Der Auftrag. Ralf Wider. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ralf Wider
Издательство: Bookwire
Серия: Ferry Blacks Abenteuer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742767912
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und TORPEDO um, worauf die Knöpfe rot zu leuchten begannen.

      Seine Hand glitt weiter zur Sicherheitskonsole, auf der er sämtliche Kippschalter für die Innen- und Aussensicherung umlegte und die Drehregler für die Reichweite der Sensoren auf eine mittlere Distanz drehte. Alle Handgriffe sassen noch, stellte er zufrieden fest.

      Geflissentlich griff Ferry an sein linkes Ohrläppchen und drückte den Diamanten, womit die direkte Kommunikation freigeschaltet war. Anschliessend tippte er wieder den Hilfsbildschirm an, wischte das Logo weg, welches erschien und wählte den Ordner DATEN an. Es erschien ein Untermenu mit verschiedenen Optionen, von denen er EINSATZBEFEHLE wählte. Darin fand sich nur ein einziges Dokument: Es trug den Namen ATLANTIS.

      Ferry runzelte die Stirn. Es war nicht Paris' Art, Einsätzen kryptische, mystische oder historische Titel zu geben. Ferry hätte etwas in der Art erwartet "Black Squadron, 08-04-2015, Search & Rescue". Von ihm aus hätte es auch etwas geographischer sein können, z.B. Himalaya, Atlas oder Dolomiten… Aber ATLANTIS?

      Er öffnete die Datei und scrollte auf dem winzigen Hilfsmonitor nach unten. Üblicherweise kam erst eine allgemeine Einleitung mit Hintergrund, Motivation und bürokratisches Allerlei, wer was entschieden hatte und wer wofür zuständig war. Danach meist eine detaillierte Karte des Einsatzgebiets und Aufklärungsmaterial, sowie Angaben zu Treffpunkten, Zeitraster, Fluchtwege, die Teamliste, Frequenztabellen und so weiter. Doch Paris hatte ihm gerade mal einen Sechszeiler gegönnt:

       Mission Atlantis, SL-1

       To: Commander Black

       From: Master Paris

       Mission: Search & Rescue

       Object: Squad Leader Orange, MIA

       Coordinates: 31° 54' 00'' N; 28° 06' 00'' W

       Enemy Status: Enemy occupied territory (presumably)

      "Fuck!"

      Ferry las die Angaben noch einmal.

      "Fuck, fuck… fuck!", schrie er aus Leibeskräften. Das durfte nicht sein! Nicht Squad Leader Orange... Nicht Laura!

      Er spürte einen Kloss im Hals und dass er rote Ohren bekam. Ihm war plötzlich heiss und kalt zugleich. Er spürte, wie ihm kalter Schweiss auf die Stirn trat. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen und versuchte, ruhig zu atmen. Sein Puls war sicher auf hundertachtzig, dachte er. Er hob den Kopf und nochmals las er die Instruktionen durch, Zeile für Zeile. Langsam schüttelte er den Kopf und biss sich auf die Unterlippe. Nicht Laura! Das konnte nicht sein! Sie war die beste Pilotin, die er kannte. Sie war noch nie abgeschossen worden, hatte noch nie eine Havarie gehabt.

      Das mulmige Gefühl, welches sich in der vergangenen halben Stunde in seiner Magengegend eingenistet hatte, erklärte sich nun: sein Unterbewusstsein hatte ihm gemeldet, dass so etwas auf ihn zukommen würde… Jetzt war ihm auch klar, warum Paris gerade ihn für diese Mission ausgewählt hatte…

      Die Orange Squad war Teil des Black Commands, also seines Kommandos. Vermutlich hatte man sie an ein anderes Kommando ausgeliehen, als er ausgetreten war, doch offiziell gehörte sie zu seiner Truppe. Er wusste, dass sein Posten nicht neu besetzt worden war. Es war nach wie vor - oder jetzt wieder - sein Kommando, seine Truppe. Laura war seine Pilotin, seine Squad Leaderin... Und seine Freundin. Geliebte. Ex-Geliebte… Laura war die Frau seines Lebens... Vermisst in feindlichem Territorium!

      Commander Black starrte auf den kleinen Bildschirm, ohne etwas zu erkennen. Sein Kopf wiegte immer noch hin und her, doch seine Atmung hatte sich beruhigt. Er musste sich zwingen, zu fokussieren. Er starrte weiter auf den Bildschirm, unfähig, an etwas anderes als an Laura zu denken. Er sah sie vor sich, in ihrem silbrig schimmernden Pilotenanzug, der ihre weiblichen Kurven so unglaublich sexy betonte. Ihre langen, glatten, dunkelbraunen Haare, die sie immer schüttelte, wenn sie den Helm abnahm, als ob sie Werbung für Shampoo machte. Ihre glänzenden, mandelförmigen Augen, die fast schwarz waren und die zu glühen schienen, die einen wie Dolche durchbohren konnten, wenn sie es wollte. Ihr feingeschnittenes, ovales Gesicht mit der glatten Haut, den kleinen Leberflecken und dem sonnenverwöhnten, milchkaffeefarbenen Teint einer Latina. Ihren Kussmund mit den weichen und doch festen Lippen…

      Ferry merkte, dass er immer noch auf den Bildschirm starrte. Irgend etwas störte ihn, doch er wusste nicht, was. Er verbannte die Bilder von Laura aus seinem Gehirn und versuchte, sich zu konzentrieren... Es waren die Zahlen! Er starrte die Koordinaten an. Er schloss die Augen und rechnete. Schüttelte den Kopf und rechnete noch einmal.

