Herrin der Finsternis. Kevin Rombold. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kevin Rombold
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847659532
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gesagt hatte. Sie war so abscheulich menschlich gewesen. Doch ihr Meister hatte sie davor gerettet. Sie hatte ihn verehrt. Doch dann war dieser abscheuliche Doktor, Abraham van Helsing war sein Name gewesen, aufgetaucht und hatte ihren Meister hinterhältig und feige getötet. Mina war damals noch jung und unerfahren gewesen. Ihre Kräfte waren noch nicht vollständig entwickelt gewesen, außerdem hätte sie van Helsing ebenso ins Nichts befördert wie ihren Meister. Seit diesem Tag schürte Mina einen unglaublichen Hass gegen die van Helsings. Innerhalb von zwei Jahrhunderten war es ihnen gelungen die Vampire nahezu auszurotten. Nur wenige hatten dieses Massaker überlebt und sich in fast unbewohnte und unzugängliche Orte zurückgezogen. Viele sind in dieser Zeit verhungert. Andere hatten gelernt unerkannt unter den Menschen zu leben. Denn im Gegensatz zu den Geschichten, die sich einige Autoren der Menschen ausgedacht hatten, waren Vampire keineswegs so Lichtempfindlich, dass sie in der Sonne zu Staub zerfielen. Auch die Kreuze der Kirche waren kein Schutz. Selbst die Geschichten mit dem fehlenden Spiegelbild waren nur den Köpfen einiger Schriftsteller entsprungen. All diese Gerüchte wurden von der Kirche in die Welt gesetzt, um die Menschen zum Glauben zu bewegen. Doch dieser van Helsing hatte die einzige Methode entdeckt, mit der Vampire geschwächt werden konnten. Es waren nicht die Kreuze an sich, was die Vampire verachteten und fürchteten. Es war die Tatsache, dass die Kreuze des Mittelalters aus Silber hergestellt wurden. Die Haut der Vampire reagierte auf Silber sehr stark. Van Helsing hatte dies irgendwie herausgefunden. Er fertigte spezielle Pfeile und Gewehrkugeln, die einen Silbermantel hatten. Selbst wenn er das Herz eines Vampirs verfehlte, so konnte er ihn doch zumindest so schwächen, dass er keine Chance mehr hatte zu fliehen. Nur mit Hilfe dieses Wissens war es ihm gelungen ihren Meister zu enttarnen. Es war ihm beim Händeschütteln aufgefallen, da er immer einen Ring aus Silber trug, und ebendieser Ring eine Spur auf der Hand ihres Meisters hinterlassen hatte. Mina war zu dieser Zeit gerade aus Mitteleuropa unterwegs zurück nach Rumänien. Ihrem Meister hatte es in Europa immer besonders gut gefallen. Daher hatte sie beschlossen selbst eine Reise zu machen. Als sie das Schloss schließlich erreichte, sah sie, dass jemand Fremdes anwesend war. Sie beschloss vorsichtig zu sein und betrat einen der Geheimgänge, die in das finstere Gemäuer führten. Aus einem der Schlafzimmer hörte sie schließlich ein Gespräch. Sie lauschte vorsichtig.

      „Ich weiß wer sie sind, Graf. Und ich werde ihrem Treiben ein Ende machen.“ Kurz darauf hörte sie den Schrei ihres Meisters. Van Helsing hatte ihn getötet. Mina hatte großes Glück gehabt, dass sie nicht entdeckt wurde. So war es ihr gelungen Rumänien zu verlassen und sich einen anderen Unterschlupf zu suchen. In dieser Nacht hatte sie sich geschworen eines Tages an van Helsing Rache zu nehmen. Und wenn schon nicht an ihm selbst, dann an einem seiner Nachkommen. Und sie würde es genießen ihm jeden Tropfen seines feigen Blutes aus dem Körper zu saugen.

      Kapitel 2

      Monique wusste nicht mehr weiter. Wie sollte sie ihre Aufgabe erfüllen? Wie sollte sie in dem Gedränge der Straßen Tokios jemals die eine Person finden, die sie suchte? Sie blickte aus dem Fenster des Flugzeugs. Dunkle Wolken waren herangezogen und es begann zu regnen. In diesem Moment erinnerte sich Monique daran, welche Ereignisse vor neun Jahren dazu geführt hatten, dass sie nun hier war, auf einer fast hoffnungslosen Suche nach jemandem, den es vielleicht gar nicht gab. Sie seufzte, als die Erinnerungen sich vor ihrem geistigen Auge abspielten. Damals war es ihr noch wie ein Traum erschienen.

      Es war im Jahr 2016. Monique war gerade erst siebzehn als es passierte. Es war an einem grauen Regentag. Monique stöberte auf dem Dachboden ihres Onkels Abraham van Helsing. Es war jedes Mal so aufregend und etwas anderes konnte sie an so einem Tag ohnehin nicht machen. Außerdem fühlte sie sich hier oben ohnehin am wohlsten. Hier konnte sie die Vergangenheit beinahe hautnah erleben. Relikte aus vielen Epochen der Familiengeschichte warteten nur darauf von ihr wieder entdeckt zu werden. Vor allem interessierten sie die Tagebücher ihres Ur-Ur-Großvaters. Es war beinahe ein Wunder, dass die Familie im Besitz solcher Relikte war. Monique liebte es in diesen Büchern zu lesen. Sie gaben ihr eine ungefähre Vorstellung von dem, was damals wirklich geschehen war. Ihr Onkel musste nicht die geringste Ahnung davon haben, welche Schätze hier oben verborgen waren. Andernfalls hätte er ihr bestimmt nicht erlaubt hier oben herumzustöbern. Dieses Haus war schon seit Generationen im Besitz der Helsings und der Dachboden hatte sich im Laufe der Jahre immer mehr gefüllt. Für einen Historiker müsste dies das Paradies sein.

