Allerdings ging ihr das Krokodil nicht mehr aus dem Sinn. Warum es wohl dort im Dornenbusch versteckt war? Und warum grunzte es so merkwürdig? Warum weinte es? Warum riss es die Blüten vom Dornenbusch? Die Fragen ließen sie nicht los und unmerklich verlangsamte sich ihr Schritt. Ich muss zurück, dachte sie. Ich muss dem Krokodil irgendwie helfen! Und als sie sich umdrehte, glaubte sie, ihren Augen nicht mehr zu trauen. Da stand plötzlich auf der eben noch großen, weiten Wiese ein wunderhübsches Schloss und von daher kam ein Reiter in Windeseile auf sie zu. Sprachlos und verwundert blickte sie ihm entgegen. Es war ein wunderschöner Prinz in einem blau-goldenen Anzug. „Ich glaube, ich träume“ stammelte die Zigeunerin und zwickte sich in den Arm.
„Nein, du träumst nicht“, sagte der Reiter. „Ich möchte mich bei dir bedanken, denn du hast mir das Leben und meine Freiheit geschenkt. Dank deiner Liebe zu mir und den Blüten, denen du das Leben gerettet hast. Durch diese Taten hast du ein großes Herz bewiesen und nur das konnte mich von dem bösen Fluch, der auf mir lastete, befreien. Ich danke dir dafür von Herzen und du sollst es, wenn du willst, bei mir ein Leben lang gut haben. Du musst es nur wollen!“
Selig vor Glück, endlich am Ziel ihrer Träume angelangt zu sein, ergriff die junge Zigeunerin, aus der bald eine Prinzessin werden sollte, die Hand des Prinzen und schwang sich auf sein Pferd. Gemeinsam ritten sie auf das große Schloss zu und lebten fortan glücklich und zufrieden.
Die rutschende Krone
Es war einmal ein Froschkönig, dessen Krone für seinen kleinen Kopf viel zu groß geraten war. Der Froschkönig litt sehr darunter und hatte daher das Bedürfnis, das Manko des kleinen Kopfes durch ein noch größeres Maul wettzumachen. Was ihm auch gelang, denn sein Maul wurde immer breiter und breiter – nur die Krone passte noch immer nicht richtig auf seinen Kopf.
Eines Tages hatte der Froschkönig die Idee, zum Prinzen im Schloss nahe der Stadtgrenze zu gehen, denn man munkelte, dass der Prinz einen Zaubervogel hatte. Vielleicht konnte dieser seinen Kopf größer machen, damit die Krone endlich passte? Einen Versuch war es jedenfalls wert. Und so machte er sich auf den Weg. Beim Prinzen angekommen, wurde er auch sogleich vorgelassen, denn der Prinz war allgemein als sehr gütig bekannt.
„Guten Tag, Herr Froschkönig“, sprach der Prinz bedächtig. „Was kann ich für Sie tun?“
„Lieber Prinz“, begann der Froschkönig zu sprechen, „ich bin so betrübt. Ich möchte der König meines Landes sein. Aber ein König ist man nur mit der Krone auf dem Kopf. Und wie ihr seht: Meine rutscht mir immer wieder vom Kopf, weil sie zu groß für meinen Kopf ist. Und deshalb habe ich eine Bitte. Bitte lasst mich mit dem Zaubervogel sprechen. Vielleicht weiß er einen Rat, um mir zu helfen!“
„Gut, Froschkönig, wenn es weiter nichts ist, so will ich euch diese Bitte gern erfüllen. Ihr müsst nur einfach auf diesem roten Teppich entlang laufen. Wenn die Zeit reif ist, werdet ihr dem Zaubervogel begegnen.“
„Habt vielen Dank, gütiger Prinz. Vielen Dank!“ sprach der Froschkönig, glücklich vor Freude und machte sich auf den Weg. Und er ging den roten Teppich entlang und ging und ging und ging. Der Teppich nahm gar kein Ende. Die Landschaft wechselte, wurde zur Wüste und er kam an einem Meer vorbei. Auch wechselte links und rechts vom roten Teppich das Wetter. Frühling, Sommer, Herbst und Winter zogen während weniger Schritte vorbei. Nur eines traf der Froschkönig nicht bei seiner Wanderung: den Zaubervogel. So marschierte er weiter und sagte sich, es wird schon seine Richtigkeit haben. Während er so marschierte wurde er langsam etwas müde und weil er sich zudem ständig über seine Krone aufregte, die ihm andauernd ins Gesicht rutschte, nahm er seine Krone ab und trug sie weiterhin in der Hand.