      "Das muss ein Fehler sein…", murmelte er ohne echte Überzeugung. Was sollte der Scheiss? Die Koordinaten lagen mitten im Meer!

      Schnell tippte er die Koordinaten ins Navigationsgerät ein. Gleich zwei rote Lampen leuchteten auf und informierten ihn, dass es sich sowohl um vermutlich feindlich besetztes Gebiet handelte, als auch, dass es kein Kartenmaterial gab für die eingegebenen Zielkoordinaten. Er drückte auf den Knopf mit dem Welt-Symbol und stand auf, um sich die geographische Lage auf dem Spiegel anzuschauen. Er hatte recht gehabt: die Zielkoordinaten lagen mitten im Atlantik, etwas südlich der Azoren!

      Die Azoren waren klar erkennbar, das war kartographiertes Land, doch darum herum wurde die Landschaft nur matt grau dargestellt. Es gab keine Karten des Meeres. In der Parallelwelt gab es kein Meer. Was in unserer Welt, der Parallelwelt 0, Meer war, das war in der Parallelwelt 1 einfach nur dichter Nebel, eine Un-Zone, in der man weder fliegen noch navigieren konnte, sämtliche Instrumente spielten dort verrückt…

      Die Transferkapseln, also die Toiletten, schien das hingegen nicht zu beeinflussen. Sie navigierten auch nicht bodennahe wie ein IFO, sondern katapultierten sich quasi in den Weltraum, um von dort wieder hinunterzustechen zu den Zielkoordinaten in der Parallelwelt. Man nannte das "PX - parallel extra-terrestrial", und man hatte ihm an der Akademie beigebracht, dass es so ähnlich war, wie ein Satellit in seiner Umlaufbahn, einfach zwischen den parallelen Welten. Mit der Transferkapsel konnte man grundsätzlich überall hinkommen in P1, doch es wäre schlicht sinnlos gewesen, sich mitten in den "Nebel" zu setzen! Nicht einmal Ferry wäre das in den Sinn gekommen. Nicht einmal in seinen wildesten Zeiten.

      Ferry hatte einen überdurchschnittlich hohen IQ und war gut im Erkennen von Mustern, Reihen und allerlei mathematischen Dingen. Diesmal schien ihn der IQ jedoch im Stich zu lassen. Es dauerte eine ganze Weile, bis er erkannte, worum es ging: sein Vorgesetzter hatte der Mission ganz bewusst den Namen ATLANTIS gegeben!

      Schon die alten Griechen hatten von Atlantis, der untergegangenen Insel, berichtet. Und auch wenn es unter den erstaunlich vielen Atlantis-Forschern geteilte Meinungen dazu gab, wo sich Atlantis befunden haben könnte, so war eine der ältesten und weitverbreitetsten Thesen immer noch, dass es sich mitten im Atlantik befand. Daher kam schliesslich auch der Name…

      Master Paris wollte Ferry also tatsächlich nach Atlantis schicken? Auf eine mystische Insel, die es nur in Erzählungen gab? Das war total schräg! Paris war einfach nicht der Typ, der an griechische Mythologie glaubte und ebensowenig an selbstgestrickte Theorien zu versunkenen Inseln…

      Ferry tippte die Kachel rechts vom Spiegel an und das Funkmodul erschien. Er drückte den Knopf, der ihn mit der Kommandozentrale verband und wartete.

      Der Torso einer rothaarigen jungen Frau mit einem frechen Pagenschnitt in weisser Uniform erschien auf dem Spiegel. Sie hob den Kopf und lächelte Ferry mit einem Zahnpasta-Lächeln an. Ferry kannte die junge Frau nicht und schloss daraus, dass sie neu sein musste. Neu und… süss, irgendwie. Ihre stahlblauen Augen kontrastierten massiv zu den roten Haaren. Er fragte sich, ob die Haarfarbe wohl natürlich war oder ob sie aus der Flasche kam.

      "Central Command, how can I help you?", lächelte sie ihn freundlich, aber mit professioneller Distanziertheit an.

      "Ich muss mit Paris sprechen!", knurrte Ferry, geflissentlich den English-Code ignorierend.

      "Oh. Sie müssen Commander Black sein…" Ihr Blick wanderte von seinem unrasierten Gesicht zu den Streifen auf seinen Schultern. Ihre linke Augenbraue zuckte für einen