Winnetou Band 1. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Серия: Winnetou
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742772329
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erlegen; ich habe es auch schon getan; aber

       jetzt gehören wir nicht dazu und werden uns hüten, uns mit dieser schweren Haut zu schleppen.«

       Wir brachen auf und kamen, obgleich wir laufen mußten, schon nach einer halben Stunde im Lager an,

       denn weiter war dieses nicht von dem Tale entfernt, in welchem ich meinen ersten oder vielmehr meine

       zwei ersten Büffel erlegt hatte.

       Daß wir zu Fuße kamen und Sams Pferd nicht mitbrachten, erregte Aufsehen. Wir wurden nach der

       Ursache gefragt.

       »Haben Büffel gejagt, und mein Pferd ist dabei von einem Bullen aufgeschlitzt worden,« antwortete Sam

       Hawkens.

       »Büffel gejagt, Büffel, Büffel, Büffel!« erklang es aus aller Mund. »Wo denn, wo?«

       »Eine kleine halbe Stunde von hier. Haben uns die Lende mitgebracht; könnt euch das übrige holen.«

       »Das werden wir; ja, das werden wir,« rief Rattler, welcher so tat, als ob zwischen ihm und mir nichts

       vorgefallen sei. »Wo ist der Ort?«

       »Reitet auf unserer Fährte zurück, so werdet ihr ihn finden; habt ja Augen genug, wenn ich mich nicht

       irre.«

       »Wieviel Stück sind es denn gewesen?«

       »Zwanzig.«

       »Und wieviel habt ihr denn erlegt?«

       »Eine Kuh.«

       »Bloß? Wo sind die andern hin?«

       »Fort. Könnt sie euch suchen. Habe mich nicht darum gekümmert, wohin sie spazieren wollten, und sie

       auch nicht danach gefragt, hihihihi!«

       »Aber bloß eine Kuh! Zwei Jäger und von zwanzig Büffels nur einen zu schießen!« meinte Einer in

       geringschätzigem Tone.

       »Macht es besser, wenn Ihr könnt, Sir! Ihr hättet sie wahrscheinlich alle zwanzig erlegt und auch noch

       einige mehr. Ihr werdet übrigens, wenn Ihr hinkommt, noch zwei alte, zwanzigjährige Bullen sehen, auf

       welche hier dieser junge Gentleman geschossen hat.«

       »Bullen, alte Bullen!« rief es rundum. »Auf zwanzigjährige Bullen zu schießen, welch ein Greenhorn

       gehört dazu, eine solche Dummheit zu begehen!«

       »Lacht ihn meinetwegen aus, Mesch'schurs; aber seht euch die Bullen nachher an! Ich sage euch, daß er

       mir dadurch das Leben gerettet hat.«

       »Das Leben? Wieso?«

       Sie waren begierig, das Abenteuer erzählt zu bekommen; er aber wies sie zurück:

       »Habe keine Lust, darüber jetzt zu reden. Laßt es euch von ihm selbst erzählen, wenn ihr es für klug

       haltet, euch das Fleisch erst dann zu holen, wenn es dunkel geworden ist.«

       Er hatte recht. Die Sonne hatte sich geneigt, und in kurzer Zeit mußte es Abend werden. Da sie sich

       übrigens sagen konnten, daß ich erst recht keine Lust haben würde, den Erzähler zu machen, so stiegen

       sie auf ihre Pferde und ritten alle fort. Ich sage, alle, denn keiner wollte zurückbleiben. Sie trauten

       einander nicht. Bei anständigen Jägern und da, wo ein freundschaftliches Verhältnis vorliegt, gehört jedes

       Wild, welches von einem Mitgliede erlegt wird, den Andern auch; dieser Gemeinsinn war aber bei diesen

       Leuten nicht vorhanden. Als sie zurückkamen, hörte ich dann auch, daß sie sich wie Wilde auf die Kuh

       geworfen hatten, und jeder war unter Zanken und Fluchen bemüht gewesen, sich mit dem Messer ein

       möglichst großes und gutes Fleischstück herunterzureißen.

