Kadett – Offizier der Kaiserlichen Marine – Briefe von Bord – 1895 – 1901. Willi Franck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Willi Franck
Издательство: Bookwire
Серия: maritime gelbe Buchreihe
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742777119
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„KAISERIN AUGUSTA“: Bj. 1892, 6.000 t, 21 kn, Bes.: 430, 4 x 15 cm, 8 x 10,5 cm, 8 x 8,8 cm, machte 1895 die Reise ins Mittelmeer mit.) festgefahren, und ist bis jetzt noch nicht losgekommen.

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      „KAISERIN AUGUSTA“

      Meine Wäsche darf ich übrigens nicht in Köln waschen lassen, solange ich nicht auf der Schule bin, also auch jetzt nicht. Eben ist Herr Leutnant Müller in unsere Messe gekommen, und dadurch ist verhältnismäßige Ruhe eingetreten, sonst wäre bei dem allgemeinen Lärm dieser Brief schwerlich bis hierher gediehen.

      Gestern hatten wir, wie heute, nur 1 Stunde Urlaub; ich machte einige Besorgungen und sprach zum ersten Male nach meiner Einstellung bei Tante Wanda (Wanda v. Wasmer geb. Raczynska lebte in Kiel als Ehefrau des Sanitätsrats Dr. Carl J. C. v. Wasmer, WF besuchte sie häufig.) vor, aber nur ein paar Minuten, dann gings eilig zur Akademie zurück. Sonntag traf ich übrigens den Infanteristen Rebensburg und trank mit ihm und seinem Bruder einen Krug bei Holst, und dort trafen wir auch Herrn Pastor Mau und einen Sohn von ihm. Ich muss jetzt schließen, liebe Eltern, denn es ist Zeit zum zu Bett gehen.

      Herr Kirchenrat Rocholl (Rudolf Rocholl (1827-1905), lutherischer Theologe und Kirchenhistoriker) sagte mir ich möchte einige von meinen Briefen an Euch auch ihm zukommen lassen, würdet ihr denn so freundlich sein und ihm diesen oder einen der nächsten Briefe übergeben? In der Voraussetzung, daß Herr Kirchenrat diesen Brief erhält u. liest, füge ich auch an ihn recht herzliche Grüße hinzu.

      Im übrigen aber bleibe ich mit den herzlichsten Grüßen und Küssen an euch und die Geschwister Euer Euch lebender Willi.

      NB Ostern werden wir einen großen Ausflug mit unserem Kadetten-Offizier machen, Pfingsten erhalten wir hoffentlich Urlaub.

      Willi

      Kiel, den 14. April 1895

      Liebe Eltern!

      Für den Osterbrief danke ich Euch und den Geschwistern vielmals, und jetzt will ich in meiner Freizeit noch etwas schreiben. Heute morgen waren wir „STOSCH“-Kadetten zur Kirche, vereidigt sind wir noch nicht, ich hörte die Vereidigung solle heute in acht Tagen stattfinden, ich vermute, weil wir dann eingekleidet sein werden. Meine Wäsche habe ich (bis auf drei Oberhemden) vollständig; ferner habe ich Handschuhe und Mütze schon bekommen. Einen Serge-Anzug hat Bartling mir zu eng gemacht, ich werde ihn also zurückgeben. Für meinen Bleifederhalter habe ich keine Blei-Einlage mehr; hier konnte ich keine neue bekommen, sie war entweder zu dick oder sie war zu dünn. Würdet Ihr mir sie in Köln besorgen können, wo sie gekauft ist?

      Zugleich mit diesem Briefe erhaltet Ihr meine Wäsche, die ich nicht mehr gebrauche. Den Bleistift kann ich ja mitschicken, ebenso ein Hemd und eine Unterhose von Kurt, müssen jedoch in Köln gewaschen werden. Auch meinen Havelock (Havelock: Herrenmantel mit Armlöchern aber ohne Ärmel) schicke ich mit zurück. Den Anzug schicke ich also nach Pinneberg. Gestern Abend saß unser Kadetten-Offizier bei uns, und sagte uns u. a., daß wir voraussichtlich vor nächsten Ostern überhaupt keinen Urlaub erhalten würden, vielleicht nur die, welche ganz nahe wohnten, auf Pfingsten. Wir sind, wie ich schon schrieb, geimpft worden; bei mir sind die Pocken so sehr angegangen, daß mein linker Arm vollständig schlapp ist; der Arzt gab mir das Prädikat zehn; andere haben sich sogar krankgemeldet. Die augenblickliche Ruhe ist uns daher sehr angenehm.

