Man redet über die Reise, die Botschaft, über Radsport und über die neue Möglichkeit, die sich für die Hunde bietet, am Fahrrad mitlaufen zu dürfen. Diese Variante ist nämlich in Italien und ganz besonders hier im Süden, noch unbekannt und folglich umstritten.
Wir bekommen eine Urkunde und eine Spende, machen ein paar Fotos und müssen schon wieder weiter. So bedanken wir uns und fahren gleich los, denn ein Nachtlager ist nur auswärts möglich.
Heute starten wir etwas früher, denn gegen 12 Uhr werden wir in Francavilla Fontana erwartet. Ein Veterinär wird unsere Hunde im Auftrag der Tierschutzorganisation untersuchen und ihnen Blut abnehmen. Aus diesem Grund fahren wir auch diesmal ohne nennenswerten Halt durch Oria.
So kommen wir pünktlich wie eine Schweizer Uhr am Treffpunkt im Stadtpark an, ohne unterwegs gehetzt zu haben.
Nach einigen Minuten kommen vier Personen zu uns, stellen sich vor, während sie die Hunde streicheln. Die zwei Männer sind ein Tierarzt und ein Delegat der Tierschutzorganisation. Die beiden Frauen, Mitglieder des lokalen Tierschutzvereins.
Die Gespräche sind locker, aber gezielt auf die Hunde und ihren gesundheitlichen Zustand gerichtet. Wir unterhalten uns lange, während wir gemeinsam den Stadtpark verlassen und einige hundert Meter zur Tierarztpraxis laufen.
Aus diesen Gesprächen geht hervor, dass die Meinungen über unsere Reise auseinander gehen. Der Tierschutzbeauftragte findet zwar unsere Aktion nobel, aber er kann sich nicht vorstellen, dass diese "normalen Haushunde" eine so lange Reise überstehen können. Ich vermute, dass sie sich in Wirklichkeit Sorgen um ihr Image machen und weniger um die Hunde.
Wir tragen schließlich ihr Logo und wenn wir scheitern sollten, dann schadet das ihrem Ruf! Sie haben wahrscheinlich große Hunde erwartet.
Ich weiß nicht, Huskys für die Hundeschlitten oder Windhunde, Bären oder vielleicht sogar Elefanten? Selbstverständlich sind das "normale Haushunde", was denn sonst? Mit dem Unterschied, dass sie für große Distanzen am Fahrrad laufen, trainiert sind.
Dass ihre Pfoten härter sind als Balkon- oder Sofa-Hunde. Diese Tiere sind abgehärtet. Das sind Athleten! Es ist so wie bei den Menschen. Es gibt Stubenhocker und Sportler. Ich versuche ihm zu erklären, dass auf dieser Fahrt keiner von ihnen jemals rennen wird. Das ist die Voraussetzung, die wir uns gestellt haben, damit wir alle diese weite Reise unbeschadet bewältigen können. Schließlich veranstalten wir kein Rennen!
Es sind glückliche Tiere und sie sind mit einer großen Begeisterung dabei, weil sie diese großartige Abenteuerreise mit uns zusammen machen dürfen. Eine einmalige Chance, die nicht jeder Hund in seinem Leben bekommt. Wir haben nicht vor sie zu strapazieren, sondern die Reise genießen zu lassen.
So werden nacheinander unsere Racker untersucht und ihnen Blut abgenommen. Der Tierarzt meint, dass die Tiere im ersten Blick gesund und munter aussehen. Jetzt müssen wir nur noch auf die Blutanalyse warten.
Sie werden sich in den nächsten Tagen bei uns melden. Eine der Frauen gibt uns einen Sack hochwertiges Hundefutter mit. Sie versprechen uns, einen Futtersponsor für unsere kleinen Athleten zu finden.
Als ich diese Organisation vor einigen Monaten anschrieb, erhoffte ich mir für unsere Hunde nur eine tierärztliche Unterstützung, die periodisch verteilt auf unserer Strecke stattfinden sollte. Von Vorteil wäre auch eine spendierfreudige Hundefutterfirma, die uns unterwegs versorgt.
Sie haben uns prominente Paten versprochen! Denn gute Werbung auf nationaler Ebene, würden wir brauchen für unser Anliegen. Bisher hat man uns jedoch nur mit leeren Versprechungen hingehalten. Die heutige Untersuchung war ihre erste Aktivität.
Wir ziehen etwas nachdenklich weiter. Machen wie üblich unter einem Olivenbaum lange Mittag und als es kühler wird, fahren wir weiter auf der Nebenstrecke der Schnellstraße SS7 in Richtung Taranto.
