Im Busch / Kriegsbilder aus dem dt.-franz. Krieg. Gerstäcker Friedrich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerstäcker Friedrich
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754154243
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und das da oben mit Spitzhacke und Schaufel fortsetzen wollen, was sie hier unten mit Spitzhacke und Schaufel angefangen haben, so läßt sich nichts dagegen einwenden. Wer aber sein Brod noch auf andere Weise verdienen kann, der - sollte sich zweimal bedenken, ehe er den tollen Streich machte, in ein Leben hinein zu springen, dem er - eben nicht gewachsen ist, und das er deshalb nur zu bald wieder satt bekommen muß."

      „Aber Mr. Holleck wird doch auch da oben nicht selber graben und waschen wollen," sagte die Mutter lächelnd, „er denkt gewiß gar nicht daran."

      „Und die Mutter ist jetzt die einzige Vernünftige von der ganzen Gesellschaft," lachte der junge Miner in seiner dreisten Art. „Aber, Papa Pitt, Sie glauben, ich hätte so weit den Kopf verloren, um mich da oben in die Berge zu setzen und angenehme Löcher in den Erdboden zu hacken - und Miß Pitt ebenfalls? - Das ist aber stark." /33/

      „Nun, mein junger Freund," sagte der Vater mit ernster Miene, „ich dächte, der ähnlichen Beispiele hätten wir in diesen Tagen gerade genug, um einen solchen Verdacht bei den geringsten Anzeichen mehr als wahrscheinlich zu machen, und für solche, und zwar sehr starke Anzeichen rechne ich nun einmal ein rothwollen Hemd und Wasserstiefeln ganz bestimmt. Wenn Sie aber nicht in die Berge wollen, wozu dann die Maskerade?"

      „In die Berge will ich allerdings," sagte der junge Mann, indem er jetzt die Kleine wieder auf die Füße stellte und sich ohne Weiteres mit zum Tisch setzte, aus den zur Luncheons Zeit immer ein paar übrige Gedecke gelegt wurden - er war ja überhaupt ein steter und, wie er überzeugt war, gerngesehener Gast im Hause, - „aber nur um mir das Leben da oben einmal mit anzusehen - wahrlich nicht um zu arbeiten, zu hacken und zu graben."

      „Und läßt Sie Ihr jetziger Principal so lange fort?" frug Mr. Pitt. „Ich dächte, gerade in jetziger Zeit wäre so viel Arbeit daheim, daß man seine Leute am allerwenigsten entbehren könnte. Ich möchte wenigstens gerade jetzt keinem meiner Clerks einen achttägigen Urlaub geben."

      „Ich bin längst aus dem Geschäft getreten," sagte der junge Holleck gleichgültig, indem er sich selber aus der Zinnbüchse zu Sardinen verhalf.

      „In der That?" fragte Mr. Pitt erstaunt und sah zu ihm auf.

      „Jetzt ist die Zeit," fuhr Holleck fort, „hier in Australien etwas Selbstständiges zu beginnen. Mit dem Seeleben, das ich zuerst versucht hatte, ging es nicht; meine Existenz als schlecht bezahlter Commis hinzuschleppen, war eben so langweilig, und da endlich, gerade im entscheidenden Moment, meine schon lange erwarteten Wechsel von daheim eingetroffen sind, so hab' ich mich denn rasch entschlossen, meinem Brummbär von Principal den Stuhl für immer vor die Thür zu setzen, und bin jetzt mein eigener Herr. Das, glaube ich, ist das Gescheidteste, was ich thun kann, daß ich mir die Verhältnisse oben in den Minen, von denen wir hier unten doch keinen richtigen Begriff haben, einmal selber ansehe. Nachher kann ich mich dann entscheiden, ob ich meine neue Thätigkeit /34/ dort an der Quelle beginne. - Aber wo ist denn Charley? Noch immer oben in Bathurst?"

      „Gott weiß es," sagte die Frau, die bei der Erwähnung des Sohnes alles Andere vergaß. „Er kommt nicht und schreibt nicht, und da oben scheint wirklich Alles den Kopf verloren zu haben in dem einen tollen Gedanken: Gold!"

      „Er wird in den Minen sein."

      „Ich kann mir wenigstens nichts Anderes denken," sagte Mr. Pitt. „Allerdings wollte er schon vor beinahe jetzt acht Tagen zurückkommen, aber die Mail wurde ja damals beraubt, und wenn er auch damit geschrieben hat und sich jetzt damit tröstet, sind ja alle Briefbeutel abhanden gekommen und wir wissen gar nichts von ihm."

      „Wenn er nur nicht selber dabei war," seufzte die Frau, und man sah es ihr an, wie sie sich Mühe gab, gefaßt zu bleiben. „Es soll ja einer von den Passagieren erschossen sein."

      „Hat man denn darüber nichts Näheres erfahren?"