       Als sie fort waren, luden wir die Lende und den Sattel von meinem Pferde und ich führte dieses zur Seite,

       um es abzuzäumen und dann anzupflocken. Ich nahm mir dabei Zeit, wodurch Sam Gelegenheit fand,

       unser Abenteuer Parker und Stone zu erzählen. Sie standen so, daß das Zelt zwischen ihnen und mir lag

       und sie mich also nicht sahen, als ich mich ihnen wieder näherte. Schon war ich beinahe an das Zelt

       gekommen, da hörte ich Sam sagen:

       »Könnt mir's glauben; es ist so, wie ich sage: Nimmt der Kerl grad den größten und stärksten Bullen an

       und schießt ihn nieder wie ein alter, erfahrener Büffeljäger! Hab' freilich getan, als ob ich es für

       Leichtsinn hielte, und habe ihn gehörig ausgescholten; aber ich weiß, woran ich mit ihm bin.«

       »Ich auch,« stimmte Stone bei. »Es wird ein tüchtiger Westmann aus ihm werden.«

       »Und zwar sehr bald,« hörte ich Parker sagen.

       »Yes,« bestätigte Hawkens. »Wißt ihr, Gents, er ist dazu geboren, wahrhaftig und ganz regelrecht dazu

       geboren. Und dabei die Körperkraft! Hat er nicht gestern unsern schweren Ochsenwagen fortgezogen,

       ganz allein und ohne daß ihm dabei jemand geholfen hat? Wo der hinhaut, da wächst jahrelang kein Gras.

       Aber, wollt ihr mir eins versprechen?«

       »Was?« fragte Parker.

       »Laßt's ihn nicht wissen, wie wir von ihm denken.«

       »Warum nicht?«

       »Weil es ihm in den Kopf steigen könnte.«

       »O nein!«

       »O doch! Er ist ein ganz bescheidener Kerl und gar nicht zum Hochmut angelegt; aber es ist stets ein

       Fehler, wenn man einen Menschen lobt; man kann den besten Charakter damit verderben. Könnt ihn also

       getrost Greenhorn nennen; er ist ja auch wirklich eins, denn wenn er auch alle Eigenschaften besitzt,

       welche ein tüchtiger Westmann haben muß, so sind sie doch noch nicht ausgebildet, und er muß noch viel

       erfahren und sich noch viel üben.«

       »Hast du dich denn dafür bedankt, daß er dir das Leben gerettet hat?«

       »Ist mir nicht eingefallen!«

       »Nicht? Was muß er da von dir denken!«

       »Ist mir ganz egal, was er von mir denkt, vollständig egal, wenn ich mich nicht irre. Natürlich hält er

       mich für einen unverständigen und undankbaren Halunken; aber das ist Nebensache; die Hauptsache ist,

       daß er sich nicht überhebt, sondern so bleibt, wie er ist. Hätte ihn freilich am liebsten umarmen und

       küssen mögen.«

       »Fi!« rief Stone aus. »Dich küssen! Das Umärmeln könnte man noch riskieren, aber küssen, nein!«

       »So? Etwa nicht? Warum?« fragte Sam.

       »Warum? Hast du denn noch nicht einen Spiegel in der Hand gehabt oder in einem klaren Wasser dein

       holdes Konterfei gesehen? Dieses Gesicht, dieser Bart und diese Nase! Mensch, wer auf den unsinnigen

       Gedanken kommen könnte, seine Lippen dahin zu plazieren, wo man die deinigen zu suchen hat, der hat

       entweder den Sonnenstich oder der Verstand ist ihm eingefroren.«

       »So! Ah! Hm! Das klingt ja recht freundschaftlich von dir. Bin also ein häßlicher Kerl! Wofür hältst du

       denn dich? Etwa für einen schönen Menschen? Das laß dir ja nicht einfallen! Ich gebe dir mein Wort,

       wenn wir beide uns an einer Schönheitskonkurrenz beteiligen wollten, so würde ich den ersten Preis