Liebe nach Rezept - Insulaner küssen besser. Mira Schwarz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mira Schwarz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745014099
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ein. Es war nicht viel Betrieb, da Ostern schon vorbei war und die Hauptsaison noch nicht begonnen hatte. Hier in Dagebüll legten die Fähren nach Amrum und Föhr ab. Sie sah aus dem Fenster. Zwar konnte sie aufs Meer schauen, aber die graue Nordsee hob sich kaum von dem noch graueren Himmel ab.

      Vielleicht hätte ich doch einfach in den Süden fliegen sollen, dachte sie trübsinnig. Hinter ihr hupte ein Auto und sie schrak zusammen. Sie war an der Reihe, zum Schalter vorzufahren und hatte nicht einmal bemerkt, dass die beiden Autos vor ihr schon abgefertigt worden waren.

      Ob sie überhaupt Autofahren durfte? Sagte man in Filmen nicht immer zu Leuten, die Traumatisches erlebt hatten: So darfst du aber nicht ins Auto steigen? Ben und Adriana hatten einiges versucht, um sie von ihrem Vorhaben abzubringen, aber dieser Satz war nicht gefallen.

      Das Auto hinter ihr hupte erneut.

      „Jaja, ist ja schon gut!“, rief sie und fuhr zum Ticketschalter vor. Drinnen saß ein gemütlich wirkender Mann mit Vollbart und grinste sie an.

      „Na mien Deern, wo soll es denn hingehen?“

      „Einmal nach Amrum bitte“, antwortete Luisa. „Oneway!“, rutschte es ihr noch heraus. Das fand sie jetzt selbst ein bisschen dick aufgetragen. Oneway, als ob sie ein gesuchter Meisterdieb auf der Flucht wäre oder so was. Wobei Flucht stimmte ja nun auch wieder irgendwie.

      „Tja Deern, nicht einmal Oneway“ – der Mann am Ticketschalter zog das Wort übertrieben in die Länge, wie Luisa fand – „kann ich dir für die nächsten drei Fähren anbieten, alles ausgebucht. Hättest du dir mal vorher ein Ticket im Internet reserviert. Montag ist doch erster Mai, das nutzen viele Hamburger aus.“

      Luisa stöhnte auf. „Aber es ist doch gar nicht viel los hier“, jammerte sie und machte eine ausladende Geste, die den ganzen Fährterminal umfasste.

      „Jaa, noch nicht“, sagte der Kassenwart gedehnt und grinste wieder. „Die nächste Fähre nach Amrum fährt erst um 16:00 Uhr, dann trudeln die ersten aus dem Süden ein, die müssen nämlich noch arbeiten, die haben das nicht so gut wie du.“

      Er zwinkerte ihr zu, und Luisa wollte etwas Scharfes erwidern, ließ es dann aber doch bleiben. Auch das Duzen störte sie nicht besonders, im Gegenteil, bei Menschen, die ihr einigermaßen sympathisch waren, empfand sie es immer als Kompliment, geduzt zu werden, weil sie sich dann so herrlich jung fühlte.

      „Und wann geht dann die Fähre, auf der noch ein Platz frei ist?“, fragte sie bange.

      „Um exakt 20:00 Uhr“, sagte der bärtige Kassenwart.

      „Was, erst um 20:00 Uhr?“ In Luisas Kopf ratterte es. Dann würde sie ja viel zu spät auf der Insel sein, sie musste sich auch noch ein Unterkunft suchen, und dann hier die ganze Zeit an diesem trostlosen Terminal warten.

      Sie spürte, wie der Rest ihrer ohnehin sehr dürftigen Energie zu entweichen drohte und ein dicker Kloß sich ihren Hals hochschob.

      Der Kassenwart sah sie aufmunternd an. „Na, wie wäre es denn mit Föhr? Die Fähre fährt in einer halben Stunde und es sind noch ein paar Plätze frei.“

      Bitte nicht Föhr, dachte Luisa. Hinter ihr in der Schlange begannen die Autos zu hupen.

      „Gibt es dort einen Sandstrand?“, beeilte sie sich zu fragen und hielt abwartend die Luft an.

      Der Ticketmann stieß einen Laut der Empörung aus. „Ob wir einen Sandstrand auf Föhr haben?“, wiederholte er ihre Frage entrüstet. „Junge Dame, Föhr gehört zur friesischen Karibik, natürlich haben wir einen Sandstrand. Kilometerlang!“ Er schüttelte den Kopf. „Ihr Städter seit echt zum Piepen.“

      Luisa atmete erleichtert auf. Nun würde sie doch noch zu ihrem Sandstrand kommen. „Dann einmal friesische Karibik bitte“, sagte sie lächelnd.

