Sonnenkaiser. Dirk Meinhard. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dirk Meinhard
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754172469
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der Bar und wischte darüber.

      >>Statische Staubfilter! Sie werden keinen Schmutz finden!<<

      Vermont beobachtete ihn. Was sollte er auch anderes machen. Immerhin könnte es ja sein, dass Daniel etwas einsteckte. Daniel brauchte seine Hand nicht einmal abwischen, denn da war nichts, was an ihr haften bleiben konnte. Er schaute durch die großen Fensterscheiben nach draußen. Dort, wo eigentlich kleinste Partikel, erhitzt durch die Energie der Sonnenstrahlen, herumgetanzt wären, war die Luft ungewöhnlich klar. Diese Putzfrau hätte er auch gerne gehabt.

      Neben der Bar führte eine Tür in die Küche. Der Wohnraumstil setzte sich hier fort. Die Oberflächen der Möbel wirkten wie mit Glas beschichtet. Daniel legte eine Hand auf eine große abgedunkelte Fläche an einem Hängeschrank. Sofort erschien eine Bedienoberfläche.

      Daniel navigierte durch das Menü. Cocktailrezepte, Adressen von Restaurants mit klangvollem Namen und Lieferservices, ein unbenutzter Kalender, eine leere Bestellliste für den Kühlschrank. Natürlich hatte Marc für eine integrierte Küche keine wirkliche Verwendung, eher für das Angebot der Lieferdienste für gehobene Ansprüche. Ein Blick in die Schränke bestätigte das. Der etwa zwei Meter hohe überbreite Kühlschrank, dessen Display getränkegerechte vierzehn Grad anzeigte, enthielt nur Getränkeflaschen. Der Schwerpunkt lag bei gehobener alkoholischer Ausstattung. Daniel überflog die Etiketten der Champagnerflaschen und anderer temperatursensitiver Entspannungsmittel. Sein Gaumen wurde plötzlich trocken und ihn überkam ein dringendes Bedürfnis, etwas zu trinken, das im Hals einen wollig warmen Schauer auslösen konnte.

      >>Haben Sie schon die Spur gefunden, nach der Sie gesucht haben?<<

      Vermont stand plötzlich in der Tür. Daniel beschloss für sich, der SecGuard leide unter einer vollständigen Gesichtslähmung. So viel Kontrolle konnte niemand über seine Mimik haben, selbst wenn seine Stimme eine größere Bandbreite an Ausdruck bot, von monoton bis zynisch. Letzten beherrschte Vermont in Perfektion.

      Für einen Moment war Daniel versucht, ihm etwas aus Marc Jacobs Vorrat anzubieten. Aber er war überzeugt, er musste mehr aufbieten, um Vermont aus der Reserve zu locken.

      >>Eine typische Studentenausstattung. Sie sollten auch mal nachschauen! Da ist auch ein Vorrat für ganz harte Kerle!<<

      Vermont schien für einige Sekunden in der Tür festzufrieren. Daniel wartete gespannt, ob der SecGuard schon seine Haltung verlieren würde. Aber er drehte sich nur um und verließ die Küche.

      Daniel atmete erleichtert auf. Er hatte kein Gefühl dafür, ob oder wann Vermont seine Beherrschung verlieren würde. Aber er konnte vielleicht auch einfach genauso einstecken, wie er austeilte. Dass der Mann ihn jedoch so gering schätzte, ärgerte Daniel gewaltig. Wenn er nicht binnen kürzester Zeit mangels Ideen und Ergebnissen aufgeben würde, könnte ihm ein Achtungserfolg die weitere Zeit angenehmer machen.

      Nur hatte er noch keine Ahnung, wo der herkommen sollte.

      Daniel durchsuchte den Rest der Wohnung. Außer teurem Geschmack und stilvollen Ambiente fand er jedoch nichts. Ein überlanges Doppelbett erzeugte die Frage, wie groß Marc Jacobs wohl war. Der zugehörige Kleiderschrank, der vermutlich mehr Volumen aufzuweisen hatte als Daniels eigenes Schlafzimmer, lieferte die Antwort. Marcs Kleidergröße lag eine Nummer unter der von Daniel.

      Eine gut sortierte großzügige Auswahl an Kleidungsstücken und nur wenige leere Kleiderbügel ließen zumindest einen Schluss zu. Marc Jacobs hatte keine größere Abwesenheit geplant. Wenn er eine Tasche gepackt hatte, konnten darin nicht viele Kleidungsstücke gelandet sein.

      Das Badezimmer ließ Daniel endgültig neidisch werden. Ein beträchtlicher Teil des Raumes war durch eine Glaswand für eine Dusche abgetrennt. Ein breites Fenster in sicherer Höhe ließ viel Sonne in den Raum. Ein leichter Grauton im Glas ließ Daniel vermuten, das Fenster ließe zwar Licht hinein, aber nicht mehr hinaus.

