Geliebtes Carapuhr. Billy Remie. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Billy Remie
Издательство: Bookwire
Серия: Chroniken der Bruderschaft 3
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752909692
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er nicht in einen Streit hineinrannte, der zwischen Derrick und einer wütenden Meute anderer Barbaren entflammt war, woraufhin Desith Vynsu gebissen hatte, damit er ihn losließ.

      Keine Löcher, nur der Abdruck eines menschlichen Gebisses. Er schüttelte den Kopf. »Desith ist kein Luzianer, auch wenn ihr Blut durch seine Adern fließt.«

      »Nur weil er keine Fänge hat, heißt das nicht, dass er nicht ihre Robustheit besitzt«, warf Jori ein und wollte blind nach seinem Becher greifen, der jedoch wieder in Bragis Obhut gelandet war. Er strafte den Dieb mit einem bösen Blick, der von Bragi gekonnt ignoriert wurde, während er Joris Met trank.

      Vala lehnte sich auf den Tisch und nickte. »Genau. Und selbst wenn, wer weiß davon? Richtig, niemand! Die Leute wollen eine Erklärung dafür, dass er so schnell gesundet, also geben wir ihnen eine, die sie nicht in Furcht versetzt.« Ihre mondsilbrigen Augen sahen Vynsu ernst an. »Wenn er allerdingst nicht der ist, für den wir ihn halten…«

      »Er ist immer noch Desith«, unterbrach Vynsu sie gleich und sah ihr ins Gesicht, hielt ihrem strengen, forschenden Blick so lange stand, bis sie seufzend nachgab.

      »Wir kennen ihn nur vom Hörensagen, Vynsu, wir müssen auf dein Wort vertrauen.«

      »Ich kenne ihn und wüsste es, wenn etwas mit ihm nicht stimmen würde. Außerdem hat meine Mutter ihn untersucht, sein Geist ist frei. Zwar kann sie fremde Magie in ihm spüren, aber diese ist nicht dunkel. Vermutlich nur ein Hauch der Macht, die er in Zadest bekämpft hat.«

      Das machte seine Kameraden nicht glücklich, aber zumindest beruhigte er damit ihre Sorgen, dass Desith wirklich von irgendetwas Bösem besessen sein könnte.

      Dass er von Dämonen sprach, behielt Vynsu bewusst für sich, er wollte seine Kameraden nicht verunsichern.

      »Frisst das Tier jetzt wirklich den ganzen Teller allein auf?«, murmelte Bragi irgendwann und durchbrach die Stille am Tisch, die nur von gelegentlichem Schlürfen und Schmatzen aus Ruriks Mund durchbrochen worden war.

      Jori verzog genervt den Mund und winkte einer Dienstmagd. Er bedeutete ihr stumm, die Teller aufzufüllen, und das Mädchen machte sich umgehend auf den Weg in das nebenanliegende Küchenzelt. Söldner waren in Carapuhr sehr geschätzt und wurden wie Adelige behandelt, bekamen überall Essen, Trinken und einen Schlafplatz umsonst.

      Vynsus Augen folgten dem wiegenden Gang des Mädchens, sie hatte ein gebärfreudiges Becken, und trotz ausladendem, dreckigem Rock, um den eine Schürze gebunden war, konnte er ihren prallen Hintern ausmachen, der sich gegen den Stoff auflehnte. Sie schien zu zierlich für so einen breiten Arsch, aber seine Libido erwachte unversehens. Gleichdarauf spürte er die Schwere seines Eherings am Finger und wandte schleunigst den Blick ab. Nicht, dass er sich schuldig gefühlt hätte, es war vielmehr die Furcht davor, er könnte sein Versprechen vergessen. Er wollte nicht seine Pflicht vernachlässigen, und keine feurige, neue Liebschaft sollte ihn davon abhalten oder gar Grund dafür sein, dass er sie nicht mehr für wichtig erachtete.

      Noch immer starrte Bragi sehnsüchtig auf den sich leerenden Teller.

      »Was sabberst du mich so an?«, brummte Rurik, ohne aufzusehen, er griff zu seinem Becher und trank den Met so gierig, dass er ihm über den Bart rann und auf sein Lederharnisch tropfte.

      »Ich sabbere das Fleisch auf deinem Teller an, sonst nichts … Außer vielleicht das Fleisch zwischen Joris Beinen…«

      Ruckartig zog Jori den Schenkel weg, als Bragis Hand unter dem Tisch darüber streifte. Bragi lachte dreckig, und Jori versuchte, sich gelassen zu geben, obwohl seine Wangen rot schimmerten und er den Kopf einzog, als wünschte er sich, der Erdboden würde sich um ihn herum auftun und ihn unversehens verschlingen.

