Dienern das Bette des Königs schnell umdrehen, und
gab ihm geschwind einen Tropfen vom Heilkraut,
also daß der Tod betrogen war, und der König gerettet.
Der Tod wich erzürnt von hinnen, erhob aber drohend
den langen knöchernen Zeigefinger gegen seinen
Paten.
Dieser war in Liebe entbrannt gegen die reizende
Königstochter, und sie schenkte ihm ihr Herz aus inniger
Dankbarkeit. Aber bald darauf erkrankte sie
schwer und heftig, und der König, der sie über alles
liebte, ließ bekannt machen, welcher Arzt sie gesund
mache, der solle ihr Gemahl und hernach König werden.
Da flammte eine hohe Hoffnung durch des Jünglings
Herz, und er eilte zu der Kranken – aber zu
ihren Füßen stand der Tod. Vergebens warf der Arzt
seinem Paten flehende Blicke zu, daß er seine Stelle
verändern und ein wenig weiter hinauf, wo möglich
bis zu Häupten der Kranken treten möge. Der Tod
wich nicht von der Stelle, und die Kranke schien im
Verscheiden, doch sah sie den Jüngling um ihr Leben
flehend an. Da übte des Todes Pate noch einmal seine
List, ließ das Lager der Königstochter schnell umdrehen,
und gab ihr geschwind einige Tropfen vom Heil-
kraut, so daß sie wieder auflebte, und den Geliebten
dankbar anlächelte. Aber der Tod warf seinen tödlichen
Haß auf den Jüngling, faßte ihn an mit eiserner
eiskalter Hand und führte ihn von dannen, in eine
weite unterirdische Höhle. In der Höhle da brannten
viele tausend Kerzen, große und halbgroße und kleine
und ganz kleine; viele verloschen und andere entzündeten
sich, und der Tod sprach zu seinem Paten:
»Siehe, hier brennt eines jeden Menschen Lebenslicht;
die großen sind den Kindern, die halbgroßen
sind den Leuten, die in den besten Jahren stehen, die
kleinen den Alten und Greisen, aber auch Kinder und
Junge haben oft nur ein kleines bald verlöschendes
Lebenslicht.«
»Zeige mir doch das meine!« bat der Arzt den Tod,
da zeigte dieser auf ein ganz kleines Stümpchen, das
bald zu erlöschen drohte. »Ach liebster Pate!« bat der
Jüngling: »wolle mir es doch erneuen, damit ich
meine schöne Braut, die Königstochter, freien, ihr Gemahl
und König werden kann!« – »Das geht nicht« –
versetzte kalt der Tod. »Erst muß eins ganz ausbrennen,
ehe ein neues auf- und angesteckt wird.« –
»So setze doch gleich das alte auf ein neues!«
sprach der Arzt – und der Tod sprach: »Ich will so
tun!« Nahm ein langes Licht, tat als wollte er es aufstecken,
versah es aber absichtlich und stieß das kleine
um, daß es erlosch. In demselben Augenblick sank
der Arzt um und war tot.
Wider den Tod kein Kraut gewachsen ist.
Hirsedieb
In einer Stadt wohnte ein sehr reicher Kaufmann, der
hatte am Haus einen großen und prächtigen Garten, in
dem auch ein Stück Land mit Hirse besäet war. Da
nun dieser Kaufmann einmal in seinem Garten herumspazierte
– es war zur Frühjahrszeit, und der Same
stand frisch und kräftig – so sah er zu seinem größten
Ärger und Verdruß, daß verwichene Nacht von frecher
Diebeshand ein Teil von seinem Hirsesamen abgegrast
worden war, und gerade dieses Gartenäckerlein,
darauf er alle Jahre Hirse hinsäete, war ihm ganz
besonders lieb, wie manchmal die Menschen eine ausschließliche
Vorliebe für eine Sache haben. Er beschloß,
den Dieb zu fangen und dann nachdrücklich
zu strafen, oder dem Gericht zu übergeben. Daher er
seine drei Söhne, Michel, Georg und Johannes zu sich
rief, und sprach: »Heute Nacht war ein Dieb in unserm
Garten und hat mir einen Teil Hirsesamen abgegrast,
was mich höchlich ärgert. Dieser Frevler muß
gefangen werden, und soll mir büßen! Ihr, meine
Söhne, mögt nun wachen die Nächte hindurch, einer
um den andern, und welcher den Dieb fängt, soll von
mir eine stattliche Belohnung bekommen.« Der Älteste,
Michel, wachte die erste Nacht; er nahm sich etliche
geladene Pistolen und einen scharfen Säbel, auch
zu essen und zu trinken mit, hüllte sich in einen warmen
Mantel und setzte sich hinter einen blühenden
Holunderbusch, hinter dem er bald hart und fest einschlief.
Wie er am hellen Morgen erwachte, war ein
noch größeres Stück Hirsesamen abgegrast, als in voriger
Nacht. Und wie nun der Kaufmann in den Garten
kam, und das sahe und merkte, daß sein Sohn, anstatt
zu wachen und den Dieb zu fangen, geschlafen
hatte, ward er noch ärgerlicher, und schalt und höhnte
ihn als einen braven Wächter, der ihm samt seinen Pistolen
und Säbel selbst gestohlen werden könne!
Die andre Nacht wachte Georg; dieser nahm sich
nebst den Waffen, die sein Bruder vorige Nacht bei
sich geführt, auch noch einen Knittel und starke Strikke
mit. Aber der gute Wächter Georg schlief ebenfalls
ein, und fand am Morgen, daß der Hirsedieb wieder
tüchtig gegraset hatte. Der Vater ward ganz wild, und
sagte: »Wenn der dritte Wächter ausgeschlafen hat,
wird die Hirsesaat vollends zum Kuckuck sein, und es
wird dann keines Wächters mehr bedürfen!«
Die dritte Nacht kam nun an Johannes die Reihe.
Dieser nahm trotz allem Zureden keine Waffen mit;
doch hatte er sich im geheimen mit recht probaten
Waffen gegen den Schlaf versehen; er hatte sich Disteln
und Dornen gesucht, und diese, als er sich
abends in den Garten an seinen Wächterplatz verfügt,
vor sich aufgebaut. Wenn er nun einnicken wollte,
stieß er allemal mit