Herz, Schmerz und Gänsehaut. Dieter Adam. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dieter Adam
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741816932
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stand.

       "Nehmen Sie bitte Platz", forderte Madame Futura ihn auf und deutete auf einen Stuhl vor dem Tisch. Sie selbst setzte sich ihm gegenüber und stützte den Kopf in die Hände. Luzifer - welch sinniger Name, dachte Axel belustigt - ließ sich zu ihren Füßen nieder. Die Eule blieb auf ihrer rechten Schulter hocken.

       "Gut machen Sie das", lächelte Axel. "Man fühlt sich ins Mittelalter zurückversetzt. Verdient man eigentlich viel mit diesem Hokuspokus?"

       "Ich weiß, Sie sind voller Skepsis, Herr Wolf", murmelte Madame Futura, die sich in Trance zu versetzen schien. "Aber ich will versuchen, auch Sie von meinen Fähigkeiten zu überzeugen, die mir von einem Höheren verliehen wurden. Und nun schweigen Sie bitte, damit ich mich konzentrieren kann."

       Axel tat ihr den Willen und beobachtete amüsiert, was nun geschah.

       Madame Futura starrte, mit den Fingerkuppen leicht ihre Schläfen massierend, auf die magische Kristallkugel, die von innen heraus plötzlich zu glühen und dann immer heller zu strahlen begann.

       "Netter Trick", dachte Axel. "Wahrscheinlich betätigt sie unter dem Tisch mit dem Fuß einen Lichtschalter. Sehr beeindruckend, aber immer noch nicht überzeugend für mich. Die Wette gewinne ich spielend."

       "Sie heißen Axel Wolf", sagte Madame Futura mit hohler Stimme, "und wurden am..." - sie nannte Datum und Ort seiner Geburt - "... geboren. Ihre Eltern hießen Andreas und Maria."

       "Das wird ihr Charly geflüstert haben", dachte Axel. "Und angemeldet hat er mich entgegen ihrer Behauptung auch bei ihr. Diesem alten Gauner traue ich alles zu."

       "Sie hatten eine angenehme Kindheit", fuhr Madame Futura fort, "und wurden von ihren Eltern, deren einziger Sohn Sie waren, umhegt und verwöhnt, auch wenn Sie die vierte Klasse der Grundschule wiederholen mussten."

       Madame Futura kam nun noch auf weitere Einzelheiten aus seiner Vergangenheit zu sprechen, die aber alle auch Charly, mit dem er Tür an Tür aufgewachsen war, bekannt sein mussten. Dann endlich beschäftigte sie sich mit seiner Zukunft.

       "Sie haben einen sehr guten Beruf", sagte die Hellseherin, "der Sie auch künftig, wenn Sie ihm treu bleiben, vortrefflich ernähren wird. Und dann sehe ich eine junge Frau, die Sie in Kürze kennen lernen werden. Sie ist mittelgroß, sehr hübsch und hat hellblonde, lockige Haare. Zum Zeitpunkt Ihres Zusammentreffens wird sie ein rotes Kleid tragen. Sie wird... sie wird... hmmm... sie wird etwas verlieren, das Sie aufheben und ihr nachtragen werden. Ein.. ein... ja, ihr Portemonnaie wird sie fallen lassen und es nicht bemerken. Diese Frau wird Ihre große Liebe werden. Ich sehe Hochzeitsglocken..."

       "Danke, das genügt", unterbrach Axel die Wahrsagerin lachend. "Ersparen Sie sich und mir weitere Worte. Ich kann diesen Unsinn nicht länger ertragen. Sagen Sie mir, was ich Ihnen schuldig bin, und dann verschwinde ich."

       "Bitte sehr, wie Sie wünschen", grollte Madame Futura und blickte von ihrer Kugel auf, deren Licht daraufhin sofort erlosch. "Ich hätte Ihnen auch noch einiges über Ihre fernere Zukunft erzählen können, aber wenn Sie nicht wollen..." Sie hob die Hände. "Sie müssen es wissen."

       "Das weiß ich auch", grinste Axel. "Was muss ich zahlen?"

       "Nichts", erwiderte Madame Futura frostig. "Leuten, die mir nicht glauben, nehme ich nichts ab."

       "Um so besser", freute sich Axel und erhob sich. "Dann darf ich Ihnen für Ihre Zukunft, die Sie ja vermutlich schon kennen, alles Gute wünschen."

       Als Madame Futura keine Antwort gab und sich beleidigt abwandte, zuckte Axel die Schultern und ging.

       *

       Drei Tage später. Axel hatte im Supermarkt einige Einkäufe getätigt und trat mit seinem Wagen an die Kasse, um die Waren zu bezahlen. Vor ihm wartete ein mittelgroßes Mädchen mit hellblonden, lockigen Haaren. Als sie sich nach ihm umblickte, sah er, dass sie sehr hübsch war. Das rote Kleid stand ihr vortrefflich zu Gesicht.

