Auch Neil hat viele Notizen aufgeschrieben, das Blatt von Bob ist beinahe leer.
«Was glaubst du, wie arbeitet das Team?», fragt Andi Neil.
«Ich würde sie einmal machen lassen, es hat wirklich keinen Wert, wenn wir als Neulinge uns einmischen. Wir müssen alles genau beobachten.»
«Das meine ich auch. Machen lassen und aus Fehler lernen. Den gleichen Fehler bitte nur einmal machen. Das soll unser Motto sein», beteiligt sich jetzt auch Bob an der Diskussion.
«Damit ist das Rennwochenende auf den Schienen, jetzt können wir uns um die mittelfristigen Finanzen kümmern», stellt Neil fest, «wir müssen versuchen einen lokalen Sponsor für das Rennen zu finden, damit wir etwas Reserven schaffen können. Einige Weiterentwicklungen sollten wir schon noch machen können. Ich weiss noch nicht welche, aber Stillstand bedeutet in diesem Geschäft Rückschritt.»
«Also los, auf was warten wir noch?», meint Andi, «morgen klappern wir einige Büros in der Hauptstadt ab. Könntest du schon einen provisorischen Vertrag aufsetzen? Wie lange würde das dauern?»
«Ich denke bis Morgen bin ich bereit. Andi versuche du schon einige Termine für Morgen zu vereinbaren.»
«Alles klar, ich organisiere ein Mietauto und halte euch die Models vom Leib, die sind soeben eingetroffen. Ihr habt sicher keine Zeit für Partys», erklärt der praktisch veranlagte Bob und verlässt bereits das Zimmer.
Andi studiert das Telefonbuch von Buenos Aires. Nach einer halben Stunde hat er immerhin vier Termine vereinbaren können.
Morgen um acht Uhr kann es losgehen. Die erste Verhandlung als Besitzer eines Formel-1-Teams steht bevor. Andi wartet schon unten in der Rezeption. Ausnahmsweise ist Bob schon da, während Neil noch nicht so weit ist.
«Ich habe Dixi noch eingeladen, sie wird uns als Sekretärin begleiten. Du wirst es nicht glauben, aber sie kann sogar Steno und versteht spanisch», erklärt ihm Bob.
«Du hast manchmal brauchbare Ideen», stellt Andi fest.
Die Aufzugstüre geht auf und alle Männeraugen richten sich auf Dixi, welche soeben die Halle betritt. Sie sieht umwerfend aus. Kein Mann wird es fertig bringen, Dixi vorzeitig zu verlassen, der Anblick ist einfach zu aufregend. Sie ist die Garantie dafür, dass sie sicher nicht sofort abgewiesen werden. Mit dem nächsten Aufzug erscheint auch Neil seine Aktenmappe unter dem Arm geklemmt. Alle sind bereit aufzubrechen, aber Andi ist noch im Kiosk verschwunden. Dort sucht er nach Formel-1-Modellen. Der Ladenbesitzer ist zum Glück voll auf die Formel-1 eingestellt und hofft am Grand Prix tüchtig mitzuverdienen. Es sind tatsächlich alle Modelle vorhanden, nur der Ferrari ist ausverkauft. Der Verkäufer versteht die Welt nicht mehr, als er gleich acht Modelle vom Jon Franklin Racing Team verkaufen kann. Jetzt kann es losgehen. Sie sind gut gerüstet.
Optimistisch geht es zur grössten Tageszeitung von Buenos Aires. Etwas unsicher verlangen sie nach dem Chefredaktor.
«Buenos Dias!», meldet sich ein schick gekleideter Herr, «der Chefredaktor hat leider keine Zeit. Ich soll mit ihnen die Vorverhandlungen führen.»
Seine kühle reservierte Art legt er sofort ab, als er Dixi das erste Mal in die Augen geschaut hat. Jetzt ist auch er sehr nervös.
«Wir suchen für das Jon Franklin Racing Team einen Co-Sponsor für den Grand Prix von Buenos Aires und haben da an sie gedacht. Sie sind die bedeutendste Tageszeitung von Argentinien, da müssen sie doch am Grand Prix Interesse haben. Als Co-Sponsor hätten sie natürlich auch das Recht auf eine Exklusivreportage über unser Team. Sind sie interessiert?»
Etwas verlegen schaut er auf Dixi, natürlich ist er interessiert mit ihr noch weiter zu plaudern, aber eigentlich hat er den Auftrag vom Chefredaktor, sie abzuwimmeln. Es ist aber nicht nur Dixi die ihn verwirrt, so langsam spürt er, dass da eine Story in der Luft liegt. Was haben die jungen Leute mit dem JFRT zu tun? Er ist schon lange Journalist und hat eine gute Nase für interessante Storys.
«Was habt ihr mit dem Team zu tun?»
