Die Elf Augen. B. L. Hach. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: B. L. Hach
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783741841088
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nachts noch zurückgekehrt.«

      »Wovon zurückgekehrt?«, fragten Agatha und Arnold gleichzeitig.

      »Gestern Nacht fand eine Konferenz statt, zu der eure Eltern eingeladen waren.«

      »Der Brief!«, rief Agatha. »Der Brief mit der seltsamen Marke!«

      Tante Cleo ging nicht darauf ein. »Vor Sonnenaufgang wollten eure Eltern wieder zu Hause sein, weil doch heute euer Geburtstag ist. Also bekamen sie die Sondergenehmigung, früher abzureisen. Dem Blut nach …«, ihre Tante sah sie entschuldigend an, »ich meine, es deutet alles darauf hin, dass sie wie geplant zu Hause angekommen sind. Das bedeutet, dass später jemand bei euch eingebrochen ist, um die beiden …« Tante Cleo brach ab.

      »… zu entführen«, beendete Agatha den Satz.

      Mit zusammengepressten Lippen warf Tante Cleo einen Blick auf die Uhr an der Wand. Offenbar war ihr etwas eingefallen. »Ich muss mal kurz telefonieren«, sagte sie und zog ein Handy aus ihrer Schürze.

      Die Zwillinge sahen sich erstaunt an. Nie hätten sie gedacht, dass ihre altmodische Tante so etwas besaß. Es war ein sehr kleines Gerät mit einer langen Antenne, die sich im Kreis drehte. Arnold musste an all die Maschinen in der Dachkammer seines Vaters denken.

      »Würdet ihr mich bitte einen Moment allein lassen.« Tante Cleo winkte die Kinder und Herrn Schmidt aus der Küche. »Danach beantworte ich auch all eure Fragen.«

      Kaum hatte Tante Cleo die Küchentür zugezogen, pressten die Zwillinge ihre Ohren dagegen. Auch Greta legte ihren Kopf an die Tür, sie ahmte ihre großen Geschwister einfach gern nach.

      Zwar hören die Zwillinge die Stimme ihrer Tante, aber da diese klugerweise den Mixer angeschaltet hatte, verstanden sie nur einzelne Wörter.Verschwunden, hörten sie. Blutspuren, die Kinder, in Sicherheit und, wenn sie sich nicht täuschten, auch Fürstin. Kaum wurde es spannend, schaltete Tante Cleo den Mixer höher und man verstand gar nichts mehr.

      Enttäuscht ließen die Zwillinge sich auf das Sofa im Flur plumpsen. Die über und über mit Marmelade bekleckerte Greta krabbelte zwischen ihnen in die Ritze und Herr Schmidt, der auch eine Ladung abbekommen hatte, sprang auf Arnolds Schoß. Aneinander gekuschelt saßen sie einfach nur da und warteten.

      Es kam ihnen wie eine Ewigkeit vor, bis Tante Cleo zu ihnen kam. »Ich habe gerade mit der Leiterin der Konferenz telefoniert«, erklärte sie. »Leo und Thea haben den Saal wie geplant um halb vier verlassen. Es werden nun Untersuchungen angestellt und ein erster Suchtrupp wird ausgeschickt«

      »Ich verstehe das alles nicht«, sagte Arnold. »Papa ist Postbote und Mama Lehrerin. Da gibt es nachts doch keine geheimen Konferenzen!«

      Tante Cleo nickte. »Stimmt. Aber eure Eltern haben noch einen zweiten Job.« Sie hielt einen Moment inne, ehe sie fast tonlos sagte: »Sie sind Geheimagenten.«

      Zuerst reagierten die Zwillinge gar nicht. Sprachlos saßen sie da, nur das Ticken der Uhr war zu hören.

      »Geheimagenten?«, flüsterte Agatha schließlich. »Geheimagenten?« Sie schluckte. »Ich dachte, die gibt's nur im Film. Und vor allem: Wieso wissen wir das nicht?«

      »Kein Grund, sich aufzuregen«, sagte Tante Cleo. »Ich habe doch schon gesagt, dass ich euch jetzt alles erzähle, was ich weiß.« Sie schloss die Tür ab und senkte die Stimme: »Dass ihr das hier niemanden verraten dürft – keinem Menschen und auch keinem anderen – versteht sich von selbst.«

      Keinem anderen? Was sollte das sein, ein anderer, der kein Mensch war? Aber die Zwillinge nickten, damit Tante Cleo endlich weitersprach.

      »Eure Eltern gehören zu den sechs besten Agenten der Welt. Man nennt ihren Geheimbund die Elf Augen. Ich habe meinen lieben Herrn Bruder schon vor Monaten gebeten, euch einweihen. Leo meinte aber, dass ihr so sicherer wäret.« Sie stöhnte. »Und jetzt darf ich es wieder ausbaden.«

      »Wenn sie wirklich so tolle Agenten sind, kann ihnen doch eigentlich gar nichts passieren?«, fragte Arnold. Es klang beinahe trotzig.

