Ob sie weiß, was sie erwartet? Die drei werden nicht still da sitzen und sich das Fell schneiden, geschweige denn, sich shampoonieren zu lassen. Das wird einige Stunden dauern, schließlich ist eine Hunde-Dame dabei.
Also können wir uns in der Zwischenzeit auf die Fahrräder konzentrieren. Nachdem wir bei Enzo die Drahtesel instand gesetzt haben, bekommen wir die Cappottine. Das sind spezielle Überdecke, die an die Räder montiert werden, um uns vor den starken Sonnenstrahlen und vor dem Regen zu schützten, aber auch für mehr Aufmerksamkeit zu sorgen.
Wir bekommen auch jeweils zwei Paar Radler Hosen und Trikots, die bedruckt sind mit einigen lokalen Firmenlogos. Diese werden wir immer in der Öffentlichkeit tragen, das Konzept soll nicht den sportlichen Aspekt verlieren. Anschließend holen wir unsere kleinen Freunde wieder vom Salon ab.
Groß ist die Freude, als sie uns wiedersehen. Denn so eine Prozedur kennen sie nicht. Das wird ihnen wohl keinen Spaß gemacht haben, aber sie sollen heute Abend eine gute Figur abgeben. Sie werden im Mittelpunkt stehen bei den Besuchern und vor allem bei den Reportern.
Heute genießen sie die volle Aufmerksamkeit des Publikums. Sie sind die Akteure, die zu bewundern sind. Herausgeputzt hat man sie schon.
Die Mona schaut mich an, als ob sie sagen will: „Kannst du dir abschminken Herrchen. So was mach ich nie wieder!“.
Der Fido sieht ziemlich glücklich aus.
Der Whisky schaut dagegen recht abgemagert aus der Wäsche, jetzt wo ihm drei Kubikmeter Haare abgenommen wurden.
Gleich danach fahren wir zu unserem Camp wieder zurück. Dort haben wir einen Termin mit dem Filmteam. Sie drehen einige Stunden für einen Beitrag.
Auch diese Prozedur ist für unsere Hunde anstrengend, genauso wie für uns. Auf Kommando müssen wir fahren, erzählen, erklären, zeigen, nicht aus der Puste kommen und geduldig sein.
Zum Ausruhen haben wir heute leider keine Zeit. So bauen wir das Zelt ab und verstauen alles auf die Gespanne. Jetzt müssen wir sie wiegen lassen. Das dürfen wir bei einer kleinen Firma in der Nähe tun.
Das komplette Gespann von Sabine wiegt, natürlich ohne Mensch und Tier, 90 kg und meines 110 kg! Das ist wahrlich nicht wenig, obwohl wir wirklich nur das Allernötigste eingepackt haben, an Gewicht und Volumen gespart, wo es nur ging.
Wir kennen uns zwar mit Schwertransporten aus, aber das hier müssen wir selbst aus eigener Kraft durch die Ländle ziehen. Wir schleppen praktisch unser ganzes Hausinventar mit, die Utensilien, die für die nächsten vier Jahreszeiten zum Einsatz kommen sollen.
Jetzt müssen wir ins Zentrum. Der Startschuss wird in der Piazza della Libertà um circa 17 Uhr gegeben. Davor wird es noch eine Pressekonferenz mit einigen Politikern geben.
Der Weg dorthin führt durch die halbe Stadt. Da heute in den zwei meist gelesenen Regionalzeitungen, ein Bericht mit Bild von uns zu sehen gibt, erkennen uns die Leute. Deshalb grüßen viele oder applaudieren.
Für uns ist es ein ungewohntes Gefühl. Das ist zwar schön, aber eben noch sehr gewöhnungsbedürftig. Als wir in der besagten Piazza ankommen, werden wir gleich von einigen Sympathisanten umzingelt.
Viele sind gekommen um den Start zu erleben. Einige sind Hundehalter, die natürlich ihren Hund dabei haben. Das macht unsere nervös. Viele sind vom Sportverein. Sie wollen uns mit ihrem Rad durch die Stadt nach dem Startschuss begleiten.
Wir platzieren uns mitten auf den Platz, unsere Hunde sind sehr angespannt. So eine Situation sind sie noch nicht gewöhnt. So viele Leute, viele Hunde, viele Reporter, die sie ständig filmen und fotografieren. Sie wirken etwas verloren. Auch für uns ist es nicht leicht.
