„Ja, Pferde sind gut.“ Juans Augen blitzten interessiert. „Die lassen sich gut verkaufen.“
„Aber nicht in Presidio del Norte, mein Freund. Der verdammte Capitan de Lopez würde sie für die Armee beschlagnahmen. Nein, mein Freund, wir werden die Pferde ein wenig weiter treiben, dorthin, wo sie gutes Gold bringen.“ Der Colonello tippte auf die Stelle, an der sich die kleine Siedlung befinden sollte. „Aber das Beste ist, dass unser Apache meint, dass die Büffeljäger unterwegs sind. Die werden eine Menge Büffelfelle auf ihren Wagen haben, wenn sie wieder zum Handelsposten fahren. Und sie werden sicher an der neuen Siedlung Halt machen, da dort die Loon-Quelle ist. Wir werden zwei Fliegen mit einem einzigen Schlag erledigen, mein Freund.“
„Ein paar Siedler zu überfallen, das ist eine Sache, Jefe, aber es werden sicher zwanzig oder mehr Büffeljäger sein. Du weißt, was für Flinten sie haben. Du hast selbst darüber gesprochen.“
„Die Gewehre werden ihnen nichts nützen, wenn wir eine schlaue Falle stellen.“
„Und wie willst du sie in die Falle locken?“
„Ich habe da so meinen Plan, mein Freund, ich habe da so meinen Plan. Verlass dich ganz auf El Perdido.“
Sie benötigten drei Tage für ihren Ritt, der sie in die Nähe der Quelle brachte.
El Perdido ließ drei Männer weit vorausreiten, die sicherstellen sollten, dass sich nicht zufällig jemand näherte, der auf die große Reiterschar stoßen könnte. Solange man ihn rechtzeitig töten konnte, mochte das kein Problem sein, doch wenn er entkam, dann konnte er die Siedlung warnen oder vielleicht sogar Hilfe herbeiholen.
Die Stimmung der Männer schwankte zwischen Erwartung und Nervosität. Man befand sich nun tief auf texanischem Gebiet. Selbst wenn man die Tejanos vielleicht nicht zu fürchten brauchte, so bestand doch ständig die Gefahr, kriegerischen Indianern zu begegnen. Das war besonders auf dem Rückweg nach Mexiko gefährlich, wenn das Vorankommen durch die Beute verlangsamt wurde. Keinem würde es gefallen, die erkämpfte Beute zurücklassen zu müssen.
El Perdidos Männer lagerten nun zehn Meilen vor der neuen Siedlung. Sie war Realität, denn man konnte die Feuer der Kochstellen aus der großen Senke aufsteigen sehen, wo die Bewohner dabei waren, ihre Häuser zu errichten.
„Narren, diese Tejanos“, meinte Juan. „Bauen ihre Siedlung in eine Senke, statt sie oben auf einem Hügel zu errichten.“
„Sie wähnen sich sicher.“ El Perdido lächelte. „Das macht sie bequem. Unten in der Senke ist die Quelle. Warum Wasser den Hang hinauf schleppen, wenn man auch dort unten bauen kann und sich so die Mühe erspart? Genau diese Bequemlichkeit wird nun zum Untergang dieser Siedler führen.“
„Unsere Späher müssten bald zurück sein.“ Juan blinzelte zur Sonne empor. „Wenn es geht, so sollten wir noch in dieser Nacht angreifen. Je länger wir warten, desto größer wird die Gefahr der Entdeckung.“
„Ah, ich weiß, mein Freund. Aber ein guter Colonello lässt seine Männer nicht blindlings ins Feuer laufen. Die Späher werden uns berichten, wie viele Gewehre wir zu erwarten haben und wie wir die Tejanos am leichtesten packen.“
Juan zupfte einen Grashalm und begann zu kauen. Die Männer ringsum prüften zum wiederholten Male ihre Waffen.
Gewehre und Pistolen waren Steinschloßwaffen und mussten sorgsam gepflegt werden. Zwar konnte man die meist glattläufigen Waffen laden, sie aber nicht uneingeschränkt schussbereit halten. Um eine solche Waffe abzufeuern, musste man Pulver auf eine Zündpfanne geben. Zog man den Abzug, schnellte der Hahn nach vorne. Der Hahn hielt einen Feuerstein, der an der Reibfläche der Pulverpfanne entlang glitt, dabei Funken schlug und somit das Pulver in der Pfanne entzündete. Dessen Flamme schlug durch den Zündkanal in die Treibladung im Lauf, die dann ebenfalls zündete und das Geschoss heraus schleuderte. Der gesamte Vorgang nahm eine gewisse Zeit in Anspruch. Es mochte nur eine Sekunde sein, doch während dieser Spanne sollte sich ein Ziel möglichst wenig bewegen. Das besagte Steinschloss verhinderte auch, dass die Waffe, wie schon erwähnt, stets schussbereit gehalten werden konnte. Die Pulverpfannen waren nicht wirklich Wasserdicht und schon die Feuchtigkeit von Morgentau konnte das Pulver verkleben und unbrauchbar machen. Die Bewegungen eines Reiters beim Ritt konnten den Feuerstein in seiner Halterung lockern und dies wiederum konnte zur Folge haben, dass er keine Funken schlug oder sogar aus der Halterung heraus fiel. Die Männer taten also gut daran, ihre Waffen zu überprüfen.
