Tausche Mann gegen Therapieplatz. Anja Pauli. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anja Pauli
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847636014
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Zelt?“ hörte ich Karin fragen.

      „Nee, weißt Du ich habe gestern schon die ganze Nacht durchgefeiert, ich muss heute erst mal ausschlafen.“

      Das war wohl nichts, arme Karin!

      Am nächsten Tag fuhr ich schon überpünktlich in den Stall und wartete ungeduldig auf die Ankunft des Fremden.

      Als er endlich kam, bemühte mich so auszusehen, als stünde ich wirklich ganz unauffällig direkt am Eingang und begrüßte ihn mit einem offenen und herzlichen „Hallo“, was mir wirklich nicht leicht von den Lippen ging, weil ich ständig unter dem Wahn litt mich zu verraten. Warum musste das immer so schwer sein?!

      Aber auch dieser Tag verlief wieder ohne besonderes Weiterkommen. Wir wechselten ein paar belanglose Worte miteinander, und schließlich fuhr jeder nach Hause.

      Da ich von dem Schützenfest auch in unserer Zeitung berichten sollte, lief ich auch dort zur Höchstform auf. Natürlich befand der Schreiberling dies als das beste Fest aller Zeiten, blauer Himmel und rosarote Wolken.

      Am Dienstag war es dann soweit! Karin hatte Hajo erfolgreich bequatscht abends ins Zelt zu kommen. Jubel, und seit gestern waren auch meine Eltern aus dem Urlaub zurück, es konnte also losgehen.

      Ich kam weit später auf dem Festplatz an, als alle anderen. Robin hatte ich noch selbst ins Bett bringen und ihm eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen wollen, und so stand mir nun die unangenehme Aufgabe bevor, alleine in das große Zelt zu gehen und die zu mir gehörende Gruppe zu finden, was mir meist nicht direkt gelang. Vielmehr stand ich minutenlang, solche die einem schier unendlich lang vorkommen, an der Eingangspforte und schaute mich suchend um. Ich fühlte die Blicke der alten Schützengilde an meinen Beinen haften. War der Rock zu kurz? Die Beine zu dick?

      Ich zupfte noch mal nervös an meinem Halstuch und betrat die Tanzfläche, die an den hinteren Teil des Zeltes und an die Tischreihen anschloss.

      Zu meinem Glück saßen alle ziemlich weit vorne. Hajo war beidseitig von Frauen umgeben, so dass es mir unmöglich war mich in seine Nähe zu begeben. Oder konnte ich mich einfach dazwischenquetschen? Nein, zu dreist!

      Über diesen Gedanken hinaus hatte ich schon wieder den Zeitpunkt des offenen und fröhlichen Hallosagens verpasst und musste mich damit begnügen ihn aus der Ferne zu betrachten.

      Doch plötzlich kam er auf mich zu!

      Boden öffne dich und friss’ mich! Mein Selbstbewusstsein war gerade von meiner Schüchternheit zum Tanzen aufgefordert worden. Und eben deshalb nicht verfügbar.

      „Hallo“, sagte er fröhlich, „das ist aber nett, dass Du doch noch gekommen bist, die anderen meinten Du hättest wahrscheinlich keinen für Dein Kind.“

      Vor allen Dingen „die anderen“! Das war doch bestimmt Karin, die das meinte!

      „Den letzten Tag vom Schützenfest wollte ich nun doch nicht verpassen, glücklicherweise sind meinen Eltern wieder aus dem Urlaub zurück und so konnte ich kommen. Außerdem hörte ich, dass heute besonders interessante Leute hier sind“, das war aber gewagt.

      „Sag mal, hast Du auch Lust noch zum Frühstück mit zur Alexandra zu kommen?“ fragte er. Und ob ich Lust hätte!

      So ergab es sich, dass er den ganzen Abend nicht mehr von meiner Seite wich, da mein lieber Sebastian auch den ganzen Abend über mit eben besagter Alexandra beschäftigt war, fühlte ich mich auch nicht übermäßig schlecht dabei.

      Bei Alexandra angekommen bot er sich sofort an den Kaffee und die Eier für die Brötchen zu kochen.

      Was für ein Mann!

