Der Roboter hatte seine Sehlinsen inzwischen auf die Prinzessin gerichtet und erlitt einen weiteren Schreck.
„Oh, Prinzessin Leila! Wenn ich geahnt hätte, dass ich Euch hier persönlich begegnen würde, dann hätte ich ...“
„Nun haltet beide mal die Luft an“, fuhr die Prinzessin dazwischen, die von dem infantilen Gezänk der robotischen Ausgaben von Laurel und Hardy bereits die Nase voll hatte.
„Ihr könntet mir bei einer bestimmten Sache helfen, wenn’s recht ist. Unser Schiff wird gerade von den emporialen Strumpftruppen gekapert, und ich stehe auf der Fahndungsliste von Lord Fart Weider ganz weit oben.“
„Der Stellvertreter des Impotentators sucht nach Euch?“, fiel der messingfarbene Roboter der Prinzessin ins Wort. „Also wenn das irgendein krummes Ding wird, Prinzessin Leila, dann will ich damit lieber nichts zu tun haben. Ich will keinesfalls desintegriert werden, schließlich ...“
„Halt’s Maul“, empfahl die Prinzessin dem Roboter und wandte sich an den fiependen Drogiden. „Ich habe hier eine Speicherkarte mit einer vertraulichen Nachricht und ein paar streng geheimen Daten. Beides ist für einen alten Bekannten bestimmt, der auf dem Planeten lebt, über dem wir uns gerade befinden. Ich stecke die Speicherkarte hier in deine Anschlussbuchse. Setze dich irgendwie auf den Planeten ab und überbringe die Speicherkarte meinem Freund. Aber nur ihm persönlich, hörst du? Die Nachricht und die Daten sind ausschließlich für Opi-Um Knobi bestimmt. Hast du das verstanden?“
Die Kuppel des kleinen Drogiden rotierte ein paarmal hin und her, dazu ließ die Maschine ein energisches, von elektronischer Panik kündendes Pfeifkonzert hören.
„Wie schön, dass wir uns so gut verstehen“, antwortete Prinzessin Leila gehässig und klopfte dem kleinen Drogiden aufmunternd mit ihrem Schießprügel auf die Blechkuppel. „Ich lasse mich jetzt gefangen nehmen. Ich verlasse mich auf dich. Wie heißt du eigentlich?“
Nun mischte sich der geschwätzige Messingroboter wieder ein.
„Dieser fahrende Schaltfehler hier heißt H2O2, und ich bin C2H6O, Kommunikationsspezialist und Bionik-Therapeut zweiter Klasse. Dieser kleine verschmorte Schrotthaufen ist mein Patient.“
„Was?“, rief Prinzessin Leila entsetzt. „Ich habe gerade eine lebenswichtige Nachricht einem Drogiden mit einer bionischen Macke anvertraut?“
„Seid unbesorgt, verehrte Prinzessin“, gab C2H6O selbstgefällig von sich. „Ich werde mich um ihn kümmern, schließlich darf ich als sein Therapeut ihn keine Sekunde aus den Augen lassen, damit er keinen Unsinn anstellt. Vergangene Woche hat er zum Beispiel...“
„Ich will’s nicht wissen“, erwiderte die Prinzessin und hielt dem Roboter eine Hand vor seinen Stimmenprozessor. „Verschwindet einfach irgendwie von diesem Schiff und lasst euch dabei nicht erwischen.“
Ohne ein weiteres Wort drehte sich die Prinzessin um und verschwand im Dickicht der Maschinenanlagen.
Der fahrende kleine Drogide gab ein paar kläglich wimmernde Geräusche von sich. C2H6O antwortete:
„Da hast du uns ja wieder etwas Schönes eingebrockt, H2. Was machen wir denn nun?“
Anstelle einer Antwort rollte der Drogide bereits aus dem Maschinenraum. C2H6O folgte seinem Patienten widerstrebend. Der fahrende zylindrische Roboter bog in einen Flur ein, der in Richtung Außenhülle des Schiffes führte. Am Ende des Korridors hielt H2O2 zielstrebig auf eine Kammer zu. Er stöpselte sich mit einem ausfahrbaren Metallschlauch in die Türschaltung ein und ließ die Tür zischend aufgleiten. C2H6O richtete seine Sehlinsen auf den unbeleuchteten Raum. In der dunklen Kammer wurden augenscheinlich leere Torpedohülsen gelagert. H2O2 piepste.
