Als wir das Haus erreichten, sagte mir eine junge Dame, dass der Mann, nach dem ich suchte, ihr Bruder sei und dass er im oberen Stockwerk krank im Bett läge. Ich bestand darauf, hinaufzugehen, und beim Betreten des Raumes fand ich einen jungen Mann ächzend im Bett liegen. Nach einem Gespräch, in dem er mir mitteilte, dass er sehr krank sei, hatte er meinen Argwohn erregt und mit einer plötzlichen Bewegung riss ich das Bettlaken fort und sah, dass er sich in Stiefeln und voller Bekleidung niedergelegt hatte. Ich ließ ihn aufstehen und wir gingen hinaus auf die Straße. Hier bat er mich, auf dem Bürgersteig zu warten, während er in eine Bierschenke gehen wollte, aber ich erinnerte ihn an meinen Befehl, den ich ihm bereits vorgelesen hatte, wobei ich den „tot oder lebendig"-Abschnitt betont hatte und so gingen wir weiter. Wir alle setzten uns auf den Stufen der Grace Church nieder und warteten auf einen Omnibus.
Er versuchte mich zu überzeugen, dass ich zuerst in den Omnibus einsteigen und ihn neben der Türe sitzen lassen solle, sodass die Leute ihn nicht für einen Gefangenen halten würden. Ich kehrte die Sache um, ließ ihn zuerst einsteigen und setzte mich auf einen Platz nahe der Tür. Als wir das Lager erreichten, übergab ich meinen Gefangenen der Wache. Dieses kleine Abenteuer sorgte für Gesprächsstoff beim Regiment und einige Männer sagten, sie hätten den Befehl, den Mann zu verhaften, nicht befolgt. Aber die meisten Männer sahen die Sache etwas soldatischer und erachteten es als richtig, Befehle zu befolgen.
16. Juni 1861 : Heute Morgen besuchte das Regiment den Gottesdienst in der Grace Church und Bischof Thomas M. Clark las die Predigt. Am Nachmittag versuchte ich, mir einen Passierschein zu besorgen, um nach Pawtuxet zu gehen, hatte aber keinen Erfolg. Der Hauptmann gab mir einen Passierschein, mit dem ich das Lager, nicht jedoch die Stadt verlassen konnte. Er befahl mir, meinen Gürtel und meine Patronentasche zu tragen, was ich nicht mochte, aber da ich es nicht wagte, einen Befehl zu missachten, behielt ich die Dinge an, während ich Abschiedsbesuche bei meinen Freunden machte. In der Nacht hatten wir eine Parade und das Lager war voll von den Freunden der Soldaten. Frederick Miller überreichte mir einen siebenschüssigen Smith & Wesson Revolver und ein Halfter, um ihn darin zu tragen. Alle Arten von nützlichen und dekorativen Dingen wurden uns von unseren Freunden überreicht. Ich hatte einen silbernen Löffel, ein Messer und eine Gabel sowie einen Tornister voll mit Sachen, die mir angeblich nützlich sein sollten.
Mittwoch, 19. Juni 1861 : Heute haben wir die Order erhalten, unsere Sachen zu packen und bereit zu sein, Rhode Island in Richtung Washington zu verlassen. Diese Arbeit ist neu für uns und das Abbauen der Zelte ging langsam vonstatten. Als es auf die Nacht zuging, legten wir unsere Tornister an und marschierten die High, die Westminster und die South Main Street hinab nach Fox Point, wo wir uns an Bord des Seitenraddampfers „State of Maine" begaben. Die Straßen waren mit Leuten verstopft und wir wurden unablässig beobachtet. Mein Tornister war schwer; tatsächlich war er dermaßen schwer, dass ich unter dem Gewicht kaum vorwärtstaumeln konnte. An der Werft hatte sich eine riesige Menge versammelt und wir bestiegen unseren Dampfer mit gemischten Gefühlen von Freude und Sorge. Nach dem Verlassen der Werft stellte ich mich mit Anderen für meine Rationen an. Ein Mann stand neben einem Behälter oder Fass und als ich vorbeiging, warf er in meinen Brotbeutel, den ich offen hinhielt, ein Stück gekochtes Corned Beef. Es stellte sich heraus, dass es vollständig aus Fett bestand, und da ich Fett nicht mochte, warf ich es über Bord und nahm ein Abendessen aus trockenem Brot ein. Der Oberst schickte uns früh zu Bett und so breitete ich meine Decke auf dem Boden des Schankraumes aus und legte mich zum Schlafen nieder. Es war uns nicht erlaubt Lärm zu veranstalten und bald war alles still.
