Bulle bleibt Bulle - Ein Hamburg-Krimi. Ben Westphal. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ben Westphal
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754161807
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bald, Baby. Ich liebe dich.»

      «Denk an die Playstation, Baby. Ist wichtig», antwortet Faruk und schaut Charleen dabei bettelnd in die Augen. Doch schon schiebt sich Dombrowski dazwischen und streckt seinen Arm zur Tür hinaus. «Darf ich bitten? Ich hab’ heut’ auch noch etwas anderes zu tun», drängt er Charleen Schulze aus dem Raum, die noch versucht, einen letzten Blick auf ihren Geliebten zu erhaschen. Es gelingt ihr jedoch nicht, weil direkt hinter Dombrowski die Tür durch den Schließer geschlossen und mit einem Metallschieber verriegelt wird.

      «Wenn Sie mal wieder Zeit haben und einen Termin brauchen, dann können Sie sich ja gerne bei uns melden. Bis dahin alles Gute für ihre Operation. Tschüss.» Ohne auf eine Reaktion zu warten schiebt Dombrowski die Metalltür zum Vorraum auf. Er geht schleunigst zum Wachraum im Eingangsbereich, wo er aus dem Schließfach sein Handy und die Dienstwaffe entnimmt. Er hebt die Hand, um sich von den Schließern zu verabschieden und nickt ihnen einmal freundlich zu.

      «Bis nächstes Mal», rufen sie ihm noch mit süffisantem Grinsen hinterher, worauf Dombrowski mit leichtem Lachen in der Stimme ein «Ich hoff’ nicht so schnell wieder» antwortet.

      Das durchdringende Surren der Tür verkündet Dombrowski, dass sich die schwere Metalltür zur Freiheit nun für ihn wieder öffnet. Er kann dieser leidigen Pflichtaufgabe endlich den Rücken zukehren.

      Nach den ersten Schritten atmet er tief ein und genießt die frische Stadtluft, die seine Lungen mit Sauerstoff füllt. Kein billiges Parfüm, kein Geruch von Haarspray und vor allem nicht mehr diese leidigen Gesprächsinhalte, die sich immer nach fünf Minuten bereits wiederholen.

      «Was finden diese Frauen bloß an solchen Kerlen?», fragt Dombrowski sich, während er den Fußgängerweg in Richtung der U-Bahnhaltestelle entlang schlendert. Er blickt in den mit kleinen weißen Wolken gesäumten blauen Himmel und kneift seine kleinen Augen zusammen. «Und was finden eigentlich solche Kerle an diesen Tussen?» Er schüttelt den Kopf und versucht die Erinnerung an die letzte Stunde gleich wieder zu verwerfen.

      Anschließend aktiviert er sein Telefon und blickt auf das Display. Überrascht stellt er fest, dass sowohl Otto, als auch Harry bereits mehrfach versucht haben bei ihm anzurufen.

      «Was da schon wieder los ist?», fragt er sich und wählt die Nummer von Harry Goldutt. Nach mehreren Klingelzeichen nimmt sein Chef das Telefonat an.

      «Dumbo, ich kann gerade nicht, ich bin in einer Besprechung. Ruf Otto an, der weiß bereits Bescheid.» Bevor Dombrowski überhaupt ein Wort erwidern kann, piept sein Telefon einmal auf und das Telefonat ist bereits wieder unterbrochen. Er wählt die Büronummer von Otto, der sich wie gewohnt mit kehliger Stimme meldet: «Hallo Dumbo. Hast’ schon gehört?»

      «Nee.»

      «Wann bist du hier?»

      «Bin gleich in der Bahn. 20 Minuten.»

      «Beeil dich. Ich hab’ Fred am anderen Rohr. Bis gleich.»

      Schon wieder beendet, ohne dass Dombrowski irgendetwas Erleuchtendes erfahren hat. Er schaut völlig irritiert auf sein Mobiltelefon und stolpert dabei über den Absatz der Rolltreppe, dem er keinerlei Beachtung geschenkt hatte. Dombrowski beginnt zu grübeln, aus welchem Anlass Otto wohl so dringend mit Fred, dem Leiter ihrer Observationsgruppe, sprechen wollte. Mit lautem Pfeifen und Quietschen fährt währenddessen die Bahn in den Bahnhof Messehallen ein, wo Dombrowski inzwischen angekommen ist. Er steckt sein Telefon in die Jackentasche, geht zu den Türen des hinteren Bahnwaggons und öffnet sie per Knopfdruck. Mit mehrfachem Piepen schließt sie sich hinter ihm. Er bleibt im Gang stehen und versucht sich in Geduld zu üben, während die Bahn langsam mit einem surrenden Brummen wieder anfährt.

