Die Goldene Stadt im Untersberg 3. Marcus E. Levski. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marcus E. Levski
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754933206
Скачать книгу
im Freien um und auch an sich hinunter. Seine Hose war blutverschmiert und zerrissen, sein Hemd verdreckt und total verschwitzt. „Soll ich so etwa auf die Straße?“ Aber viele Möglichkeiten blieben ihm nicht. Auch nicht viel Zeit, um zu überlegen. Also entschloss er sich, die Seitenstraße zu nehmen und verschwand humpelnd in die Dunkelheit, in der Hoffnung, von niemandem entdeckt zu werden.

      3. Eine Welt, die es nicht geben dürfte

      Wir standen plötzlich auf dieser felsigen Anhöhe mitten im Gebirge und wussten nicht, wo wir waren. In eisiger Kälte und mit gefrorenen Händen zitterten wir am ganzen Körper.

      Als ich die Sonne betrachtete, die uns in dieser kalten Gebirgsluft ein wenig wärmte, wusste ich in diesem Moment um das Geschenk einer höheren Instanz, die uns beobachtete. Ich blickte mich nach dem Professor um und merkte, dass dieser einen Weg im Eis suchte.

      „Claras, ich weiß nicht, ob wir hier einen Weg hinunter finden.“

      Dann sah ich mich selbst ein wenig in der Umgebung um, konnte aber nur ein weißes Nichts erkennen. Ein paar Schritte weg vom Abhang, den Felsen entlang, waren nur Schnee und Eis, sonst rein gar nichts. Der Professor kam auf mich zu und schüttelte deprimiert den Kopf.

      „Jürgen, ich denke wir sitzen fest. Hier führt kein Weg hinaus.“

      Wir starrten uns beide mutlos an und ich verlor die Hoffnung auf Rettung. Der Wind pfiff uns um die Ohren und betäubte mein Gesicht. Sollte dies das Ende sein? Sollte dies unsere Bestimmung sein? Jetzt einfach zu sterben, in dieser eisigen Hölle zu erfrieren? Ich fiel auf meine Knie zu Boden und umklammerte meine Brust mit beiden Händen. Es war so kalt!

      Als ich so im Schnee kniete und meine letzten Erlebnisse Revue passieren ließ, fiel mir ein, dass uns der Graf an diesen Ort gebracht hatte! Naja, er hatte uns kurz zuvor in der Halle der Zeit erklärt, dass diese uns an alle Orte bringen könne und in jede Zeit! Und dass wir genau dorthin kämen, wo unsere Seele oder unser Unterbewusstsein es wollten.

      „Claras, erinnerst du dich an die Worte des Grafen?“

      Der Professor sah mich fragend an.

      „Welche Worte meinst du, Jürgen?“

      „Der Graf hat uns doch gesagt, dass wir genau an diesen Ort kommen, der in unserem tiefsten Innern verankert ist! Er sagte mir, dass der Weg ein schmaler und gefährlicher sei! Also dabei geht es um unsere innere Einstellung. Um unsere Überzeugungen und Taten. Das, was wir sind, was uns ausmacht und was wir für tief verankerte Einstellungen haben. Genau diese Orte werden wir besuchen dürfen!“

       „Du sagst, also, dass wir genau dorthin kommen, wo unser tiefstes Inneres liegt? So ungefähr?“

      „Ja, ich denke schon mein Freund, das sagte er zumindest.“

      Ich blickte nochmals in die Ferne der Berge und betrachtete den Schnee und das Eis, das uns zum Schicksal werden drohte. Bevor ich antwortete, überlegte ich kurz.

      „Einsamkeit, Eis, Kälte und weite Ferne mit einem Geschenk des Himmels, das sich Sonne nennt. Sagen dir diese Stichworte etwas Claras?“

      „Ja, darin befinden wir uns. Das ist doch offensichtlich.“

      „Nein, das meine ich nicht. Ich meine dein Innerstes.“

      Claras sah zu Boden und überlegte. Nach einigen Sekunden hob er den Kopf und sah mich an.

      „Ja, Jürgen, ich weiß, was du meinst und ja, es sagt mir was.“

      Er senkte seinen Kopf und setzte sich ebenfalls in den Schnee.

      „Das ist es, mein Freund! Mir sagt es ebenso etwas. Die Kälte, die einsame Stille und die Ferne, die zu sehen ist. Auch das Geschenk der Wärme. Wir sollten dankbar sein und unsere Gedanken ändern.“

      Der Professor sah mich an und wurde wütend.

      „Verdammt noch mal, willst du jetzt meinen Psychotherapeuten spielen, Jürgen? Herrgottnochmal. Wir sitzen in der Falle! Wir sind praktisch tot! Kein Weg führt weg von hier und du erzählst mir was von einer inneren Einstellung.“

      Ich sah den Professor an und konnte seine Wut natürlich verstehen, daher lenkte ich ein.

