Seelenecho. Michaela Hössinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Hössinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847650706
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war dann doch verwundert über das derzeitige Innenleben von Verenas Haus. In jedem Zimmer standen Taschen und Kartons, so als wäre sie erste heute eingezogen. Oder bereit, jederzeit das Haus zu verlassen, meldete sich der Inspektor im Hinterkopf. Einzig allein das Wohnzimmer war frei davon, dafür standen vier verschiedenfarbige Kerzen in einem Kreis am Fußboden. Er konnte es nicht lassen und sah in der Küche in die Schränke und den Kühlschrank. Das Ergebnis – selbst eine Maus müsste am Hungertuch nagen.

      Doch dann viel sein Blick auf ein Gerät am Küchentisch. Offensichtlich war es kaputt und es sah aus wie ein Seismograph. Jedenfalls bestätigte sich seine Vermutung als er das Papier mit den hohen Kurven daneben liegen sah. Das aufgedruckte Datum belief sich auf den 8. September 2004. Das war vor zwei Tagen gewesen und er konnte sich nicht erinnern von einem Erdbeben gehört zu haben.

      Unter das Gerät hatte Verena eine Liste geklemmt mit den ­Notizen für die notwendigen Ersatzteile. Es erstaunte ihn eigentlich nicht, dass sie sich offensichtlich mit solch technischen Dingen auskannte, doch es war auf jeden Fall eine neue Erfahrung.

      Georg unterdrückte den Drang weiter neugierig zu sein und mehr über Verena Ritter zu erfahren. Er betrat das Wohnzimmer und wollte es sich auf der Bank gemütlich machen, doch diese war überfüllt mit Notizen, Tonbändern und Mitschriften. Wenn er diese Fülle betrachtete, verwunderte es ihn gar nicht mehr, dass ihr keine Zeit für Essen und Schlafen blieb.

      Unschlüssig blieb er stehen und da fiel sein Blick auf den ­ersten persönlichen Gegenstand. Ein Foto. Unverkennbar Verena in der Mitte, doch noch wesentlich jünger und links und rechts von ihr, anscheinend ihr Mutter und ihre Großmutter. Zumindest war die Ähnlichkeit auffällig, dahinter vermutlich ihr ­Vater, ein Mann in Uniform.

      Doch plötzlich wurden seine Gedanken von einem Telefon gestört. Es klingelte oder besser gesagt es spielte, wie es eben nun üblich war, eine Melodie. Es war die Musik von Bettlejuice. Georg musste darüber schmunzeln, Verena hatte wirklich Humor, doch wo war dieses Telefon.

      Er fand es schließlich zwischen den Blätteranhäufungen auf dem Wohnzimmersofa. Ohne nachzudenken hob er ab und meldete sich mit einem freundlichen „Georg Reuter bei Verena Ritter“.

      „Na, das ist ja mal was ganz Neues“, wunderte sich eine Frauen­stimme am anderen Ende.

      „Wie erfreulich“, antwortete Georg spontan und es erfüllte ihn mit Befriedigung, dass Verena offensichtlich nicht häufig Männerbesuch hatte. „Und mit wem habe ich die Ehre?“

      „Mit Martha. Ist meine Tochter da?“

      „Sie steht unter der Dusche.“

      „Aha“, war das Kommentar von der anderen Seite.

      „Soll ich ihr etwas ausrichten?“

      „Ich versuche sie schon seit zwei Tagen zu erreichen. Wenn sie mit ihren Geistern beschäftigt ist, vergisst sie vollkommen, dass sich vielleicht auch jemand Sorgen um sie macht. Sie sind doch kein Geist?“, fragte Verenas Mutter mit einem belustigten Unterton.

      „Noch nicht. Ich hoffe, dass es noch länger so bleiben wird.“

      „Das ist ja interessant. Beschäftigen sie sich auch mit unerklärlichen Phänomenen?“

      „Unter anderem. Ich bin Polizist. Ich versichere ihnen, dass viel unerklärlich bleibt und dass das unsere Verdächtigen phänomenal finden.“

      Verenas Mutter lachte in die Leitung. „Und wie finden sie meine Tochter?“

      „Interessant.“

      „Sag mal, mit wem telefonierst du da, das ist mein Telefon!“ ­Verena war hinter ihm aufgetaucht, sie hatte noch leicht feuchtes Haar, das sie im Nacken zu einem Knoten geschlungen hatte, trug ein fließendes Sommerkleid mit kleinen bunten Blumen und eine leichte Jeansjacke. Sie sah absolut natürlich schön aus.

