In Your Arms. Isabella Kniest. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Isabella Kniest
Издательство: Bookwire
Серия: In Your Arms
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752923735
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welche ich damals im Hotel oft an ihm bemerkt hatte. »In der Vergangenheit musterten Frauen mich in den meisten Fällen mit abschätzigen Blicken … und dies tun sie nach wie vor.«

      Was?!

      Das konnte nicht sein! Das konnte einfach nicht stimmen!

      Nicht bei diesem atemberaubend schönen Mann!

      »Aber du –« Sein Blick intensivierte sich – und unversehens raste mir eine Hitze durch die Adern. »Du bist eine der wenigen, die dies nicht tut. Als du mir das erste Mal in die Augen saßt – ich hatte noch nie derart viel Wertschätzung und Akzeptanz erblickt. Zu allererst dachte ich, ich bilde es mir ein.« Mit unsicherer Hand fuhr er sich durchs feuchte Haar. »Aber dann sprach ich dich an – und zu meinem Erstaunen stießest du mich nicht weg. Du verbrachtest Zeit mit mir. Du hörtest mir zu. Das war wundervoll.«

      Seine berührende Erklärung wie sein mich gütig musternder Blick drangen vor bis in die tiefsten seit Jahren in Dunkelheit gelegenen Tiefen meiner Seele – erleuchteten diese, erwärmten diese.

      Eine uns umarmende Stille breitete sich aus, nahm mir für wenige Augenblicke sämtliche Nervosität, Gewissensbisse und Unsicherheit.

      Die Szenerie wirkte verlangsamt, und irgendwie in Watte gepackt … ähnlich wie während unserer Küsse.

      Ich fühlte mich mit Jan verbunden, mit seiner Seele verschmolzen …

      »Bei uns scheint vieles Zufall zu sein«, meinte ich nach einigen Momenten.

      Meine Antwort vermochte Jan ein sanftes Lächeln zu entlocken. »Ja … sieht tatsächlich so aus.«

      Um mein wild pumpendes Herz eine kleine Auszeit zu gönnen, lenkte ich das Thema in eine etwas andere Richtung.

      »Hast du heute Urlaub?«

      Jan erbleichte, sprang auf – und ich fiel vor Schreck beinahe vom Stuhl.

      »O mein Gott!« Er stolperte zwei Meter vom Tisch weg. »Liza … O Gott … Hast du ein Telefon?«

      Ich brauchte etwas, bis ich mich von seiner Reaktion erholt hatte. »Ja, sicher. Aber was ist denn los?«

      »Ich bin ohne ein Wort zu sagen zu dir gefahren … ich … ich bin –«

      Währenddessen ich mich erhob und auf ihn zuging, nahmen seine Züge einen zusehends panischer werdenden Ausdruck an – und meine Hände begannen zu zittern.

      »Ich … ich habe es nicht mehr ausgehalten … ich wollte wissen, ob dir mein Buch gefällt … ob du etwas mit mir zu tun haben willst … und dann hatte Tina Christof von meiner Sehnsucht zu dir berichtet … Daraufhin sah ich rot und stürmte aus der Küche.«

      Dergestalt aufgewühlt hatte er sich auf den Weg zu mir gemacht? Dergestalt aufgewühlt war er durch den tosenden Regen in meine Arme gelaufen?

      Himmelherrgott!

      Was hatte er sich alles angetan, um mich wiederzusehen …

      Seine Anspannung erfüllte den Raum, legte sich wie ein klatschnasses Tuch um mich. Ohne nachzudenken, trat ich zu ihm und schlang meine Arme um seinen Oberkörper.

      Ich wollte ihn beruhigen, wollte ihm die Geborgenheit vermitteln, welche er mir eben erst vermittelt hatte.

      »Du kannst gerne mein Handy benutzen und sie anrufen«, flüsterte ich. »Aber ich bin mir sicher, sie werden es verstehen.«

      Das mussten sie! Sonst würde ich persönlich zum Hotel fahren und diese Sachlage klären.

      Dies war ich Jan mindestens schuldig.

      Seine erkalteten Hände legten sich auf meinen Rücken, drückten mich an sich. »Ich hoffe es … ich hoffe es zutiefst. Wenn ich meinen Job deshalb verliere … dann stehe ich vor dem Nichts.«

      Um in sein Gesicht sehen zu können, lehnte ich mich etwas zurück.

      Die Panik war nach wie vor präsent.

