„Nein, warte! Ich erkläre dir alles.“ Hübsch war er, das war mir sofort aufgefallen. Grüne Augen und wuschelige, schwarze Haare, wie Harry Potter in erwachsen und sehr sexy. Diese vollen Lippen. Wow.
„Dann schieß mal los“, sagte ich, nur um zu sehen, wie diese Lippen sich bewegten. Und seine Stimme war toll. Ein angenehmer, samtiger Bariton.
„Ich bin Alexas Freund. Samuel. Sie hat sich gestern Abend ausgesperrt und bei mir übernachtet. Ich dachte, ich versuche mal, das Schloss aufzukriegen, bevor sie einen teuren Schlüsseldienst beauftragen muss.“
„Und warum ist sie nicht dabei?“
„Sie wollte noch duschen und sich für die Uni fertigmachen. Heute ist doch Semesterbeginn.“ Verdammt! Das hatte ich beinahe vergessen. Auch für mich begann heute ein neues Studentenleben. Manchmal verliere ich den Überblick, wie viele Studiengänge ich schon abgeschlossen habe. Politologie in den Siebzigern, Grundschullehramt in den Achtzigern, dann Theaterwissenschaften und Wirtschaft. Jetzt Informatik. Computer fand ich spannend.
„Und das soll ich dir glauben?“ Er zuckte die Achseln. Die Karte in seiner Hand war keine Kreditkarte, sondern von Payback. Er hielt sie mir hin. Alexas Name stand drauf.
„Du könntest sie im Park ausgeraubt haben.“
„Also weißt du – wenn hier jemand aussieht wie im Park überfallen, dann doch wohl du. Ist das eigentlich Blut auf deinem T-Shirt?“ Ich sah an mir hinunter.
„Nee. Harz.“
„Harz?!“
„Das ist doch jetzt völlig egal.“ Der hübsche Harry Potter seufzte und fischte ein Handy aus seiner Hosentasche.
„Hier. Ruf sie an.“ Er tippte eine Kurzwahl an und reichte es mir rüber. Freizeichen, dann ging jemand ran.
„Rothacker?“
„Hallo, Alexa, bist du das? Hier ist Anna, deine Nachbarin. Sag mal, da ist so ein Typ, der versucht, in deine Wohnung einzubrechen?“ Sie lachte.
„Das ist schon in Ordnung. Mein Freund. Ich hab mich ausgesperrt, und er versucht, die Tür für mich zu öffnen. Klappt's?“
„Nee, sieht nicht so aus.“ Sie seufzte.
„Also doch Schlüsseldienst. Aber danke fürs Aufpassen.“ Ich verabschiedete mich und gab das Handy zurück. Wie hatte sich Alexa nur so ein Sahneschnittchen an Land gezogen? Ich kannte sie flüchtig, wir hatten im Treppenhaus ein paarmal geplaudert. Sie war jung, ein bisschen pummelig und hatte wilde, frisselige rote Locken, die aussahen wie eine explodierte Pudelmütze. Ein süßes, lustiges Mädchen, total sympathisch. Harry Potter hier konnte Models haben, wenn er wollte, da war ich mir sicher.
Nun streckte er mir die Hand entgegen.
„Samuel.“
„Anna.“
„Freut mich, Anna.“ Er sah mich eine Sekunde zu lang an, während wir uns die Hand gaben. Ein warmes Kribbeln stieg mir den Hals hinauf und machte mir den Mund trocken.
„Du solltest duschen, Anna. Dir das ganze... Harz... abwaschen.“
„Und du solltest dich nicht erwischen lassen, wie du bei alleinstehenden Mädels einbrichst.“
„Ich geb's auf für heute. Das sieht im Fernsehen einfach leichter aus.“ Ich nickte und sperrte meine eigene Tür auf.
„Tschüss, Einbrecher.“
„Tschüss, Anna.“
Unter der Dusche, während die Reste des Waldes im Abfluss verschwanden, dachte ich an seine grünen Augen, an seinen festen, warmen Händedruck. Wie diese Hände über meinen Körper wanderten, meine Brüste streichelten, meine Schenkel teilten. Teufel. Ich hatte schon zu lange keinen Mann mehr gehabt. Nach zwei-, dreihundert Jahren war ich die oberflächlichen Liebschaften leidgeworden. Aber mehr als Oberfläche ging nun mal nicht, wenn man ein solches Geheimnis mit sich herumtrug.