Gegen 18 Uhr 30 schlage ich das kleine Zelt unter einer großen Pinie neben einem unbewohnten Landhaus auf. Das ist unser heutiges Nachtlager.
Als wir dann am nächsten Morgen durch Grottaglie fahren, ruft mich Enzo an. Er will sich ein letztes Mal mit uns treffen, bevor wir uns zu weit entfernen. So sehen wir uns kurz vor San Giorgio Jonico, sitzen im Schatten der Olivenbäume und analysieren den Starttag.
Er sagt, dass die Politiker, die an dem Tag da waren, dem Club finanzielle Unterstützung für uns zugesagt hätten. Nur wüssten sie noch nicht im welchen Umfang und wann die Gelder zur Verfügung stünden.
Na ja, eigentlich erzählt er mir nichts Neues. Ich kenne dieses Spiel. Es ist nicht das erste Mal, dass Menschen der Politik mir was versprechen. Wir werden uns später noch mit diesem Punkt befassen.
Wir verabschieden uns mit einer freundschaftlichen Umarmung.
"Ciao. Seid vorsichtig. Lasst bei mir kurz am Handy läuten, wenn ihr mich braucht. Egal was, egal wann. Ich ruf euch dann zurück. Okay?".
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir jetzt erst recht allein sind und letztendlich doch alles von mir abhängt.
Neben einem Wasserwerk in einem kleinen Eukalyptuswald machen wir Mittagspause. Die Angestellten dort bieten uns, nachdem wir uns eine Weile unterhalten haben, einen Wasserhahn und eine Duschmöglichkeit an.
Man trifft zum Glück immer wieder auf nette, zuvorkommende Menschen, die spontan Obst, Trinkwasser oder manchmal leckere Panini oder einen Lagerplatz anbieten. Wir sind dankbar dafür und hoffen, dass diese Gastfreundschaft uns weiterhin auf unserem Weg erhalten bleibt, denn davon hängt die Reise mehr ab, als die leeren Versprechungen der Politiker.
Als wir durch die Vororte von Taranto radeln, stoßen wir auf viele herrenlose Hunde. Die meisten sind nicht aggressiv. Viele haben sogar Angst vor den Menschen, weil sie möglicherweise negative Erfahrungen mit ihnen hatten. Sie folgen uns, weil wir sie durch unser Auftreten neugierig machen und weil sie unsere Hunde sehen.
Die Stadtdurchfahrt von Taranto ist durch den Stressreichen Verkehr problematisch für die Hunde und somit auch für uns. Da wir nun auch unter Zeitdruck geraten sind, verschlechtert sich unsere Laune. Nervosität macht sich breit.
"Es wird gleich dunkel. Wo gedenkst du hier ein Nachtlager finden zu können?",
faucht mich Sabine an.
Ich weiß, dass sie Recht hat, aber ich konnte in den Vororten nichts Passendes finden. Taranto ist eine große Stadt. Es ist schwierig, einen Platz zu finden, der unseren Kriterien entspricht. Deswegen wagen wir die Durchfahrt der Stadt in der Hoffnung, außerhalb einen Zeltplatz zu finden.
Nun sind wir im Industriegebiet und der ist relativ groß. Es ist schon ziemlich dunkel geworden. Das heißt, sehr gefährlich, auf dieser Schnellstraße weiter zu fahren. Einen anderen Weg gibt es hier leider nicht. Ich entscheide mich, rechts an einer großen Tankstelle zu halten.
Wir dürfen nicht weiterfahren. Hier müssen wir auf jeden Fall das Zelt irgendwo aufschlagen. Ich entdecke eine kleine Wiese neben einem abgestellten Wohnwagen zwischen zwei Parkplatzbereichen. Das wäre meiner Meinung nach ein passender Notplatz für die Nacht.
"Was Besseres bekommen wir heute nicht. Bist du mit dem Platz hier einverstanden?"
Sabine schaut auf die kleine Wiese, dann auf die Hunde, die sich schon auf den Rasen breit gemacht haben und mit ihren Blicken zu sagen scheinen „bitte sag ja“, dann dreht sie sich wieder zu mir und mit einem einsichtigen Gesichtsausdruck nickt sie mit dem Kopf.
"Hauptsache, ich kann hier aufs Klo!",
sagt sie mit einem resignierten Ton.
Ich gehe zum Tankwart, der auch die Bar nebenan leitet, stelle mich vor, zeige auf den Platz und auf meine müde Gefolgschaft, erkläre ihm unsere Notlage, frage anschließend, ob wir dort für diese Nacht unser Zelt aufschlagen