      Tante Cleo seufzte tief. »Fest steht, dass Thea und Leo sich gut verteidigen können. Thea sogar extrem gut. Das Zimmer im Keller ist ihr Trainingsraum. Der Roboter ihr Trainingspartner. Dank ihm ist Thea körperlich unglaublich fit.« Der Gedanke daran ließ sie ein wenig lächeln.

      »Gehörst du auch zu diesen zwölf Augen?«, wollte Arnold wissen.

      »Elf!«, verbesserte ihn Agatha. »Es heißt Elf Augen. Hör doch mal richtig zu.«

      Tante Cleo hob abwehrend die Hände. »Um Himmels willen, nein! Ich habe anderes zu tun!«

      Agatha wollte mehr über die Aufträge der Geheimagenten wissen, doch Tante Cleo behauptete, darüber nicht informiert zu sein. Sie begann über die Bettenaufteilung für die kommende Nacht zu sprechen. Sie ging davon aus, dass die Kinder bei ihr bleiben würden.

      »Ich will lieber nach Hause«, murmelte Arnold. »Wenn Mama und Papa versuchen uns zu erreichen, werden sie das dort tun und nicht hier bei dir.«

      Tante Cleo wollte davon zunächst nichts hören. Niemals würde sie die Kinder in dieser Situation allein lassen. Erst als Agatha ihr vorschlug, bei ihnen einzuziehen, war sie einverstanden.

      »Fahrt ihr vor. Ich bringe hier noch alles in Ordnung und komme nach, so schnell ich kann.«

      Bevor die Kinder sich auf das Fahrrad setzten, drückte Tante Cleo ihnen als Wegzehrung noch eine Schüssel Kekse in die Hand. Herr Schmidt vergrub sofort seine Dackelschnauze darin.

      »Macht euch keine Sorgen, Kinder«, sagte Tante Cleo. Sie klang wenig überzeugt. »Hilfe ist unterwegs! Wundert euch nicht, wenn ihr Besuch von einem Mitglied der Elf Augen bekommt! Aber bevor ihr den Gast ins Haus bittet, lasst euch den Ausweis zeigen!«

      7. Kapitel

      Der Agent vor der Tür

      Riiiiiiiiiiiiing!

      Sie hatten das Geräusch in ihrem Leben sicher schon tausendmal gehört. Trotzdem erschraken die Zwillinge, als es an der Haustür klingelte.

      Durch das kleine Fenster an der Tür konnten sie den sehr schmalen und sehr großen Mann sehen, der sein Spiegelbild in der Scheibe kritisch beäugte und über seine buschigen Augenbrauen strich. Er trug einen dunklen Mantel und darunter einen Anzug mit einer mintgrünen Fliege. Das war der einzige Farbtupfer an ihm. Sein tiefschwarzes, mit Gel nach hinten gekämmtes Haar war von grauen Strähnen durchzogen. Als er die Zwillinge im Hausflur stehen sah, winkte der Mann mit beiden Händen, an denen er edle Lederhandschuhe trug.

      Agatha öffnete die Tür nur einen Spaltbreit. »Sie wünschen?«, Sie flüsterte, weil Greta hinter ihr an Herrn Schmidt geschmiegt in seinem Körbchen schlummerte. Es war längst Zeit für den Mittagsschlaf der Kleinen. Dass sie vom Geräusch der Klingel nicht wach geworden war, zeigte, wie erschöpft sie war! (Sobald sie schlief, schlichen alle normalerweise nur auf Zehenspitzen um sie herum, um sie ja nicht zu stören.)

      Statt eine Antwort zu geben, steckte der Mann unaufgefordert eine Karte durch den Türspalt.

      Agatha hielt sie prüfend gegen das Licht. »Hat Ähnlichkeit mit einem Schülerausweis«, stellte sie fest und reichte die Karte an Arnold weiter. Er bewegte sie hin und her, wie man es mit Falschgeld tat. Der Mann sollte gleich wissen, dass sie sich nichts vormachen ließen.

      »Orville de Montagne Blanche«, las Arnold leise vor.

      »Für euch einfach nur Orville, mes enfants.« Der Mann deutete eine kleine Verbeugung an. »Mit Verlaub, das E am Ende ist stumm«, fügte er hinzu und lächelte. »Genau wie das E von Blanche.«

      Der französische Akzent war nicht zu überhören. Das machte den Mann nur noch vornehmer. Es kam Arnold komisch vor, dass er jemanden duzen sollte, der aussah wie ein echter Graf. Eigentlich wirkte Orville, als sei er schon als Baby gesiezt worden.

      »Das Foto auf dem Ausweis ist sehr alt«, sagte Orville verlegen. »Außerdem