Ich hebe wissend eine Braue und schmunzele frech. "Du bist nervös."
"Nervös? Wieso sollte ich nervös sein?", fragt er fast schon hektisch. Würde mich nicht wundern, wenn ihm gleich die Schweißtropfen das Gesicht herablaufen.
"Baby", lache ich. "Du musst nicht nervös sein, mein Dad ist cool."
Er stützt seinen Kopf mit seinem Arm ab, den er an die Autotür gelehnt hat und seufzt. "Es ist nur - das ist das erste Mal, dass ich den Vater meiner Freundin kennenlerne."
"Wirklich? Wieso?"
"Keine Ahnung, es kam irgendwie nie dazu. Es war mir nie wichtig, ob ich ihre Eltern kannte."
Bei der Vorstellung, wie er ein anderes Mädchen umgarnt, versetzt mir einen Stich ins Herz, auch wenn es Vergangenheit ist. "Ach so", sage ich und sehe mit aufeinandergepressten Lippen aus dem Fenster, weil ich das Gefühl habe, dass meine Augen zu viel verraten könnten. Trotzdem bin ich froh, dass Aiden diesmal nicht so denkt, dass wir gemeinsam seine Premiere feiern können.
Kurze Momente später fahren wir auch schon in den Hof meines Vaters und ich merke, wie sehr ich ihn vermisst habe. Ich freue mich unheimlich ihn wieder zu sehen. Es ist kaum zu glauben, dass es jetzt schon einen Monat her ist, dass ich ihn besucht hatte.
Weil ich sehe, wie Aiden sich schon zum fünften Mal in der letzten Minute nervös durch die Haare fährt, lege ich meine Hand beruhigend auf sein Bein, bevor wir aussteigen. "Baby, du musst nicht aufgeregt sein. Ich liebe dich und deshalb wird er dich auch lieben. Okay?" Ein wenig beruhige ich mich selber mit den Worten, denn innerlich bin ich ebenfalls ein wenig aufgeregt. Immerhin ist es lange her, seit ich einen Mann mit nach Hause gebracht habe.
Aiden atmet tief durch. "Okay."
Ich küsse ihn. Wir steigen aus und klingeln an der Haustür.
Er steht neben mir, die Hände hinter dem Rücken und er wippt von einem Fuß auf den anderen. Es ist unglaublich süß, wenn er nervös ist. Es sieht ihm überhaupt nicht ähnlich, wegen etwas so unsicher zu sein. Eigentlich ist er sonst der selbstbewusste Aiden, der sich allem stellt. Doch heute scheine ich eine Schwäche an ihm entdeckt zu haben, Väter.
Die Tür öffnet sich.
Dad steht in Jogginghose und weißem T-Shirt im Türrahmen und sieht uns verdutzt an.
"Hi Dad", sage ich lächelnd, um die unangenehme Stille zu durchbrechen.
Er sieht von Aiden zu mir. "Ravely", lächelt er. Es ist ihm anzusehen, wie es in seinem Kopf rattert, während er Aiden ansieht. "Kommt rein." Er geht einen Schritt zur Seite und ich betrete das Haus, Aiden folgt mir.
Dad schließt die Tür hinter uns. "Also...", sagt er und sieht mich ein wenig fragend an.
Aiden räuspert sich und hält ihm freundlich die Hand hin. "Hallo Sir, ich bin Aiden."
Ich schmunzele.
Mein Vater schüttelt seine Hand und sieht ihm eindringlich in die Augen, sein Blick ist dennoch warm und freundlich. "Ich bin Jared."
Als ich sehe, dass Dad etwas sagen will, unterbreche ich ihn. "Aiden ist mein Freund, falls du dich fragst, was es mit ihm auf sich hat."
Er hebt die Brauen und sieht wieder zu Aiden, plustert sich ein wenig auf. Wie ein typischer Dad eben.
Aiden kommt mir auf einmal wie ein verlorener Welp vor, was überhaupt nicht weiß, was es tun soll. Er nickt nur und lächelt.
"Tatsächlich?", fragt mein Vater und betrachtet Aiden skeptisch von oben bis unten.
"Ja, Sir."
Dads Mundwinkel zucken erst, dann lächelt er breit und seine autoritäre Seite fällt von ihm ab. "Lasst uns doch ins Wohnzimmer gehen, hier ist der Boden immer so kalt." Er zeigt auf seine blanken Füße.
