Wozu auch, was sollte da draußen? Hier war alles, was er brauchte, sogar ein Waschbecken, nein, eher eine Art Saufbecken, jedenfalls, wenn er die Schnauze hineinhielt, floss Wasser aus einer Öffnung. Frisches Wasser, von dem er nicht wusste, ob ihm das besser schmeckte als das brackige, was man ihm unterwegs gegeben hatte.
'xandra zwickte ihn zum Abschied ins Fleisch, umarmte ihn auf ihre goldige Art und flüsterte ihm ein »Schlaf gut!« ins Ohr.
»Ha hu-ud!«, rief er zurück, als sie das Schiebegatter verschloss und ging.
»Haaa huuud!«, rief er, als er ihre Schritte draußen hörte. Und als die sich entfernten, steckte er den Kopf durchs Fenster und sah ihr nach.
»SCHAAAW HUUUT!«
Sie winkte zurück. Verschwand.
Aus den anderen Fenstern lugten gewöhnliche Pferdeköpfe heraus, die ihn anstarrten. Einige wieherten. Es klang ein wenig so wie seine eigene, ungelenke Sprache, aber er verstand nichts. Verstand er nichts, weil ihr Wiehern keine Sprache war? Oder weil seine eigene Sprache selbst für ihn nicht mehr zu verstehen war?
Kapitel 3 - Wie Yosy seine erste Nacht im Stall erlebt
Draußen wurde es dunkel, und im Stall blieb das fahle, flackernde Licht der Neonröhren zurück, die an der Decke hingen und die ganze Nacht brannten. Yosy trat an die Schiebetür und schaute in den Gang, gegenüber vergitterte Boxen wie seine, in denen sich jeweils ein Pferd befand, aber keins, das ihn beachtete. Auch hinter den seitlichen Bretterwänden waren Pferde einquartiert. Er konnte sie nicht sehen, aber er roch sie. Und er hörte ihre Hufe und ihr Schnauben. Es gelang ihm, sich aufzurichten, mit den Klauen stützte er sich an der linken Wand ab, tastete sich nach oben, bis sein Handeisen vor die Gitterstangen stieß, die das obere Drittel der Wand ausfüllten. Er drückte seine Wange an das kühle Eisen und blickte mit einem Auge in die Nachbarbox.
Da stand ein kleines, dickes Ackerpferd - oder ein großes Pony, Yosy kannte sich da nicht aus - mittelhellgrau, weißes Haar, und sehr erschrocken. Es hatte sich an die gegenüberliegende Wand gedrückt und sah ihn mit aufgerissenen Augen und nach hinten angelegten Ohren an. Und wieherte kläglich.
»Hich hu hier hichs!«, flüsterte Yosy, »Chschsch!«
Doch das Tier ließ sich nicht beruhigen. Es zappelte mit den Beinen, hüpfte, schlug ganz dämlich irgendwohin aus und machte immerzu »Ii-iiiee-iiieeha!«
Auch die anderen Bewohner des Stalls wurden unruhig, von überall kamen wiehernde Antworten, und man hörte schlagende Hufe und klopfendes Holz. Yosy hätte sich jetzt eigentlich wieder herablassen sollen, aber da war etwas an dem Tier, das ihn anzog, weshalb er den Blick nicht von ihm, vielmehr nicht von IHR lassen konnte. 'Ihr' dachte er, genau, es war ein Mädchen! Das war es! Obwohl er, der er doch keine Ahnung von Pferden hatte, nicht wusste, WARUM er das plötzlich wusste. Nun kamen ihm die aufgerissenen Augen gar nicht mehr ängstlich vor, jedenfalls nicht nur ängstlich, sondern auch ein wenig keck, wie sie ihn so von der Seite unter der weißen Mähne hindurch anzwinkerten. Auch das unruhige Schlagen ihres Hinterteils vor die Holzwand war wohl eher ein bewusst eingesetzter Hüftschwung, der den aufgerichteten, fast weißen Pferdeschwanz tanzen ließ. Schultern, Rücken und eben dieses Hinterteil waren drall und rund, das Fell dicht, pelzig und von einem samtenen Glanz. Auf den fleischigen Beinen flossen helles und dunkles Grau ineinander, und um ihre Fesseln wuchsen bauschige Ringe, aus weißem Haar, das fast vollständig die Hufe bedeckte. All das und noch mehr ihre vollen, weichen Lippen ließen Yosy regelrecht schwindeln. Aber es war ein Schwindel, der ihm Kraft gab, Kraft, sich noch höher zu ziehen, die eisernen Hufhände um die Stangen herum zu quetschen und sich regelrecht daran aufzuhängen.