      8

      Vor den Toren Barcelonas liegt der kleine und beschauliche Küstenort Castelldefels, der in Strandnähe und an seinen pittoresken Klippen mit repräsentativen Villen zeigt, dass hier die Schönen und Reichen von Barcelona am Wochenende ihre Ruhe suchen. Weiter im Landesinneren liegt das alte Stadtzentrum der kleinen Stadt. Es bietet eine Heimat für diejenigen, die sich keinen Wohnraum im Zentrum der lebendigen Mittelmeermetropole Barcelona leisten können. Steigende Mieten und die Umwandlung von Wohnraum zu Ferienwohnungen für die geldeinbringenden Touristen treiben die arbeitende Bevölkerung vor die Tore der Stadt. Direkt am Stadtzentrum liegt ein großes Industriegebiet mit Einkaufsmöglichkeiten, Fabriken, Lagerhallen und Speditionen. Es befindet sich direkt an der Autobahn, über die man in Richtung Süden nach Valencia und Malaga gelangt und nach Norden direkt auf die französische Grenze zusteuert.

      Der Lärm vom durchfahrenden Verkehr dröhnt über das Gelände der Spedition Portador in dessen Lagerhallen sich durch Zubringertransporte die mit verschiedensten Gütern beladenen Paletten sammeln. Sie sollen mittels Zugmaschinen in Richtung Zentral- und Osteuropa transportiert werden.

      Vor den Hallen parken Lastkraftwagen aus Skandinavien, den Niederlanden und Deutschland. Vereinzelt auch aus dem Baltikum und Polen.

      Rückwärts eingeparkt stehen sie an den Hallen, wo emsige Arbeiter die Paletten mit Waschmaschinen, Fernsehern, spanischer Keramik oder anderweitigen Produkten mit surrenden elektronischen Hubwagen klappernd auf die Laster transportieren. Auf den Rampen stehen laut dirigierende Vorarbeiter, die auf ihren Klemmbrettern stets nachschauen, welche Paletten auf die jeweiligen Anhänger zu laden sind.

      Bevor die Waren verladen werden, bestückt der Vorarbeiter sie mit Barcodeetiketten und scannt diese ein, um den Transport später verfolgen zu können.

      Die Paletten werden an ihrem Ziel in den jeweiligen Ländern dann bei Partnerspeditionen abgeladen und erneut verladen, falls sie ihren Bestimmungsort noch nicht erreicht haben sollten.

      Die bereits wärmende Frühjahrssonne brennt auf die Arbeiter nieder, lässt sie trotz der elektrischen Helfer ins Schwitzen kommen, während sie im Akkordtempo die verschiedenen Paletten in die aufgeheizten Laderäume der Aufleger fahren.

      Gerade beladen sie an Luke Nummer vier eine blaue Zugmaschine mit weißem Anhänger. Auf dessen Wänden beidseitig mit orange-roter Farbe die Silhouette eines Eichhörnchens abgebildet ist.

      Über die Zufahrt zum Grundstück der Spedition fahren immer wieder kleine und große Transporter, kleine Laster oder große Zugmaschinen, die zu transportierende Waren anliefern oder sich mit ihnen auf die weite Reise gen Europa machen.

      Direkt gegenüber von der Spedition Portador, getrennt durch eine breite Straße, stehen auf einer weitläufigen Grünfläche drei blaue Vierzigfußcontainer aneinandergestellt. In die Stahlwände sind große Fenster geschnitten, die einen Blick auf das rege Treiben in ihnen zulassen. Die Ausschnitte sind als schattenspendende Vordächer an die Container geschweißt.

      In ihnen arbeiten weiß gekleidete Köche, die durchgehend damit beschäftigt sind, Baguettebrötchen in schmackhafte Bocadillos zu verwandeln oder warme Speisen zu kochen.

      Unter den vor den Kochcontainern als Sonnensegel aufgespannten, im Wind schwankenden Planen sitzen auf den verteilten Bänken die spanischen und ausländischen Lastwagenfahrer. An hellen Tischen lassen sie sich das spanische Essen schmecken. Ein letzter Genuss bevor sie wieder in ihre Fahrzeuge steigen, zum Teil für lange Zeit einsam in ihren Fahrerkabinen sitzen und alleine zu ihrem vorgegebenen Ziel fahren.

      Hier tauscht man sich aus über Fahrtrouten und Baustellen, über Erlebnisse auf den Autobahnen Europas oder über jegliche Sportarten und ihre Ergebnisse.

      An einem der Tische sitzt Pawel Kaminski, der vor sich eine große Schale mit einem Eintopf aus Kartoffeln, Paprika und Tomaten, Chorizo und mediterranen Kräutern stehen hat. Er rührt gemächlich mit einem hellen Brot durch die tiefrote, scharfe Soße. Gelegentlich beißt er aufschmatzend ein Stück von dem weichen, vollgesogenen Brot ab.

      Auf der hohen Stirn, die von gräulichen, wilden Haaren umrandet ist, und auch auf der Oberlippe, stehen vereinzelte Schweißperlen, die er gelegentlich mit einem Stofftaschentuch abtupft. In die Stirn ragt ein schmaler Haarstrang hinein, dessen Spitzen feucht in den tiefen Falten kleben. Auf der Nase trägt Pawel eine Brille, die ihn seit vielen Jahren durchs Leben begleitet und seine blauen Augen