Jonathans Erbe – Expedition in die Vergangenheit. Claudia Karsunke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Claudia Karsunke
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844255935
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erschrockenen Tier in die Schlucht hinein. Paddy flog zur Seite und prallte unsanft gegen einen Felsen. Dianne hatte sich bis jetzt ruhig verhalten, die Szene gebannt verfolgt und gehofft, ihr Liebster könnte diesen verdammten Idioten rechtzeitig umstimmen. Dann wäre ihr Auftrag bereits erledigt, und die Ureinwohner hätten ihre Träume behalten. Aber wie es gerade aussah, war diese Such-Expedition wohl doch noch nicht so bald zu Ende. Dianne stieg schnell hinunter in die Schlucht und half dem Aborigine auf die Füße. Er hatte ein paar unschöne Schrammen davongetragen. Paddy griff sich benommen an die Stirn und schüttelte vorsichtig seinen Kopf. Es dauerte einige Sekunden, bis er wieder ganz klar denken konnte. Kramer war längst aus seinem Blickfeld verschwunden. „Komm, Honey, wir müssen ihm folgen!“ Der Ranger zog Dianne eilig hinter sich her. Sie erreichten kurz darauf den weiten Talkessel. Die sinkende Sonne fiel noch immer auf die rotglühenden Felsendome. Diesmal sahen sie jedoch noch viel mehr als die blassgrünen Tupfer aus Spinifex zwischen den angestrahlten Steinformationen. Dieses Tal war überall wie von funkelnden Edelsteinen durchwirkt. Voller Ehrfurcht blieb Paddy stehen und trat sogar noch einen Schritt zurück. Dianne, offensichtlich vom gleichen überwältigenden Anblick erfüllt, wagte nur zu flüstern. „Ist es das? Das Tal eurer Träume?“ Der Aborigine beantwortete ihre Frage, ohne seine Augen von diesem Zauber abzuwenden. „Ja, Honey. Das muss das Tal unserer Träume sein, von dem mir mein Großvater erzählt hat. Und er wusste es von seinen Ahnen.“ „So etwas Wunderschönes habe ich noch nie in meinem ganzen Leben gesehen.“ Paddy schaute sie jetzt doch kurz an. „Ich auch nicht, Honey.“ Die Felsendome waren überall mit diesen funkelnden und glitzernden Steinen durchsetzt, die in der sinkenden Sonne die ganze Kraft ihres inneren Feuers zu entfalten schienen. So, wie sie strahlten, musste es sich um Diamanten handeln. Dianne konnte ihren Blick kaum von diesem grandiosen Schauspiel abwenden. Bis sie diesen Irren entdeckte, den sie für Kramer halten musste und der in einem entfernten Winkel des Tales damit begonnen hatte, die funkelnden Juwelen aus dem Gestein zu brechen. Dafür benutzte er offensichtlich einen Geologenhammer, soweit sie das aus der Entfernung erkennen konnte. „Da, Paddy. Das gibt’s doch nicht. Wie kann dieser Mann es wagen, die Steine einfach herauszubrechen? Los, komm! Wir müssen ihn wenigstens davon abhalten.“ Schon zog Dianne den Ranger am Arm, aber der hielt sie zurück. „Nein, Honey, bleib hier! Dazu ist es jetzt zu spät. Der Weiße hat dieses Tal schon mit seinem Betreten entweiht. Nun werden alle Aborigines mit dem Knochen auf ihn zeigen, und das hat noch niemand überlebt.“ Dianne schaute ihn betroffen an. „Du glaubst also auch an diesen magischen Fluch der Aborigines?“ „Nach allem, was ich in den letzten Minuten gesehen und erlebt habe, ja. Vergiss nicht, Honey, auch ich bin einer von ihnen. Und ich kenne die Strafe, die einer solchen Missachtung unserer Gesetze folgt.“ Der Eindringling machte sich an einem weiteren funkelnden Stein zu schaffen. In Dianne stieg eine noch ungekannte Wut hoch. Am liebsten hätte sie diesem Frevel sofort persönlich ein Ende gesetzt. Plötzlich wurde ihr Blick abgelenkt, als sie aus dem Augenwinkel auf der anderen Seite des Tales, im Schatten der Felsen, eine zweite und daneben eine dritte Gestalt wahrnahm, die dort herumkletterten. Auch eindeutig Weiße. Sie machte Paddy darauf aufmerksam, der ihr bis dahin wie gelähmt erschien. Er erkannte die Männer sofort. „Bill und Frank... Verdammt, was machen die hier?“ Dann schaute Dianne wieder zu Kramer hinüber. Er war verschwunden. Sie suchte vergeblich die Felsen nach ihm ab. Er war weg und mit ihm dieses unglaubliche Glitzern und Funkeln. Dieser allgegenwärtige Zauber der letzten Augenblicke hatte sich in ein Nichts aufgelöst.

      Paddy hatte die Veränderung in dem Moment gespürt, als er die Kameraleute erkannte. Auch das anhaltende Schwirren war von einer Sekunde zur nächsten abgerissen. Jetzt hörte er nur noch die Grillen, die zu dieser Tageszeit mit ihrem Konzert begannen, das bis in die späten Abendstunden hinein anhalten würde, um mit der hereinbrechenden Kühle der Nacht langsam zu erstarren.