»Hi heichsch 'u?«, fragte er und dachte tatsächlich für einen Moment, er könnte eine Antwort erwarten. Doch das Mädchen drückte sich, wie er so über ihr hing, noch mehr in die Ecke und blies feuchten Dampf aus ihren Nüstern. Yosys Körper drückte sich gegen den Bretterverschlag, er hatte die Füße durchgestreckt und plötzlich war da etwas! Da, da unten, da schien sich ETWAS aus seinem Bauchnabel herauszustülpen und aufzuquellen, es war sein Schlauch, und der juckte ganz widerborstig. Ohne so recht einen Zusammenhang zwischen dem Liebreiz des Mädchens hier und dem Juckreiz seines Schlauches dort erkennen zu können - schließlich war er voll darauf konzentriert, sie immer besser zu sehen, zu riechen und zu hören -, versuchte er eher beiläufig für Linderung zu sorgen, indem er sich noch fester an die Wand drückte und die Schwellung daran verrieb. Sein schwerer Rumpf machte allerdings bei jeder Bewegung einen enormen Lärm, die Gitterstangen schepperten und das Brettholz krachte, und schnell war das Hochsteigen und Stoßen so anstrengend, dass er stöhnte und ein seufzendes »Hhnnnng...!« seinem Maul entfuhr. Zwar führte jeder Stoß zu einer kurzen Entspannung, aber nur, um den Juckreiz gleich wieder zu steigern.
Wie es ihm schon als Kind eine gewisse Befriedigung verschafft hatte, im Wechsel zwischen Jucken und Kratzen einen Mückenstich ganz und gar auszukosten, so war es auch hier: nur viel stärker als bei einem Stich war mit diesem Jucken eine eigenartige Lust verbunden, von der er nicht wusste, ob sie ihn von der Nachbarin ablenkte oder sich ganz im Gegenteil durch die Betrachtung derselben noch steigerte.
Ich konnte nicht mehr aufhören. Trotz der Anstrengung beugte und streckte ich die Knie, stieß und rieb und stieß und rieb, und ich glotzte, von kurzen Seufzern unterbrochen, auf die scheue Kecke, auf ihre goldene Mähne, auf ihren samtenen, beigebraunen Pelz; und sie glotzte - mit aufgerissenen, mahagonifarbenen Augen - zurück.
Es wollte gar kein Ende mehr nehmen, ICH wollte gar kein Ende mehr nehmen, und sie gewiss auch nicht, so nah waren wir uns und so unnahbar zugleich, ein Bild war das, ein lebendes Bild aus Glotzen und Reiben und Hampeln und Strampeln.
Doch plötzlich und ganz unerwartet veränderte sich die allmähliche Zunahme der Lust und wurde chaotisch. Wurde so doll, dass ich schreien, ja wiehern musste, ganz irre wiehern musste. Und mein Unterlaub fing zu pumpen an, pumpte und pumpte und entlud sich in dicht aufeinanderfolgenden Eruptionen. Es war, als würde ich urinieren, aber viel wohliger, wonniger, ... ja! Unerträglich wonnig war das, das war nicht mehr ich ...! Vielmehr verlor ich mich, ich entleerte mich und als ich leer war, entwich mir alle Kraft aus Klauen und Beinen. Mit meinem ganzen Gewicht plumpste ich hinab und schlug durch das Strohbett auf den Beton.
Mein Hintern schmerzte, ich zitterte, und wollte nur noch, dass es aufhörte. Ich krümmte meinen Rücken und zog die Extremitäten ein, wie eine Kellerassel, wobei sich einzelne Strohhalme in meinen Hautfalten verklemmten. Das kitzelte und heizte mein Zittern weiter an. Ich musste mich noch krummer machen, tauchte sogar mit dem Kopf ein in die entstandene Körperkuhle, bis hin zur Mitte, zum Bauchnabel, an dem gar kein Schlauch hing, keine Nabelschnur, nichts, nur ein schmutziges, salziges Loch. An dem leckte ich, als ich eine Kugel geworden war; eine vibrierende Kugel, von der drahtige Haare und Halme abstanden wie Fühler, in die Höhe gereckt oder zitternd auf dem Beton zerrieben.
Über Yosys Rumpf zogen Wellen aus Muskelkontraktionen wie über die hohe See, kleine Tsunamis, die ihn fortspülten, immer weiter fort über einen ewigen Ozean, bis er wieder dort war: in seinem Nest aus Stoff und Watte, Schläuchen und Nadeln, aus Flüssigkeiten und rotem Licht. Yosy war in dem Nest und das Nest war in Yosy. Er war in Einheit mit dem Nest. Er war so sehr eins, wie Yosy nie wieder danach EINHEIT mit ETWAS empfunden hatte. Es war ein Einssein, das wohltat, trotz des Zitterns - nein, wegen des Zitterns: Er zitterte trotz der Wärme, in der er lag, in der er 13 Wochen gelegen hatte, nichts wissend von dem Kampf, den man wohl um ihn geführt hatte. Er zitterte.
Vor dem Beginn seiner Kindheit hatte er unentwegt gezittert. Das Zittern hatte ihn erschaffen. Erst die damit verbundenen Reibungen und Stöße hatten Haut und Fleisch und die darin versenkten Kabel und Kanäle sowie die von seinen flüssigen und festen Ausscheidungen getränkten Windeln zu ETWAS gemacht. Das Zittern widerstand der elenden Schwere, es war das Einzige, was nicht schwer war. Das