Luves - Die Magier von Cimala. Bianca Schäfer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bianca Schäfer
Издательство: Bookwire
Серия: Luves
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742775009
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jeder einzelnen Gilde. Er vermied es, sie direkt anzusehen und heftete seinen Blick auf einen imaginären Punkt in der Luft knapp über ihren Köpfen.

      »Sag uns, welche die oberste Aufgabe der Jäger ist.«

      »Der Schutz von Aestra, seinen Bewohnern und der Magiergilden.«

      »Welche ist deine Aufgabe als Anwärter?«

      »Zu lernen und zu gehorchen.«

      Die Veteres schwiegen und Luves befürchtete, die falsche Antwort gegeben zu haben, obwohl er diese Floskel bereits vor Jahren als Schüler gelernt hatte. Fieberhaft überlegte er, wie er die Situation noch retten konnte. Vor Aufregung zitterten ihm die Knie. Seine Kehle war wie ausgetrocknet. Gerade wollte er das Wort ergreifen, da kam ihm einer der Ältesten zuvor.

      »Wir haben beschlossen, dir deinen ersten Auftrag zu erteilen. Erfülle ihn und du wirst als Jäger in die Gilde aufgenommen.«

      Luves stockte der Atem und ein leichter Schwindel breitete sich in seinem Kopf aus. Er war erst achtzehn Jahre alt und sollte bereits die letzte Prüfung ablegen, die ihn davon trennte, ein vollwertiges Mitglied seiner Gilde zu werden. Normalerweise geschah dies nicht vor dem zwanzigsten Lebensjahr.

      »Du wirst Meister Friebert begleiten, um ihm zu helfen, einen Faun aufzuspüren. Dieser hält sich nahe einem Dorf in der Ebene der Sommerfelder auf und geht dort seinen schändlichen Taten nach. Fangt diese Kreatur und bringt sie nach Cimala, damit ihr der Prozess gemacht werden kann. Seid ihr erfolgreich, hast du deine letzte Prüfung bestanden und die Bewohner dieses Landes vor einer großen Gefahr bewahrt«, fuhr der erste Sprecher fort. »Meister Friebert wird dir genaue Instruktionen erteilen.«

      Mit einer Handbewegung deutete er auf einen weiteren Mann, der sich außerhalb von Luves' Sichtfeld befand, so dass er sich umwenden musste. Unter der dunklen Kapuze der großen Gestalt war lediglich die verbissene Miene und seine markante Hakennase zu erkennen. Mit unverhohlenem Missfallen sah der Magier ihn schweigend an und Luves nickte ihm zaghaft zu. Erneut zog sich sein Magen schmerzhaft zusammen und Unbehagen breitete sich in ihm aus.

      Meister Friebert war ihm als ein langjähriges Mitglied seiner Gilde bekannt und man sagte ihm nach, ein unerbittlicher Jäger zu sein. Er war gewieft, überaus bewandert in der Anwendung von Zaubersprüchen und gefürchtet im Schwertkampf. Einen besseren Lehrer hätte Luves sich für seine erste Mission nicht wünschen können, wenn Friebert nicht ein mürrischer, wortkarger Einzelgänger gewesen wäre. Er begegnete den Schülern und Anwärtern der Gilde nur mit Abneigung und einem Spott, der ätzender Säure glich. Für seine Mission hätte Luves sich einen angenehmeren Begleiter gewünscht. Er schluckte schwer, bei der Aussicht mehrere Tage auf den Meister angewiesen zu sein.

      »Beweg dich. Wir haben viel zu erledigen«, knurrte Friebert mürrisch.

      Luves nickte zaghaft und wandte sich den Veteres zu. Mit einer Geste entließen sie ihn. Er verneigte sich respektvoll vor den Mitgliedern des Rates. Gerade wollte er sich umwenden, als ihn einer der drei ansprach.

      »Ich weiß, dass du ein vielversprechender Jungmagier bist, Luves«, sagte der Älteste und lächelte ihm milde zu. »Enttäusche uns nicht.«

      »Ich werde mich nach besten Kräften bemühen, der Gilde der Jäger gerecht zu werden und Meister Friebert zu unterstützen«, sagte er hastig, doch sein Herz machte einen Sprung vor Freude über das kleine Lob.

      »Du wirst dich nicht bemühen, sondern siegreich sein«, korrigierte der Vetere ihn. »Folge schnell deinem Meister, ansonsten hängt er dich bereits ab, noch bevor eure Reise begonnen hat.«

      Luves fuhr erschrocken herum. Meister Friebert entfernte sich bereits von ihm, hatte knapp die Hälfte der Halle durchschritten, ohne dass er auch nur einen Laut seiner Schritte gehört hatte. Erneut verbeugte er sich eilig vor den Veteres und eilte Friebert nach.