      Seit dem Tod ihrer Eltern, die bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen, lebte Monique bei ihrem Onkel in London. Er sorgte gut für sie und Monique hatte eine schöne Kindheit. Vor etwa einem Jahr hatte sie zum ersten Mal den Dachboden betreten. Nun suchte sie ihn so oft auf, wie sie konnte. Auch ihre Freunde hatten sie schon oft hier her begleitet, doch ihnen war der Dachboden stets unheimlich gewesen. Monique hingegen wurde immer wieder von diesem Ort angezogen. Es war fast so, als würde sie etwas rufen. Doch sie wusste, dass das natürlich nicht sein konnte.

      An diesem Tag jedoch sollte sich Einiges ändern. An diesem Tag fiel Monique etwas auf, was sie bisher noch nicht gesehen hatte. Eine uralte hölzerne Truhe stand mitten auf dem Dachboden zwischen dem Gerümpel und dem alten Schreibtisch, auf dem die Tagebücher des Vampirjägers Abraham van Helsing lagen. Es war kein Zufall, dass ihr Onkel denselben Namen trug. Der Name Abraham wurde von Generation zu Generation an den ältesten Sohn weitergegeben. Langsam näherte sich Monique der unbekannten Truhe. Sie war nicht verschlossen, doch es hing ein altes verrostetes Schloss am Scharnier. Sie löste das Schloss ganz und begann die Truhe zu öffnen. Ein Luftzug strich ihr übers Gesicht, als sie den Deckel der Truhe quietschend aufschwang. Doch was sie dann sah ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Zunächst starrte sie auf ein leeres vergilbtes Pergament. Doch aus einem unerfindlichen Grund konnte sie den Blick nicht mehr abwenden. Nach wenigen Sekunden, die Monique wie eine Ewigkeit vorkamen, begann das Pergament zu leuchten. Für einen Moment sah Monique ihr eigenes Gesicht wie in einem Spiegel. Als das Bild verblasste erschienen rote Schriftzeichen. Monique erschrak und wich einige Schritte zurück. Was war das nur gewesen? Eigentlich wollte sie es im Moment gar nicht wissen. Beinahe wäre sie rückwärts die Dachbodenluke hinuntergestürzt. So schnell sie konnte rannte sie die Holztreppe hinunter in den dritten Stock des Familienanwesens. Doch damit fühlte sie sich noch nicht in Sicherheit. „Abraham! Onkel!“, rief sie und beeilte sich so schnell wie möglich ins Erdgeschoss zu gelangen. Doch auf der Treppe zum zweiten Stock rannte sie ihrem Onkel direkt in die Arme. Monique war verängstig und den Tränen nahe. Die warmen Hände und die Nähe ihres Onkels spendete ihr Trost.

      Ihr Onkel sah sie besorgt an. „Kleines, was ist denn passiert?“, fragte er und seine Augen hatten einen beruhigenden Einfluss auf sie. Monique versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, doch es fiel ihr immer noch schwer. „Auf…dem Dachboden…Pergament…leer, dann rote Schrift…leuchten.“ Mehr brachte Monique zwischen ihrem Schluchzen nicht hervor. Erneut brach sie in Tränen aus und krallte ihre Finger tiefer in den Pullover ihres Onkels. Abraham strich ihr sorgsam durchs Haar und sprach leise auf sie ein. „Beruhige dich Monique. Ich werde mal nachsehen, was los ist.“ Moniques Griff wurde fester. „Nein, geh nicht da rauf! Lass mich nicht allein.“ Doch Abraham drückte sie sanft von sich und blickte ihr tief in die Augen. „Ich bin gleich wieder da. Du brauchst keine Angst zu haben.“ Doch Monique hielt ihn noch immer fest. Sie wollte nicht alleine sein. Sie hatte Angst. Ein freundliches Lächeln erschien auf dem Gesicht ihres Onkels. „Ich weiß, dass du ein tapferes Mädchen bist. Und tapfere Mädchen haben keine Angst.“ Monique hasste es, wenn ihr Onkel das tat. Er wusste, dass er mit diesen Worten einen wunden Punkt in ihr traf. Sie konnte nicht anders, lockerte ihren Griff und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Versprich aber, dass du gleich wieder da bist.“ Erneut lächelte ihr Onkel ihr aufmunternd zu. „Ich verspreche es.“ Damit ließ er Monique auf dem Gang stehen und stieg die knarrenden Stufen zum Dachboden hinauf. Nervös beobachtete Monique, wie er im dunklen Verschwand.

      Es dauerte einige Minuten, bis Abraham wieder erschien. Monique war es vorgekommen, als wäre sie Jahre von ihrem Onkel getrennt gewesen. Aber inzwischen hatte sie sich einigermaßen beruhigt. Sie zitterte nur noch ein wenig, hatte aber aufgehört zu schluchzen. Doch etwas an ihrem Onkel hatte sich verändert. Sein Gesichtsausdruck, der noch wenige Minuten zuvor so freundlich und zuversichtlich gewesen war, war nun ernst und alles Weiche war daraus verschwunden. Mit leicht zitternden