Donnerstag, 20. Juni 1861 : Wir kamen heute Morgen in New York an und da ich New York erst einmal vorher besucht habe, genoss ich die Schifffahrt hin zur Stadt. Wir legten an einer Werft an und nach einer Pause von einigen Minuten dampften wir den Hafen hinab und gingen bei Elizabeth Port, New Jersey an Land. Hier fanden wir eine lange Reihe von Bahnwaggons vor und bald darauf hatten wir sie bestiegen und waren auf dem Weg nach Harrisburg, Pennsylvania. Den ganzen Tag lang krochen wir vorwärts oder warteten an Bahnhöfen auf andere Züge. Wir bewegten uns so langsam vorwärts, dass die Männer manchmal ausstiegen und nebenherliefen. Wir mussten im Zug schlafen und nachts dermaßen eingeengt zu sein war sehr ungemütlich. Als der Morgen dämmerte, gab die aufgehende Sonne den Blick frei auf eine Gruppe sehr erschöpfter Männer. Wir machten uns über den essbaren Inhalt unserer Brotbeutel her, aber es war nur noch wenig übrig.
21. Juni 1861 : Heute sind wir noch immer in den Waggons zwischen Harrisburg, Pennsylvania und Baltimore, Maryland unterwegs. Wir bewegen uns sehr langsam vorwärts und sind sehr interessiert an den Szenen, die sich vor den Fenstern abspielen. Die kleinen Städtchen und Siedlungen, die wir passieren, haben offenbar ihre gesamten Einwohner aufgeboten, die die Yankees anstarren, als seien wir wilde Tiere. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit wurde Munition an die Kompanien "C" und "D" ausgegeben. Wir erhielten jeweils drei Schuss, die in unsere Munitionstaschen gesteckt wurden. Da dies die erste scharfe Munition war, die ich jemals gesehen habe, untersuchte ich meine mit großem Interesse. Einige Zündhütchen wurden ebenfalls an jeden von uns ausgegeben. Man gab uns die Order, unsere Musketen nicht zu laden, bis wir den Befehl dazu erhalten und nicht zu feuern, ehe es unser Hauptmann nicht sagt. Unsere Musketen sind altmodische glattläufige Steinschlossflinten, die mit Perkussionsschlössern umgerüstet worden sind und eine Patrone enthält eine Rundkugel sowie drei grobe Schrotkugeln.
Wir erreichten Baltimore nach Einbruch der Dunkelheit und stiegen aus den Waggons aus, um durch die Stadt zum Washington-Bahnhof zu marschieren. Riesige Menschenmassen erwarteten uns am Bahnhof und die Straßen waren gesäumt von Leuten, die nach Jeff Davis schrien und uns rundheraus beleidigten. Aber wir sagten kein Wort und trotteten weiter. Gouverneur Sprague war bei uns und es wurden viele Fragen über ihn gestellt, aber wir erinnerten uns an unsere Befehle, mit niemandem zu sprechen und so nahmen wir keine Notiz von den Leuten und ihrem Gerede. Der Marsch brachte mich beinahe um, denn mein Tornister war so schwer, dass ich mich kaum bewegen konnte, aber die Angst vor den Leuten hinderte mich daran, aus der Reihe zu fallen und schließlich erreichten wir den Washington-Bahnhof. Hier bestiegen wir die Waggons und der Rest der Nacht wurde auf der Strecke zum nur 65 Kilometer entfernten Washington verbracht.
Samstag, 22. Juni 1861 : Hurra, wir sind in Washington; welch eine Stadt! Schlamm, Schweine, Gänse, Neger, Paläste und Baracken überall. Wir marschierten zu einem Platz namens Gales Woods, wo wir lagern werden und wir stellten unsere Waffen in Camp Sprague, dem Lager der 1. Rhode Island Milizabteilung, zusammen. Hier wurden wir von unseren Kameraden aus Rhode Island herzlich begrüßt und erhielten Frühstück. Ich nahm mein Frühstück im „Tigers` Retreat" ein, diesen Namen haben die Unterkünfte von Kompanie "A", auch die „Staatlichen Kadetten“ des Ersten Regiments genannt, erhalten.
Nach dem Frühstück begaben wir uns in den Wald und schlugen unsere Zelte auf. Unser Lager ist „Camp Clark" getauft worden, zu Ehren von Ordinarius Thomas M. Clark aus Rhode Island. Von nun an stehen uns wohl das richtige Soldatenleben und die entsprechende Arbeit bevor.
Sonntag, 23. Juni 1861 : Unser erster Sonntag fern von unserem Zuhause, und es war ein wunderlicher Tag für mich. Um 11.00 Uhr schloss sich unser Regiment mit dem Ersten Regiment zum Gottesdienst zusammen. Die Szene wirkte feierlich und beeindruckend auf mich. Unser Geistlicher, Pfarrer Thorndike C. Jameson, las eine schöne Predigt.
Das Lager ist den ganzen Tag über voll von Besuchern und es geht lebhaft zu. Es ist nicht wie ein Sonntag in Rhode Island, aber trotzdem haben wir versucht, den Tag heilig zu halten und uns der Tatsache zu entsinnen, dass Gott noch immer unser Herr ist.
Montag, 24. Juni 1861 : Heute putzten wir uns heraus und marschierten nach Washington, wo wir vom Präsidenten besichtigt wurden. Als wir das Weiße Haus passierten, sah ich zum ersten Mal Abraham Lincoln. Er sieht aus wie ein