       Er und Dianne sahen sich an. Nur sehr langsam drang diese erneute und unerklärliche Veränderung der Umgebung in ihr Bewusstsein vor. Das, was sie soeben mit diesem Kramer erlebt hatten, passte in keinerlei Schema.

       „Das ist nun schon das zweite Mal, dass wir diesem Menschen begegnet sind. Und wir kommen einfach nicht an ihn heran.“ Dianne war ziemlich durcheinander. Aber es musste irgendeine Erklärung geben. Also versuchte sie, für sich selbst eine halbwegs plausible Antwort zu finden. „Was meinst du, Paddy, ob Bill und Frank was gesehen haben? Sie waren doch auch in diesem Tal und müssen das unübersehbare Funkeln der Steine und diesen Mann gesehen haben?“

       Der Ranger zuckte die Schultern.

       „Wir werden sie fragen. Komm, wir gehen zurück zu den anderen. Wir können hier nichts mehr tun.“

       Dianne bemerkte den niedergeschlagenen Ton in der Stimme ihres Liebsten. So kannte sie ihn bisher nicht. Aber es wunderte sie auch nicht, nach allem, was ihm und seinen Leuten von diesem Weißen in ihrem Tal der Träume da soeben angetan worden war. Ihr Paddy hatte es sogar mit eigenen Augen mitansehen müssen und konnte es nicht verhindern. Er musste es als eine schlimme, persönliche Niederlage ansehen, dass er sein Volk nicht besser hatte beschützen können. Obwohl er sich diesem Reiter entgegengestellt hatte, war es ihm nicht gelungen, ihn aufzuhalten.

       Inzwischen hatten sie Bill und Frank, die von ihren Felsen heruntergestiegen waren, fast erreicht. Dianne konnte es kaum erwarten, ihre Frage loszuwerden.

       „Ihr habt den Mann, Kramer, doch bestimmt auch gesehen?“

       Bill schaute sie verdutzt an. Dann ließ er seinen Blick zu Paddy hinüber gleiten, der zur Bestätigung nickte. Kopfschüttelnd ließ er seinen Blick schweifen.

       „Und wo, bitte, soll das gewesen sein? Ich habe niemanden gesehen. Du, Frank?“

       Der Junge schüttelte den Kopf.

       Dianne zeigte in die Richtung, wo die Juwelen gerade erst herausgebrochen worden waren.

       „Hier in diesem Tal. Da drüben auf der anderen Seite. Er ist auf einem Pferd geritten.“ Sie hatte es vorgezogen, nicht mehr zu verraten. Wenn die beiden ihn nicht gesehen hatten, würden sie ihr vermutlich sowieso kein Wort glauben.

       „Soll das heißen, er war hier?“ Frank drehte sich jetzt auch interessiert um und suchte den Kessel ohne Ergebnis ab.

       „Ja, und jetzt ist er verschwunden. Wir dachten, dass ihr ihn von da oben auch hättet sehen müssen.“

       In Bill gärte es erneut. Reichte es nicht, dass diese Frau ausgerechnet diesem Schwarzen schöne Augen machte? Nein. Jetzt tischten sie ihm schon zum zweiten Mal eine Story von diesem Kramer auf.

       „Eure Phantasie ist diesmal wohl mehr als nur ein bisschen mit euch durchgegangen, was? Oder sind das vielleicht doch eher die Hormone?“

       Frank, der spürte, dass Bill wieder von seiner krankhaften Eifersucht beherrscht wurde, gab schnell die Antwort.

       „Du vergisst, Bill, dass Richie ihn auch schon mit eigenen Augen gesehen hat.“

       „So, hat er das?“ Immer, wenn Bill sich auf den Arm genommen fühlte, konnte er neuerdings seinen Ärger kaum zügeln. Und jetzt fühlte er sich schon wieder verschaukelt. „Meine Meinung ist, dass ihr uns alle an der Nase herumführt! Ich jedenfalls glaube euch kein Wort!“ Für heute war sein Bedarf gedeckt. „So, und jetzt gehe ich zurück und trinke in Ruhe mein Bier.“ Er drehte sich bereits auf dem Absatz herum.

      Dianne und Paddy hatten die mahnende Wächtergestalt des Tales hinter sich gelassen und waren auf dem Weg zurück in ihr Camp. Kramer blieb verschwunden, obwohl Dianne sich immer wieder umgesehen hatte, um ihn vielleicht doch noch irgendwo zu entdecken. Mit jedem Schritt, den sie sich von diesem Diamond Valley entfernte, wuchsen ihre Zweifel. Hatte sie vielleicht das Zusammentreffen mit diesem Weißen einfach nur geträumt?

       Dagegen sprach allerdings, dass auch der Aborigine ihn gesehen und sich ihm tatsächlich in den Weg gestellt hatte. Seine unübersehbare Beule am Kopf war noch weiter angeschwollen.

       Schon von weitem sahen sie Annette und Richie auf sich zukommen. Kaum in Hörweite begann Richie zu rufen.

       „Ich habe die Neuigkeit schon von Frank gehört, Paddy. Wo ist er? Was ist passiert?“

       Annette entdeckte die Verletzung am Kopf des Aborigine, als sie kurz darauf zusammentrafen.

       „Wer