Ich lache und wir folgen ihm in unser Wohnzimmer. "Ich wundere mich wirklich wieso du nicht eine Dauererkältung hast, wenn du nie Socken trägst."
Es stimmt. Dad trägt Zuhause so gut wie nie Socken, zumindest im Sommer.
"Hach, weißt du", er setzt sich stöhnend auf die braune Couch im Wohnzimmer, "die Füße eines Mannes können so einiges aushalten. Nicht wahr Aiden?"
Aiden lächelt und nickt, während er sich neben mich hinsetzt. "Ganz recht."
Dad lehnt sich in der Couch zurück und verschränkt die Arme. "Also ich wage zu behaupten, dass es so einiges gibt, was im letzten Monat passiert ist, das ich vielleicht wissen sollte."
"Offensichtlich." Ich lache.
"Aber bevor ich gleich deinen netten Freund ausfrage... hat Scarlett dich erreicht?"
Ich nicke. "Ja, sie ist gestern nach London gekommen. Wir haben sie heute Morgen mitgenommen."
"Okay." Er lehnt sich nach vorne, faltet seine Hände und sieht zu Aiden, der sofort den Blickkontakt aufnimmt. "Also Aiden, kommen wir zu dir."
Aiden
Ach du Scheiße.
Seine Augen scheinen direkt in meine Seele blicken zu können - zumindest fühle ich mich so. Am liebsten würde ich jetzt schlucken, doch das bestätigt nur die Vermutung, dass mich die ganze Sache hier supernervös macht und das muss Ravens Vater nicht unbedingt merken. Denn wenn ich mir vorstelle, meine Tochter stellt mir ihren Freund vor und er sitzt dort wie ein Häufchen Elend, würde ich ihm wahrscheinlich nicht mal mehr wirklich eine Chance geben. Deshalb richte ich mich ein wenig auf und beuge mich nach vorne um ihm zu zeigen, dass ich offen für alles bin. Immerhin geht es hier nicht um irgendeine 0-8-15 Sache.
Während dem Moment vor der Tür, habe ich kurz an den Tipp von der Grundschule gedacht, wenn man nervös ist: Sich die Leute einfach nackt vorstellen. Tja, das habe ich dann doch lieber schnell aufgegeben, denn die Vorstellung Ravens Vater nackt zu sehen, würde wahrscheinlich so einiges verkomplizieren.
"Also erzähl mal", beginnt Ravens Vater das Gespräch.
Viel Spaß, man.
"Arbeitest du?"
Ich schüttele mit dem Kopf. "Nein, ich gehe mit Raven auf die ZOS."
"Aha, ist auch besser so. Studieren ist wichtig, nicht wahr?"
"Ist es, Sir."
"In welche Richtung geht dein Studium denn?"
"Englische Literatur."
"Dann schreibst du also ebenfalls."
"Ja, schon seit ich klein bin."
Er sieht mit erhobener Braue zu Raven. "Jetzt verstehe ich."
Sie lächelt und zuckt mit den Schultern. Ihr Lächeln beruhigt mich ein wenig.
Er sieht wieder zu mir. "Und welchen Beruf willst du nach dem Studium erlernen? Ich meine, es kann schwer werden, einen Job in dieser Richtung zu finden."
Ich nicke. "Das stimmt. Aber ich denke, dass ich weiterhin auf den einfachen Schriftsteller hinarbeiten werde, immerhin ist es das, was ich immer wollte." Ich lasse die Tatsache weg, dass ich bereits Geld mit meinem Buch verdiene, denn ich möchte nicht als arroganter Angeber dastehen.
"Ist das dein erstes Jahr auf dem College?"
"Nein, mein zweites."
"Also bist du jetzt neunzehn? Zwanzig?"
"Zwanzig. Im Februar werde ich einundzwanzig."
"Also alt genug um zu wissen, was richtig und falsch ist, nehme ich an?"
Meine Mundwinkel zucken leicht. "Ganz richtig, Sir."
"Sehr gut. Wie steht es mit deiner Familie? Sind deine Eltern verheiratet?"
"Sie leben getrennt, seit ich sechzehn bin. Meine Mutter lebt in Holmes Chapel, mein Vater lebt ebenfalls in London."
"O",