„Lass uns doch wenigstens noch eine Stunde bleiben“, bat sie, „So eine tolle Atmosphäre finden wir so schnell nicht wieder!“
„Da muss ich dir zustimmen. Aber ich breche nicht gern mein Wort.“
Steffi fühlte Birgits Blick. Spontan nahm die Freundin sie in den Arm.
„Ist schon okay“, flüsterte sie, „Du musst nicht mit ihm streiten.“
„Ich würde wirklich lieber hier bleiben.“
Als sie aufschaute, blickte sie genau in Hennos blaue Augen. Das machte sie noch wütender auf Volker, aber sie versuchte vernünftig zu sein. Deshalb machte sie sich los und sagte so ruhig wie möglich:
„Es war ein toller Start. Beim nächsten Mal sind wir bestimmt bis zum Ende dabei.“
Gemeinsam verließen sie die Scheune und stellten fest, dass schon verschiedene Lagerfeuer entzündet worden waren, was der Landschaft am See einen sehr romantischen Anflug gab.
Olaf drückte Ella an sich: „Das könnte mein nächstes Motiv sein.“
Nach einem herzlichen Abschied eilte Volker mit Steffi im Schlepptau zu seinem Auto.
„Ich wäre wirklich gerne noch geblieben“, brummte Steffi. „Ich hoffe, dass wir das beim nächsten Mal auch hinkriegen!“
„Ja, ja“, versetzte Volker. „Jetzt freu dich auf unsere Freunde. Die warten schon auf uns!“
„Birgit und Henno sind doch auch unsere Freunde!“
Volker startete das Auto und fuhr an.
„Also ganz ehrlich“, meinte er nach einer Weile, „Wenn ich nicht wüsste, dass er mit Birgit zusammen ist, könnte ich eifersüchtig werden.“
„Das ist doch albern. Ich bin ja auch nicht auf Petra eifersüchtig.“
Er schaute sie von der Seite her an.
„Dazu hast du auch keinen Grund. Aber willst du jetzt streiten?“
Verstimmt hielt sie den Mund und presste die Lippen zusammen. Plötzlich packte er ihre Hand und drückte einen Kuss darauf.
„Nicht böse sein. Ich habe doch nur Spaß gemacht. Komm, jetzt lass uns auch den Rest des Abends genießen!“
Kapitel 15
Dieses Semester wurde für Steffi zu einer sozialen Gradwanderung. Sie hätte ihre Freizeit gerne öfter mit Birgit und ihren neuen Freunden verbracht, aber Volker bestand auf das Zusammensein mit der Clique. Mit der Zeit ließ Birgit sich überreden, ab und zu mit in die Studiosusklause zu gehen. Aber die unbeschwerte und fröhliche Stimmung ließ sich nicht mehr heraufbeschwören und wenn Babs da war, wurde es sogar eisig.
Zweimal lud Babs zu sich ein, Steffi und Volker waren jedes Mal dabei, aber Birgit wurde ausgelassen.
Umso kostbarer waren ihr die seltenen Abende, die sie allein mit Birgit in ihrem Zimmer verbrachte, wo sie sich austauschten wie früher. Einmal bemerkte Birgit:
„Henno findet es lästig, dass er in meinem Freundeskreis – oder sollte ich eher ehemaligem Freundeskreis sagen? - so ausgeschlossen ist. Er ist sich keines Fehlers bewusst. Wäre es nicht möglich, dass wenigstens du und Volker auch mal was mit uns macht?“
Steffi schaute verlegen in ihr Glas.
„Volker ist da ganz eigen“, meinte sie nach einer Weile. „Er versteht sich so gut mit der Clique, vor allem mit Konrad, und dieser Kontakt ist ihm ungeheuer wichtig.“
„Dafür habe ich durchaus Verständnis, aber ihr seid ja nicht mit dieser Gruppe verheiratet. Du bist übrigens auch nicht mit Volker verheiratet. Du solltest mal ein ernstes Wort mit ihm reden. Er kann dir nicht vorschreiben, mit wem du zusammen sein darfst. Oder ist unsere Freundschaft dir inzwischen gleichgültig?“
Steffi fühlte sich plötzlich unwohl. Birgit hatte Recht, sie ließ sich zu viel von Volker vorschreiben, was ihre gemeinsame Zeit anbelangte. Dabei konnte sie sich gar nicht mehr erinnern, wann das angefangen hatte, aber inzwischen ließ sie zu, dass er die Pläne machte und sie sich anschloss. Irgendwo tief in ihr saß eine Angst vor Auseinandersetzungen, doch diese führte sie in eine Abhängigkeit, die sie früher schon gegenüber ihrer Mutter empfunden hatte. Jetzt hatte Volker ganz schleichend diese Rolle übernommen. Entschlossen setzte sie sich auf.
