Die Begegnung. Ralf Wider. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ralf Wider
Издательство: Bookwire
Серия: Ferry Blacks Abenteuer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742764850
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den dunklen Raum geführt, wo wir betäubt wurden. Sie sagt, das war nötig, um uns zu schützen." Er warf der Königin einen Blick zu, der klar machte, dass er nicht dieser Meinung war.

      "Betäubt? Wie?", fragte Ferry dazwischen. Das mit dem zweiten Tor hatte Fala ihm ja bereits erzählt.

      "Stunner.", antwortete Dan. "Eine Art Energieimpuls, der flächig auf den Körper trifft und auf die Nerven wirkt. Die totale Überreizung des Nervensystems führt zu einer notfallmässigen Schnellabschaltung des zentralen Nervensystems. Total Blackout im Bruchteil einer Sekunde. Fala sagt, dass es nicht gefährlich ist und keine bleibenden Schäden zurücklässt. Man fühlt sich danach einfach, als ob man von einer Abrissbirne getroffen worden sei." Ferry nickte. Genau so hatte er sich gefühlt, als er zum ersten Mal aufgewacht war.

      "Als sie uns betäubt hatten, haben sie uns in diese kleinen, grauen Einzelzellen gesperrt und gefesselt. Wir haben natürlich alle getobt und geschrien und Fala hat uns versucht zu beruhigen, doch es war einfach nicht verständlich, was sie sagte! Daraufhin wurden wir wieder betäubt und als wir aufgewacht sind, brummte der Schädel, doch wir waren nicht mehr fixiert.", fuhr Jane mit der Erzählung fort.

      "Wir waren nun alle in einem grossen Raum, einem Massen-Schlafsaal, alle ausser dir.", ergänzte Youssef. "Wir haben uns natürlich Sorgen gemacht, vor allem Laura. Wir hatten alle Hände voll damit zu tun, dass sie nicht durchgedreht ist…"

      An Ferrys Seite gab Laura einen grunzenden Laut von sich, der nicht sehr freundlich klang.

      "Zum Glück ist Fala gekommen um uns mitzuteilen, dass es dir gut geht. Wir waren im ersten Moment total baff, dass wir sie plötzlich so gut verstehen konnten. Laura wollte sich schon auf sie stürzen, doch wir konnten sie zurückhalten. Fala hat sich dafür entschuldigt, dass wir vorübergehend eingesperrt worden waren, doch sie erklärte uns, wie es dazu gekommen war. Sie hat uns auch unsere Waffen zurückgegeben. Das hat uns überzeugt, dass sie es ernst meint." Carla schien ganz aufgeregt und unterstrich ihre Worte mit ausladenden Gesten.

      Ferry schaute sich in der Runde um. Ja, alle hatten sie ihre Waffen am Gurt hängen. Er hatte seine jedoch nicht bekommen. Fragend schaute er zu der Königin. Diese schien wieder dunkelgrüne Bäckchen zu bekommen.

      "Nach einem Eingriff muss erst abgewartet werden, ob es unerwünschte Nebeneffekte gibt…", erklärte sie verlegen. "Der Arzt sagt, dass es zu Kurzschlüssen im Nervensystem kommen kann, doch das ist ganz selten. Er muss dich erst untersuchen, bevor wir dir die Waffe zurückgeben können."

      Na toll, dachte Ferry, Kurzschluss im Hirn! Das waren ja schöne Aussichten. Er bedachte Annunfala mit einem säuerlichen Blick. Das Grün auf ihren Wangen vertiefte sich.

      "Zu ihrem Glück hat sie das nicht früher erwähnt…", raunte Laura. "Sie hat mir nur gesagt, dass es dir gut geht und du ein bisschen Ruhe brauchst. Sie hat mich sogar zu dir gelassen, damit ich mich selbst davon überzeugen konnte, wie es um dich steht. Sie hatten dich in ein künstliches Koma versetzt. Ich fand, es sah überhaupt nicht gut aus!", fuhr sie fort. "Ich bin fast durchgedreht." Ferry machte ein betrübtes Gesicht. Er konnte in Lauras Stimme hören, wie besorgt sie war. "Bist du sicher, dass es dir gut geht?", hakte sie nach.

      "Ja, alles prima. Bis jetzt scheint es noch keine Funken zu schlagen da drin." Er tippte sich an den Kopf und lächelte sie aufmunternd an. Er hoffte, dass es auch so bleiben würde.

      "Und was habt ihr die ganze Zeit gemacht? Was hat es auf sich mit dem zweiten Tor?", wandte sich Ferry an die Gruppe.

      "Wir haben Tee getrunken, bunte Würfel gegessen und die Aussicht genossen.", sagte Paris mit einem bissigen Unterton. "De facto sind wir immer noch Gefangene. Sie lassen uns nicht raus." Er schaute die Königin unverwandt an. "Wir wüssten auch gerne, was es mit dem zweiten Tor auf sich hat! War es nun ein Angriff oder nicht? Wer ist durch das Tor gekommen?" Er war ruhig geblieben, doch die Mitglieder des Corps kannten diesen Ton von Paris. Er wollte Antworten und würde sich nicht mit Ausflüchten zufrieden geben.

