Winnetou Band 1. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Серия: Winnetou
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742772329
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eine Kugel in den Kopf! Denkt meinetwegen von den Greenhorns im

       allgemeinen, was und wie ihr wollt; von den deutschen Greenhorns aber will ich euch beweisen, daß ein

       einziges es recht gut mit zwölf solchen Westmännern aufnimmt, wie ihr seid!«

       Da stellte sich Sam Hawkens an meine Seite und sagte:

       »Und ich, Sam Hawkens, will euch auch warnen, wenn ich mich nicht irre. Dieses junge, deutsche

       Greenhorn steht unter meinem ganz besondern Schutze. Wer es wagen sollte, ihm nur ein Haar zu

       krümmen, dem schieße ich sofort ein Loch durch die Gestalt. Ist mein voller Ernst; könnt es euch merken,

       hihihihi!«

       Dick Stone und Will Parker hielten es für angezeigt, sich auch neben mir aufzupflanzen, um anzudeuten,

       daß sie ganz der Meinung von Sam Hawkens seien. Das imponierte den Gegnern. Diese wendeten sich

       von mir ab, murmelten unterdrückte Flüche und Drohungen in die Bärte und beschäftigten sich dann

       angelegentlich mit den beiden Gefallenen, um sie zum Bewußtsein zurückzubringen.

       Bancroft hielt es für das Klügste, nach dem Zelte zu gehen und in demselben zu verschwinden. White

       hatte mit großen, verwunderten Augen auf mich geblickt. Jetzt schüttelte er den Kopf und sagte im Tone

       ungekünstelten Erstaunens:

       »Aber, Sir, das ist ja fürchterlich! In Eure Finger möchte ich auf keinen Fall geraten. Man sollte Euch

       wahrhaftig Shatterhand nennen, weil Ihr einen baumlangen und baumstarken Menschen mit einem

       einzigen Fausthiebe niederschmettert. So etwas habe ich noch nie gesehen.«

       Dieser Vorschlag schien dem kleinen Hawkens zu gefallen. Er kicherte fröhlich:

       »Shatterhand, hihihihi! Ein Greenhorn, und schon einen Kriegsnamen, und nun gar einen solchen! Ja,

       wenn Sam Hawkens seine Augen auf ein Greenhorn wirft, so kommt etwas dabei heraus, wenn ich mich

       nicht irre. Shatterhand, Old Shatterhand! Ganz ähnlich wie Old Firehand, der auch ein Westmann ist,

       stark wie ein Bär. Was sagt ihr dazu, Dick, Will, zu diesem Namen?«

       Ich bekam nicht zu hören, was sie antworteten, denn ich hatte meine Aufmerksamkeit auf White zu

       richten, welcher, meine Hand ergreifend und mich beiseite führend, sagte:

       »Ihr gefallt mir außerordentlich, Sir. Habt Ihr keine Lust, mit mir zu gehen?«

       »Lust oder nicht, Mr.White, ich darf nicht.«

       »Warum?«

       »Weil meine Pflicht mich hier bindet.«

       »Pshaw! Ich verantworte es.«

       »Das nutzt mir nichts, wenn ich es nicht selbst verantworten kann. Ich bin hierher geschickt worden, um

       diese Sektion vermessen zu helfen, und darf nicht fort, weil wir noch nicht fertig sind.«

       »Bancroft wird es mit den drei Andern fertig machen.«

       »Ja, aber wann und wie! Nein, ich muß bleiben.«

       »Aber bedenkt, daß dies gefährlich für Euch ist!«

       »Warum?«

       »Das fragt Ihr noch? Ihr müßt doch einsehen, daß Ihr Euch diese Leute spinnefeind gemacht habt.«

       »Ich nicht. Ich habe ihnen nichts getan.«

       »Das ist wahr, oder vielmehr es war bis vorhin wahr. Nun Ihr aber zwei von ihnen niedergeworfen habt,

       ist es aus zwischen Euch und ihnen.«

       »Mag sein; ich fürchte mich nicht vor ihnen. Und grad diese beiden Fausthiebe haben mich in Respekt

       gesetzt; es wird sich nicht gleich jemand an mich wagen. Uebrigens stehen mir Hawkens, Stone und

