Luves - Die Magier von Cimala. Bianca Schäfer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bianca Schäfer
Издательство: Bookwire
Серия: Luves
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742775009
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zu Boden sinken. Sein Herz schlug schmerzhaft in der Brust und sein Atem ging in kurzen Schüben. Er schaffte es irgendwie, sich auf den Rücken zu drehen und schloss die Augen, als die Sonnenstrahlen ihm schmerzhaft in die Augen stachen. Er drehte den Kopf zur Seite und sah, wie ein Jäger Reget einen Eimer voll Wasser über den Kopf schüttete. Der regte sich stöhnend, als er wieder zu Bewusstsein kam. Luves konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Mochte Reget ihm auch an Jahren, Kraft und Wissen überlegen sein, so hatte der Jüngere ihn mit Ehrgeiz übertreffen können. Und auch mit Glück, das musste er sich eingestehen. Die übrigen Anwärter stürmten auf den Übungsplatz, zogen ihn auf die Füße und gratulierten ihm zu seinem Sieg. Luves schwankte und eifrige Arme stützten ihn, führten ihn zum Haus der Gilde, wo er sich erholen konnte. Heute Abend würde er das Brandzeichen des Siegels der Gilde der Jäger erhalten und er würde vom Schüler zum Anwärter aufsteigen. Der Stolz auf seine Leistung und die Vorfreude über die kommende Auszeichnung ließ ihn alle Schmerzen vergessen.

      Kapitel 1

      Ein weißes Blatt Papier ist unschuldig und rein. Es sind die Worte, die darauf geschrieben stehen, die ihm sein Gewicht verleihen, denn schon ein kurzer Satz kann ein Leben auf ewig verändern. Doch davon ahnte der Jungmagier Luves nichts, als er die Nachricht entgegennahm, die sich auf einem unscheinbaren Stück Pergament befand, das man sorgsam gefaltet hatte. Er musterte es skeptisch, da es in der Regel nichts Gutes für einen Anwärter der Magiergilden verhieß, wenn er ein solches Schreiben erhielten. Meistens handelte es sich um den Befehl, sich bei einem der Ausbilder zu melden, um die Bestrafung für das Übertreten von einer der vielen Regeln zu erhalten. Doch er war sich keines Vergehens bewusst. Mit gerunzelter Stirn musterte er die akkurate Handschrift mit ihren harten, kantigen Zügen. Er las die Nachricht, die eher einer Notiz glich, da sie nur aus einem Satz bestand.

      »Ich soll mich umgehend zum Ältestenrat der drei Gilden begeben«, sagte er halblaut zu Toge, einem Jungmagier, der ihm die Botschaft überbracht hatte. »Hat Meister Zudu eine Andeutung gemacht, warum ich bei den Veteres vorsprechen soll?«

      Toge schüttelte nur den Kopf und widmete seine Aufmerksamkeit dem Treiben auf dem Platz, wo die Anwärter der Gilde der Jäger sich im Schwertkampf übten. Um sie herum klirrten die aufeinanderprallenden Klingen und in ihrem Eifer wirbelten die Kämpfenden Wolken von Staub auf, die den ganzen Platz überzogen. Doch das beeindruckte die beiden Achtzehnjährigen wenig.

      Luves hielt in der einen Hand sein Schwert, in der anderen das Blatt und sah Toge an, der gelangweilt in den Staub spuckte.

      »Ich sollte dir nur die Nachricht überbringen. Das war alles. Aber du scheinst sie nicht zu verstehen, obwohl sie nur aus einem einzigen, kurzen Satz besteht.«

      »Wie meinst du das?« Mit dem Handrücken strich er sich das schweißnasse braune Haar aus der Stirn.

      »Steht dort nicht etwas davon, dass du dich umgehend in das Hauptquartier begeben sollst? Soweit ich mich erinnere, bedeutet das, dass du dich sofort auf den Weg machen musst.«

      Luves zuckte zusammen. Hastig faltete er das Papier und steckte es ein, während er zu dem Waffenmeister lief, der die Übungen überwachte. Toge beobachtete ihn grinsend, wie er umständlich erklärte, warum er den Unterricht abbrechen musste und dann in Richtung der Quartiere davoneilte.

      »Wo willst du hin?«, rief er Luves nach, der sich im Laufen zu ihm herumdrehte und dabei beinahe über seine eigenen Füße stolperte. »Nach Cimala geht es in die andere Richtung!«

      »Schau mich doch an«, erwiderte er und deutete auf seine verschwitzte und schmutzige Kleidung. »So, wie ich aussehe, kann ich den Ältesten nicht gegenübertreten.«

      Kaum hatte Luves das Gebäude betreten, rannte er durch die Korridore zu den Quartieren, um in die Kammer, die er mit drei weiteren Schülern bewohnte, zu gelangen. Am Fußende seines schmalen Bettes stand eine abgenutzte Holztruhe. Eilig entnahm er ihr seine saubere Ersatzkleidung und zog sich um. Seine staubige Kleidung warf er achtlos auf sein Bett. Atemlos verließ er das Haus der Jägergilde, stürmte zwischen den Kämpfenden hindurch auf das Tor zu. Zu seiner Überraschung wartete Toge dort auf ihn und erklärte, dass er ihn auf einem Stück seines Weges begleiten würde.