      „Oneway?“, fragte der Bärtige verschmitzt.

      „Oneway!“, antwortete Luisa mit fester Stimme.

      Kapitel 4 - Friesische Karibik

      Die Möwen umflogen kreischend das Fährschiff und das Wasser schwappte in harten Schlägen gegen die Bootswände. Luisa stand an Deck, krallte sich am Geländer fest und hielt die Augen geschlossen.

      Ihr war übel.

      Eben hatte sie sich auf der Bordtoilette übergeben müssen. Viel war nicht herausgekommen, sie hatte ja seit fast zwei Tagen kaum etwas gegessen.

      Wenigstens ist das gut für meine Figur, dachte sie.

      Da legte sich eine Hand auf ihre Schulter. Luisa zuckte zusammen und drehte sich um. Eine ältere Dame Mitte sechzig lächelte sie freundlich an. Sie war außerordentlich gut gekleidet und sah sehr gepflegt aus.

      Das ist bestimmt eine Hamburgerin, dachte Luisa. Sie wurde sich auf einmal ihrer eigenen Erscheinung überdeutlich bewusst. Außer für das Minimum an Grundhygiene hatte sie in der letzten Zeit keine Energie aufbringen können. Geschweige denn, sich zu schminken. Sie hatte ihre Wohlfühlklamotten an, eine graue Leggings, einen grauen Oversize-Pullover und ihren olivgrünen Parker. Dazu hatte sie sich für ihre superteuren Marken-Regenstiefel entschieden, ebenfalls olivgrün, welche sie sonst jedoch etwas sorgsamer kombinierte. Nun sah sie aus, also würde sie auf die Jagd gehen wollen. Fehlten nur noch die Schrotflinte und ein gut abgerichteter Jagdhund namens Fritz.

      „Ihnen geht es nicht gut, was, meine Liebe?“ Die ältere Dame sah sie mitfühlend an. „Ich bin auch immer froh, wenn wir endlich ankommen. Nun fahre ich schon seit dreißig Jahren regelmäßig nach Föhr, und mir macht die noch so kleinste Brise zu schaffen.“

      Luisa konnte das nicht ganz glauben, denn die Dame sah frisch und erholt aus und keineswegs so, als würde sie ihr Schicksal teilen.

      „Lassen Sie das man keinen Insulaner sehen, denn eigentlich haben wir ja kaum Wind.“ Die Dame zwinkerte ihr zu. „Was meinen Sie, sollen wir uns dort hinten in die geschützte Ecke setzen und ich hole uns einen Tee?“

      Luisa nickte benommen und ließ sich an den Tisch führen. Die ältere Dame verschwand und kam kurze Zeit später mit zwei dampfenden Styroporbechern zurück, von denen sie einen vor Luisa platzierte, zusammen mit zwei Zuckertütchen und einem Holstäbchen zum Umrühren.

      „Ist vielleicht kein Earl Grey, aber der wird es auch tun.“

      Luisa riss die Zuckerpäckchen auf, streute den Zucker in den Tee und rührte ihn mit dem Holzstäbchen um. Dann umschloss sie den Becher mit beiden Händen und wartete, dass der Tee etwas abkühlte. Die Wärme an ihren Händen hatte etwas Tröstliches. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie noch kein einziges Wort gesagt hatte.

      „Vielen Dank!“, beeilte sie sich daher zu sagen, „das ist sehr nett von Ihnen.“

      „Ach, dafür doch nicht!“ Die Frau machte eine wegwerfende Bewegung mit ihrer perfekt manikürten Hand. Betreten sah Luisa auf ihre eigenen Hände. Kurz geschnitten und saubergeschruppt, so gehöre es sich für eine Köchin, hatte ihre Oma immer gesagt. Praktisch eben.

      „Ich heiße Irene Matthiesen und komme aus Hamburg.“ Sie reichte ihr die manikürte Hand.

      Hamburg, sag ich doch, dachte Luisa, nahm die angebotene Hand und schüttelte diese. „Ich bin Luisa Gerkens, ebenfalls aus Hamburg.“

      Frau Matthiesen sah sie prüfend an. „Und, mal weg vom ganzen Trubel in Hamburg? Ein bisschen verschnaufen?“

      Der freundliche Tonfall trieb Luisa die Tränen in die Augen. Nun nimm dich doch mal zusammen, du blöde Kuh, dachte sie. „Mhm“, presste sie hervor, mehr konnte sie nicht sagen.

      Frau Matthiesen legte die Hand auf die ihre. „So ein bisschen Nordseeluft wirkt oft Wunder und das Meer rückt alles wieder in die entsprechenden Relationen, Sie werden schon sehen“.

      Bei