      "Ihr seid zu eurem eigenen Schutz in diesem Raum. Die Stimmung bei der Truppe hat sich nicht wesentlich verbessert. Wir müssen zuerst die Gefangene befragen. Doch sie weigert sich, mit uns zu sprechen.", führte Annunfala aus.

      "Gefangene? Eine Frau?", blaffte Judy heraus.

      Fala legte den Kopf in ihre schräge Denker-Lage. Nach einer kurzen Weile antwortete sie zögernd.

      "Ja, eine Königin. Ein weiblicher Anders-Mensch." Da sich die Grauen selbst als Menschen bezeichneten, war mit Anders-Mensch ein Mensch aus P0 gemeint. Königin war gleichbedeutend mit Frau in der Kultur der Grauen, doch es klang irgendwie seltsam, fand Ferry. Er konnte das überraschte Staunen in den Gesichtern seiner Freunde sehen.

      "Eine Frau? Eine Menschen-Frau?", hakte Judy nach. "So wie wir?" Sie zeigte auf sich, Laura, Jane und Carla. Sie schien es nicht fassen zu können.

      "Nein, nicht wie ihr. Ihr tragt das Zeichen von Tor-Wächtern. Sie trägt das Zeichen einer Königin. Aber sie sieht ähnlich aus wie ihr. Nur ihre Uniform ist anders. Sie ist über und über mit dem Zeichen der Königin geschmückt."

      Gleichzeitig begannen alle zu sprechen und zu tuscheln. Eine Frau! Ein Mensch aus P0! Wer konnte das sein? Was wollte sie hier? Was war das Zeichen einer Königin? Paris vermutete, dass es vielleicht Master Monica sein könnte, auch wenn er nicht wusste, was sie hier wollte. Ferry schüttelte den Kopf. Er hob die Hand und bat um Ruhe.

      "Es kann nicht Monica sein.", sagte er. "Es war eine CERN-Toilette, die gelandet ist!" Die anderen waren sprachlos und gafften Ferry an, als ob er gerade verkündet hätte, dass Kühe fliegen können. Er holte zur Erklärung aus.

      "Ich hab sie gesehen, kurz bevor sich die Tür schloss und es dunkel wurde. Es war eindeutig eine CERN-Türe!" Wieder brach Gemurmel aus. Jemand aus dem CERN? Was war hier los? Wer konnte das sein?

      "Annunfala: wie sieht denn das Zeichen der Königin aus?", erhob Ferry seine Stimme. Er hatte eine ganz schlimme Vorahnung.

      Die Königin streichelte mit einer Hand über den Unterarm. Auf der unsichtbaren Uniform erschien ein goldenes Zeichen. Es war ein Kringel, eigentlich ein Gebilde aus drei Kringeln, drei wellenförmige Spiralen, die sich auszurollen schienen. Es sah ein wenig aus, wie ein sich entrollender Farnstrauch. Ferry stöhnte laut auf und zog damit die Blicke aller auf sich. Er wusste jetzt, wer die Gefangene war.

      "Was ist?", fragte Paris scharf und Laura drückte mit besorgter Miene seinen Arm.

      "Malin. Das ist Malin, ganz sicher. Nur sie trägt eine Uniform voller Kringel…", stöhnte Ferry. "Was zum Teufel macht sie hier?"

      "Das Bio-Eichhörnchen?", fragte Dan verblüfft. Wegen ihrer grossen, dunklen Augen, dem hüpfenden Pferdeschwanz und ihrem fröhlichen Wesen hatte sie diesen Spitznamen bekommen. Ferry zog eine Grimasse.

      "Chef-Anthropologin.", korrigierte er seinen Kollegen automatisch. Ferry war der einzige Kampfpilot, der nicht alle Mitglieder der wissenschaftlichen Abteilung gleich als Nerds abstempelte. Er war es sich gewohnt, seine Freunde vom CERN in Schutz zu nehmen. Doch er nickte geistesabwesend. Ja, das musste das Bio-Eichhörnchen sein.

      Er stand auf und wandte sich an die Königin.

      "Annunfala. Die Gefangene ist eine Freundin von uns. Ihr Name ist Malin. Wir wissen nicht, was sie hier macht, aber ich versichere dir, dass sie ungefährlich ist. Sie ist total harmlos! Sie ist Wissenschaftlerin, keine Kampfpilotin. Sie hat nicht einmal eine Waffe! Bring mich zu ihr, dann werden wir herausfinden, warum sie hier ist!" Der Rest der Crew nickte bestätigend zu seinen Worten. Malin war herzensgut und lieb. Sie konnte keiner Fliege etwas zuleide tun.

      Die Königin hatte wieder ihren Kopf zur Seite gelegt und blinzelte.

      "Sie hatte keine Waffe, das stimmt. Aber Blut! Sie hatte Menschenblut dabei! Unser Blut! Das Blut einer Königin!", fauchte sie. Ferry wurde bleich. Er hatte Annunfala noch nie so aufgebracht gesehen. "Woher hat sie das Blut einer Königin? Die Pch-Nun haben alles Blut gestohlen! Sie kollaboriert mit den Pch-Nun!" Fala war ebenfalls aufgestanden und ruderte wild mit den Armen, die Hände zu Fäusten geballt.

      Ferry schluckte trocken.