Terra Aluvis Vol. 1. Nox Laurentius Murawski. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nox Laurentius Murawski
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737501989
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wieder heraus. Höchst neugierig, wenn auch skeptisch, musterte er seinen Finger und sah dabei immer wieder zum König auf dem Thron auf. Dieser erwiderte seinen Blick ruhig und wartete …

      Letztendlich schloss der elfische Gesandte das Säckchen wieder, band es an seinem Gürtel fest und neigte kaum merklich den Kopf. "Ay'zawa qu'enn ah'nya", sagte er leise, legte dabei seine Hand flach auf die Brust und wandte sich zum Gehen.

      Noch lange nachdem das leise Tapsen der nackten Füße auf dem Steinboden verhallt war, verharrten alle anderen Anwesenden regungslos an Ort und Stelle, … bis der König selbst laut ausatmete und dem unangenehmen Schweigen ein Ende bereitete. Augenblicklich brach ein reges Gemurmel unter den Menschen im Thronsaal aus: Eine Hand voll weiterer Gestalten in dunkel­blauen Roben beriet sich durch lautlosen Blickkontakt mit dem Mann im goldverzierten Umhang neben dem Thron, der als Mercurio offensichtlich eine leitende Funktion inne zu haben schien. Unter den anwesenden Dienern des Königs wurde mit aufgebrachter und verängstigter Stimme diskutiert, was das denn nun zu bedeuten hatte, und auch die henxischen Wachen wirkten sichtlich beunruhigt.

      König Faryen legte die Stirn in Falten und stützte sie mit einer Hand ab. Sein Blick fiel wieder auf das blutige Fell vor seinen Füßen und er ließ es mit einem knappen, genervten Wink entfernen. Dann schloss Rex die Augen und atmete tief durch. Sein langes, grau gewelltes Haar vermochte nicht, die Sorge in seinem Gesicht zu verdecken, und die Falten darin schienen tiefer denn je …

      "Nun, Eure Königliche Majestät …", ertönte die schneidende Stimme des Mercurios laut im Raum, sodass wieder Stille einkehrte, "Wie genau … gedenkt Ihr jetzt vorzugehen?"

      König Faryen setzte sich schwermütig auf und schaute in die Runde seiner Untertanen. Er sah in all ihre verunsicherten Gesichter und wusste, was er zu tun hatte. So festigte Rex seinen Blick und setzte ruhig, aber bestimmt an: "Die Elfen wissen nicht im Geringsten, wie wir uns fühlen; sie wissen nicht, was es heißt, eines Morgens aufzuwachen und fest­stellen zu müssen, dass die, die uns am wichtigsten, am liebsten waren!, nicht mehr da sind und von ihnen keine Spur mehr zu finden ist."

      Die Anwesenden hörten ihm aufmerksam zu und nickten vereinzelt. Der alte Mann schüttelte seinen Kopf, während sein Tonfall zunehmend anklagender und bitterer wurde: "Sie haben also auch keine Ahnung, wie es uns dabei ergeht. Sie wissen nichts über uns und unsere Sitten oder Kultur; aber dafür meinen sie, alles an Getier, ja, jeden Wurm und jeden Käfer beim Eigennamen zu kennen!", und er lachte trocken auf, während seine Untertanen es ihm gleich taten und spottendes Gelächter hören ließen, "Jaaah, sie 'kennen' die Tiere als ihre 'Kinder von Mutter Natur' – doch wir wissen nun mal über ihre wahre Natur Bescheid!"

      Der König verengte die Augen zu Schlitzen und ballte die Hand zur Faust. "Voller Boshaftigkeit sind sie doch nur darauf aus, uns zu hintergehen und uns zu vernichten! Aber wir dürfen uns nicht täuschen lassen! Wir werden unsere Verlorenen nicht im Stich lassen! Und wir werden auch nicht zulassen, dass weitere Verluste auf uns zukommen! Nein, wir werden uns mit aller Macht gegen diese Bestien wehren und das ist unser ur­­eigenes Recht!!!"

      Zum Schluss hin war Rex aufgestanden und hatte mit der Faust in die Luft geschlagen, um die Macht seiner Worte zu bekräftigen. Nun strahlte König Faryen wieder Selbstsicher­heit aus, dass in seinen dunklen Augen das lodernde Feuer des Lebens aufflackerte. Angesteckt von seinem Enthusiasmus riefen die Anwesenden jubelnden Beifall und sahen ihre Gemüter wieder beruhigt.

      'Welch einfaches Volk', schoss es dem alten Mann traurig durch den Kopf – und als er zur Seite blickte, wunderte es ihn nicht, dass sein königlicher Berater mitsamt dessen Anhanges an dunkel­blau gekleideten Gefährten herzlich unbeeindruckt von seiner Rede war. König Faryen schmunzelte ein wenig. Richtig … Wie hätte es auch anders sein können? Sie würden ohnehin noch einiges zu besprechen haben. Doch für den Moment waren die anderen ruhiggestellt. So schickte er alle Anwesenden bis auf den Mercurio hinaus.

