So bekam ihr Sohn auch ihre Schwierigkeiten nicht mit, nämlich dass die Konkurrenz ihr das Leben sehr schwer machte. Horst und sein Partner hatten den Vorteil, dass sie den größeren Zulauf, also das bessere Spiel hatten, und der Laden neben ihnen leer war. Der schlaue Horst hatte diesen leeren Laden unter Kontrolle, weil er dem Vermieter eine kleine Miete zahlte.
Als Ute und Vito in ihrem kleinen Lädchen, in einer Nebenstraße, monatelang kaum die Kosten erwirtschafteten, weil Horst den Zockern erklärte, bei denen sei „nichts zu holen“, ersann Ute eine List.
Dummerweise hatte Horst ihr mal erzählt, dass er den Vermieter des leeren Ladens nebenan, zwar mit einer kleinen Summe bezahle, aber keinen schriftlichen Vertrag habe. Das war ihre Möglichkeit sich für die erlitte Schmach zu rächen.
Also ging Ute zu diesem Vermieter und bot ihm die doppelte Miete und ein zusätzliches Handgeld, für den Mietvertrag an. Den Geldgierigen Kerl brauchte sie nicht lange zu bequatschen, er gab ihr den Vertrag samt Schlüssel. Dummerweise hatte Konkurrent Horst nicht einmal einen Schlüssel für das Objekt.
Quasi über Nacht bauten Ute und Vito ihre Spielanlage um, und öffneten schon am nächsten Tag die Tür. Die Neugierde trieb alle Zocker mal als Erstes in das neue Casino, denn die Spieler hatten nicht vergessen, welch großzügige Veranstalter ehemals in diesem Laden das Roulette betrieben hatten.
Horst sah sich hintergangen und kochte vor Wut, aber sie lachte nur, und sagte: „Wie du mir- so sie dir!“
Jedoch nach ein paar Tagen flaute der Zocker-Strom wieder ab, denn die Spieler hatten wohl noch die üble Verleumdung, von Horst, im Sinn, dass bei Ute und Vito „nichts zu holen“ sei, also wenig Geld vorhanden.
Natürlich gab Ute nicht klein bei, sondern wandte sich an die bekannten „Kölner Veranstalter“, die Jahre zuvor schon einmal erfolgreich waren, und bot ihnen eine fünfzigprozentige Beteiligung an. Die Beiden nahmen das Angebot gerne an.
Ab dem Tag, an dem die bekannten Kölner Gesichter hinter der Spielanlage standen, hatte Horst den Wettbewerb verloren. Er schloss sein Casino ab, ohne Irgendjemand zu sagen warum. Ute hatte ihre Revanche, sie hatte gesiegt!
Natürlich hob das auch Vitos Laune, sodass Ute einen Urlaub vorschlug, um sich von dem Stress der letzten Monate zu erholen. Sie buchte eine Woche in Playa del Ingles auf Gran Canaria.
Vito strahlte vor Freude, denn außer Italien, hauptsächlich seiner Heimat Sizilien, hatte er noch nichts von der Welt gesehen.
Ein Italiener in Spanien, war ein Erlebnis für sich, speziell für ihn. Auch der Flug, der Aufenthalt in einem Hotel, das ganze Drum und Dran des Urlaubs insgesamt war neu für Vito, was er jedoch nicht zeigen wollte. Deshalb mimte er den starken, weltgewandten Mann, der alles im Griff hatte, was für Ute albern aussah.
Sein Geltungsdrang führte dazu, dass ihm der Ausflug nach „Sioux City“ nicht spannend genug war, sodass er auf „Haifisch-Fang“ fahren wollte. Also buchte Ute den Ausflug per Schiff.
In aller Frühe ging es los, die Fahrt zum Jachthafen „Puerto –Rico“, per Bus. Voller Vorfreude verzehrte Vito das „Frühstücks-Paket“, das sie vom Hotel mitbekommen hatten.
„Warum isst du nichts? Schatz, du musst etwas essen, mit leerem Magen auf ein Schiff gehen, ist bestimmt nicht gut! Iss etwas!“ drängte Vito besorgt.
„Nein danke. Sie kann so früh nichts essen. Das mache sie doch nie. Ich kann mir doch nichts rein zwingen, wenn ich einfach noch keinen Hunger habe.“ Lehnte sie ab. Wenn in dem Paket Kaffee gewesen wäre, hätte sie zumindest ihren „Muntermacher“ zu sich nehmen können, aber der kalte Tee war nicht nach ihrem Geschmack. Ergo nahm sie nichts zu sich.
Das „Schiff“ war ein Fischerboot, ob groß oder klein liegt im Auge des Betrachters. Ute erschien es sehr klein, was sie gleich kritisierte.