      Als er fertig war, setzte er sich sehr dicht neben mich auf die Couch.

      Na, das ging jetzt aber ein bisschen schnell, es waren schließlich noch eine Menge Plätze frei, musste er sich da unbedingt neben mich quetschen, was sollte ich tun wenn er auf die Idee kommen würde mich zu küssen? Leichte Panik überkam mich.

      Zu meinem Glück kamen bald auch die anderen aus der Küche, und ich fühlte mich erst einmal wieder sicher.

      Wir lachten, erzählten und es wurde ein rundum gemütlicher und schöner Abend, Entschuldigung Morgen, denn es war schon sechs, als ich mich endlich wieder bei meinen Eltern durch die Haustüre schlich. Ich kam mir unendlich frei vor.

      Wir verabschiedeten uns natürlich nicht, ohne uns für den

      darauf folgenden Freitag im Stall zu verabreden.

      Die Tage wollten nicht vergehen.

      Glücklicherweise hatte ich viele Aufträge und konnte mir damit die Zeit ein wenig verkürzen.

      Dann war es soweit, er hatte es nicht vergessen, er kam.

      Lächelnd kam er auf mich zu. Er trug an diesem Tag enganliegende grüne Reithosen, die seine doch etwas üppige Figur voll zur Geltung brachte. Sollte ich mich so verguckt haben? Nein, ich schob den Gedanken schnell beiseite, die anderen fanden ihn ja auch nett, also Karina sei nicht so kleinlich und schaue über die 10 kg Übergewicht einfach hinweg oder waren es 20?

      Er gab mir Reitunterricht und ich tat so, als sei ich völlig un-

      wissend – macht sich immer besser, den Männern ein gewisses Überlegenheitsgefühl zu geben – und hörte stark interessiert

      seinen etwas eigenartigen Erklärungen zu.

      Was tut man nicht alles.

      Nach einer halben Stunde war ich völlig am Ende.

      „Was ist Mädel, kannst du nicht mehr?“

      Er nannte mich Mädel, wie blöd.

      „Hm, ich habe wohl etwas wenig Kondition.“

      „Ja, daran müssen wir arbeiten.“

      Wie er das wohl meinte?!

      „Gut, dann lassen wir es gut sein für heute und nächste Woche geht es weiter.“

      Und ob es weitergeht. Er hatte ein Profil, das mich wahnsinnig machte.

      „Bist du am Wochenende auch auf dem großen Schützenfest in der Stadt?“ wagte ich mich näher heran.

      „Ja, wir stehen immer am Gatzweiler-Zelt. Dort ist es ziemlich lustig und ab zehn läuft da ne Travestieshow, die man einfach gesehen haben muss“.

       Sicher, Schützenfest ist immer lustig, deshalb ging ich ja schon wieder hin!

      „Ab wann seid ihr denn immer da?“ meine vorsichtige Frage auf seine noch nicht ausgesprochene Einladung. Nun frag’ doch endlich!

      „Ich würde sagen, wir treffen uns hier nächste Woche zur gleichen Zeit und du tust bis dahin was an deiner Kondition“, sagte er nur.

      Er hatte mich wohl nicht verstanden, wahrscheinlich habe ich zu leise geredet. Gut, versuche ich es noch mal.

      „Wann seid ihr denn immer dort?. Wir alle hier würden auch gerne dorthin kommen.“ Gut formuliert, so würde ich mich wenigstens nicht ganz so blamieren, falls ich jetzt schon wieder zu leise gesprochen haben sollte. Nein, diesmal erhörte er mich.

      „So gegen acht.“

      Trotz der Kürze wirkte die Antwort doch geradezu einladend. Ich würde also hingehen.

      So kurz wie diese Antwort war auch die Verabschiedung. Weg war er!

      Ich ging auf die Terrasse, in der Hoffnung jemanden von unserer Truppe motivieren zu können mich zu begleiten.

      „Kommt irgend jemand mit nach Neuss am Samstag?“ fragte ich in die Runde.

      „Was willst du denn da?“ fragte jemand.

      Verrate ich nicht, wäre doch gelacht!

      „So ein bisschen über den Kirmesplatz bummeln, etwas essen, was man eben alles so auf einer Kirmes