allgemeinen, was und wie ihr wollt; von den deutschen Greenhorns aber will ich euch beweisen, daß ein
einziges es recht gut mit zwölf solchen Westmännern aufnimmt, wie ihr seid!«
Da stellte sich Sam Hawkens an meine Seite und sagte:
»Und ich, Sam Hawkens, will euch auch warnen, wenn ich mich nicht irre. Dieses junge, deutsche
Greenhorn steht unter meinem ganz besondern Schutze. Wer es wagen sollte, ihm nur ein Haar zu
krümmen, dem schieße ich sofort ein Loch durch die Gestalt. Ist mein voller Ernst; könnt es euch merken,
hihihihi!«
Dick Stone und Will Parker hielten es für angezeigt, sich auch neben mir aufzupflanzen, um anzudeuten,
daß sie ganz der Meinung von Sam Hawkens seien. Das imponierte den Gegnern. Diese wendeten sich
von mir ab, murmelten unterdrückte Flüche und Drohungen in die Bärte und beschäftigten sich dann
angelegentlich mit den beiden Gefallenen, um sie zum Bewußtsein zurückzubringen.
Bancroft hielt es für das Klügste, nach dem Zelte zu gehen und in demselben zu verschwinden. White
hatte mit großen, verwunderten Augen auf mich geblickt. Jetzt schüttelte er den Kopf und sagte im Tone
ungekünstelten Erstaunens:
»Aber, Sir, das ist ja fürchterlich! In Eure Finger möchte ich auf keinen Fall geraten. Man sollte Euch
wahrhaftig Shatterhand nennen, weil Ihr einen baumlangen und baumstarken Menschen mit einem
einzigen Fausthiebe niederschmettert. So etwas habe ich noch nie gesehen.«
Dieser Vorschlag schien dem kleinen Hawkens zu gefallen. Er kicherte fröhlich:
»Shatterhand, hihihihi! Ein Greenhorn, und schon einen Kriegsnamen, und nun gar einen solchen! Ja,
wenn Sam Hawkens seine Augen auf ein Greenhorn wirft, so kommt etwas dabei heraus, wenn ich mich
nicht irre. Shatterhand, Old Shatterhand! Ganz ähnlich wie Old Firehand, der auch ein Westmann ist,
stark wie ein Bär. Was sagt ihr dazu, Dick, Will, zu diesem Namen?«
Ich bekam nicht zu hören, was sie antworteten, denn ich hatte meine Aufmerksamkeit auf White zu
richten, welcher, meine Hand ergreifend und mich beiseite führend, sagte:
»Ihr gefallt mir außerordentlich, Sir. Habt Ihr keine Lust, mit mir zu gehen?«
»Lust oder nicht, Mr.White, ich darf nicht.«
»Warum?«
»Weil meine Pflicht mich hier bindet.«
»Pshaw! Ich verantworte es.«
»Das nutzt mir nichts, wenn ich es nicht selbst verantworten kann. Ich bin hierher geschickt worden, um
diese Sektion vermessen zu helfen, und darf nicht fort, weil wir noch nicht fertig sind.«
»Bancroft wird es mit den drei Andern fertig machen.«
»Ja, aber wann und wie! Nein, ich muß bleiben.«
»Aber bedenkt, daß dies gefährlich für Euch ist!«
»Warum?«
»Das fragt Ihr noch? Ihr müßt doch einsehen, daß Ihr Euch diese Leute spinnefeind gemacht habt.«
»Ich nicht. Ich habe ihnen nichts getan.«
»Das ist wahr, oder vielmehr es war bis vorhin wahr. Nun Ihr aber zwei von ihnen niedergeworfen habt,
ist es aus zwischen Euch und ihnen.«
»Mag sein; ich fürchte mich nicht vor ihnen. Und grad diese beiden Fausthiebe haben mich in Respekt
gesetzt; es wird sich nicht gleich jemand an mich wagen. Uebrigens stehen mir Hawkens, Stone und