Aber Vito meinte überheblich lachend: „Du hast doch nicht etwa Angst? Das musst du nicht, ich bin auf Sizilien schon auf viel kleineren Fischerbooten mitgefahren, das ist kein Problem, da passiert nix. Glaube mir!“
Zumindest hatten die acht Ausflugsgäste genügend Platz um sich auf oder unter Deck aufzuhalten. Aber es war wohl auf Passagiere ausgerichtet, denn unter Deck gab es sogar zwei Toiletten und eine Kombüse mit Kochtheke und Bänken um zwei Tische herum. Die angebotene Mineralwasser – Flasche nahm Ute gerne an.
Herrliche Morgenröte begrüßte die Passagiere als der Kahn aufs Meer hinaus glitt. Ute hatte sich an Deck auf die Reling-Bank gesetzt und genoss den Fahrtwind, der bei der frühen Hitze gut tat. Das Wasser trinken tat ihrem Magen gut.
Je weiter das Boot raus fuhr umso größer wurde das Schaukeln, denn der Wellengang war gewaltig. Es war irgendwann so schlimm, dass die Gischt ihnen nasse Kleidung bescherte. Während Ute zur Mitte der Bank rutschte, um nicht so viel Meerwasser abzukriegen, meinte Vito plötzlich: „Sie gehe lieber nach unten, kommst du mit?“
Bevor sie antworten konnte, erweckte ein unangenehmes Geräusch ihre Aufmerksamkeit. Vito hing mit dem Kopf über der Reeling und kotzte das leckere Frühstück aus.
Der stärkste Mann an Bord war der Erste, der umfiel. Er war Käseweiß, und würgte noch, obwohl sein Magen den Inhalt längst ausgeworfen hatte.
„Ich gehe nach unten“, stammelte er, mit Leidensmiene und torkelte Richtung Unterdeck.
Tief Luft holend rief sie ihm nach: „Lieber nicht Vito, da wird es nicht besser sein. Sie bleibe an der frischen Luft!“
Tatsächlich hatte sie zwar ein flaues Gefühl in der Magengegend, aber durch tiefes Luftholen und mehr Wasser trinken konnte sie sich gegen den Brechreiz wehren.
Ein paar Männer der anderen Passagiere taten es ihr gleich, sie blieben auch an der frischen Luft.
Nach einer Weile bekam sie ein schlechtes Gewissen weil sie sich nicht um Vito gekümmert hatte. Um zu sehen wie es ihrem Lebensgefährten ging, folgte sie ihm dann doch zögernd unter Deck.
Schon am Eingang zu der Kombüse kam ihr der Essensduft entgegen, dort wurde das Mittagessen vorbereitet. Es roch nach gebratenem Fisch.
Kaum hatte sie den Geruch inhaliert, als ihr Magen eine rasante Umdrehung machte. Sofort drehte sie sich am Eingang um, und spurtete im Schnellverfahren wieder auf Deck. Sie erreichte gerade noch rechtzeitig die Reling.
Ihr flüssiger Mageninhalt suchte die Freiheit.
Nach Sizilienfahrt Hüh oder Hott
Das Casino lief sehr gut, sodass sie bereits zwei Monate später wieder eine kurze Reise machen konnten. Weil Vitos Haus auf Sizilien im Roh-Bau war, und mit der Baufirma Unstimmigkeiten aufgetreten waren, musste er dort nach dem Rechten sehen, sodass sie eine Fahrt zu Vitos Heimatstadt antraten. Da auch zwei seiner Brüder mitfahren wollten, war auf der langen Fahrt ein Fahrerwechsel möglich.
Sie hatten beschlossen einen Leihwagen zu nehmen, den Ute mieten musste, weil Vito, mangels Führerschein, das Fahrzeug nicht mieten konnte.
Die Fahrt war ein Desaster, weil ein Bruder immer meckerte, wenn sie um Pinkelpause ersuchte. Er fand ihre „Pisserei“ lästig und unnormal. Sie wehrte sich erfolgreich gegen eine derartige Einschränkung.
Nach Zweiunddreißig Stunden erreichten sie endlich das Ziel. Und am Ziel schimpfte der Mecker-Bruder, dass man mindestens sechs Stunden früher hätte da sein können, wenn ihre Pinkelpausen nicht gewesen wären. Endlich griff Vito ein und maßregelte den jüngeren Bruder deswegen, damit brachte Vito ihn endlich zum Schweigen. Im Stillen dachte Ute daran, dass Vito seine Beschützerrolle innerhalb seiner Familie erst sehr spät wahr nahm. Das war mal anders gewesen.
Während des Viertägigen Aufenthaltes wollte Vito die Zeit nutzen um bei Ute Fahrunterricht zu nehmen, denn in seiner Heimat war das ungefährlich. Ihre Einwilligung bereute Ute sehr schnell, denn Vito war ein sehr nervöser, und völlig unbegabter Fahr-Schüler.