>>Ja, die Kinder!<<
>>Ach, Mama, es kann doch nicht sein, dass du diesen Kindern glaubst!<<
>>Marco, du verstehst nichts. Es geht nicht um diese Kinder, sondern um ihre Eltern.<<
>>Was habe ich gemacht!?<<
>>Ich weiß es nicht genau. Ich traf Jakov und Eva Gruby und sie erzählten mir, du seist Atheist geworden, dass du unseren Gott und den Glauben verhöhnen würdest.<<
>>Mama, ich bitte dich! Das ist ein ungeheuer Quatsch! Ich habe nie etwas gegen Gott und den Glauben gesagt!<< Marco fing an zu weinen. In diesem Augenblick erschien Gabriel an der Tür. Er war 15 Jahre alt und ein ausgezeichneter Schüler.
>>Komm her, Gabriel!<<, befahl Rozina. >>Und sag mir gleich, was in der Kirche geschah, als Marco das letzte Mal vom Religionsunterricht fernblieb, als er Fußball spielte?<<
>>Nichts.<< Gabriel setzte sich neben Marco.
>>Gabriel, du musst mir die Wahrheit sagen! Marco und ich befinden uns in einer gefährlichen Situation! Verstehst du das!?<<
>>Nichts Besonderes. Die Kinder scherzten, sie sagten, dass Marco ein Kommunist und Atheist sei und sie lachten ihn aus.<<
>>Aber warum, in Gottes Namen!? Warum!?<<
>>Er hat in Wahrheit nur gesagt, dass er nicht in die Kirche gehen will, da er Religion schon kann. Dann erfanden und sagten einige Kinder diesen kommunistischen und atheistischen Humbug.<<
>>Das ist es. Diese Scherze und Erfindungen verwandelten sich in Realität. Ihre Eltern konnten es kaum erwarten, von ihren Kindern so etwas zu hören. Sie ergötzen sich jetzt daran.<<
>>Mama, du musst mir glauben!<<, rief Marco.
Als hätte sie ihren Sohn überhaupt nicht gehört, wandte sie sich Gabriel zu. >>Hat Marco irgendeinmal etwas Schlechtes über den Glauben, Gott und die Kirche gesagt?<<
>>Nein, niemals. Da bin ich mir sicher. Er hat niemals geflucht, die anderen Kinder fluchten oft.<<
>>Mein Sohn, diese Scherze können dich und mich den Kopf kosten. Du bist jung und unerfahren, deswegen weißt du nicht, dass unser Volk aus einer Mücke einen Elefanten macht. Ich glaube dir, aber das hilft uns keineswegs. Jakov hat mir gesagt, dass er mit Markan reden wird. Und dann…? Wie wird er reagieren?<<, redete Rozina mehr zu sich selbst als zu ihrem Sohn.
Marco nickte. >>Mama, du musst dir keine Sorgen machen. Ich werde mit Vater alles regeln.<<
>>Ich hoffe, mein Sohn.<< Rozina stand auf und verließ das Zimmer.
>>Was habe ich dir damals gesagt, Marco?<<, fragte Gabriel sofort als Rozina rausging. >>Ich wusste, dass alles rauskommt und dass alles aufgebauscht wird.<<
>>Es tut mir um Mama leid. Ich habe Angst um ihr Leben. Mir ist es ganz egal, was mit mir sein wird.<<
6
Marco ging schon in die siebte Klasse. Rozinas Bauch wuchs zum siebten Mal. Für sie und ihren Ehemann war das etwas vollkommen Natürliches, aber für ihren ältesten Sohn war das ein echter Schock. Marco spielte mit Gabriel und den anderen Kindern Fußball und kam erschöpft nach Hause. >>Mama, um Gottes willen, warum bist du wieder schwanger?<<
Rozina lachte und schüttelte den Kopf. >>Ich möchte noch ein Geschwisterchen für dich auf die Welt bringen.<<
>>Mama, meine Schulkameraden tragen Adidas-Turnschuhe, und ich Riemenschuhe oder Gummistiefel. Verstehst du das?<<
>>Hab Geduld, mein Sohn! Eines Tages wirst du alles haben.<<
>>Wir brauchen dich. Dir darf nichts passieren. Ohne dich sind wir verlorene Kinder.<<
>>Mein lieber Sohn, du fantasierst zu viel. Lass es! Sei beruhigt und genieße das Leben. Lerne jetzt! Es ist bereits das Ende des Schuljahres. Lerne, merke und verstehe! Es ist überaus wichtig zu verstehen!<<
