"Richtig", sagt Danny und sieht lächelnd zu ihr. "Und vielleicht findest du ja dann endlich deinen Traumjob."
Ich runzle die Stirn. "Was ist denn mit deinen Tonfiguren geworden? Du wolltest doch schon immer einen Laden eröffnen."
Sie zuckt mit den Schultern. "Ach, diese doofen Dinger nerven mich nur noch. Außerdem war das ein Kindheitstraum. Ich denke, ich werde mich erst einmal nach freien Jobs als Friseurin oder Visagistin umsehen. Irgendwas was sicherer ist."
"Ein Kindheitstraum? Du hast erst eine Woche bevor ich gegangen bi, davon gesprochen." Es kommt mir fast abstrakt vor, dass Scar auf einmal so desinteressiert über ihre Tonfiguren redet. Schon seit dem Kindergarten macht sie mit Ton die verrücktesten und coolsten Dinge, die man mit Ton nur machen kann und ihren eigenen Laden mit diesen Teilen zu besitzen, war für sie schon immer das Größte. Wieso also sollte sich ihre Meinung plötzlich geändert haben?
"Ist doch egal", sagt Scar. "Es ist einfach so."
Aiden neben mir regt sich und trinkt einen Schluck Wasser. "Du machst Tonfiguren? Skurrile Menschen und so was?", fragt er staunend.
Sie nickt. "Ja, so was in der Art. Eigentlich mache ich alles, was ich so möchte. Ich habe auch schon unendlich viele Ravely-Tonfiguren in meinem Zimmer stehen, in fast jedem Alter."
"Ja", stöhne ich. "Und sie sind grausam."
Scar lacht. "Danke."
"Ich find´ sie toll", wirft Danny ein und grinst breit. Wenn ich nicht wüsste, wie überheblich und arrogant er wirklich ist, würde ich ihn wahrscheinlich nett finden.
"Ich finde Tonfiguren wirklich cool, meine Grandma macht sie auch ständig. Ihr ganzes Wohnzimmer steht damit voll." Er lacht. "Und du weißt wirklich noch nicht, was du mal lernen willst?", fragt Aiden jetzt wieder interessiert, lehnt seine Ellenbogen an den Tisch.
Scar schüttelt mit dem Kopf. "Nicht wirklich. Ich hoffe, dass ich während dem Kellnern ein Gedankenblitz bekomme und ich erleuchtet werde mit dem besten Beruf auf Erden."
"Mach es einfach wie ich. Ich hab früher jedes Wochenende einen anderen Job gemacht, weil ich selbst noch nicht wusste, womit ich mein Geld verdienen will. Das hat mir mehr geholfen, als zu hoffen, dass mich ein Gedankenblitz erleuchtet." Er lacht.
Danny sieht ihn an. Sein Blick strahlt etwas Giftiges aus.
"Du wohnst aber auch in London, ich wohne in einem Kuhkaff namens Aldbury. Hier viele verschiedene Jobs zu finden ist schwerer, als man denkt", sagt Scar.
"Probier so viel aus wie du kannst, glaub mir, das wirkt Wunder. Aber du solltest deine Leidenschaft für Tonfiguren nicht vernachlässigen. Heutzutage gibt es viel zu wenige Leute, die das noch machen."
Sie grinst. "Willst du mal eine Figur sehen?"
"Klar."
"Ravely, zeig ihm mal das eine Bild von dem Baum", sagt sie zu mir.
Ich sehe sie verwirrt an und sie fügt augenrollend hinzu: "Na, das was ich dir zum Geburtstag geschenkt habe."
"Ach so!" Ich hole mein Handy raus und zeige Aiden das Bild von der Tonfigur, die einen großen, extravaganten Baum zeigt. Ich liebe diese Figur, sie ist meine Lieblingsfigur und deshalb hat Scar sie mir zum achtzehnten Geburtstag geschenkt.
"Das ist wirklich gut", staunt Aiden und sieht wieder zu Scar. "Du solltest das wirklich nicht aufgeben, damit kann man viel Geld verdienen. Meine Grandma verdient an jeder Figur, die sie verkauft, viel Geld."
Ich packe mein Handy wieder weg und Scar will gerade etwas sagen, da wird sie von Danny unterbrochen: "Vielleicht solltest du aufhören meine Freundin so offensichtlich anzumachen, Kumpel." Sein Blick ist starr auf Aiden gerichtet und seine Augen sind leicht zusammengekniffen.
Ich hebe die Brauen und sehe ihn unglaubwürdig an. "Wie bitte?"