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       Levensauer-Hochbrücke

      Einen Ausflug haben wir damals nicht gemacht, vielmehr nur eine Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal (Bei der Einweihung im Juni 1895 benannte Kaiser Wilhelm II. den zunächst noch „Nord-Ostsee-Kanal“ bezeichneten Wasserweg nach seinem Großvater in „Kaiser-Wilhelm-Kanal“ um.), durch die Levensauer-Brücke und noch bedeutend weiter, die Brücke bestiegen wir; leider war an dem Tage sehr schlechtes Wetter, es hagelte unaufhörlich. Am folgenden Tage unternahmen Rebensburg, von Gössel, Müller und ich in einem Boote, Rebensburgs Bruder und zwei Söhne von Pastor Mau in einem zweiten eine Segelpartie. Wir hatten einen Bootsmann mit, jene nicht.

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      Bei Holtenau fuhren sie sich bei starkem Winde fest und konnten nicht wieder aus dem Eingang zum Nord-Ostsee-Kanal herauskommen. Wir waren noch über Friedrichsort herausgefahren, und auf der Rückfahrt machte unser Bootsmann auch das andere Boot wieder flott. Kaum war es los, da segelte es in den Klüverbaum eines dort ankernden Evers (Klüverbaum: Rundholz, das über das Vorschiff eines Segelschiffes hinausragt. Ewer: kleines Segelschiff mit flachem Kiel.). Jetzt waren ihre Segel unbrauchbar geworden, und sie mußten von uns ins Schlepptau genommen werden. Nach manchen kleinen Zwischenfällen gelangten wir mit einer bedeutenden Verspätung in Kiel an.

      Morgen werden wir die „STOSCH“ besehen, die im Dock liegt, morgen Nachmittag glaube ich Urlaub zu bekommen, dann werde ich mal wieder bei Tante Wanda bleiben

      Euer Willi.

      Kiel, den 14. April 1895

      Lieber Kurt!

      Herzlichen Dank für deinen Brief, ich freue mich sehr, daß Du mit mir über das Verhalten gegenüber Kameraden gesprochen hast, denn ohne das würde ich jetzt vielleicht schon mit einem oder dem anderen auf „du“ stehen, und wenn ich jetzt sehe, wie da mit der sogenannten Bruderschaft umgesprungen wird, da vergeht einem die Lust dazu. In dem speziellen Falle Dietert können wir ja sprechen wenn du wieder hier bist.

      Hier befindet sich augenblicklich ein Seekadett Deines Jahrganges namens Merkus wegen Mishandlung eines Nachtwächters; er ist zu drei Tagen Arrest verurteilt. Er war mit auf der Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal und hat uns die Geschichte in urkomischer Weise erzählt, ob sie so wahr war, kann ich natürlich nicht wissen. Diesen Brief werde ich in den Korb, den ich wohl morgen vormittag erhalte, abgehen. Bestelle bitte an die lieben Eltern und Geschwister meinen besten Grüße u. Küsse

      Kiel, den 17. April 1895

      Lieber Papa!

      Da die anderen Briefe schon etwas veraltet sind, will ich einen neuen hinzufügen. Euer liebes Ostergeschenk habe ich gestern erhalten und danke euch vielmals dafür. Ich habe es zum größten Teil an Kameraden verschenkt, da ich von manchen allerlei anderes bekommen hatte.

      Vorgestern abend war ich also bei Tante Wanda, sie war wieder sehr freundlich, schenkte mir schließlich noch einige Apfelsinen, die mir nach dem strammen Dienst, den wir gestern hatten, vortrefflich schmeckten. Der Sohn von Herrn Oberst Schnell ist gestern recht schlimm gefallen, es ist verhältnismäßig glücklich verlaufen. Er hatte nämlich an der Leiter im Turnsaal geturnt und, als er nun beinahe ganz oben hinten an der Leiter hing stürzte die Leiter mit ihm runter, und zwar die Leiter ihm auf den Kopf. Außer einigen anderen Verletzungen überall am Körper, bekam er eine ziemlich große Wunde am Kinn, die genäht werden mußte. Er sieht infolgedessen sehr schlecht aus. Jetzt schreibt er neben mir nach Hause und hat mir aufgetragen ihn zu empfehlen.

      Heute haben wir mit Pullen (Rudern) begonnen, ferner mit Splissen und Knoten. Auch haben wir heute unser Instruktionsbuch bekommen. Ersten war ich bei Bartling und gab ihm meinen Serge Anzug zurück, er will ihn ändern. Meine Stiefel sind schon vollständig durchmarschiert; sobald mein zweites Paar Decksschuhe fertig ist, werde ich sie zum Besohlen geben. Mein Geld ist ziemlich zusammengeschmolzen, da ich noch mancherlei zu besorgen und zu bezahlen hatte, dann auch mir dann und wann eine Tasse Kaffe oder ein Glas Bier gekauft habe. Vor allem sind es die Freimarken und so habe ich noch zehn Mark etwa. Unsere Einkleidung und Vereidigung wird übrigens Sonntag noch nicht stattfinden, Bartling meinte wenigstens bis dahin könne er die Uniformen nicht liefern. Nun will ich noch einen Brief an Mama schreiben, darum schließe ich und bleibe mit den besten Grüßen und Küssen an Dich und die Geschwister

      Euer Willi

      Kiel, den 20. April 1895

      Liebe Eltern!

      Heute