El Perdido blickte auf, als er Hufschlag vernahm. Einer der Späher kehrte zurück, erkannte seinen Anführer und kam heran. Mit hastigen Worten begann er zu berichten, was er und die beiden anderen beobachtet hatten.
„Eine Handvoll fertiger Häuser, Colonello. Fünf weitere sind im Bau. Es sieht eher nach einem großen Rancho aus, als nach einem Dorf. Wir haben insgesamt zwanzig Männer gesehen. Fünf eingerechnet, die im Westen bei einer großen Pferdeherde sind. Es gibt eine Handvoll Halbwüchsige und Kinder.“
Juan grinste. „Und sicher auch ein paar Frauen, nicht wahr?“
Der Späher nickte. „Oh ja, Teniente, auch ein paar Weiber. Ein paar sind recht ansehnlich.“
„Das ist erfreulich. Nach der Arbeit haben sich die Männer ein wenig Vergnügen verdient.“ El Perdido überlegte. „Vielleicht lassen sich ein paar der Weiber und Kinder verkaufen. Juan, schärfe den Männern ein, dass ich die Frauen und Kinder lebend haben will. Wenigstens vorerst und sofern sie sich ordentlich benehmen.“
„Natürlich, Jefe.“
„Merk dir endlich, dass das Colonello heißt, verdammt.“ El Perdido starrte seinen Stellvertreter für einen Moment grimmig an, bevor er wieder lächelte. „Wir werden in dieser Nacht zuschlagen. Zehn gute Männer, um die Wachen auszuschalten. Männer, die mit dem Messer oder der Machete umgehen können.“
„Unterführer Emilio und seine Leute sind sehr gut im Kehleaufschlitzen.“
„Also Emilio und seine Gruppe. Die Gringos werden ihre Pferde auch in der Nacht bewachen. Stell zwanzig Reiter ab, die sich um die Wachen kümmern. Aber erst, wenn die Schießerei im Ort losgeht. Das musst du den Männern einschärfen. Ich will nicht, dass die Tejanos im Ort noch zu ihren Waffen greifen können. Daher werde ich mich mit fünfzig Männern an die Häuser heranschleichen, sobald die Wachen ausgeschaltet sind.“ El Perdido sah den Späher an. „Habt ihr Hunde beobachtet?“
„Nur ein paar Hühner.“
„Nun, die werden nachts wohl im Stall sein“, vermutete El Perdido. „Die übrigen Männer bleiben hier bei den Pferden und bilden unsere Reserve. Nur für den Fall, das irgendetwas schiefgeht. Wir schlagen im Morgenrauen los. Dann, wenn die Tejanos und ihre Chicas tief und fest schlafen.“
Es gab kein Feuer für die Männer. Wer Schlaf fand, der rollte sich in seinen Poncho und seine Decke und wer dabei zu schnarchen begann, der wurde unsanft geweckt, denn die Unterführer duldeten nicht den geringsten Laut. Um Mitternacht brach Emilios Gruppe von Halsabschneidern auf. Sie würden Zeit benötigen, um die Positionen der Wachen herauszufinden und sich lautlos an sie heranzuschleichen.
El Perdidos Männer mochten gelegentlich eine wilde Horde sein, doch bei ihren Beutezügen waren sie so diszipliniert wie Soldaten. In den vergangenen Jahren hatten sie auf die harte Weise gelernt, wie wichtig dies für ihr Überleben sein konnte. So lauerten die eingeteilten Männer schweigend, und warteten ebenso wie jene, die mit den Pferden zurückbleiben mussten.
El Perdido wartete mit seinen fünfzig Männern eine knappe Meile außerhalb der kleinen Siedlung. Der Sternklare Himmel erschwerte das unbemerkte Heranschleichen. Der Colonello hatte die Silhouetten der Gebäude sorgfältig mit seinem Teleskop abgesucht und keine Wachen auf den Dächern entdeckt. Die Siedler schienen ihre Wachen ausschließlich auf dem Boden postiert zu haben. Ein tödlicher Leichtsinn.
Nach einer knappen Stunde huschte einer von Emilios