      Unbeirrt schritt der voran, ohne Anstalten zu machen, auf seinen Schützling und zukünftigen Begleiter zu warten.

      »Du gehst in die Bibliothek zu Meister Bukov«, sagte der Meister über seine Schulter hinweg. »Sieh dir die Landkarte von den Sommerfeldern genau an und überlege, welche Zaubersprüche du auffrischen solltest. Danach begibst du dich in die Siedlung der Kesselrührer. Meister Riudan wird dir einige Schutzamulette geben, die deinen dürren Arsch retten sollen, falls dir Gefahr droht. In der Zwischenzeit werde ich dir ein Pferd aus den Stallungen zuweisen lassen und dem Quartiermeister Bescheid darüber geben, welche Ausrüstung du benötigst. Wir brechen im Morgengrauen auf und wage es ja nicht, Zeit mit irgendwelchen Dummheiten zu vergeuden.«

      »Welche Art von Zauber werde ich benötigen?«, fragte Luves kleinlaut.

      Abrupt blieb Friebert stehen und drehte sich zu ihm um. Kaltherzig musterte er den jungen Magier, der beinahe ängstlich zu ihm aufsah.

      »Wie war noch einmal dein Name?«

      »Luves.«

      »Hör gut zu, Luves, oder wie immer du auch heißen magst, denn ich werde es nur einmal sagen: Unsere Mission ist kein Spaziergang. Wir jagen eines der geächteten Wesen und führen es seinem gerechten Schicksal zu. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir deine Gesellschaft angenehm wäre. Einen Schüler am Hals zu haben, ist mir mehr als lästig, dessen solltest du dir stets bewusst sein. Wenn wir in Gefahr geraten, werde ich dir nicht helfen. Du musst zusehen, wie du alleine zurechtkommst. Wenn dir dein Leben lieb ist, bereite dich bestmöglich auf deine Aufgabe vor.«

      »Ich bin ein Anwärter und kein Schüler«, wagte Luves tapfer einzuwenden und erhob beinahe trotzig den Kopf.

      »Solange du nicht das Siegel eines Jägers trägst, bist du für mich nur ein rotznäsiger Schüler. Erweise dir selbst einen Gefallen und geh mir so wenig auf die Nerven wie nur irgend möglich. Jetzt tu endlich, was ich dir gesagt habe! Schwing deinen Hintern in die Bibliothek, bevor ich mich vergesse.«

      Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, verließ Meister Friebert den Korridor und schritt durch das Portal. Die Wachen, die ihr Gespräch ungewollt mitgehört hatten, warfen dem jungen Magier verstohlene Blicke zu. Luves stand da wie erstarrt, gefangen in kaltem Unbehagen.

      Unbewusst zog er seinen Umhang fester um sich zusammen. Er sollte von Freude und Aufregung über die Mission erfüllt sein, die man ihm aufgetragen hatte. Stattdessen fühlte er sich niedergeschlagen und kraftlos.

      »Du hast gehört, was dein Meister gesagt hat«, blaffte ihn einer der Wachposten an und der andere grinste hämisch.

      Erschrocken zuckte Luves zusammen und sah die Männer finster an.

      »Kümmert euch lieber um eure eigenen Angelegenheiten!«, wies er sie streng zurecht. »Sonst melde ich euch bei eurem Vorgesetzten.«

      Einfache Soldaten, wie sie es waren, hatten einem Magier respektvoll zu begegnen, selbst wenn er ein Anwärter war. Wenn nicht einmal diese Männer ihn achteten, wie sollte er dann gegen Meister Friebert bestehen können? Er konnte nur hoffen, dass sie ihren Auftrag rasch erfüllen würden und er so schnell wie nur irgend möglich nach Cimala zurückkehren konnte. Er atmete tief durch und straffte seinen Rücken. Mit stolz erhobenem Haupt schritt er an den Soldaten vorbei und wandte sich in die Richtung des Marktplatzes.

      Kapitel 3

      Luves zog die Kapuze seines Umhanges tief über das Gesicht, als er den Hauptsitz der Gilde verließ und sich zur Bibliothek aufmachte. Die Veteres setzten offenbar großes Vertrauen in ihn und seine Fähigkeiten, indem sie ihm die Möglichkeit boten, sich bereits in seinem jungem Alter zu bewähren. Trotzdem war die Jagd auf einen Faun nicht sein größter Traum. Diese Gattung stellte im Grunde rein körperlich keine nennenswerte Bedrohung dar und galt somit als recht harmloser Gegner. Er hätte sich eine schwierigere Aufgabe gewünscht, etwas, was eine Prüfung seiner physischen Kräfte und seiner magischen Fähigkeiten darstellte. Doch er musste sich wohl oder übel damit zufriedengeben. Die eigentliche Herausforderung war eher sein Begleiter, dessen Anweisungen er blind Folge leisten musste, und das bereitete ihm das