Markan war in der Frühschicht. Das frühe Aufstehen ging ihm immer mehr auf die Nerven. Sein einziger Trost waren das schöne Wetter und der trockene Weg. Als er unweit von dem Weiler Nover war, sah er Jakov Gruby, der in einem anderen Bergwerk arbeitete. Er beeilte sich, um ihn einzuholen. Jakov spürte, dass jemand hinter ihm war. Er drehte sich um und sagte: >>Was glaubst du, Markan, wann wird unsere Straße asphaltiert?<<
>>Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass wir viel länger schlafen könnten, wenn die Busse direkt zu unserer Kreuzung fahren würden.<<
>>Auch das wird eines Tages geschehen. Übrigens, schon lange zögere ich, dir etwas zu sagen, da mir das irgendwie unangenehm ist.<<
Markan lachte dumpf. >>Wenn es dir so unangenehm ist, dann kann ich mir denken, wie unangenehm es für mich sein wird.<<
>>Es geht um deinen ältesten Sohn. Er ist Atheist geworden oder, wie wir sagen würden, ein Ungläubiger. Er will nicht in die Kirche gehen.<<
>>Bestimmt hast du gestern Nacht zu viel Pflaumenschnaps getrunken und hattest keine Zeit nüchtern zu werden.<<
>>Zu deinem Unglück ist das die Wahrheit, Markan. Mein Sohn Radovan und meine Tochter Magdalena gehen mit deinem Sohn zum Religionsunterricht. Sie haben uns gesagt, dass dein Sohn Atheist geworden ist. Außerdem wissen das alle Einwohner in unserer Pfarrei.<<
>>Aber ich nicht.<<
>>Du hättest das irgendwann erfahren. Deswegen befand ich, dass es besser ist, dir das jetzt zu sagen, als es zu erfahren, wenn es zu spät ist. Es geht nicht nur um seinen Atheismus, sondern um noch schlimmere Dinge. Er verhöhnt Gott, den Glauben, unsere Heiligtümer und wer weiß noch was. Ich denke, du verstehst mich.<<
>>Ich verstehe nichts. Mein Sohn hat noch nie geflucht. Ich habe sogar niemals gehört, dass er sich unangemessen ausgedrückt hat. Und jetzt sag mir, was du mit 'zu spät' meinst.<<
>>Du musst agieren, Markan. Du musst dein eigenes Kind retten. Dein Sohn befindet sich in teuflischen Händen.<<
>>Pass auf, was du sagst, Jakov!<<, mahnte Markan streng an. >>Mein Sohn hat mit dem Teufel nichts gemeinsam. Ich muss dir sagen, dass ich kein einziges Wort von all dem glaube, was du mir gesagt hast.<<
>>Aber ich muss dir auch sagen, dass ich nicht will, dass meine Kinder mit deinem ältesten Sohn verkehren.<<
>>Das ist dein Problem. Verbiete es ihnen!<<
>>Damit du weißt, ich werde es ihnen verbieten.<<
Markan war völlig unkonzentriert, nichts ging ihm von der Hand. Er meldete sich bei seinem Schichtführer, verließ die Grube und eilte zum Mittagsbus. Während der Fahrt sprach er mit den anderen Leuten kein einziges Wort. Obwohl er Jakov nicht geglaubt hatte, quälte ihn all das. Rozina stand neben dem Herd. Als sie ihren Mann in das Wohnzimmer gehen sah, war sie überrascht. Sie sah gleich, dass er sehr wütend war. >>Wo kommst du her, Markan? Und warum bist du so böse? Was ist passiert?<<
>>Frag mich nicht. Wo ist Marco?<<, fragte er anstatt zu antworten.
>>Er ist gerade aus der Schule gekommen. Was willst du von ihm?<<
>>Alle Einwohner der Pfarrei reden davon, dass unser Sohn Marco, der Pfarrer werden soll, bereits ein Ungläubiger geworden ist! Verstehst du das? Gehe jetzt! Finde ihn und bring ihn zu mir! Ich muss mit ihm reden.<<
Rozina zitterte und ihr Herz schlug schneller. Im Grunde wurde ihr alles klar. Sie schaute ihren aufgebrausten Ehemann an, ging nach draußen, sah ihren Sohn und gab ihm ein Handzeichen zu ihr kommen.
>>Bitteschön,