«Das verraten wir Ihnen, wenn wir einen Vertrag abgeschlossen haben. Nur soviel, es wird eine grosse Geschichte, das versprechen wir ihnen.»
«Ich muss schnell telefonieren», meint er höflich und verlässt das Sitzungszimmer.
Nach fünf Minuten kommt der Redaktor zurück und setzt sich optimistisch und bedeutend ruhiger an den Verhandlungstisch. Offenbar hat er Unterstützung von oben erhalten.
«Sie möchten, dass wir auf ihrem Boliden Werbeflächen belegen. Gut, ihr Team ist nicht sehr erfolgreich, aber was soll's, wir müssten es eben etwas interessanter machen. Wir haben da unsere Möglichkeiten. Wenn der Preis stimmt, sind wir dabei.»
«Wir haben eine Preisliste. Ab fünfzigtausend Dollar ist man dabei. Die grosse Fläche auf der Seite neben dem Cockpit kostet hundertfünfzigtausend Dollar. Das Exklusivinterview kostet 100'000 Dollar und eine Beteiligung an den Erträgen beim Verkauf an andere Journalisten von 50 Prozent der Einnahmen.»
«Also fünfzigtausend Dollar darf ich auf alle Fälle einsetzen, das hat der Chef bereits bewilligt. Für die grosse Fläche brauche ich seine Zustimmung, aber zuerst möchte ich noch wissen, welche Exklusivstory sie anzubieten haben.»
«Das ist ganz einfach, ich und meine beiden Partner sind die neuen Besitzer des JFRT. Jon Franklin hat sich zurückgezogen und will in der Indy-Car Serie ein neues Team aufbauen. Die Aktien hat er uns geschenkt. Allerdings nimmt er den Hauptsponsor mit.»
«Das ist allerdings eine grosse Story, ich muss sofort den Chef anrufen», erklärt er und verlässt noch einmal den Raum, «ich denke wir sind im Geschäft.»
Kurze Zeit später erscheint der Chef persönlich im Sitzungszimmer. Es wird nicht über die teuerste Fläche verhandelt, aber an der Fläche auf dem Frontflügel, für achtzigtausend Dollar ist der Mann interessiert. Dafür verspricht der Chefredaktor, dass in seiner Zeitung das JFRT als argentinisches Team behandelt wird und er wird persönlich für einigen Rummel sorgen. Dass ausser einer Werbefläche auch ein Reporterteam der Zeitung, für die ganze Grand Prix Zeit als Gast an den Boxen eingeladen wird, ist von gegenseitigem Interesse. Auch der Chefredaktor ist vom Busen von Dixi begeistert. Ausserdem steigert sich sein Interesse noch mehr, als er erfährt, dass an den Boxen auch Bilder für einen Männerkalender mit Dixi und den drei anderen Models geplant sind. Natürlich darf auch das Reporterteam der Zeitung mitknipsen. Der Chefredaktor ist sehr interessiert, feilscht aber mit dem Preis. Neil und Andi ziehen sich kurz in den Gang zu einer kurzen Beratung zurück, dann sind sie mit einem Rabatt von zehn Prozent einverstanden, denn die Präsenz der einheimischen Presse garantiert Schlagzeilen in der Zeitung. Die Reporter bekommen eine Beziehung zum Team. Sicher gibt es einige Nahaufnahmen in der Tageszeitung und besondere Berichte, was für die regionalen Sponsoren sehr wichtig ist. Als Neil den unterschriebenen Vertrag verstaut, sind neunzigtausend Dollar in der Kasse des Teams.
Für das Exklusivinterview muss die Zeitung sich mit einer europäischen Zeitung verbünden, für die Argentinier ist das Risiko zu gross, doch auch dieses Geld ist in der Kasse, wenn auch nicht für hundert, so doch für siebzigtausend Dollar plus die zwanzigprozentige Beteiligung an den Vermarktungsrechten. So langsam macht die Sache Spass.
Die Details für das Exklusivinterview sind schnell erledigt. Für den ersten Tag reicht eine relativ kurze Meldung. Weiter Meldungen gibt es beim morgigen Training. Da werden sich die Reporter der anderen Zeitungen die Nase plattdrücken, ein neuer Teamchef und niemand weiss etwas über ihn. Sie werden die Lokalzeitung kaufen müssen, um etwas zu erfahren. Es wird vereinbart, dass die Exklusivität nur zwei Tage gilt, nachher muss man auch die ausländischen Reporter zufrieden stellen. Nach dem ersten Erfolg, macht sich das Quartett optimistisch auf den Weg zum nächsten Termin.
In der Direktion bei der argentinischen Fluggesellschaft Argentinien Airline werden sie von einer Sekretärin freundlich empfangen und in ein Sitzungszimmer geführt. Der Direktor sei noch an einer Sitzung. Sie wird den Sachbearbeiter für das Marketing rufen und ihn beauftragen, mit ihnen zu verhandeln.