Im Busch / Kriegsbilder aus dem dt.-franz. Krieg. Gerstäcker Friedrich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerstäcker Friedrich
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754154243
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einmal in die Minen zu gehen und Ihr Glück da oben zu versuchen ," nickte Mr. Pitt - „der Capitain vom Delphin ist auch schon mit seinen beiden Steuerleuten hinauf."

      „Hm," brummte der Capitain, dem dieser Gedanke neu war, halb verlegen vor sich hin - „hübsche Beschäftigung das, droben nach Gold puddeln und indessen sein Schiff in der Bai von Würmern fressen lassen."

      „Ich sage ja nicht, daß Sie nach Gold graben sollen," meinte der Kaufmann, „aber da oben finden Sie Ihre Mannschaft gewiß, und können vielleicht Andere, die nichts finden, noch dazu engagiren. Aber jetzt wollen wir erst einmal sehen, was die Wasserpolizei ausrichtet, obgleich ich darauf nicht viel baue. Haben Sie eine gute Belohnung ausgesetzt?" /41/

      „Fünf Pfund Sterling für den Kopf, wie sie eingetrieben werden."

      „Hm, das hilft vielleicht."

      „Und für den Schiffsjungen noch ein Pfund extra."

      „Und warum für den mehr?"

      „Weil ich mir bei dem nachher noch eine aparte Güte thun und ihm eine tüchtige Tracht Schläge geben kann. Das ist mir ein Pfund werth, und ich gäbe zwei darum, wenn ich ihn gleich heute an Ort und Stelle hätte."

      Mr. Pitt lachte wieder, denn wenn ihm das Weglaufen der Mannschaft auch nicht lieb war und ihm sogar einen nicht unbedeutenden Strich durch seine Rechnung machte, hatte er es doch auch schon vorausgesehen und seine Calculation deshalb nicht gerade zu fest gemacht. Was ihm auf der einen Seite Nutzen brachte, lockerte, wie er recht gut wußte, auch auf der andern wieder alle gewöhnlichen Verbindungen, und er durfte nicht böse darüber sein, wenn er eben so gut darunter zu leiden hatte, wie alle übrigen Geschäftsleute der Stadt.

      5.

      In die Minen!

      So gleichgültig Mr. Pitt aber das Goldgraben selber betrachtete, und sich nur einzig und allein auf seinem einmal eingenommenen Standpunkt hielt, von dem aus er aber natürlich den größtmöglichen Nutzen aus der Gewinnung des Goldes zu ziehen gedachte, so direct suchte dagegen die Mehrzahl der übrigen Bewohner von Sidney dem edlen Metall beizukommen, und alle nur erdenklichen Pläne wurden ersonnen, um nicht allein dem bloßen Glück zu vertrauen, sondern die Gewinnung des Urstoffes auf eine festere und solidere Basis zu gründen. /42/

      Eine wahre Hetzjagd begann besonders nach allen den Persönlichkeiten, die schon einmal in Californien gewesen waren und die Arbeiten also genau kannten. Diesen traute man nämlich von vornherein einen sichern Blick zu, reichhaltige Stellen zu bestimmen, und bedachte gar nicht, daß sie schwerlich so rasch von Californien zurückgekommen wären, wenn sie einen solchen Blick da drüben gehabt hätten. Aber das schadete nichts; schon das einfache Wort „Californier" gab gewissermaßen einen sichern Anhaltepunkt, und solche Leute, wo sie sich entschlossen einer rasch gebildeten Arbeiter-Compagnie beizutreten, sahen sich augenblicklich in den Stand gesetzt, die Reise in die Berge vollkommen kostenfrei, und oft unter den günstigsten Bedingungen nebenbei, anzutreten.

      Alle Arten von Maschinen wurden außerdem construirt und zum Verkauf ausgestellt, und selbst das Widersinnigste mit schwerem Geld bezahlt, nur um mit enormem Transport in die Berge geschafft und dann dort oben, nach kurzen Versuchen als werthlos befunden, bei Seite geworfen zu werden. Besonders leistete der gewöhnlich stets theoretische Deutsche darin Außerordentliches.

      Verschiedene deutsche Compagnien bildeten sich solcher Art, mietheten für enormes Geld Wagen, kauften Lebensmittel und rückten in Trupps in die Berge, um sich - dort oben angekommen, schon nach wenig Tagen wieder zu zerstreuen und ihr ,,Glück" einzeln oder doch wenigstens in Paaren zu versuchen.

      In Sidney lebte in dieser Zeit ein deutscher Mechanikus, Zachäus mit Namen, ein außerordentlich fleißiger und geschickter Mann in seinem Geschäft, aber im gewöhnlichen Leben auch zu gar nichts zu verwerthen. Wo er aber Feile und Zirkel in die Hand bekam, gewann unter seinen Händen Alles Form und Gestalt, und er hätte in kurzer Zeit ein reicher Mann werden können, wenn er eben bei seiner Arbeit geblieben und sich auf die Anfertigung solcher Instrumente beschränkt hätte, die verkäuflich waren und gesucht wurden. Statt dessen experimentirte er aber fortwährend, hatte den Kopf voll neuer, oft ganz sinnreicher Erfindungen, die ihm aber immer nur Zeit und Geld kosteten, und vernachlässigte dabei sein übriges /43/ Geschäft, denn mit einem solchen neuen Plan in Aussicht, ließ er sich auf nichts Anderes ein, und selbst bestellte und angenommene Arbeiten waren nicht von ihm zu bekommen.