      „Ich will nicht dein Therapeut sein. Ich sage ja nur das, was der Graf uns gesagt hat. Und vielleicht ist das einfach hilfreicher als im Schnee zu hocken, alles zu verdammen und den Kopf einzuziehen.“

      Der Professor stand auf und geriet jetzt richtig in Rage.

      „Sieh dich um, du verdammter Hund. Nichts! Nichts! Eis, Gebirge und der Tod warten auf uns. Ich hätte dir niemals in diesen Abgrund folgen dürfen. Ich hätte niemals auf dich hören dürfen. Ich hätte mich damals umbringen sollen, als ich bei dir war! Warum? Warum hast du die Rettung geholt, warum hast du mich leben lassen?“

      Nach diesen laut gebrüllten zornigen Worten konnte ich beobachten, dass Claras kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. Er war fertig mit der Welt.

      „Claras, du hast deinen Sohn wieder gefunden. Du solltest kämpfen!“

      Er kam auf mich zu, packte mich an der Jacke und sah mir hasserfüllt in die Augen.

      „Was weißt du denn schon, verdammt noch mal? Was weißt du schon über mich? Ja, ich habe meinen Sohn gefunden, aber das macht nicht rückgängig was ich getan habe! Das macht nicht meine Taten rückgängig.

      Und wenn wir schon von einem Geschenk reden: WO IST DEIN GOTT? Wo ist dein höheres Wesen? Soll ich dir was sagen, alter Freund? Lass mich in Ruhe! Und deinen Gott, den hat es nie gegeben und wird es nie geben. Er hat mir alles genommen und mich in Agartha in Versuchung geführt! Sollte das Gott sein? Dann scheiß ich drauf, verdammt noch mal. Wir werden hier sterben und das ohne Erleuchtung oder Gnade.“

      Nach diesen Worten schubste er mich zur Seite und ging auf den Abgrund zu, der vor uns lag. Ich lag im Schnee, konnte meine Füße nur schwer bewegen, da die Kälte mir durch jede Zelle. Ich sah wie Claras am Abgrund stand und hinunter blickte.

      „Nein Claras! Nein Claras! Tu das nicht! Verdammt noch mal. Ich weiß, wir haben noch einen gemeinsamen Weg zu gehen. Ich weiß nicht wohin, aber ich weiß es. Der Graf hat uns dies nicht alles umsonst gezeigt!“

      Claras war ganz in Gedanken versunken, während er in den Abgrund starrte. War er ein Ausgestoßener? Ein Abtrünniger? Er wusste es nicht. Alles, was er wusste, war, dass er sich von diesem Leben irgendwie nicht angenommen fühlte. Er dachte an die Menschen, von denen er seit seinem Schicksalsschlag umgeben war. Hier war nicht der Platz, für den er bestimmt war, nein, hier gehörte er nicht hin! Soviel wusste er zumindest.

      „Bin ich schuld daran, dass ich hier nicht willkommen bin? Was habe ich getan? Sind es meine Sünden, meine Taten, die mich in diese Situation gebracht haben? Es scheint so! Wäre ich doch nie nach Agartha gegangen.“

      Er wurde bei diesen Gedanken richtig depressiv. Als er sich zu mir umdrehte, hatte er sich wieder gefasst und sprach ganz ruhig zu mir.

       „Weißt du Jürgen, ich habe immer wieder die Beobachtung gemacht, dass die Leute in meiner Umgebung über alltägliche Dinge redeten und diskutierten. Sie lachten und hatten Spaß daran, aber ich saß derweil auf einem Stuhl und beobachtete sie und erkannte, dass sie sich nicht normal verhielten.

      Denn jeder spielte nur eine Rolle, die der gesamten Gruppe Leben einhauchte. Es war einfach nur ein Schauspiel. Sie lachten zwar und hatten Spaß, aber das wollten sie überhaupt nicht. Sie handelten nur unter einem gewissen Gruppenzwang, gemäß der Gruppendynamik, die sie sich selbst erschaffen hatten.

      Gruppenzwang, nichts weiter! Und daran konnte ich niemals teilnehmen! Denn meine Taten und der Tod meiner Familie hatten mich sonderbar werden lassen. Ich war dadurch sensibler geworden und konnte mich nicht mit solchen falschen Dingen beschäftigen. Und weißt du, was das Ergebnis davon war? Einsamkeit. Einsamkeit und die Taten, die ich nie vergessen werde.

      Und jetzt frage ich dich, als meinen Freund: Was hat das alles denn noch für einen Sinn? Sag es mir! Und ja, du könntest sogar