      „Ich mache mich gerade mit deiner Mutter bekannt. Sie sagt, dass du nie anrufst.“ Georg zwinkerte ihr gut gelaunt zu.

      „Das ist doch gar nicht wahr, los gib mir mein Telefon“, forderte Verena fröhlich. „Übrigens, ich bin fertig.“

      Mit einem Blick auf seine Uhr verabschiedete er sich am Telefon. „Es freut mich, wenn ich wieder von ihnen höre. Und sie hat es tatsächlich in nur sechsundzwanzig Minuten geschafft, ausgehfertig zu sein.“

      „Ich hoffe, wir lernen uns einmal persönlich kennen“, verabschiedete sich Verenas Mutter, doch der Unterton in ihrer Stimme transferierte, dass sie eigentlich nicht damit rechnete.

      Verena schnappte sich ihr Telefon und drehte Georg den Rücken zu. „Hallo Mama, wie geht es dir.“

      „Wie soll es mir gehen, Kind. Du kommst nicht nach Hause, du rufst selten an, ich vermisse dich, Verena.“

      „Fang doch nicht schon wieder damit an, Mama.“

      „Du hast Recht, es hat wohl nicht viel Sinn, doch eines Tages musst du deinen Vater und dir selbst den Frieden geben. Er wartet auf dich.“

      Nach diesen Worten hing für lange zehn Sekunden Schweigen in der Luft und wieder fühlte Verena diesen alten Schmerz, den sie nun schon so lange in sich trug. „Doch deswegen habe ich eigentlich nicht angerufen. Ich wollte wieder deine Stimme hören und wir haben uns Sorgen gemacht, weil du nicht zu erreichen warst.“

      „Das ist unnötig, es geht mir gut und alles ist in Ordnung.“ ­Verena konnte es nicht verhindern, dass erneut ihre Schuldgefühle zurück an die Oberfläche kamen.

      „Dieser Georg Reuter hört sich nett an, wie ist er denn“, fragte Martha neugierig.

      „Interessant.“ Verena musste in das Telefon lächeln.

      „Das ist schön Verena. Ich wünsch dir einen schönen Abend.“

      „Danke, ich dir auch. Ich rufe dich an.“

      „Ja natürlich.“

      Georg hatte Verena nicht aus den Augen gelassen und so war ihm auch der Moment des Schmerzes, der sich in ihren Augen spiegelte nicht entgangen. Mit dieser Art von Schmerz kannte er sich aus, er trug selber einen in sich und zum ersten Mal regte sich der Wunsch, ihn offen zu legen und mit jemanden zu teilen.

      „Mütter, immer sind sie besorgt. Wir können gehen.“ Der Schutzpanzer hatte sich wieder um sie geschlossen.

      Stunden später gingen sie nebeneinander den Weg entlang, der zu Verenas Haus führte. Verena hatte darauf bestanden ein Stück zu Fuß zu gehen und so genoss sie die klare Nachtluft, die langsam mit dem Fortschreiten der Jahreszeit kühler wurde.

      Der Abend war sehr harmonisch verlaufen, sie hatten viel gelacht und vorzüglich gegessen und doch hatte sie beiderseits vermieden zu persönlich zu werden.

      „Jetzt sind wir fast an deinem Haus und du bist mir noch den Gedanken schuldig geblieben“, warf Georg plötzlich ein.

      „Ich möchte echt wissen, was an meinen Gedanken so interessant sein soll“, erwiderte Verena belustigt.

      „Nun, ich kann es mir nicht anders vorstellen. Du bist als ganze Person äußerst interessant.“ ­

      Verena konnte es nicht verhindern, dass sie den Vergleich zu vergangenen Männern zog. „Dieses Wort hat viele Perspektiven, wie ich in meinen Leben erkennen musste. Die einen meinen damit, sonderbar, andere abnormal oder amüsant. Und meistens verschwinden sie dann so schnell wie sie aufgetaucht sind.“

      „Narren. Lauter Narren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es je uninteressant mit dir sein könnte. Also, wie ist es jetzt mit deinem Gedanken.“

      Verena blieb stehen und lehnte sich an den Weidezaun. Ihre Augen funkelten im fahlen Licht und um ihre Lippen spielte ein leichtes Lächeln. „Ich mag so manchen Ruf haben, doch ganz sicherlich bin ich noch nie etwas schuldig geblieben. Also?“ Bei dieser Frage zog sich merklich ihre Augenbraue hoch. Doch Georg schüttelte nur grinsend den Kopf. “Diese Schuld fordere ich ein, wenn die Zeit gekommen ist. Und dann wird sich heraus stellen, ob eine