      Leider schien nichts zu fehlen. Rasierapparat, elektrische Zahnbürste, Duschgel, Bürsten, alles war da. Aber es würde dem Mann kaum an Geld mangeln, das Notwendige noch einmal zu kaufen.

      Daniel setzte seine Hoffnung auf die letzte Tür neben dem Schlafzimmer. Tatsächlich verbarg sich dahinter ein im Vergleich zu den anderen Räumen verhältnismäßig kleines Arbeitszimmer. Daniel setzte sich in den ledernen Sessel vor dem Schreibtisch und durchsuchte die karge Ausstattung des Zimmers.

      Ein großes Foliendisplay an der Wand, eine Tastatur, eine Dockingstation für tragbare Geräte, ein Wanddisplay für die Steuerung der Hauselektronik, wie sie auch im Wohnzimmer und im Schlafzimmer hing. Er tippte auf das Wanddisplay. Es aktivierte sich und verlangte einen Eingabecode. Also kein Zugang.

      Zu Daniels Erstaunen befanden sich sogar einige echte Bücher in einem schmalen Wandregal.

      Den Buchrücken nach waren die Ausgaben schon recht alt und hatten vermutlich eher antiquarischen Wert in einer Zeit, in der das Wissen der Menschheit überall auf der Welt in großen Datenbanken gespeichert war und damit allen Menschen zur Verfügung stand, die erstens wussten, wo es sich befand und zweitens in der Lage waren, den Zugang zu diesen Datenbanken auch zu bezahlen, wenn sie nicht nur mit dem Halbwissen zufriedengestellt waren, das sich in den öffentlichen Quellen befand, was für einen Studenten wohl unabdingbar war.

      Daniel tippte auf das Foliendisplay. Sofort erschien ein Bild von Familie Jacobs an Bord eines Flugzeugs in einem großzügigen Salon. Daniel schaute sich ein Bild nach dem anderen an. Er bekam eine Menge Idylle geboten. Lachende Gesichter, schönes Wetter, interessante Orte, viele stets gut gekleidete Menschen, Studentenfeiern, teure Autos, hübsche junge Frauen. Eine Sammlung von Klischees, dazwischen immer wieder Marc Jacobs, alleine, mit seiner Mutter, mit jungen Frauen, mit Freunden, in offenen Sportwagen, auf Booten, im Anzug bei einer Vernissage, stets mit einem strahlenden fast übertriebenen Lächeln im Gesicht. Eine klischeehafte Aneinanderreihung von Momenten eines jungen zufriedenen Mannes aus reicher Familie.

      Nur eine Idee tauchte nicht auf den Bildern auf.

      Daniels Enttäuschung wuchs mit jedem Foto, das wieder ausgeblendet wurde. Nach etwa zehn Minuten wandte er sich ab und verließ den Raum wieder.

      Als Nächstes würde er die mühselige Arbeit der Befragung von Nachbarn und Freunden angehen müssen, denn was er hier fand, brachte ihn nicht einen Millimeter weiter.

      Daniel kehrte in den Wohnraum zurück. Vermont stand dort immer noch in seiner Berufskörperhaltung geduldig am Fenster. Der Mann musste doch extrem verkrampft sein. Daniel schmunzelte heimlich.

      >>Ich werde jetzt an einigen Türen anklopfen und ein paar Fragen stellen. Stehen Sie doch in der Zeit etwas bequemer.<<

      Daniel verließ die Wohnung und ließ den SecGuard zurück, der keine Anstalten machte, ihm zu folgen. Vielleicht hoffte er ja, Daniel würde sich aus dem Staub machen, sobald er die Gelegenheit hatte.

      In der nächsten halben Stunde klingelte Daniel an allen Türen des Gebäudeblocks. Strategisch intelligent begann er am entgegengesetzten Ende und arbeitete sich so zu seinem Ausgangspunkt zurück. Das Ergebnis war enttäuschend. Nur wenige Studenten öffneten überhaupt. Zwei fragten ihn nur, ob er vom Gebäudeservice sei, und ließen die Tür nach seiner Antwort vor seiner Nase zufallen.

      Die beiden, die sich überhaupt mit ihm unterhielten, konnten ihm nichts Bedeutsames erzählen. Sie kannten Marc nur von Partys auf dem Campus.

      Endlich stand er wieder vor der Eingangstür zu dem Gebäudeteil, in dem sich Marcs Wohnung befand. Daniel tippte mit einem Finger auf das Display für den Türöffner und drei Nummern leuchteten auf. Zu Jacobs Wohnung gehörte die Nummer zwei.

      Daniel tippte auf eine der anderen Nummern und wartete. Da die erwünschte Reaktion ausblieb, tippte er auf das nächste Feld. Auch nach dem letzten Ruf passierte nichts und Daniel hatte den Finger schon fast auf dem Ruffeld für Jacobs Wohnung, um den SecGuard um Einlass zu bitten, als es leise summte.

      >>Ja, wer ist da?<<

      Die Stimme klang sehr weich und weiblich. Daniel meinte, einen Hauch eines Akzents zu hören.

      >>Mein