      »Du darfst dich nicht unerlaubt von diesem Gelände entfernen«, wies Luves ihn zurecht.

      »Ich entferne mich nicht unerlaubt, sondern gehe in das Dorf der Kesselrührer, um mein Werkstück abzuholen. Meister Riudan hat es bewertet und entschieden, ob ich die Prüfung in der Herstellung von magischen Amuletten bestanden habe«, entgegnete Toge.

      Mit einem überlegenen Grinsen sah Luves ihn an und er rollte mit den Augen.

      »Ich weiß, du hast diese Prüfung schon vor Jahren abgelegt und du warst bereits ein Anwärter, als ich noch ein Schüler war. Nicht jeder erhält mit zehn Jahren das Siegel der Gilde, sondern erst mit zwölf oder dreizehn Jahren.«

      Luves setzte zu einer Erwiderung an, um seinen Begleiter zurechtzuweisen, doch er schluckte sie herunter und schwieg.

      Mit eiligen Schritten bewegte er sich entlang der scheinbar endlosen Karawane aus Menschen und Fuhrwerken über die staubige Landstraße. Die Bauern, Händler und Hausierer beachteten die jungen Männer nicht, die sich trotz der sommerlichen Hitze mit dunklen Wollumhängen verhüllten. Darunter waren sie ähnlich schlicht gekleidet wie die Menschen, die sie passierten. Sie trugen schmal geschnittene braune Hosen, lederne Stiefel und weiße Leinenhemden, so wie es alle Anwärter der Gilde der Jäger taten. Mit halbem Ohr lauschte Luves auf das Geschwätz der Leute, während er sich am Straßenrand an den Gespannen vorbeibewegte. Er bereute es, sich nicht alleine auf den Weg gemacht zu haben, doch er sah auch keine Möglichkeit, Toge loszuwerden.

      »Ich glaube, ich weiß, warum die Veteres dich zu sich rufen«, sagte Toge plötzlich munter und riss ihn aus seinen Gedanken.

      »Dann verrate mir, was der Grund sein könnte. Mir fällt nämlich keiner ein«, murmelte Luves.

      »Du sollst bestimmt zu ihnen kommen, weil du ein Buch aus der Bibliothek gestohlen hast.«

      »Ich habe es nicht gestohlen, sondern nur mitgenommen, weil die Studienzeit beendet war und ich das angefangene Kapitel beenden wollte.«

      »Aber das ist trotzdem verboten. Erzähl mir die Geschichte, wie Meister Bukov dich dabei erwischt hat.«

      »Jeder kennt sie«, entgegnete Luves barsch. »Ich habe sie dir bereits erzählt, als du wissen wolltest, warum ich als Strafarbeit alle Regale in der Bibliothek abstauben musste. Außerdem ziehen du und die anderen Schüler mich seit Wochen damit auf.«

      »Aber es ist viel lustiger, wenn du sie erzählst.«

      »Also schön …«, begann Luves seufzend, wohlwissend, dass sein Begleiter ihn mit dieser unleidigen Angelegenheit nicht in Frieden lassen würde. »Ich habe das Buch über Wüstenzauber unter meinem Umhang verborgen, um im Haus unserer Gilde meine Studien fortzusetzen. Kurz bevor ich den Ausgang erreichte, fing mich Meister Bukov ab, weil Sand aus dem Buch, unter meinem Umhang hindurch, unbemerkt zu Boden rieselte. Er ist der Spur gefolgt und hat mich ertappt.«

      Toge brach in lautes Gelächter aus und konnte sich kaum halten.

      »Das ist beinahe noch besser als damals, als du das Pergament mit den Feuerzaubern entrollt und dabei dein Hemd in Brand gesetzt hast.«

      »Als ob dir noch nie ein Missgeschick unterlaufen wäre«, knurrte Luves.

      »Natürlich ist es das, aber deine haben dich zu einer lebenden Legende gemacht.« Toge wischte sich die Lachtränen aus den Augen.

      Aufmunternd wollte er Luves auf die Schulter klopfen, doch der schob seine Hand unwirsch beiseite und sah ihm zornig in die Augen.

      »Es ist mir gleich, ob ihr euch über mich lustig macht und euch die Mäuler zerreißt. Meine Fähigkeiten in der Beherrschung der Elemente sind nicht die mächtigsten, aber ich habe nie aufgegeben und stets hart an mir gearbeitet. Was man von vielen anderen nicht behaupten kann!«

      Energisch