       Parker zur Seite.«

       »Wie Ihr wollt. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich, doch oft auch seine Hölle. Ich hätte Euch

       gebrauchen können. Aber wenigstens ein Stück zurückbegleiten werdet Ihr mich doch?«

       »Wann?«

       »Jetzt.«

       »Ihr wollt gleich aufbrechen, Mr. White?«

       »Ja, ich habe die Verhältnisse hier so gefunden, daß es mich nicht gelüsten kann, länger, als notwendig

       ist, hier zu bleiben.«

       »Aber etwas essen müßt Ihr doch, ehe Ihr aufbrecht, Sir?«

       »Ist nicht nötig. Wir haben in unsern Satteltaschen, was wir brauchen.«

       »Wollt Ihr Euch nicht von Bancroft verabschieden?«

       »Habe keine Lust dazu.«

       »Aber Ihr seid doch wohl gekommen, um Geschäftliches mit ihm zu besprechen!«

       »Allerdings. Doch kann ich Euch das auch sagen. Bei Euch findet es sogar besseres Verständnis als bei

       ihm. Vor allen Dingen wollte ich ihn vor den Roten warnen.«

       »Habt Ihr welche gesehen?«

       »Nicht direkt, sondern nur ihre Fährten. Es ist jetzt die Zeit, in welcher die wilden Mustangs und Büffel

       südwärts ziehen; da verlassen die Roten ihre Dörfer, um zu jagen und Fleisch zu machen. Die Kiowas

       sind nicht zu fürchten, denn mit ihnen haben wir uns wegen der Bahn geeinigt; die Komanchen und

       Apachen aber wissen noch nichts davon, und so dürfen wir uns vor ihnen ja nicht sehen lassen. Was mich

       betrifft, so bin ich mit meiner Sektion fertig und verlasse diese Gegend. Macht, daß Ihr auch zu Ende

       kommt! Der hiesige Boden wird von Tag zu Tag gefährlicher für Euch. Sattelt jetzt Euer Pferd und fragt

       Sam Hawkens, ob er Lust hat, mitzukommen.«

       Natürlich hatte Sam Lust.

       Eigentlich hatte ich heut arbeiten wollen; aber es war Sonntag, der Tag des Herrn, an welchem jeder

       Christ, selbst wenn er sich in der Wildnis befindet, sich sammeln und mit seinen geistlichen Pflichten

       beschäftigen soll. Dazu hatte ich wohl einmal einen Ruhetag verdient. Ich ging also zu Bancroft in das

       Zelt und sagte ihm, daß ich heut nicht arbeiten, sondern White mit Sam Hawkens ein Stück begleiten

       würde.

       »Geht in des Teufels Namen, und laßt euch von ihm die Hälse brechen!« antwortete er, und ich dachte

       nicht, daß dieser rohe Wunsch in kurzer Zeit beinahe in Erfüllung gehen würde.

       Ich war seit einigen Tagen nicht in den Sattel gekommen, und mein Rotschimmel wieherte freudig auf,

       als ich ihm das Zeug auflegte. Er hatte sich als ein vortreffliches Pferd bewährt, und ich freute mich schon

       im voraus darauf, dies meinem alten »Gunsmith« Henry sagen zu dürfen.

       Wir ritten munter in den schönen Herbstmorgen hinein, sprachen über das geplante, großartige

       Bahnunternehmen und über alles, was uns auf dem Herzen lag. White gab mir die nötigen Winke, welche

       sich auf den Anschluß an seine Sektion bezogen, und zu Mittag machten wir an einem Wasser Halt, um

       ein frugales Mahl zu genießen. Dann ritt White mit seinem Scout weiter, und wir blieben noch ein

       Weilchen liegen, um uns über religiöse Dinge zu unterhalten.

       Hawkens war nämlich ein frommer Mensch, wenn er dies auch gegen Andere nicht zutage treten ließ.

       Kurz, bevor wir aufbrachen, um zurückzukehren, bückte ich mich zum Wasser nieder, um mit der