„Ach, ist ja auch egal, wo die Krone ist. Hier ist ja doch keiner, der mich sehen könnte, „ dachte der Froschkönig nach. „Also kann ich die Krone auf in der Hand behalten und bei Bedarf wieder aufsetzen.“
„Sehr weise“, sagte eine Stimme aus dem Hintergrund plötzlich. Etwas flatterte über seinen Kopf hinweg und vor ihm saß der Zaubervogel. Schillernd bunt war er, mit einem prächtigen Gefieder. „Nicht jedem muss man ansehen, was er ist“, sagte der Zaubervogel und wechselte ganz blitzartig sein Gefieder, das jetzt plötzlich nur noch aschgrau war und nicht mehr schön anzusehen.
„Das Wichtigste ist, dass man sich selber mag. Ob ich schillernd bunt bin oder grau wie eine Maus“, sprach der Zaubervogel weiter und wechselte wieder sein Gefieder blitzartig. „Nur wenn ich mich so anerkenne, wie ich bin, denn daran kann ich kaum etwas ändern, geht es mir wirklich gut.“
„Das hört sich gut an“, erwiderte der Froschkönig. „Aber mein Kopf ist zu klein für meine Krone. Wie sollen meine Untertanen mich als König anerkennen, wenn ich meine Krone nicht richtig tragen kann?“
Der Zaubervogel blickte ihm geradewegs in die Augen. „Ist es deinen Untertanen wirklich so wichtig, ob du die Krone auf dem Kopf hast? Oder respektieren sie dich nicht einfach als ihren König, ob du deine Krone auf dem Kopf hast oder in deinen Händen? Sie respektieren dich um deinetwillen und nicht wegen der Krone!“
Über den letzten Satz dachte der Froschkönig noch nach, als der Zaubervogel schon lange wieder verschwunden war. Um meinetwillen. Um meinetwillen ging es ihm Abertausend mal durch den Kopf. Immer und immer wieder. Um meinetwillen werde ich respektiert. Um meinetwillen. Und im Reich der Frösche zurück hatte der Froschkönig bald sein Selbstvertrauen zurück gewonnen. Jetzt war es ihm egal, ob die Krone auf seinem Kopf war oder neben ihm im Gras lag. Man mochte ihn um seinetwillen, denn er war nun einmal der Froschkönig – ob mit oder ohne Krone auf dem Kopf!
Der Traum des Goldfischs
Es war einmal ein kleiner Goldfisch, der in einem Teich lebte, welcher nahe beim Schloss war. Jeden Tag besah sich der Goldfisch dieses Schloss. Man sagte, es sei ein Märchenschloss und wer in dieses Schloss ging, würde wundersame Dinge erleben. Schade, dachte der Goldfisch bei sich, dass ich kein Mensch bin. Ich würde dieses Märchenschloss erkunden wollen. Sicher gab es dort eine Menge zu sehen und zu erleben! Auf der anderen Seite seines kleinen Teiches konnte der Goldfisch einen Strand beobachten, der menschenleer in der Sonne döste. Früher einmal waren hier Menschen gewesen und hatten dort in der Sonne gelegen und geschlafen und sie hatten gelacht und hier im Teich gebadet. Aber unter den Menschen kursierte das Gerücht, dass das Schloss verzaubert war und jetzt ein Spukschloss war und seine Bewohner, die früher einmal gut und nett gewesen waren, heute nur noch aus bösen Geistern und Gespenstern bestanden. Ach, dachte der Goldfisch immer wieder, muss das hier früher eine schöne Zeit gewesen sein, als die Menschen hier fröhlich und ausgelassen gewesen sind. Und alles war ihm so vertraut, als wenn er einmal dazugehört hätte und es einst selber erlebt hatte. Aber das konnte ja gar nicht möglich sein, denn er war ja nur ein Goldfisch. Aber diese Sehnsucht ließ ihn einfach nicht los. Jahr um Jahr blieb dieser Traum in seinem Herzen – aber es war eben nur der Traum eines kleinen Goldfischs – und was hatte der schon zu bedeuten?
Eines schönen Tages passierte dann etwas Merkwürdiges. Die Sonne stand gerade blutrot am Firmament und wollte einen neuen Tag ankündigen, als ein kleiner Bub lachend und johlend aus dem Märchenschloss heraus gestürmt kam und schwenkte einen grün-rot-goldenen Apfel in der Hand. Das hatte es hier noch nie gegeben. Der Bub kam geradewegs auf den Teich zugelaufen, verlor plötzlich den Apfel und der kullerte in den Teich zu unserem Goldfisch, der ihn beinahe an den Kopf bekam. Der Goldfisch erschrak mächtig und besah sich den Apfel dann näher. Eigentlich sah das nur so aus wie ein Apfel. In Wirklichkeit schien es aber eine Art Schachtel zu sein und bei ganz genauem Hinsehen konnte man einen feinen Riss darin entdecken. Der Goldfisch zettelte, riss und schüttelte an dem Apfel, in der Hoffnung, das Geheimnis des Apfels lüften zu können. Er steckte eine Flosse in den winzigen Spalt und versuchte, den Deckel aufzuhebeln. Plötzlich gab der Deckel nach und öffnete sich. Blitze zuckten durch das Wasser und dann war alles dunkel.
„Du