Parker zur Seite.«
»Wie Ihr wollt. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich, doch oft auch seine Hölle. Ich hätte Euch
gebrauchen können. Aber wenigstens ein Stück zurückbegleiten werdet Ihr mich doch?«
»Wann?«
»Jetzt.«
»Ihr wollt gleich aufbrechen, Mr. White?«
»Ja, ich habe die Verhältnisse hier so gefunden, daß es mich nicht gelüsten kann, länger, als notwendig
ist, hier zu bleiben.«
»Aber etwas essen müßt Ihr doch, ehe Ihr aufbrecht, Sir?«
»Ist nicht nötig. Wir haben in unsern Satteltaschen, was wir brauchen.«
»Wollt Ihr Euch nicht von Bancroft verabschieden?«
»Habe keine Lust dazu.«
»Aber Ihr seid doch wohl gekommen, um Geschäftliches mit ihm zu besprechen!«
»Allerdings. Doch kann ich Euch das auch sagen. Bei Euch findet es sogar besseres Verständnis als bei
ihm. Vor allen Dingen wollte ich ihn vor den Roten warnen.«
»Habt Ihr welche gesehen?«
»Nicht direkt, sondern nur ihre Fährten. Es ist jetzt die Zeit, in welcher die wilden Mustangs und Büffel
südwärts ziehen; da verlassen die Roten ihre Dörfer, um zu jagen und Fleisch zu machen. Die Kiowas
sind nicht zu fürchten, denn mit ihnen haben wir uns wegen der Bahn geeinigt; die Komanchen und
Apachen aber wissen noch nichts davon, und so dürfen wir uns vor ihnen ja nicht sehen lassen. Was mich
betrifft, so bin ich mit meiner Sektion fertig und verlasse diese Gegend. Macht, daß Ihr auch zu Ende
kommt! Der hiesige Boden wird von Tag zu Tag gefährlicher für Euch. Sattelt jetzt Euer Pferd und fragt
Sam Hawkens, ob er Lust hat, mitzukommen.«
Natürlich hatte Sam Lust.
Eigentlich hatte ich heut arbeiten wollen; aber es war Sonntag, der Tag des Herrn, an welchem jeder
Christ, selbst wenn er sich in der Wildnis befindet, sich sammeln und mit seinen geistlichen Pflichten
beschäftigen soll. Dazu hatte ich wohl einmal einen Ruhetag verdient. Ich ging also zu Bancroft in das
Zelt und sagte ihm, daß ich heut nicht arbeiten, sondern White mit Sam Hawkens ein Stück begleiten
würde.
»Geht in des Teufels Namen, und laßt euch von ihm die Hälse brechen!« antwortete er, und ich dachte
nicht, daß dieser rohe Wunsch in kurzer Zeit beinahe in Erfüllung gehen würde.
Ich war seit einigen Tagen nicht in den Sattel gekommen, und mein Rotschimmel wieherte freudig auf,
als ich ihm das Zeug auflegte. Er hatte sich als ein vortreffliches Pferd bewährt, und ich freute mich schon
im voraus darauf, dies meinem alten »Gunsmith« Henry sagen zu dürfen.
Wir ritten munter in den schönen Herbstmorgen hinein, sprachen über das geplante, großartige
Bahnunternehmen und über alles, was uns auf dem Herzen lag. White gab mir die nötigen Winke, welche
sich auf den Anschluß an seine Sektion bezogen, und zu Mittag machten wir an einem Wasser Halt, um
ein frugales Mahl zu genießen. Dann ritt White mit seinem Scout weiter, und wir blieben noch ein
Weilchen liegen, um uns über religiöse Dinge zu unterhalten.
Hawkens war nämlich ein frommer Mensch, wenn er dies auch gegen Andere nicht zutage treten ließ.
Kurz, bevor wir aufbrachen, um zurückzukehren, bückte ich mich zum Wasser nieder, um mit der