„Da soll ich hinein?“, fragte C2H6O ungläubig. Der fahrbare Drogide ließ ein wildes Pfeifkonzert hören.
„Schon gut, ich mache mich ja auch ganz klein“, antwortete der zweibeinige Roboter und kroch in eine der gestapelten Metallhülsen. „Jetzt du!“
Der Drogide rollte in die Kammer, ließ sich vornüber in den Torpedo zu seinem Kollegen plumpsen und aktivierte per Drahtlosnetzwerk dessen elektronisch gesteuerten Verschlussmechanismus. Die Metallhülle des Torpedos war nun hermetisch abgedichtet. Danach entriegelte H2O2 per Fernsteuerung die Klammervorrichtung des Torpedos und schaltete die Abschussautomatik scharf. Der mit den beiden Robotern geladene Torpedo wurde von Greifarmen auf ein Fließband gehievt und nach kurzem Transport schließlich in ein Abschussrohr gestopft. Wie ein geölter Blitz schoss die winzige Metallzigarre einen Sekundenbruchteil später nach draußen und trudelte im freien Fall dem nahen Planeten entgegen.
„Na schön, der erste Teil unserer Mission liegt hinter uns. Übrigens, H2... wie bremsen und steuern wir dieses Ding eigentlich, wenn wir landen wollen?“ verlangte der Bionik-Therapeut im Inneren von seinem piepsenden Patienten zu wissen. Ein nachdenklicher, langgezogener Pfeifton drang aus dem kleinen Drogiden.
„Das habe ich mir doch gleich gedacht“, antwortete C2H6O und schloss mit seinem elektronischen Leben ab.
Kapitel 2
Ein schlechter Morgen
„Nuke! Nuu-uuke!“
Eine schrille Frauenstimme durchdrang den alkoholumnebelten Schlummer des jungen Mannes und zerfetzte dessen überaus angenehmen Traum, in dem einige mit hauchdünnen Gazetüchern bekleidete junge Damen die Hauptrolle spielten, in tausend kleine Stücke.
„Nuke!“
Ein ungeduldiges Pochen begleitete die Stimme nun aus einer Richtung, in der der schlaftrunkene schmächtige Jüngling die verschlossene Tür seiner persönlichen Müllhalde vermutete, welche keine Mutter der Welt mit der hochtrabenden Bezeichnung „Zimmer“ bedacht hätte.
„Es ist längst Zeit zum Aufstehen, Nuke!“, drang die Stimme erneut durch die robuste Nirosta-Stahltüre hindurch.
„Du musst deinem Onkel nachher auf den Schlafmohn-Feldern helfen und außerdem müsst ihr heute noch auf dem Flohmarkt einen neuen Drogiden kaufen gehen!“
Nuke Swinewhacker gähnte herzhaft. Er öffnete ganz leicht die vom Flash der letzten Nacht geröteten Augen. Zum Glück war es finster in dem Raum, der gleich neben der Werkstatt der Farm lag.
„Nuke! Hast du gehört, Junge? Gib deiner alten Tante doch wenigstens eine Antwort!“
Seine brennenden Augen reibend stieg der junge Mann mit unsicheren Beinen aus dem Bett und rief: „Ich komme gleich, Tante Bong!“
„In zehn Minuten gibt es Frühstück, Nuke! Entweder bist du rechtzeitig da, oder du gehst eben ohne Frühstück und hungrig zur Arbeit! Wenn du mit deinen Kumpeln die halbe Nacht lang in der Kneipe Bier trinken kannst, dann kannst du am nächsten Tag auch arbeiten!“
„Ist ja schon gut, Tante Bong!“, rief der junge Mann mürrisch und stieß sich auf seiner Wanderung durch den dunklen Raum den großen Zeh an einem herumliegenden 20er Maulschlüssel.