikation doch wieder alle Türen offen und Sie können sich intern wieder verändern. Wir sind ein großes Haus, da gibt es vermutlich schon bald wieder viele Möglichkeiten. Keine Krise dauert ewig. Wir empfehlen Ihnen, gehen Sie in Ihr Labor und rufen Sie gleich an!"

      Nachdem Trageser sein Büro verlassen hatte blieb Schober aktiv. Die Sekretärin, Frau Treskow, sollte ihm den Herrn Wurster vorbei schicken und beflügelt vom offensichtlich erfolgreichen Gespräch mit Trageser rief er durch die geöffnete Tür nach draußen: "Schicken Sie mir mal den Hans Wurst herein!" und kicherte über seinen tollen Witz.

      "Wen meinen Sie?" fragte Frau Treskow zurück. "Na den Wurster vom Labor." "Der heißt aber Klaus Wurster", war die leicht indignierte Antwort.

      "Na, ein Späßchen werden Sie doch verstehen", sagte Schober, er schüttelte den Kopf, diese Frau hatte keinen Humor!

      Wurster hatte schon eine Vorstellung von dem was kam. "Guten Tag Herr Dr. Schober, ich denke, Sie werden mir jetzt meinen Vorruhestand erklären", begann er gleich nach dem Eintreten.

      "Na ganz so schnell muss es nicht gehen", Schober gab sich jovial, "setzen Sie sich erst mal hin und dann erklären Sie mir doch mal Ihre Sicht vom möglichen Vorruhestand."

      Wurster fackelte nicht lange: "Also, wenn ich die Optionen richtig verstanden hab', dann kann ich praktisch gleich aufhören. Mit 63 Jahren kann ich in die Rente gehen, jetzt bin ich 60. Wenn die Vorruhestand-Teilzeitregelung rückwirkend ab 57 gerechnet wird, dann hab ich die Hälfte schon gearbeitet, dann muss mir die Firma das nur noch schriftlich geben."

      "Sie würden also gerne gehen?" fragte Schober nach. "Sie wissen, dass wir in den nächsten drei Jahren nur 80% Ihres derzeitigen Gehaltes zahlen werden? Ihre Rente wird auch geringer, wenn Sie vorzeitig gehen, das gleiche gilt für die Leistung Ihrer Pensionskasse!"

      "Ich werd' das schon überleben", antwortete Wurster, "Ich hab so viele Ideen, was und wie ich zuhause umbaue, mir wird es schon nicht langweilig. Die Kohle wird schon reichen. Meine Frau arbeitet noch, da kommt eigentlich genug rein. Wenn ich bis 65 bliebe, dann verkürzt das nur meine Zeit als rüstiger Rentner. Wann können wir das bei der Personalabteilung festklopfen?"

      "Na, wenn Sie sich schon sicher sind, das zu wollen, dann können wir noch diese Woche einen Termin machen", meinte Schober. Er verabschiedete Wurster und rieb sich die Hände. 'Jetzt fehlt mir nur noch die Bauermann,' dachte er und dann ist das Ziel erreicht. Doch Frau Bauermann erwies sich als schwieriger Fall. Die Überrumpelungstaktik funktionierte nicht.

      "Nein, daran hab' ich noch nicht gedacht", antwortete sie auf die Frage nach einer Vorruhestandsregelung mit Gehaltsverzicht. "Ich bin nicht sicher, aber ich denke, ich muss bis zu meinem offiziellen Rentenbeginn arbeiten, sonst reicht es nicht. Als Laborhilfskraft hab ich ja nie viel verdient, da ist auch meine Rente nicht hoch."

      "Aber Sie bekommen doch noch zusätzlich etwas aus der Firmen-Pensionskasse", Schober versuchte Frau Bauermann zu ködern.

      Das wollte Frau Bauermann aber nicht akzeptieren. "Die ziehen mir für jedes Jahr, das ich früher gehe 5% ab! Da wird das Wenige ja noch weniger! Wenn ich mit 58 gehe, sind dies zehn Prozent Abzug. Nein, das ist mir zu viel. Und zusätzlich noch Abstriche bei der Rente. Das wird nicht reichen für meinen Lebensabend. Da kann ich mir ja gar nichts mehr leisten." Sie sah sich schon betteln und hungern.

      Jetzt versuchte Schober es mit sozialem Druck: "Wissen Sie, das Problem ist, wir müssen 20% der Mitarbeiter abbauen, wenn Sie nicht akzeptieren, dann wird einer Ihrer jüngeren Kollegen oder eine Kollegin gehen müssen."

      "Aber ich schicke die doch nicht weg, das machen doch Sie!" Frau Bauermann zog sich diesen Schuh nicht an. Schober testete noch eine Weile seine Überredungskünste, dann gab er auf. Er beendete das Gespräch mit der Weitergabe zum Nächsten: "Ich schicke Ihnen mal Ihren Chef, den Dr. Hofmeister vorbei, mit dem können Sie das alles nochmal besprechen. Und bei der Personalabteilung und dem Betriebsrat gehen sie am Besten auch vorbei, die werden Ihnen das mit dem Vorruhestand alles nochmal im Detail erklären."

      Bei Schober zuhause war der Personalabbau selbstverständlich ein Thema. Schober fühlte sich in seinem Element, er konnte agieren, manipulieren und ein wenig schwindeln, das war einfach schöner, als Synthesen erdenken oder Verfahrensvarianten systematisch zu optimieren. Deshalb meinte er zu Elsbeth: "Das wird wieder ein Erfolg, endlich mal wieder. Du wirst sehen, der Krauth lässt mich machen und der Heumann kann nichts als mir Beifall klatschen! Das sind die Dinge, die ich am Besten kann, organisieren, Entscheidungen auf dem Weg bringen! Dort liegen meine Stärken, das ist ganz offensichtlich. Das einzige was noch stört, ist diese dusselige Kuh, die Bauermann. Die muss einfach 'ja' sagen."

      "Du findest das gut, Leute aus der Firma zu befördern? Also wirklich, Karl, das erschreckt mich!"

      Schober fand sein Verhalten überhaupt nicht erschreckend und den Kommentar Elses total daneben. Aber, sie hatte endlich mal wieder 'Karl' gesagt. Das bedeutete, sie nahm ihn jetzt endlich ernst! Er war wichtig! Er erklärte: "Ich übe nur meine Pflicht als Vorgesetzter aus. Es ist im Interesse des Unternehmens, die ausufernden Kosten zu senken. Wieso kann das falsch sein,