      Rurik stellte lautstark den Becher ab und rülpste. »Schau wo anders hin, du Galgenstrick, sonst fresse ich als nächstes dich.«

      Unsicher blickte Bragi in die Runde. »Wie meint er das?«

      »Weißt du es nicht?« Vala grinste breit, als sie ihr jüngstes Söldnermitglied aufklärte. »Rurik stammt aus dem tiefen Norden, aus einem Volk hoch in den Bergen Carapuhrs. Und manchmal sind sie wegen des Eises und Schnees jahrelang von den Städten und Völkern im Tal abgeschnitten. Ist nicht ungewöhnlich, dass sie da oben auch mal Menschen essen. Ganz und gar nicht ungewöhnlich. Stimmt´s, Rurik?«

      »Der Stärkste überlebt«, murmelte Rurik zufrieden und schob sich mehr Essen in den Mund.

      Bragi starrte Vala an, wartete darauf, dass sie lachte, aber Vala zuckte nur mit den Achseln und verbarg ihr Grinsen in ihrem Becher, den sie eilig zum Mund führte. Fassungslos sah Bragi Jori an, auch dieser zog nur die Achseln hoch. Nach einem letzten Blick hinüber zu Rurik, der dem verdutzten Dieb zuzwinkerte und sich die vom Essen glänzenden Lippen leckte, verkroch sich Bragi hinter Jori, rutschte fast von der Bank, um sich zu verstecken und klammerte sich an dessen Arm.

      »Jori, hilf mir«, fiepte er. »Lass nicht zu, dass der Bär deine holde Maid frisst.«

      Sie lachten alle über den Vokativus.

      Kopfschüttelnd winkte Vynsu einem Mädchen, die zwei Krüge Met durch das Zelt trug, und lächelte in sich hinein: »Ihr seid solche Faxenmacher.«

      *~*~*

      Eine Magd balancierte einen hohen Turm schmutziges Geschirr auf ihren dünnen Armen durch die Zeltreihen. »Wartet, ich helfe Euch!« Vynsu eilte ihr zur Hilfe und nahm ihr ungefragt die Last ab. Sie errötete und strich die dunklen Strähnen aus dem schmutzigen Gesicht, die sich aus dem Geflecht ihrer streng nach oben gewickelten Haaren gelöst hatten.

      »Das ist nicht nötig, Prinz Vynsu…«

      Und ob das nötig war, er konnte es nicht mit ansehen, wenn sich so zierliche Geschöpfe zu Tode schufteten, auch wenn er wusste, dass er nicht immer da sein konnte, um jeder einzelnen gerade erst erblühten Magd die Arbeit abzunehmen.

      Er trug für sie das Geschirr zu den Fässern mit dem Wasser für den Abwasch, der Regen hatte aufgehört, Feuchtigkeit tropfte von den Zelten und die Wege waren nass, sodass jeder Schritt feucht klang. Sie sprach nicht mit ihm, lächelte aber schüchtern und lief errötet neben ihm her. Sie war jung und lieblich, wäre eine wohltuende Abwechslung, aber nachdem er ihr geholfen hatte, ließ er sie enttäuscht bei ihrer einfachen Arbeit zurück.

      Vor einigen Jahren hätte er sie vermutlich ohne zu zögern auf die Fässer gehievt und sie genommen, bis sie vor Wonne geschrien hätte, aber er war schon lange nicht mehr dieser ungestüme Junge, der sich die Hörner abstoßen musste und einem wahnsinnigen Onkel nacheiferte, weil er dessen Erbe hatte werden sollen.

      Bevor er sich schlafen legte, besuchte er noch einmal Desiths Zelt. Seine Mutter war dort und kommandierte gerade mit ihrer liebevollen Strenge einen Kohlenjungen herum, der ihrer Meinung nach die Feuerschalen nicht genügend befüllt hatte.

      Das arme Kerlchen kroch ihr vor Verlegenheit halb vor die Füße, Vynsu glaubte, dass er gar nicht in die Schalen hatte sehen können, da er zu klein war. Seine Mutter seufzte und ging vor dem Burschen in die Hocke. »Verzeih, eine alte Frau wie ich kann manchmal unverschämt launisch sein, wenn sie störrische Pfleglinge zu umsorgen hat.« Sie nahm den Eimer mit der Kohle und wollte die Schalen selbst befüllen.

      »Du bist nicht alt«, sagte Vynsu, als er eintrat. Die Anwesenden sahen überrascht auf. Er ging auf seine Mutter zu, legte dem Kohlenjungen eine Hand auf die Schulter, und nahm seiner Mutter dann den schweren, heißen Eimer ab. »Aber trotzdem solltest du nicht so schwer heben.«

      »Ich habe jahrelang dich herumgetragen, mein Sohn, und du warst gewiss kein zierliches Kind.« Doch sie ließ mit einem Lächeln zu, dass er ihr die Arbeit abnahm. Dann wandte sie sich an den verschreckten Jungen. »Nun komm her, steh auf. Sieh dich an, du bist ganz schmutzig und deine Hand sieht verschrammt aus.«

      »Vergebung, Herrin Karrah.«

      »Dafür, dass du verletzt bist?« Sie bedachte ihn mit einem gutmütterlichen Lächeln. »Vergib mir, dass ich mein Gift an dich versprühte, es galt jemand anderem.« Ihre Augen zuckten zum Bett, aber Desith schlief tief und fest.