„Ich hoffe, du bist nicht hergekommen, um mir die Ohren voll zu jammern“, sagte Merkas schließlich, nachdem er sie einer längeren Musterung unterzogen hatte. „Du weißt, dass ich das überhaupt nicht leiden kann.“
„Es lässt dich also völlig kalt?“, fauchte sie und durchbohrte ihn mit ihren graublauen Augen. „Es ist dir egal? Du willst einfach zusehen, wie er sich zu einem zahmen und folgsamen Schoßhündchen macht – erneut? Ich hatte den Eindruck, dass es dir schon damals gegen den Strich ging, dass er sich dir entzogen hat.“
Sie hatte einen äußerst empfindlichen und explosiven Nerv getroffen, doch es war ihr egal. Wenn sie sich mies fühlte, konnte er das ruhig auch tun.
„Pass auf, was du sagst“, knurrte Merkas sie mit gebleckten Zähnen an. „Vergiss nicht, mit wem du redest. Wenn du nicht damit klarkommst, dass Nikolaj dich ersetzt hat, weil du ihm zu langweilig geworden bist, dann ist das dein Problem. Lass mich damit in Ruhe und kümmere dich selbst um deine Wehwehchen.“
Céstine ballte die Fäuste. Die Geste ließ Merkas nur noch spöttischer werden. „Schon mal darüber nachgedacht, dass deine Reize aufgebraucht sind und du deswegen niemanden mehr einlullen kannst? Vielleicht solltest du an einer Schulung für verbrauchte Sexgespielinnen teilnehmen. Möglicherweise ist noch was zu retten, möglicherweise auch nicht.“ Er bleckte die Zähne, wie eine Hyäne, genoss es ganz offensichtlich sie in Rage zu bringen, denn er setzte noch einen drauf. „Oder du wechselt einfach das Publikum. Auch wenn du verbraucht bist, gibt es bestimmt genügend zweitklassige Erdenmänner im höheren Alter, die sich geifernd die Finger nach dir lecken. Ein abgenagter Knochen ist schließlich besser als gar keiner.“
Merkas konnte ihr in Sachen Nikolaj womöglich noch nützlich sein, mahnte Céstine sich. Sie musste sich beherrschen und ihre Wut klug einsetzen.
Ein süßliches Lächeln auf den blutroten Lippen stand sie auf, ging auf Merkas zu und ließ sich vor ihm auf die Knie gleiten. Als sie ihre Finger leise schnurrend von seinen Waden hinauf zu den Oberschenkeln gleiten ließ, wobei sie wie zufällig sein Geschlecht streifte, zog er lediglich die Augenbrauen nach oben, sagte aber nichts. Nach und nach konnte sie spüren, wie sich die Muskeln seines Körpers entspannten und sich eine stattliche Beule in seiner Hose bildete. Sie quittierte es, indem sie sich genussvoll mit der Zunge über die Oberlippe fuhr, dabei weiter die Innenseiten seiner Oberschenkel massierte und das steife Glied langsam und sachte umspielte.
Als Merkas Kehle ein erregtes Stöhnen entwich, ließ sie ihre Hände zum Gürtel seiner Hose gleiten, um seine Männlichkeit zu befreien und ihn gefügig zu machen, für das, was sie von ihm wollte.
Im nächsten Moment wurden ihre Handgelenke umfasst und grob nach oben gerissen. Als sie aufsah, taxierte Merkas sie mit schneidender Kälte in den schwarzen Augen.
„Hast du wirklich gedacht, ich lasse mich so plump von dir um den Finger wickeln? Denkst du, ich hätte das nötig? Oder hältst du dich für so unwiderstehlich, dass du glaubst, dir könne niemand widerstehen? Wenn das so ist“, er beugte sich näher zu ihr heran, „du hast dich in beidem geirrt.“
Céstine fauchte wie eine Katze und entzog sich seinem Griff. „Wenn ich dich daran erinnern darf, dann hast du dich bereits von mir umgarnen lassen – und das nicht nur einmal. Dass du deine Libido ausnahmsweise unter Kontrolle hast, macht deine Gier auf mich nicht vergessen oder weniger präsent.“
Merkas Augen funkelten, als er sein Gesicht zu einer arroganten Maske formte. „Sag endlich, was du von mir willst, damit ich dich los bin. Du langweilst mich allmählich.“
Céstine erhob sich, ließ sich wieder in den Sessel fallen und schlug erneut die Beine übereinander. Es lief ganz und gar nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Weder ging er auf ihre verbalen noch auf ihre körperlichen Argumente ein.