      „Du lieber Gott, die Mutter ängstigt sich gleich um ein bloßes Gerücht," erwiderte Mr. Pitt. - „Es hieß allerdings so - drei oder vier sogar sollten anfangs dabei umgekommen sein, die Vermißten meldeten sich aber alle, und zuletzt sprach man nur noch von einem. Aber selbst das glaub' ich nicht, denn Blut vergießen die Bushranger nur ungern und selten. Von den Passagieren war aber keiner zu erfragen. Die Leute hatten die Goldkunde von oben mit aus den Minen gebracht, und das verschlang am nächsten Morgen so jedes andere Interesse, daß der Ueberfall der königlichen Post kaum beachtet und auch schwerlich ernstlich verfolgt wurde. Die Schufte hätten zu ihrem Plan keinen glücklicheren Moment wählen können, denn ich glaube nicht einmal, daß ihnen auch nur Polizei nachgeschickt ist."

      „Und von Charley haben Sie seit der Zeit gar keine Nachricht?"

      „Keine - vorgestern schrieb ich noch einmal nach Bathurst hinauf, und wenn sie mir dort nicht Alle davon gelaufen sind, so hoffe ich doch wenigstens übermorgen bestimmte Nachricht zu bekommen."

      „Sonderbar - er ist doch sonst so pünktlich," sagte Holleck, /35/ indem er seinen Teller zurückschob. „Nun jedenfalls komme ich jetzt selber hinauf und will mich dann oben gleich nach ihm erkundigen."

      „Und dann schreiben Sie uns augenblicklich, nicht wahr?" frug" die Mutter besorgt.

      „Gewiß."

      „Ach, bis dahin ist ja schon lange Antwort von Charley selber da," sagte Mr. Pitt kopfschüttelnd. „Mach' Dir nur des Jungen wegen keine Sorge, Alte, denn jetzt geht da oben Alles drunter und drüber, und die jungen Leute haben den Kopf voll und denken an Briefeschreiben gerade zu allerletzt."

      „Und ist das recht?" frug die Mutter.

      „Recht oder nicht," lachte der Mann, „es ist eben menschlich, wenn der Kaufmann auch eigentlich nie den Kopf verlieren soll. Apropos, wie wollen Sie denn in die Minen hinauf, William, zu Fuß? Das wird ein langer Marsch werden?"

      „Gott bewahre, ich fahre mit der Mail."

      „Ich glaubte, man müsse sich auf der sechs oder acht Tage vorher einschreiben lassen, um nur einen Platz zu bekommen."

      „Ich traf es außerordentlich glücklich, daß gerade ein Passagier absagen ließ, wie ich in der Office war, und dadurch konnte ich gleich in seinen Platz eintreten."

      „Das war allerdings Glück - aber jetzt muß ich fort, Kinder, denn ich habe noch eine ganze Menge für meinen Capitain zu besorgen, damit er wieder glücklich aus dem Hafen kommt, denn wunderbarer Weise hat er seine ganze Mannschaft noch. - Wäre nur der verwünschte Junge erst hier!"

      „Und wohin soll Ihr Capitain?"

      „Ich will ihm einen Cargo nach Neuseeland geben, und wenn mir die Goldgeschichte keinen Strich durch die Rechnung macht, soll ihn mein Junge begleiten. Die Ladung selber kann er recht gut in drei Tagen an Bord haben. Also auf Wiedersehen!" - und damit verließ Mr. Pitt, seinen Hut aufgreifend, das Zimmer.

      „Wären Sie so freundlich und nähmen mir ein paar Zeilen mit zu Charley hinauf?" frug die Mutter den jungen Mann, als ihr Gatte die Thür hinter sich zugezogen hatte.

      „Gewiß, mit Vergnügen." /36/

      „Mein Alter darf's nicht wissen," lächelte die Frau verlegen, „denn er spottet mich ja nur immer der Sorge wegen aus, die ich mir, wie er meint, unnützer Weise mache. - Kann ich's denn aber ändern, daß ich mich eben sorge?"

      „Aber dann muß ich Sie bitten, mir dieselben bald zu geben," sagte Holleck. „Denn um vier Uhr geht die Mail, und ich habe für mich selbst noch bis dahin einige Kleinigkeiten zu besorgen."

      „Ich schreibe sie gleich, wenn Sie nur einen Augenblick warten wollen," sagte die Frau, rasch von ihrem Stuhl aufstehend. „Dann bin ich doch sicher, daß sie in seine Hände kommen. Nur ein paar Minuten, Mr. Holleck, ich halte Sie gar nicht lange auf. - Lieber Gott, ich will ja nichts weiter von ihm wissen, als nur, ob er noch lebt und ob es ihm gut geht."

      Holleck war mit Paulinen und der kleinen Therese allein.

      „Werden Sie lange in den Minen bleiben, Mr. Holleck?" fragte Pauline, die ebenfalls aufgestanden war und an ihren Nähtisch trat.

      „Wenn es von mir abhinge, Miß