HARDCORE-WESTERN, BAND 2 - FÜNF ROMANE IN EINEM BAND. Ronald M Hahn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ronald M Hahn
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750223127
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doch«, sagte Roger hastig, während er sich gleichzeitig innerlich verwünschte. »Ich hoffe nur, die tausend, die du verloren hast, waren nicht dein ganzes Bargeld...«

      »Leider doch«, sagte Homer. »Aber das macht nichts. Sobald die Bank aufmacht...«

      Er nahm seinen Bowler ab, und im gleichen Moment bildete sich auf seiner Stirn ein großer roter Fleck.

      Homer öffnete den Mund, als wolle er schreien, doch aus seiner Kehle kam nur ein dumpfes Röcheln.

      Erst dann hörte Roger den Knall. Im gleichen Moment gab Homer seine starre Haltung auf und flog wie jemand, dem man einen heftigen Stoß versetzt hat, dem Fußende des Bettes entgegen. Er breitete die Arme aus, die Aktien flatterten durch die Luft, und er schlug lang hin.

      Draußen, auf dem Gang, ertönte das Scharren von Stiefeln, dann rannte jemand die Treppe hinunter.

      Roger war vor Schreck wie gelähmt. Als er eine Sekunde später in den Gang hinaus hechtete, hörte er den Portier nach dem Sheriff schreien. Vom oberen Treppenabsatz aus sah er einen Mann mit einem großen weißen Champie-Hut und fliegenden Rockschößen durch die Empfangshalle auf die Main Street laufen. An seinen Stiefeln klingelten mexikanische Sporen. Roger eilte mit hämmerndem Herzen ins Zimmer zurück und warf einen Blick aus dem Fenster. Der Mann, der Homer von hinten mit einem Kopfschuss erledigt hatte, bog gerade in eine Seitengasse ein und tauchte im Dunkel der Nacht unter.

      Ich muss hier raus, dachte Roger spontan. Wenn er mich gesehen hat, bin ich sein nächstes Opfer. Außerdem hielt er es für unklug, bei einer Leiche angetroffen zu werden, wenn der Sheriff kam.

      Er schaute sich rasch um. Homers Reisetasche stand neben dem Bett...

      4.

      Die Nacht war finster und kalt, als Roger O’Donnell mit der Tasche seines toten Freundes aus dem Fenster sprang.

      Als er sich aufrichtete und umschaute, erblickte er den Mann mit einem Champie-Hut. Er lugte aus der Gasse gegenüber und zog sich dann rasch zurück.

      Verdammt! Ist er das? Roger machte einen Satz, bog in eine dunkle Gasse ein und bemühte sich, nicht in die vielen Pfützen zu treten, die der Wolkenbruch hinterlassen hatte. Er betete darum, dass der Kerl, der ihn aus dem Fenster hatte springen sehen, nicht mit Homers Mörder identisch war. Doch schon nach einer halben Minute wurde ihm klar, dass Beten nichts half. Hinter ihm wurden Schritte laut, und zwar nicht nur von einem Mann, sondern mindestens von dreien. Da ihn niemand anrief und zum Stehenbleiben aufforderte, konnten es kaum Gesetzeshüter sein. Der Killer mit dem Champie-Hut hatte ihn also gesehen. Und er war nicht allein. Vermutlich wollte er den missliebigen Zeugen nun aus dem Verkehr ziehen.

      Roger biss die Zähne zusammen. Da er unbewaffnet war, hatte er jeden Grund, um sein Leben zu fürchten. Er musste die Kerle irgendwie abschütteln. Auf sein Ehrenwort, dass er nichts gesehen hatte, legten sie vermutlich keinen Wert. Außerdem hatte er nicht vor, vor Mördern zu katzbuckeln. Homer war sein Freund und eine Seele von Mensch gewesen. Er hätte ihm gewiss aus seiner momentanen Pechsträhne herausgeholfen.

      Er musste Omaha verlassen. So schnell wie möglich. Aber wie? Er hatte kein Pferd. Er hatte nur eine Möglichkeit: die Eisenbahn. Ihm fiel ein, dass Homer gesagt hatte, er wolle am frühen Morgen mit der Union Pacific nach Westen fahren. Was hatte er dort gewollt? Roger hatte es vergessen. Aber es war jetzt nicht wichtig. Er musste erst Mal ein sicheres Versteck finden, um die Reisetasche zu durchsuchen. Wenn Homer eine Bahnreise geplant hatte, hatte er auch den dazu nötigen Fahrschein.

      »He, Mann! Bleib doch mal stehen!«

      Roger zuckte zusammen und warf einen schnellen Blick über die Schulter. Der Bursche mit dem Champie-Hut war etwa dreißig Meter hinter ihm. Ihm folgten mit wehenden Mänteln zwei andere Gestalten, in deren Händen Roger im Licht des silbernen Mondes Colts aufblitzen sah.