„Ich werde mit Volker reden. Wenn ihm etwas an mir liegt, muss er auch unsere Freundschaft akzeptieren!“
„Verstehe mich bitte nicht falsch. Wir wollen keineswegs ständig mit euch zusammen glucken, aber ich halte es schon für wichtig, dass unsere Partner sich einigermaßen verstehen. Sonst werden wir uns nämlich auf Dauer auch auseinanderleben.“
„Mmh“, brummte Steffi und nahm sich vor, gleich beim nächsten Zusammensein mit Volker für Klarheit zu sorgen. Hätte sie doch nur ein bisschen mehr von Birgits Selbstbewusstsein! Die schob nie etwas auf die lange Bank und sagte stets sofort, wenn ihr etwas nicht passte.
Zwar brachte sie sich dadurch auch ab und zu in Schwierigkeiten, doch sie kam meist zu ihrem Recht. Sie dagegen war des Öfteren von Selbstzweifeln geplagt.
„Ich habe einen Vorschlag“, fuhr Birgit jetzt fort. „Nächste Woche ist Uni-Ball. Wir könnten doch gemeinsam dort hin gehen.“
„Gleich morgen, wenn er kommt, werde ich das regeln“, versprach Steffi.
Als Volker am nächsten Abend kam, nahm er sie wie immer fest in die Arme und drückte ihr den obligatorischen Kuss auf den Mund.
„Ich habe grad Konrad getroffen. Die treffen sich bei dem tollen Wetter gleich auf dem Waldgrillplatz. Da sollten wir auch hinkommen.“
Steffi machte sich los und setzte sich erst einmal auf ihren Schreibtischstuhl.
„Ich muss mit dir sprechen.“
„So ernst? Ist irgendwas nicht in Ordnung?“
Sie wies auf den nächsten Stuhl.
„Bitte setz dich. Es ist schon etwas, wofür wir ein bisschen Zeit brauchen.“
Volker runzelte die Stirn, schob aber den Stuhl so, dass er ihr gegenüber sitzen konnte.
„Hast du Konrad schon zugesagt?“ wollte sie wissen.
„Natürlich. Oder musst du noch arbeiten?“
Steffi seufzte.
„Etwas anderes fällt dir nicht ein? Ich könnte doch auch etwas anderes vorhaben!“
„Wie? Hast du etwas anderes vor?“ fragte er erstaunt zurück.
„Heute Abend nicht“, versetzte sie ärgerlich, „Aber es stört mich, dass du so oft etwas ausmachst ohne mich vorher zu fragen. Für dich ist es inzwischen ganz selbstverständlich, dass ich mich auf deine Pläne einlasse. Aber vielleicht habe ich ja auch mal auf etwas anderes Lust!“
„Was ist denn heute los mit dir? Ist dir irgendeine Laus über die Leber gelaufen?“
Diese Ignoranz brachte sie fast zur Weißglut.
„Volker, ich versuche dir gerade klar zu machen, dass du Dinge ausmachst, ohne vorher mit mir darüber zu reden! Du übergehst mich einfach und denkst, du kannst für uns beide entscheiden. Das stört mich gewaltig. Ich habe auch Interessen!“
„Ist doch gut, wir können darüber reden. Was willst du?“
„Also pass auf: Ich tue dir den Gefallen und gehe heute Abend mit. Aber nächste Woche will ich auf den Uni-Ball, und zwar mit Birgit, Henno – und dir!“
Er schwieg einen Moment und schaute sie zweifelnd an. Dann zuckte er die Schultern.
„Na ja, warum nicht? Dann machen wir das, wenn dir so viel daran liegt.“
Steffi