      Natürlich construirte Zachäus augenblicklich, sobald nur die wirkliche Entdeckung des Goldes festgestellt war, eine neue Maschine zum Goldwaschen, in der auch das kleinste, unbedeutendste Stäubchen Gold festgehalten werden sollte, und richtete es mit Rädern und Schrauben so sinnreich ein, daß ein Kind die ziemlich schwere Construction mit Leichtigkeit in Gang halten konnte. - Zachäus war entschlossen, selber damit in die Minen zu gehen.

      Die einzigen stillen und theilnahmlosen Menschen in diesem bewegten, wilden Leben waren eine Anzahl von Eingesperrten in dem Stadtgefängniß, die hinter ihrem eisernen Gitter wohl den Lärm von draußen hörten und zu deren Ohren auch wohl das Gerücht des gefundenen Goldes drang, denn der Schließer hätte es ja nicht über das Herz bringen können, etwas Derartiges zu verschweigen, die aber selber jedem Zweifel, jeder Unentschlossenheit, ob sie gehen oder bleiben sollten, enthoben wurden und deshalb auch all' den dumpfen Gerüchten ziemlich theilnahmlos und gleichgültig lauschten. Was half ihnen das Gold in den Bergen!

      Unter ihnen war ein alter Schäfer, ein Convict seit Gott weiß wie langen Jahren, der aber seine Strafe abgebüßt und seinen Entlassungsschein in der Tasche hatte. Natürlich trank und spielte er aber, so wie er nur ein paar Pfund Sterling sein eigen nannte, und schien in neuerer Zeit eben mehr ausgegeben zu haben, wie er eingenommen. Mit zwanzig oder fünfundzwanzig Pfund in Schulden, die er nicht bezahlen konnte, ward er dann einfach eingesteckt.

      Der Mann hatte den Schließer besonders geärgert, denn als dieser zu ihm hereingekommen war, um ihm die wunderbare Entdeckung des Goldes zu erzählen und dafür - das Wenigste, was er doch verlangen konnte - unbegrenztes Erstaunen zu ernten - schüttelte der Alte den Kopf nur verächtlich herüber und hinüber und sagte: - sind sie jetzt endlich auch dahinter gekommen?"

      /44/ „Na, Du hast die Geschichte wohl schon gewußt, nicht wahr?" frug der Schließer entrüstet.

      „Hab' ich auch," brummte der Mann störrisch vor sich hin, „und wenn sie mich hier hinausließen, wollte ich ihnen die lumpigen paar Pfund in gelbem Gold bezahlen. Hier freilich ist nichts zu finden - als höchstens Flöhe."

      Der Schließer wollte ihn erst verhöhnen, weil er es für Prahlerei hielt, und versuchte dann, als der Alte ihn reden ließ, aus ihm heraus zu bringen, was er etwa wußte. Aber der Schäfer blieb von da an in Allem, was Gold betraf, stumm, nickte nur manchmal vor sich hin, und das Einzige, was er noch darüber äußerte, war: „Wenn ich nur erst wieder hinaus bin!"

      Es dauerte denn auch keine drei Tage, so war das Gerücht verbreitet, im Gefängnisse säße Schulden halber ein alter Convict, der die reichsten Stellen in den Bergen wüßte und schon viel Gold gefunden und zum Verkauf hereingebracht hätte, ohne daß man je erfahren, woher er es habe.

      Andere alte Gerüchte tauchten ebenfalls auf, besonders wurde eine Thatsache von Mund zu Mund erzählt, die sich auf die Entdeckung des Goldes schon in jener Zeit bezog, als Australien erst zu einer Strafcolonie besiedelt worden.

      Damals hatte nämlich ein Convict oder Sträfling ein Stück Gold von mehreren Unzen Gewicht einem Goldschmied zum Verkauf angeboten und war augenblicklich festgenommen und befragt worden, woher er das Gold habe. Er behauptete damals, er hätte es in den Bergen zwischen den Steinen gefunden, aber man hielt das für eine Lüge. Der obere Beamte entschied, daß er jedenfalls irgendwo eine goldene Uhrkette oder dergleichen gestohlen und nachher zusammengeschmolzen habe, und da er nicht bekennen wollte, wo er den Diebstahl begangen, wurde er gepeitscht bis auf's Blut - ja er soll sogar unter den Schlägen gestorben sein.

      Er wäre nicht der einzige Unglückliche gewesen, der unschuldig unter der despotischen Regierung der Gouverneure Bligh und Macquarie, von denen besonders der Erstere (derselbe Capitain Bligh, gegen den sich die Mannschaft der Bounty empörte und