       "Das gibt es doch nicht", dachte Axel, dem das Mädchen ausnehmend gut gefiel, verwirrt. Genau sein Typ war sie. So und nicht anders hatte er sich immer die Frau fürs Leben vorgestellt. Wenn sie jetzt noch ihr Portemonnaie verlöre...!

       Da war es auch schon passiert! Das hübsche, blonde Mädchen in dem roten Kleid hatte seine Rechnung beglichen, die Waren in einen Einkaufskorb gelegt und die Geldbörse obendrauf. Dann war sie gegangen. An der Tür stieß sie mit einem Mann zusammen, strauchelte ein wenig, wobei das Portemonnaie vom Korb herunterrutschte und auf den Boden fiel. Sie schien es nicht zu bemerken und eilte weiter.

       Axel hatte die Szene mit angehaltenem Atem verfolgt. Er hatte inzwischen ebenfalls bezahlt und seine Sachen in einer Tasche verstaut. Da kein anderer Anstalten machte, das Portemonnaie des Mädchens aufzuheben, tat er es und schaute sich nach ihr um. Sie war wie vom Erdboden verschluckt.

       Auch draußen war sie nirgends zu finden. So öffnete er die Geldbörse und schaute nach, ob sich hier vielleicht ein Hinweis auf die Adresse des Mädchens finden ließ. Neben einem beträchtlichen Geldbetrag stieß er auf ihren Personalausweis.

       "Behält die alte Hexe am Ende doch recht?", überlegte er, während er mit seinem Auto zu der bewussten Adresse fuhr, die er dem Ausweis entnommen hatte. "Das wäre unglaublich - und meine Wette hätte ich außerdem verloren."

       Monika Albers - so hieß das Mädchen - war hocherfreut, als er ihr die verlorene Geldbörse brachte. Als sie ihn aus ihren himmelblauen, langbewimperten Augen dankbar anlächelte, begann ein Feuer in ihm zu brennen, wie er es noch nie gekannt hatte. Sollte das die Liebe sein, von der er schon so oft die merkwürdigsten Dinge gelesen, die er selbst aber noch nie erlebt hatte?

       "Wie kann ich das nur wiedergutmachen?", fragte sie. "Ich hatte gerade mein Gehalt bei der Bank abgeholt. Mein gesamter Monatslohn wäre futsch gewesen, wenn Sie nicht..."

       "Vielleicht könnten wir mal zusammen essen gehen", schlug er vor. "Wenn Sie heute Abend Zeit hätten...?"

       Monika hatte Zeit, und es wurde ein wunderschöner, unvergesslicher Abend. Wie im Flug vergingen die Stunden, und als sie sich endlich weit nach Mitternacht trennten, waren beide der Auffassung, dass dies nicht unbedingt ihr letzter gemeinsamer Abend sein musste. Ein zärtlicher Kuss vor Monikas Haustür besiegelte das Versprechen, sich recht bald wiederzusehen. Am besten schon morgen.

       *

       "Ich habe meine Wette verloren", gestand Axel seinen Freunden vom Tennisklub ein halbes Jahr später bei seinem Polterabend ein. "Nie und nimmer hätte ich es für möglich gehalten, dass diese Madame Futura tatsächlich in die Zukunft blicken kann - und doch durfte ich es am eigenen Leib erleben. Es gibt eben Kräfte zwischen Himmel und Erde..." Axel unterbrach sich und sah seine Freunde, die glucksend zu lachen begonnen hatten, stirnrunzelnd an. "Warum gickelt ihr so blöd?"

       "Mein lieber Axel", sagte Charly, während er sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln wischte. "Nachdem ja nun alles so gekommen ist, wie wir es geplant hatten, können wir dir auch ein Geständnis ablegen. Eine Madame Futura hat es nie gegeben."

       "Jetzt spinnt mal nicht", schnitt Axel ihm die Rede ab. "Ich war schließlich selbst bei ihr."

       "Du warst bei einer alten Schauspielerin, die wir - deine Freunde - für einen guten Zweck engagiert hatten", klärte Charly seinen Freund auf.

       "Ja, aber woher wusste diese Frau dann...?"

       "Das war alles getürkt", fiel ihm Monika ins Wort und schmiegte sich an ihn. "Ich liebte dich schon so lange, aber du hast mich nie beachtet."

       "Und da wir uns das nicht länger ansehen wollten - Monika ist nämlich eine alte Schulfreundin von mir und hat mir ihr liebeskrankes Herzchen unlängst ausgeschüttet -, fassten wir den Plan, dich mit der Nase förmlich auf sie zu stoßen", sagte Britta.

       "Das hättet ihr aber einfacher haben können", meinte Axel kopfschüttelnd. "Ihr hättet sie mir bloß vorzustellen brauchen."

       "Wer weiß, ob es dann zwischen euch gefunkt hätte", lächelte Günther. "So aber, nachdem eine Wahrsagerin euer Glück prophezeit