Wir versuchen ständig die Hunde zu beruhigen, gleichzeitig aber mit Leuten unterhalten, den Fragen der Reporter beantworten und immer schön in die Kameras lächeln. Die Leute von der Tierschutzorganisation sind da.
Sie stellen sich vor und meinen dann gleich, dass sie zuerst unsere Hunde untersuchen wollen, mit Blutabnahme usw., bevor wir losfahren. Dem stimme ich aber nicht zu. Wir haben die Zeit nicht mehr und wir wollen unseren Vierbeinern diesen zusätzlichen Stress ersparen.
Ich bin sauer, denn sie haben ganze zwei Monate Zeit gehabt, um sich darum zu kümmern. Denn solange wissen sie schon von unserem Vorhaben.
Außer heiße Luft kam bis dato nichts, was sie von sich gegeben haben. Wahrscheinlich haben sie nicht wirklich geglaubt, dass wir unsere Aktion durchziehen und haben uns nicht ernst genommen.
Ich schlage ihnen ein Kompromiss vor, sie könnten die Untersuchung unterwegs nachholen, in einem Ort, der auf unserem Weg liegt. Sie stimmen zu, aber sie wirken etwas seltsam auf mich.
Keiner von ihnen hat versucht sich unseren kleinen Athleten zu nähern, sie kennenzulernen, sie zu streicheln, das ist äußerst merkwürdig. Ich habe den Eindruck, dass sie nicht wirklich begeistert sind von unserem Konzept.
Die vielen Reporter stellen viele Fragen in Bezug auf die Fahrt:
wie die Idee zustande gekommen ist;
wie unser Training und das der Hunde war;
was wir uns von diesem gewagten Abenteuer erwarten;
welche Kriterien bei der Wahl der Route beigetragen haben
und und und.
Ich persönlich habe nicht so viele Medien erwartet.
Es sieht so aus, und da übertreibe ich nicht, als ob mehr Medienoperatoren anwesend sind als Besucher und Zuschauer. Das liegt höchstwahrscheinlich daran, dass gar keine Werbung über dieses Event gemacht wurde.
Wie dem auch sei, wir sind positiv überrascht. Von unserer Aktion werden also mindestens acht Fernsehsender und noch viel mehr Zeitungen berichten. Und das können wir auf jeden Fall schon mal als einen großen Erfolg bezeichnen.
Als dann die politischen Vertreter eintreffen, werden wir gebeten uns mit unserer Karawane in den Rathausinnenhof zu begeben. Dort wurden mehrere Stuhlreihen und eine große Bühne, eigens für die Pressekonferenz, aufgestellt. Auf der Bühne steht ein langer Tisch.
An dem sitzen:
Piero, der Präsident des Radsportclub,
Enzo, der Vizepräsident und Sprecher der Konferenz,
der Regionalpräsident der Radsportorganisation,
der Assessor der Provinz Brindisi und
der Bürgermeister der Stadt Ostuni.
Wir sind beide beeindruckt von so viel Einsatz und Mühe seitens der Organisatoren. Sie werden diese Gelegenheit nutzen um sich zu profilieren, was auch in Ordnung ist, solange sie uns wirklich helfen werden.
Sie halten alle mein Buch in der Hand und blättern es durch. Tagebuchähnlich beschreibe ich darin meine Erlebnisse der letzten Fahrt im Jahre 2006. Ein Buch, das die Interessenten gegen eine kleine Spende haben können, da es nicht im Handel zu kaufen gibt.
Seitlich und in der Mitte über den Tisch sind große Werbeplakate angebracht. Zuerst stellt Enzo die Politiker vor, dann uns und spricht anschließend die Einführung. Erklärt ein paar wichtige Einzelheiten in Bezug auf die Reise und dass sie, als Freunde und als Vertreter des Radsportclubs, glücklich sind, uns bei unserer Mission helfen zu können.
Ungefähr dasselbe „bla bla“ erzählen auch, einer nach dem anderen, die politischen Vertreter, während sie uns volle Unterstützung versprechen! Jeder macht natürlich Werbung für das, was er vertritt.
Besucher und Fotoreporter machen eine Unmenge von Fotos. Ich gebe einige Interviews ab. Dann gehen wir alle wieder auf