      Roger schlug einen Haken nach rechts. Die Gasse war zu Ende. Hier begann die Second Street. Gleich an der Ecke öffnete sich ein Tor in einem Bretterzaun. Dahinter erstreckte sich ein Sägewerk. Vor ihm türmten sich Massen von Balken und mehrere Meter hohe Bretterstapel auf. Roger hatte das Grundstück im Nu betreten und jagte zwischen zwei Holzstapeln dahin. Im spärlichen Licht der Sterne sah er zwar nur wenig, doch der Besitzer des Sägewerkes schien über einen gewissen Ordnungssinn zu verfügen. Der Platz war aufgeräumt, so dass keine Gefahr bestand, dass er stolperte und sich die Knochen brach. Vor ihm ragte ein Schuppen auf. Die Tür stand offen. Im Inneren gähnte Finsternis. Roger eilte hinein und blieb stehen.

      Hinter sich, am Eingang des Grundstücks, hörte er leises Getuschel. Dann zog eine Wolke vorbei, und der Mond beschien die drei Gestalten, die ihm auf den Fersen waren. Der Mann mit dem Champie-Hut und den mexikanischen Sporen redete hektisch auf seine Gefährten ein. Einer der Männer, ein hageres Individuum mit einem grauen Staubmantel und einem grauen Stetson nannte ihn »Georgie«.

      Roger hielt den Atem an. Sein Herz schlug heftig. Georgie war offenbar davon überzeugt, dass der Mann, den sie verfolgten, durch den Torweg gegangen war. Seine Komplizen schienen ihm wenig gewogen zu sein, denn Roger entnahm ihren wütend geknurrten Worten, dass sie ihm am liebsten eine reingehauen hätten. »Bevor man jemandem umlegt«, knurrte der Hagere und gab Georgie eine Kopfnuss, »überzeugt man sich gefälligst, ob Zeugen in der Nähe sind, du Blödmann!«

      Der dritte Mann brummte: »Wenn er überhaupt was von dir gesehen hat, wird er die Schnauze halten, Mann. Dass er sofort abgehauen ist, beweist doch, dass er die Hosen gestrichen voll hat!«

      »Weißt du, wie er aussieht?«, fragte der Hagere.

      »Ich hab ihn nur von hinten gesehen, Flint«, sagte Georgie. Er wirkte leicht verärgert, als hätte er sich die Sache viel leichter vorgestellt.

      »Den finden wir jetzt nicht mehr.«

      Georgie murmelte etwas vor sich hin. Schließlich gab er auf und zog mit seinen Gefährten von dannen.

      Roger stellte die Reisetasche ab. Er wartete ein paar Minuten, bis er sich ganz sicher war, dass die Männer ihn nicht nur in Sicherheit wiegen wollten. Dann zündete er ein Streichholz an, schirmte es mit der Hand ab und untersuchte Homers Tasche. Er fand das Übliche, das ein Gentleman bei sich hat, wenn er auf Reisen geht: Unterwäsche, Hemden, eine Ersatzhose, ein Handtuch und Rasierzeug. Er stieß auch auf ein in Leder gebundenes Notizbuch, wie Journalisten es bei sich tragen und einige Schreibutensilien.

      Kein Geld. Nicht einen Cent.

      Keine Fahrkarte.

      Homer musste beides am Körper getragen haben.

      »Mist!« Roger fluchte unterdrückt. Dann stieß er auf ein kleines Etui. Er öffnete es, und sein Blick fiel auf ein Paar goldene Manschettenknöpfe. Na, immerhin etwas. Er steckte es in die Jackentasche, dann trat er vorsichtig ins Freie und ging in die Second Street hinaus. Nachdem er sich umgeschaut und außer einem einsamen Trunkenbold, der leise vor sich hin singend nach Hause wankte, keinen Menschen erblickt hatte, machte er sich auf den Weg. Er hatte gestern in der Nähe des Bahnhofs ein Leihhaus gesehen. Dass der Laden jetzt noch geöffnet war, hielt er für unwahrscheinlich. Aber vielleicht war der Besitzer noch anwesend. Oder er wohnte im gleichen Haus.

      Die Glocke einer Kirche schlug zehn, als Roger sich durch ein Gewirr von Gassen in Richtung Bahnhof durchschlug. Er achtete sorgfältig darauf, keinem Deputy über den Weg zu laufen. Er hatte keine Lust, Fragen zu beantworten die die Aktien betrafen, die in Homers Zimmer am Boden verstreut lagen. Vielleicht wurde der Sheriff misstrauisch, wenn er hörte, wem die Papiere vor Homer und Ken dem Kartenhai gehört hatten. Vielleicht hing in seinem Office sogar schon ein Steckbrief, der vor dem Betrüger Roger O’Donnell und seinen Aktiengeschäften warnte.

      Nein, er musste raus aus Omaha. Zum Glück war die Stadt keins der Nester, die er durchquert hatte, bevor er hier angekommen war. Omaha war eine große Stadt. Hier hatte die Union Pacific ihren Anfang genommen. Hier fuhren viele Züge ab, und es musste mit dem Teufel zugehen, wenn es ihm nicht gelang, einen zu erwischen, die in den nächsten Stunden abfuhr.

      Das Leihhaus war tatsächlich schon geschlossen, nicht jedoch die Kaschemmen, die es umgaben. Roger fragte einen Cowboy