      »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Manfred dich deshalb rauswirft. Er ist ein wundervoller Mensch.«

      »Ja … ja, ich weiß.« Jans Wangen nahmen ein sanftes Pink an. »Dennoch. Ich brauche die Arbeit. Ich brauche sie. Wenn ich sie verliere …« Wie um sich davon abzuhalten etwas Unüberlegtes zu verlauten, presste er die Lippen aufeinander.

      Es war mir durchaus bewusst, welch hohen Stellenwert im Leben ein geregeltes Einkommen und ein fixer Arbeitsplatz besaßen. Da gab es kaum Ausnahmen.

      Nichtsdestoweniger erschien Jans Reaktion allmählich ins Extreme abzugleiten. Insbesondere, wenn man für einen Chef wie Manfred arbeiten durfte.

      Hatte Jan hohe Schulden? Waren Schuldeneintreiber hinter ihm her? Oder drohte die Bank ihm mit einer Pfändung?

      Ich ließ von ihm ab, trat zu meiner Handtasche und fischte das Handy zwischen Portemonnaie und anderem Kleinkram hervor.

      »Hier bitte.«

      Dankend wie ansteigende Furcht auf seinem hübschen Antlitz ruhend nahm er es entgegen – bebende Hand inklusive.

      Was war bloß los?

      Wenn ich es nicht besser wüsste, schien Jan einem weiteren Nervenzusammenbruch beängstigend nahe.

      »Jan?« Sachte legte ich meine Hand auf seinen Arm. »Was hast du? Kann ich dir helfen? Du wirkst so fertig. Ich mache mir Sorgen.«

      Nervöse Augen trafen auf meine. Pinke Wangen wurden dunkelrot.

      »Ich … ich –« Ein unwillkürliches Schlucken unterbrach seinen Erklärungsversuch. »Ich … nun … ja …«

      »Was hast du?«, versuchte ich in einem sanften Tonfall ihn zum Weiterreden zu animieren. »Du kannst es mir gerne sagen.« Jäh wurden meine eigenen Wangen heiß. »Du hast mich eben erst geküsst … da kannst du mir ebenso sagen, was dich bedrückt.«

      Stumm schüttelte er den Kopf, blickte zu Boden, dann zu mir zurück.

      Ich dachte bereits, er würde weiterschweigen, da fuhr er letztlich doch fort. »Erstens … fürchte ich mich vor Manfreds Reaktion … Noch nie habe ich das Hotel während der Arbeitszeit ungefragt verlassen … Und zweitens –«

      Mit einer jeden einzelnen Faser meines Körpers spürte ich Jans explosionsartig zunehmende Aufregung.

      Wie gerne hätte ich ihm diese genommen!

      Er wrang die Hände, visierte irgendeinen nicht vorhandenen Punkt des Laminatbodens an. Ich wiederum versuchte seine auf mich übergegangene nervliche Belastung, welche sich in Form von prickelnd-stechenden, auf- und niederwallenden über meinen Rücken jagenden Wellen bemerkbar machte durch tiefe Atemzüge abzumildern.

      »… Ich … ich –« Nochmals hielt er inne, nahm nun selbst einen tiefen Atemzug, ehe er mich endlich wieder anzublicken getraute. »Ich habe furchtbare Angst vorm Telefonieren.«

      Dies gestanden, fühlte mich eigenartigerweise um mindestens tausend Tonnen Sedimentgestein erleichtert.

      Vielleicht sogar mehr.

      Und Jan?

      Seiner Mimik nach zu urteilen, empfand er auf dieselbe Weise.

      Und ich verstand endlich, was hier los war.

      Wie versteinert hielt dieser wunderschöne Mensch das Telefon in der linken Hand, besah dieses zumeist überbewertete Stück Technik mit leiser Sorge. »Ich … ich fürchte mich seit jeher. Wenn ein Telefon läutet, wird mir bereits ganz anders.«

      »Ist schon gut. Es ist alles gut.« Ich streichelte ihm über den Rücken – eine Reaktion, ebenso unwillkürlich, wie ihm einen schüchternen Kuss auf die Wange zu setzen.

      Überrascht blickte er mich an – mit ziemlicher Sicherheit genauso überrascht wie ich ihn.

      Ich wusste nicht, woher ich diesen Mut nahm. Besser gesagt: Allmählich wusste ich überhaupt nichts mehr. Ich wusste nicht, was mit