Ich stieg aus der Dusche, trocknete mich ab, zog mich an und machte mich für meinen ersten Unitag zurecht. Wenn man die dunklen Ringe unter den Augen abrechnete, sah ich keinen Tag älter aus als zwanzig. Derzeit war ich blond, was meiner ursprünglichen Haarfarbe relativ nahe kam. Blond war meine Lieblingshaarfarbe durch die Jahrhunderte, und seit es moderne Färbemittel gab, auch so einfach zu erreichen. Männer fuhren auf Blondinen ab, egal ob sie ihr aus der Kutsche halfen oder sie per Anhalter von Hanau nach Frankfurt mitnahmen.
Ich packte meine Unterlagen zusammen und machte mich auf den Weg zur Uni.
2. Kapitel
Winter 1588, Bedburg bei Köln
«Du kannst mich später noch einmal nehmen.»
„Das Arschloch!“ So fest er konnte, knallte Peter Stubbe die Tür hinter sich zu. Den Winter ließ er draußen, die graue Dämmerung und den knietiefen Schnee. Die Stube war geheizt. Rauch hing in der Luft, der Schornstein zog anscheinend wieder nicht richtig. Über dem Feuer hing ein Topf, aus dem es dampfte. Er zerrte sich die Gugel vom Kopf und schälte sich aus seinem Umhang, der mit Schnee bestäubt war. Den ganzen beschwerlichen Weg zur Mühle umsonst gemacht. Der Müller, dieses fette Arschloch. Ließ sie alle verhungern, wenn's drauf ankam.
„Weib?!“
„Ich bin hier.“ Die Vorhänge des Schlafalkovens bewegten sich. Ein nacktes Bein erschien, dann noch eines. Eine Hand, die den Vorhang teilte. Sein Weib erhob sich aus den Kissen und kam zu ihm hinüber. Das Feuer setzte einen goldenen Schimmer auf ihre blasse Haut. Ihre schweren Brüste schwangen bei jedem Schritt. Stroh raschelte unter ihren bloßen Füßen, als sie sich an ihn presste und ihren Schenkel an ihm rieb. Schlagartig war ihm die Hose zu eng.
„Komm her.“ Sie schnürte seinen Hosenlatz auf und zog ihm die Hose herunter. Seine Härte reckte sich ihr entgegen, und sie streckte die Zunge danach aus, doch so sehr er ihre Dienste sonst liebte, diesmal hatte er keine Geduld. Er zog sie unsanft nach oben und schob sie gegen den Tisch. Gehorsam rutschte sie mit dem Hintern auf die blank gescheuerte Tischplatte und spreizte die Schenkel. Er nahm sie heftig und schnell. Ihr lautes, dunkles Stöhnen feuerte ihn an, und kurz danach verströmte er sich mit einem Grunzen in ihr. Schwer atmend stützte er sich auf den Tisch und sah auf sein Weib hinunter. Sie hatte den Kopf in den Nacken geworfen, sodass ihre rotblonden Haare den Tisch fegten. Sie stöhnte immer noch und drängte ihr nasses Fleisch gegen ihn, bis sie schließlich mit ihren eigenen Fingern nachhalf und sich zuckend Erleichterung verschaffte.
Er hatte noch nie eine solche Frau besessen. Sie war nicht züchtig wie die anderen. Vielleicht war der Teufel in ihr, und sie würde zur Hölle fahren – doch vorher würde sie ihm zu Willen sein, wann immer er es brauchte. Er zog seine erschlaffte Männlichkeit aus ihr und richtete sich die Kleidung. Katharina ließ sich nach hinten auf den Tisch sinken und streichelte sich träge über die Brüste.
„Hat er dir nichts gegeben, der Müller?“
„Nichts. Einen Arschtritt.“
Sie lächelte. „Ich werde ihn morgen besuchen, den Müller. Und ich komme mit einem Sack Mehl wieder, mein Lieber. Versprochen.“ Die Tür öffnete sich, und eine schmale Gestalt erschien im Türrahmen, eine Ziege im Schlepptau. Sibil. Je älter sie wurde, desto ähnlicher sah sie ihrer toten Mutter. Völlig verschreckt starrte sie auf Katharina, die sich nicht die Mühe machte, sich zu bedecken.
„Mach die Tür zu, Kind. Es ist kalt.“
„Wir müssen die Tiere reinbringen“, stotterte die Kleine. „Die erfrieren uns sonst. Es hat schon wieder angefangen zu schneien...“
„Dann tu es, aber mach die Tür zu!“, fuhr Katharina sie an, und Sibil gehorchte rasch. Während sie die Ziege am Dachpfosten festband, wandte sich Katharina wieder zu Peter und umschlang ihn mit beiden Beinen.
„Erhol dich jetzt ein wenig, Mann. Es gibt Bier und