Auch Scars Blick spricht Bände, denn ihre Stirn ist ebenfalls gerunzelt.
Aiden richtet sich neben mir ein wenig auf, lehnt sich nach vorne und sieht mich mit erhobenem Mundwinkel an. "Schon gut, Baby." Er sieht zu Danny, der ihn immer noch mit seinem Blick zu töten versucht. "Ich hatte nicht vor Scar anzumachen, das tut mir leid. Ich habe ihr lediglich gesagt, dass ich ihre Tonfiguren mag."
Wie kann er so ruhig bleiben?
Danny lehnt sich ebenfalls nach vorne. "Rede keinen Bullshit. Es ist offensichtlich, dass du versuchst sie lächerlich anzumachen."
Scar bekommt kein Wort heraus und sieht ihn nur entsetzt an. Sie scheint selbst nicht zu kapieren, was mit ihm los ist.
Ich balle unter dem Tisch meine Fäuste und presse den Kiefer aufeinander. Was fällt ihm eigentlich ein? Er redet den größten Mist, den ich je gehört habe.
Aiden lacht leise verbittert und sieht auf den Tisch. Dann atmet er tief ein und sieht ihm in die Augen. "Du meinst also so, wie du es bei meiner Freundin versucht hast?"
Ich reiße die Augen auf.
"Was?", zischt Danny durch zusammen gepresste Zähne.
"Ich denke nicht, dass ich mich wiederholen muss", sagt Aiden selbstbewusst. Ich erkenne sogar ein kleines Lächeln auf seinen Lippen.
Dannys Kopf wird rot, seine Miene noch wütender als vorher und sein Atem ist schwer. Er sieht aus wie eine tickende Zeitbombe.
"Schatz, bitte reg dich nicht auf", sagt Scar unsicher. "Aiden wollte mich nicht anmachen, wirklich nicht. Bitte beruhige dich."
"Du solltest auf sie hören", sagt Aiden und hält immer noch Dannys Blick stand. "In einem Pub eine Szene zu machen, war noch nie eine gute Idee."
"Ach, tatsächlich?", blafft Danny. "Wer sagt das?"
Aiden seufzt. "Okay, pass auf, man. Anscheinend fühlst du dich ein wenig in deinem Ego gekränkt und du scheinst ein temperamentvoller Typ zu sein. Also solltest du dich vielleicht zusammenreißen oder wir werden gehen, denn auf so eine Scheiße habe ich keine Lust."
"Bitte, Baby", sagt Scar verzweifelt und legt ihre Hand auf Dannys Arm, doch dieser beachtet sie gar nicht.
Danny grinst dreckig und steht auf. "Du hast Recht, lass uns gehen. Wir klären das draußen."
Ich reiße meine Augen auf. Bitte nicht, bitte, bitte nicht. Ich würde Aiden gerne sagen, dass wir einfach gehen sollten, doch ich bin mir sicher, dass er nicht auf so eine bescheuerte Idee kommt und tatsächlich mit Danny rausgeht.
Aiden schweigt und sieht zu ihm auf. Er scheint zu überlegen.
"Nein, wir werden gehen", krächzt Scar und steht ebenfalls auf, lässt dann aber die Schultern hängen, weil Danny sie mal wieder ignoriert und immer noch Aiden erwartungsvoll ansieht.
Aiden trinkt den letzten Schluck von seinem Wasser und holt ruhig seine Geldbörse heraus, legt ein paar Scheine auf den Tisch. Als er aufsteht, sagt er: "Alles klar, gehen wir raus."
Danny grinst.
"Geht´s noch?", zische ich und stehe ebenfalls auf. "Vergiss es!"
Doch Aiden ignoriert mich ebenfalls und sieht immer noch Danny an.
Danny nickt selbstgefällig und geht mit großen Schritten und hochgezogenen Schultern in Richtung des Ausgangs.
Das passiert gerade nicht wirklich oder? Ich fühle mich wie in einem Hahnenkampf und Scar und ich stehen unbeholfen zwischen den Fronten. So wollte ich den Abend eigentlich nicht enden lassen. Vor allem kann ich nicht einschätzen, wer wen verprügelt, wenn Aiden und Danny jetzt tatsächlich handgreiflich werden. Danny sieht stark aus, sein Körper ist durchtrainiert. Aiden ist ein wenig größer, hat zwar auch Muskeln, dennoch ist er nicht so aufgepumpt wie er. Es ist bescheuert, dass ich überhaupt über so etwas nachdenken muss, denn ich rede hier von Aiden. Nur Idioten ohne Hirn prügeln sich und dazu konnte ich ihn bisher eigentlich