      Als der König mit seinem Berater allein zurückgeblieben war, seufzte er leise und stieg von seiner Thronerhöhung herunter. Der Saal war recht schmal, aber dafür lang gebaut und wurde zu beiden Seiten von marmornen Säulen flankiert. Die Wände waren in schlichtem Weiß gehalten und große, runde Buntglasfenster in sie eingelassen, sodass stets ein farbenfrohes Lichtspiel auf dem hellen Steinboden stattfand. Die Wappen der vier Grafenhäuser zierten das Gewölbe über den Säulengängen, wobei das Wappen des Königshauses allein­stehend über dem Thron hing.

      Der Sitz des Königs befand sich mittig in der Hälfte des Raumes auf einem kleinen Sockel. Hinter ihm war eine große Öffnung im Gewölbe eingelassen, die weitere säulengestützte Stockwerke sowie ein gläsernes Dach offenbarte. Durch die Öffnung zum Himmel hinaus wuchs ein großer, stämmiger Baum mit heller Rinde und üppig verdrehten, blassgrünen Blättern, die mit Weiß gesprenkelt waren. Die Borke schälte sich zum Teil in feinen Streifen ab und bildete eine gekräuselt abstehende Rindenschicht um den eigentlichen Stamm herum. Um den Baum selbst waren die verschiedensten exotischen Grünpflanzen gesetzt, sodass sie insgesamt ein harmonisches und überaus malerisches Bild abgaben. Hinter dem rund gehaltenen Innenhof erstreckte sich eine große Treppe zum Festsaal im ersten Stock – und abgesehen davon gab es noch vier Seitengänge, die zu anderen Räumen sowie zu den könig­lichen Gemächern führten.

      Der König schritt bedächtig zum Baum der Väter hin und blieb vor der bepflanzten Grünfläche stehen. Er blickte nachdenklich von den mächtigen Wurzeln am langen Stamm entlang bis hinauf in die zahlreichen Blätter der verzweigten Krone. "Wir haben vieles geschafft …", sprach Rex Faryen leise, "Unsere Väter … haben vieles geschafft …" Sein Berater war ihm still gefolgt und stand nun diskret schweigend neben ihm. Der alte König wandte sich ihm zu und sah ihn eindringlich an. "Und das darf jetzt nicht alles umsonst gewesen sein."

      Der Mercurio Hal hatte die Fingerkuppen aneinander gelegt und hob nun eine Augenbraue. "Ihr sprecht vom Zucht­programm?" – "Ganz recht", erwiderte König Faryen, "Ihr habt die Wölfe ja bereits gefangen, die wir dafür benötigen, nicht wahr?" – "Selbstverständlich", kam es in sachlichem Tonfall vom kahlköpfigen Berater, "Alles ist in die Wege geleitet. Wir erwarten nur Euren Befehl." Der König schien einen Moment lang nach­zudenken, bis er schließlich nickte und sagte: "Dann geh jetzt. Du weißt, was du zu tun hast." Hal verneigte sich leicht – wodurch ein fremdartiges, hellblaues Zeichen auf seinem kahlen Schädel zum Vorschein kam – und verließ anschließend lautlos den Raum.

      Kaum war der Mercurio verschwunden, erschien ein äußerst gehetzt wirkender Diener: "Eure Königliche Majestät, Seine Königliche Hoheit, der- …!", in dem Moment öffneten sich bereits die Tore und ein schwarz uniformierter Mann mit dunkel­rotem Mantel und kurzem, dunkelbraunem Haar betrat zügigen Schrittes den Saal. Direkt hinter ihm folgte ein etwa einen halben Kopf kleinerer Mann in beigem Gewand und langem, blondem Haar. Sie durchquerten den Raum bis hinter den Thron, während sich der Diener eilig zurückzog.

      Vor dem König blieb der vordere Mann abrupt stehen, warf seinen Mantel schwungvoll nach hinten und nickte seinem älteren Gegenüber respektvoll zu. "Vater." Der Blick des Königs wurde sanft, als er die jungen Ankömmlinge musterte – und er legte beiden jeweils eine Hand auf die Schulter. "Sacris, mein Sohn … Lewyn … Seid mir herzlich willkommen."

      Noch ehe Sacris etwas sagen konnte, meldete sich Lewyn noch ganz atemlos vom Laufen zu Wort: "Eure Königliche Majestät, ich grüße Euch …! Der Bote …", doch er zögerte plötzlich, "Wegen … wegen Celine … was …" König Faryen nahm seine Hände wieder herunter, wandte sich um und begann, langsam entlang der Säulen des Innenhofes zu schreiten. Die jungen Männer schlossen zu ihm auf und liefen nun auf gleicher Höhe neben ihm.

      "Es scheint, dass die Tragödie jetzt wohl auch uns betrifft …", begann der König leise, "Ich glaube nicht, dass eure Unruhe getilgt wäre, indem ihr zwei wehrlose, arme Wesen niederstrecktet, nicht wahr?" Die zwei Freunde schüttelten daraufhin schon fast ungläubig ihre Köpfe und Lewyn fügte ein wenig verzweifelt hinzu: "Sie ist doch nicht schon …! Ich meine, wer weiß, wo sie ist? Sie-" – "Richtig, Lewyn", unterbrach ihn der König bestimmt, "Wer weiß, wo sie ist. Wir haben alles absuchen lassen, aber keinerlei Spuren, geschweige denn Anhaltspunkte gefunden, was mit ihr geschehen sein könnte", und er seufzte in Resignation, "Es ist ausweglos … Genau wie in