Eine Weile lang schwieg sie und sah ihn nur bohrend an, dann versuchte sie es über den sachlichen Weg. „Ich dachte, dass wir das gleiche wollen – oder mehr, das gleiche nicht wollen. Wenn du ehrlich bist, bist du genau wie ich der Meinung, dass es eine Schande ist, wenn Nikolaj seine Natur und seinen Platz verleugnet. Eine Schande für ihn und auch für uns. Warum also sollten wir nicht zusammenarbeiten und ihn gemeinsam von seinem Fehler überzeugen? Zu zweit sind wir–“
„Wenn ich etwas will“, unterbrach Merkas sie träge und zugleich überaus schneidend, „oder nicht will, dann sorge ich dafür, dass sich alles so fügt, wie ich es mir vorstelle. Dazu brauche ich niemand anderen. Ich habe keine Schwierigkeiten mich durchzusetzen oder bleibenden Eindruck zu hinterlassen.“
Sie fixierte ihn provozierend. „Ist das dein letztes Wort? Du hast kein Interesse ihn wieder an deiner Seite zu haben?“
„Ich sehe keinen Grund, warum ich das gerade mit dir besprechen sollte, Céstine.“
„Wie du meinst“, lachte sie spöttisch. „Erstick doch an deinem Größenwahn. Du kannst dir in Zukunft selbst einen runterholen.“
Es klopfte. Einen Moment darauf trat ein kräftiger Mann durch die Tür, der sich sogleich an Merkas wandte.
„Boss, Toratan und seine Männer sind da. Sie warten in der Blackbox auf dich.“ Merkas nickte dem Mann zu, woraufhin dieser wieder aus dem Zimmer verschwand.
„Tja, du hast es ja selbst gehört. Die Geschäfte rufen. Du findest sicher alleine raus.“ Merkas bedachte sie nochmals mit einem höhnischen Grinsen, dann überließ er die Sensatin sich selbst.
Sie würde allein herausfinden müssen, wo Nikolaj sich verkrochen hatte, um vor dem Menschengör zu Kreuze zu kriechen. Wenn es jemanden gab, vor dem er kriechen sollte, dann war sie diejenige, sie ganz allein.
Bei dem Gedanken an einen vor ihr knienden Nikolaj, die Zunge in ihrem Schoß, lief ein erregtes Prickeln durch ihren Körper und ließ hungrige Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen aufkommen.
Ein vergnügliches Lächeln auf den Lippen, begleitet von der Absicht, diesen Gedanken baldigst in die Realität umzusetzen, verließ Céstine das Marofláge.
FÜNF
Josh war ihrem Vorschlag glücklicherweise nicht gefolgt. Sie hatte ihm aber auch nicht wirklich eine Möglichkeit gegeben, es zu tun. Nach einem ausladenden Bad hatte sie noch eine ausgiebige Weile im Badezimmer herumgetrödelt, sodass sie erst wieder herausgekommen war, als sich draußen schon trübe Dunkelheit breitgemacht hatte. Danach hatte sie direkt im Krankenhaus angerufen und sich für die nächsten Schichten krankgemeldet – das galt zumindest als halbwegs akzeptable Ausrede für Nichterscheinen. Die Freude über diese Mitteilung war ihrer Kollegin dennoch aus jeder Silbe herauszuhören gewesen. Erst als das geklärt war, hatte sie Josh aufgesucht, den sie, wie so oft, in seinem Arbeitszimmer angetroffen hatte. Sie hatte vorgeschlagen etwas vom Italiener zu bestellen, da ihr Körper offenkundig nach weiterem Kraftstoff verlangt hatte. Schließlich hatten sie gemeinsam ihre Pasta verschlungen und oberflächlichen Smalltalk betrieben. Gwen selbst hatte immer noch ein wüstes Chaos im Kopf gehabt und Josh war immer noch spürbar verstimmt gewesen. Sie hatte es ihrem Freund nicht verübeln können, da sie wusste, dass er es nicht leiden konnte, wenn man ihn anlog oder ihm etwas verschwieg. Und dass sie nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte, hätte wahrscheinlich auch ein Laie auf Anhieb erkannt. In Anbetracht Joshs beruflicher Orientierung und Ausbildung hatte er den Braten einfach nochmals um Längen deutlicher riechen können.
Nach